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Lovestories » Detail

Die Berghütte(2)

von nunca00


Tacheles

„Geht’s dir heute nicht gut oder was ist los?“, fragte Micha nach einer Weile.
„Nein, Ich bin nur müde und mir tut mein Knie weh“, antwortete Niki.
„Ach so ja klar, wie war’s denn eigentlich in der Schweiz? Bist du fündig geworden?“
„Ach ich sag’s dir, das war mal wieder ein Reinfall! Das Auto sah im Internet wieder mal ganz anders aus als in Natura!“
„Oh echt, shit, das tut mir aber leid!“
„Naja ist ja nicht so schlimm hat trotzdem Spaß gemacht! Die Schweiz ist ja einfach auch schön!“
“ Wo genau warst du denn eigentlich? Hast gar nix erwähnt gestern!“
„Nee, hatte sich auch nur so auf die Schnelle ergeben. War ne ganz spontane Sache! Ach, in irgendeinem Kaff in der Nähe von St. Gallen. War halt ein bisschen ein größerer Ausflug, was soll’s?“
„Wie weit ist es eigentlich weg gewesen?“
„ Hmm, so um die 600km waren es schon. Also 1200 hin und zurück!“
„ Du hast es gut, das nächste Mal nimmst du mich aber wieder mit, ok.?“
„Klar wenn du Lust hast, jederzeit, weißt du doch!“
„ Ja, wenn ich frei bekomme. Im Moment ist wieder so viel los das nervt echt!“
“ Tut mir echt leid für dich! Naja, so schnell jetzt eh sowieso nicht. Ich muß, glaube ich, erst mal mein Knie auskurieren...!“
„ Ach so ja, die Salbe, warte mal einen Moment!“, Micha kramte in Ihrer Tasche.
„Sorry, hatte ich ganz vergessen. Ich leg sie dir hier ins Handschuhfach, o.k.?“
„Ja, da hab ich sowieso noch was für dich!“
„ Uii, ist die für mich?“ Im Handschuhfach lagen mindestens ein halbes Dutzend Tafeln Schokolade.
„ Alles für dich, meine kleine Hamsterbacke!“
„Alles?“
„Yep. Ich hab heute Nachmittag schon zwei verputzt vor lauter Monsterhunger!“
„Hah!“, Micha schnappte nach Luft.“Die sind ja von Cailler und alle meine Lieblingssorten!“
„ Ja, da siehst du mal, so bin ich zu dir! Im Kofferraum hab‘ ich auch noch Andere!“
„Du bist ein Schatz, dafür könnte ich dich echt knutschen!“
“ Ach, ne kleine Massage würde mir auch schon reichen!“, grinste Niki verschmitzt.
„Willst du noch mit hochkommen?“, erkundigte sich Micha.
Sie waren inzwischen bei ihr angekommen.
„ Ach ich weiß nicht, irgendwie bin ich müde!“
„Na komm du Spielverderber, kriegst ne schöne Massage und ich hab auch noch einen ganz tollen Whisky!“
„Äh, ich muss noch fahren!“, meinte Niki empört.
„Nix, du pennst heute bei mir und leistest mir Gesellschaft, keine Wiederrede!“
„Also gut, überredet. Aber nimm die Wundersalbe mit!“
Irgendwie war Niki jetzt nicht nach alleine sein zumute. Der heutige Abend machte ihr ein wenig zu schaffen. Vielleicht tat es ganz gut sich ein wenig gehen zu lassen und Michas nette Gesellschaft zu genießen?
In Michas Wohnung angekommen ließ Niki sich sofort auf Michas Couch plumpsen.
„Ist es o.k. wenn ich mich gleich nackig mache?“, scherzte Niki.
„Wie, heute kein Vorspiel?“, gab Micha frech zurück.
„Doch, du darfst mich ja mit lecker Creme einsalben und mich massieren!“
„ Und wo bleibe ich bitte bei dieser Geschichte?“, beschwerte sich Micha entrüstet.
„ Du darfst dabei Schokolade futtern!“ Niki guckte schelmisch.
„Ach, so gesehen, manchmal ist Schokolade auch besser als du weißt schon was!“
“ Wenn du das sagst! Apropos, was ist jetzt eigentlich mit euch Beiden?“
“ Ach hör mir nur auf… Keine Ahnung!“
Micha und ihre Freundin Karin führten seit Jahren eine On/ Off- Beziehung.
„ Wohl das Übliche!“ Micha verzog das Gesicht.
