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Stories » Detail

Briefe an Frau Oskar

von LiDonna


Ich suche Sie, Frau Oskar, obgleich ich gar nicht weiß, was ich suche.
Ihre Stimme war gestern Abend am Telefon wieder so vertraut- ich konnte daraufhin nicht mehr einschlafen. Wo waren Sie wohl in dieser Nacht!?
Ich möchte Ihnen Liebesbriefe schreiben, denn ich brauche einen Adressaten, jemand, der sie auch liest und sich womöglich ein Stück weit geliebt fühlt.
Sie müssen mich nicht lieben, ich brauche Sie nur zum Zuhören und wenn ich friere, dann könnten Sie vielleicht Ihre Arme um mich legen und schweigen.
Wissen Sie, ich bin einsam.
Meine Schwester berichtete mir vor Ihrem Anruf von ihrem Liebesglück; das freute mich für sie, doch als wir die Hörer auflegten bemerkte ich, wie sehr ich mich eigentlich nach so etwas sehne.
Deswegen brauche ich Sie!
Als Sie das letzte Mal neben mir saßen, pulsierte mein Blut; mein Körper war auf einmal so anfällig geworden- für jede kleine Berührung zuckten meine Glieder in andere Richtungen. Als Sie dann Ihre Hand auf meinen Oberschenkel legten, um mir etwas ins Ohr zu flüstern, erschrak ich, ob Sie mich wohl in diesem Moment, als ich anfing Sie zu lieben- oder besser, als ich anfing meine Liebe auf Sie zu projizieren, entdeckt haben!?
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Heute Morgen kroch ich widerwillig aus meinem Bett hervor. Ich wollte nicht unter all diese anonymen Studenten, die in den Vorlesungen geradeaus starren, um ja nicht angesprochen zu werden, oder die Treppen hochmütig rauf und runter schweben, als bräuchten sie Treppen nicht, um nach oben oder unten zu gelangen.
Würde ich mich aber nicht unter sie mischen, könnte ich Sie auch nicht zufällig treffen oder nach Ihnen suchen.
So machte ich mir den Vorsatz für diesen Tag, besonders interessant und elegant zu erscheinen, indem ich meine Haare hinter die Ohren klemmte, einen engen, schwarzen Pulli überstreifte und den Nadelstreifenblazer aus dem Schrank holte. Nachdem ich mich fertiggestylt im Spiegel betrachtete, war ich entzückt und gewappnet für ein zufälliges Widersehen.
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Manchmal wünschte ich mir, wenn ich zu den Raucherecken der philosophischen Fakultät schlendere und bewusst kein Feuerzeug eingepackt habe, dass Sie auftauchen, mit unter dem linken Arm geklemmten Büchern und einem Feuerzeug in Ihrer Potasche. Sie würden mich anlächeln, mit Ihrer rechten Hand in Ihrer Tasche nach Feuer suchen, um sich dann ganz nah zu mir zu beugen und meine Zigarette zu entzünden.
Ich glaube, Sie sind Nichtraucherin.
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Seitdem ich Sie kennen gelernt habe, masturbiere ich abends in meiner Badewanne.
Der Duschkopf liegt meistens in meinem Schoß bis mein Arm erschlafft und die Wanne voll gelaufen ist. Danach stecke ich mir des Öfteren eine Zigarette an und lehne meinen Kopf zurück.
Aber als ich am letzten Abend erneut masturbierte, fiel mir auf, dass ich den Duschkopf nicht einfach an die Befestigung zurückhing, sondern auf meinen Bauch legte. Das irritierende dabei war, dass ich mich ertappte, wie ich die silbrige Oberfläche mit meiner linken Hand betätschelte!
Lag da wirklich ein Duschkopf oder waren Sie bereits bis in mein Bad geschlichen?!
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In ein paar Tagen ist Vollmond. Schon heute schaute ich sehnsüchtig zu ihm hoch, fragte mich, ob er wirklich jene antreibende Kraft besäße. Wenn ja, dann müssten wir uns bald verabreden.
Ich werde Sie nicht anrufen!
Vielleicht sind Sie ja verheiratet und haben Kinder! Ich könnte Ihre Tochter sein!
Das möchte ich gleich wieder streichen! Meine Mutter würde ich niemals so küssen, wie ich es mir mit Ihnen vorstelle.Schon oft habe ich Sie in der Unibibliothek hinter langen Bücherregalen gesucht, um Sie heimlich an die Hand zu nehmen und Ihnen Ihre Spange aus dem Haar zu klauen und Sie vielleicht neben Hesse wild zu küssen. Sie waren nur einmal dort. Ich war zu schüchtern.
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An Sie zu denken verscheucht all meine Ängste vor dem Alleinsein. Wenn ich mich einsam fühle, dann schreibe ich Ihnen einfach einen Brief oder lege mich in meine Badewanne und lasse mir heißes Wasser in den Schoß laufen.
Sie tun mir so gut, indem Sie nichts tun.
Glauben Sie geliebt zu werden ist anstrengender als zu lieben?
Wüsste ich, dass Sie mich lieben, würde ich womöglich in unserer nächsten gemeinsamen Vorlesung nicht neben Ihnen Platz nehmen. Ich fürchte jedes gesprochene Wort würde ich analysieren, Ihre Fehler gegen Sie verwenden, deswegen haben Sie auch noch keinen Brief von mir erhalten.
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Vielleicht lache ich beim nächsten Wiedersehen sogar über meine grenzenlose Fantasie.
Oder traure...
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Ach Frau Oskar, heute bin ich so traurig. Sie wissen warum! Gestern war Vollmond!
Ich fuhr mit meinem Auto durch die Nacht um Sie am Mainufer zu suchen. Wohnen Sie nicht am Main? Ich weiß nicht, ob ich es aushalte, Sie erst in unserer gemeinsamen Vorlesung wieder zu sehen. Ich glaubte wirklich, ich könnte Sie eher erhaschen. - Ganz zufällig auf der Damentoilette oder am Kaffeeautomaten vielleicht. Noch 72 Stunden. Eine lange Zeit! Bitte vergessen Sie nicht Ihre Hand auf meinen Oberschenkel zu legen und mir Ihre Lebensgeschichte in mein Ohr zu flüstern!
Danach lade ich Sie auch auf eine Zigarette am Eingang der Uni ein. Irgendwann müssen Sie ja damit anfangen!
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Ich fühle mich so gefangen, als gäbe es keinen Weg zu Ihnen, außer dem Telefon! Ich kann Sie nicht anrufen! Wie sähe das denn aus!?
Ich will Sie sehen! Ihre Augen, Ihre kleinen Hände. Was für ein fürchterliches Gefühl auf einmal! Ich zerspringe vor Sehnsucht und Angst. Jetzt brauche ich Sie! Jetzt!
Ich bin zu keinem Handgriff mehr fähig, der Gedanke an Sie boykottiert meine Arbeit. Erlösen Sie mich bitte! Tun Sie etwas!
Ich bin zu ungeduldig.
Ich möchte Sie nicht bedrängen, aber wenigstens beobachten; ab und zu wissen, wo Sie anzutreffen sind. Ich möchte Anspruch erheben, nur ganz wenig, bitte!
-
Montag- endlich kann ich wieder in die Uni!
Warum studieren Sie eigentlich? Sind Sie angehende Professorin oder einfach nur unheimlich wissbegierig?Nur eines weiß ich von Ihnen, Sie arbeiten in der philosophischen Forschung. Sie forschen. Genau wie ich! Nur dass Sie anscheinend Schopenhauer meiner Wenigkeit vorziehen. Nichteinmal auf meine Einladung zu einem gemeinsamen Kaffee haben Sie geantwortet! Sie wissen gar nicht, wie lange ich gebraucht habe, die Frage zu beantworten, ob es richtig oder falsch sei, Ihnen so etwas per Kurzmitteilung zu senden!
"Wollen wir gemeinsam einen Kaffee trinken gehen?" Die Betonung liegt auf "gemeinsam"!
In unserer letzten Vorlesung, an die ich immer wieder denken muss, haben Sie sich einfach kurz aus dem Staub gemacht und einen Kaffee geholt- für sich allein!
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Was haben Sie nur aus mir gemacht, Frau Oskar!?
Ich nehme mein Handy bereits zur abendlichen Masturbation in mein Badezimmer mit. Es könnte ja sein, dass Sie gelernt haben, Kurzmitteilungen zu verfassen oder einfach nur meine Stimme hören wollen.
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Gestern Nacht hatte ich einen Alptraum.