„ Lass uns lieber über was anderes reden!“, schlug sie vor.
Niki hatte sich mittlerweile ihre Hose ausgezogen, das rechte Bein ausgestreckt auf der Couch abgelegt und rieb sich mit der Wundercreme das Knie ein.
Micha beobachtete sie dabei.
„ Was ist nu mit dem Whisky?“, forderte Niki.
„Kommt sofort! Mit Eis oder ohne?“
„Ohne bitte und mach mir gleich nen Doppelten, wenn ich darf?“
„Was ist nur mit dir heute los, du trinkst doch sonst fast nichts!“
„Irgendwie habe ich heute Lust mich zu besaufen. Außerdem hast du doch angefangen mit dem Thema Whisky!“
Micha sah Niki seltsam an und wollte etwas sagen, doch sie entschied sich anders.
„Na denn mal Prost, hau weg die Scheiße, wie Alex sagen würde!“
Micha hielt Niki ein großes Glas voller honigfarbener Flüssigkeit vor die Nase.
Niki nippte vorsichtig daran und musste sich erst nach und nach an das leichte Brennen in Rachen und Magen gewöhnen.
„ Ich nehme an das ist ein edles Tröpfchen und war ganz schön teuer?“, mutmaßte Niki.
„ Hochgerechnet nicht so viel wie deine Schweizer Schokolade!“
„Naja, man gönnt sich ja sonst nichts!“ In Nikis Körper breitete sich eine wohlige Wärme aus. Auch der Schmerz im Knie ließ ein wenig nach und sie entspannte sich ein bisschen mehr.
“ Kannst du mit deinem Knie eigentlich Skifahren?“, wollte Micha wissen.
„ Ach so ja, da war ja noch was. Um was ging’s denn heute eigentlich wer, wann und wo wollt ihr eigentlich Skifahren und wer kam überhaupt auf die Idee?“
“ Es ging darum, dass Alex Vater wohl endlich seine geliebt Berghütte freigegeben hat auf die Alex schon immer so scharf war. Sie lädt uns daher alle ein. Soll wohl in fünf Wochen losgehen!“, klärte Micha sie auf.
„Ach, ist es endlich soweit. Na, darauf hat Alex ja schon ewig spekuliert. Und wer fährt alles mit?“
„Soweit ich es mitbekommen habe, natürlich Alex, dann Nina, ihre Schwester, ich und du!“
„ Ach, ich fahr auch mit, aha gut das mir das noch jemand gesagt hat! Nein, mal ehrlich, ich weiß nicht ob ich da Lust dazu habe?“
“ Du kannst mich doch nicht allein lassen und ich würde wirklich gerne mitgehen. Bitte, bitte tue es mir zuliebe!“
„AchMicha, du bist doch schon groß. Du kannst das auch ganz alleine, du brauchst mich nicht dazu!“ zog Niki sie auf.
“ Ja, aber dann hab ich Angst vor Alex, du weißt doch wie sie ist!“
„Wie? Ich soll wohl nur mit um ich dich vor Alex zu beschützen? Sie tat entrüstet.
„Die tut dir schon nichts!“, beruhigte Niki sie.
„ Du weißt doch wie sie ist, vor allem wenn sie mitbekommt, dass ich mal wieder gerade nicht mit Karin zusammen bin! Dann baggert sie mich wieder dauernd an, da vergeht mir dann auch die Lust auf Schnee und Berghütte! Also bitte, bitte du musst mitgehen!“
„Dann schenk mir erst noch mal nach, das Ganze kann ich nüchtern noch gar nicht beurteilen!“, witzelte Niki.
Micha reichte ihr spaßeshalber die noch halbvolle Flasche. Zu ihrem Erstaunen griff Niki eifrig danach und machte zwei riesige Schlucke.
Sie musste Husten. Micha lachte und schüttelte den Kopf.
„Und die kleine Schwester von Nina fährt also auch mit? Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass sie noch ne kleine Schwester hat. Ich weiß, dass sie zwei Brüder hat, aber ne jüngere Schwester! Vor allem wie alt ist die eigentlich? Die sah aus wie höchstens 25!“,sprudelte es aus Niki heraus.