Ich stieg eine mir vertraute Treppe hinab. Auf den letzten Stufen saß eine Frau Ihres Alters. Sie schien bekümmert zu sein, hielt Ihren Kopf gestützt. Ich setzte mich neben sie und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie sah mir tief in meine Augen. Sie hatte strahlende, blaue Augen- überhaupt nichts Melancholisches mehr in ihrem Blick. Als ich meine Hand von ihrer Schulter nahm passierte etwas Grauenhaftes! Ihr Gesicht faltete sich wie ein Blatt Papier zusammen und ein lautes, höhnendes Gelächter begann rings um mich her.Ich rannte so schnell ich konnte fort.
Dann erwachte ich. Zitternd knipste ich das Licht an, stand auf und nahm ohne lange zu überlegen einen kräftigen Schluck Sherry. Ich wollte nicht wissen, was das zu bedeuten hatte- es war zu furchtbar, dieser Anblick!Betäubt schlief ich wieder ein- diesmal traumlos.
Waren Sie diese "Traum"frau? Ich kann es mir nicht anders erklären.
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Ich hielt Ihren Platz die gesamten 90 Minuten frei! Wo waren Sie denn? Soll das ein Zeichen für mich sein? "Ich habe keine Lust auf Dich!" Oh, ich habe verstanden. Sehr gut habe ich verstanden. Wie naiv war ich eigentlich, zu glauben, Sie säßen nur wegen mir in dieser Vorlesung, damit wir uns kennen lernen, damit Sie meine Einsamkeit mildern, mir das Gefühl geben, Zuflucht vor der Anonymität gefunden zu haben!
Ich dachte, Sie seien etwas spät dran oder hätten noch ein wichtiges Gespräch mit einem Ihrer Professoren. Ich entschuldigte Ihr Verhalten während der gesamten Vorlesung! Wissen Sie eigentlich, wie viel mir diese Vorlesung seit ein paar Tagen bedeutet!? Ich bekam zwei Nächte vor dieser Veranstaltung Magenschmerzen.ich konnte nicht mehr gerade sitzen vor Angst und Anspannung! Alles umsonst?
Nein Frau Oskar- so nicht! Erst bringen Sie Chaos und Hoffnung in mein Leben und dann tauchen Sie ohne Vorwarnung ab!? Ich will Sie genauso vergessen. Genauso Unnahbar sein.Adieu Frau Oskar!
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"Entschuldigung"
Insgeheim habe ich ja darauf gewartet. Schön, dass Sie meine Telefonnummer noch wissen. Ich wusste doch, dass Sie ein wichtiges Treffen hatten. Das kann ich verstehen, die Vorlesung war auch nicht besonders empfehlenswert, dieses Mal.
Sie wollen mir Briefe schreiben, weil Sie Ihr Handy nicht beherrschen. Briefe! Ich schrieb Ihnen bereits 13 Stück! Hörspiele wollen Sie mir leihen, mit mir einen Kaffee trinken! Warum so viel auf einem Mal?!
Ich träumte die ganze Zeit davon. Sie lagen nachts sogar in meinen Armen und hörten mit mir "Der kleine König Dezember".Sie haben mich bitter enttäuscht!
Im Mondlicht habe ich Sie gesucht, mich nachts heimlich mit Rotwein und Sherry betäubt!
Soll ich nun wieder warten? Dem Postmann entgegenlaufen?
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Briefe schreiben.wie kommen Sie denn auf solch eine Idee?
Ein Gelehrter hat vor einiger Zeit das Gerücht in die Welt gesetzt, dass man eine Frau erst richtig kennt, wenn man von Ihr einen Brief erhalten hat.
Ich weiß nicht, ob ich das will.
Vielleicht werde ich Sie dann nicht mehr los!
Ich wollte nur neben Ihnen sitzen und Traumnahrung sammeln.
Mehr wollte ich doch nicht!
Sie haben meine Adresse.
-
"Schreibe mir! Ganz allein mir zum Verbleibe, was und wie ist einerlei! Doch Buchstaben müssen es sein, von Dir aneinandergereiht; verborgen verwahr ich die Zeilen Dein. Schreibe, schreibe, schreibe mir!"
Ihr Brief! Ihr Brief! Viel zu schön!
Ist das Ihr Werk oder eine Abschrift? Egal..Sie haben es mir geschrieben!
Für mich? Ganz allein?!
Hören Sie auf, bevor ich gierig danach werde!
Ich habe Ihre Adresse.




copyright © by LiDonna. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Danke...
lidonna existiert nicht mehr. Feliciti ist nun mein neuer "Name"- nur zur Info, für diejenigen, die sich fragen, warum Sie sich nicht meldet.
Liebe Grüße, Linda
Feliciti - 25.04.2004 16:48
schreibe, schreibe, schreibe mir...
katzengold - 07.04.2004 02:52

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