„Doch, sie hat mir mal vor längerer Zeit von ihr erzählt! Die verreist viel und war wohl auch eine ganze Weile im Ausland, Australien oder so..... kann aber auch Afrika gewesen sein, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern! Und sie ist 29 ,wie ich heute erfahren habe!“
„ Aha und wieso kennt die sonst keiner? Finde ich, ehrlich gesagt irgendwie ein bisschen seltsam! Die kennt doch gar keinen von uns, beziehungsweise wir kennen die nicht und jetzt will sie dann mit zum Skifahren? Ich weiß nicht ob ich da Lust drauf hab. Die passt doch gar nicht zu uns!“, motzte Niki.
„Was haste heute nur? Jetzt bist du irgendwie auch noch feindselig, du bist doch sonst viel aufgeschlossener!“
“ Ach, naja ich hab bloß keine Lust auf irgend so ne Hete. Da muss man dann wieder dauernd aufpassen was man für Scherze macht und überhaupt was man so sagt. Da habe ich halt einfach keine Lust drauf!“ ereiferte sich Niki.
„Ok, Niki, jetzt mal Butter bei die Fische, ich weiß jetzt kommt dein Reizthema!“, sie setzte sich auf und blickte Niki ernsthaft ins Gesicht.
„Ist es weil dich diese Jessie den ganzen Abend nicht aus den Augen gelassen hat?“
Zum dritten Mal an diesem Abend errötete Niki leicht.
„Was, spinnst du?“
„ Du weißt genau, was ich meine! Warum sonst wirst du rot?“, fragte Micha unbeirrt nach.
„ Du spinnst doch komplett!“, konterte Niki.
„Ich weiß, du willst sowas nicht hören, aber die ist voll auf dich abgefahren. Das habe nicht nur ich bemerkt!“
„Hallo, ich bin 100 Jahre älter als die! Und wahrscheinlich ist die stockhetero! Und davon abgesehen ist sie überhaupt nicht mein Typ!“
„Pfft, als ob du einen Typ hättest! Du hast dich seit Jahren nach niemanden mehr umgesehen! Ich fand sie sehr hübsch. Und dir hat sie auch gefallen, das habe ich an deinen Reaktionen gesehen, ob du das jetzt hören willst oder nicht!“, ereiferte sich Micha.
„ Ich stehe nicht auf Rothaarige!“ sagte Niki mit belegter Stimme. Sie bemerkte dass sie schon ziemlich betrunken war.
„ Nein, Niki! Du stehst auf Niemanden, das ist ja das Problem! Und außerdem hat sie mehr blonde als rote Haare, aber das tut hier ja überhaupt Nichts zur Sache. Darum gehts doch gar nicht!, sagte Micha ärgerlich.
„Ja, Worum gehts eigentlich und warum regst du dich so auf?“, fragte Niki ihrerseits ziemlich gereizt.
„ Weil du dich aus dem Leben zurückziehst Niki, immer mehr und immer mehr. Ich glaube, du selbst merkst es gar nicht mehr!“
„ Sei mir nicht böse Micha, aber das ist totaler Blödsinn!“
„Doch Niki! Ich weiß, wie vorhin erwähnt, dass du das Thema immer wieder meidest. Und du weißt, dass ich dich dann lasse, dass ich Rücksicht nehme und dich damit in Ruhe lasse! Aber Niki, du bist mir wichtig und ich ertrage es nicht mehr dir dabei zu zusehen!“
„Hä, wobei zusehen?“
„Wie du dich immer mehr in deine eigene Höhle zurück ziehst und immer seltener rauskommst!“
„Falls du es nicht bemerkt hast, ich war heute in der Pizzeria dabei! Also nicht in irgendeiner Höhle und dann war ich vorher unterwegs, im Ausland!“, Niki betonte das letzte Wort.
„Du weißt ganz genau was ich meine!“
“ Ach, lass mich in Ruhe!“, Niki reagierte so heftig wie es Micha nicht von ihr kannte.
„ Nein, Niki! Jetzt ist Schluss damit! Es ist jetzt 20 Jahre her, verdammt! Du musst mal wieder leben!“
Niki antwortete nicht.
„ Du bist jetzt 48… Also immer noch viel zu jung um auf ewig alleine zu sein! Und auch noch zu jung um mit ,du weißt schon was ,abzuschließen!“
Niki griff nach der Whiskyflasche. Doch Micha hielt sie davon ab.
„ Nein! Damit fängst du jetzt gar nicht erst an. Du hast nie zur Flasche gegriffen und das habe ich immer bewundert!“
„Was willst du eigentlich von mir?“, fragte Niki gequält.
„ Lass Nadja endlich gehen! Sie hätte nie gewollt, dass du soo lange um sie trauerst!“
Niki stand auf und griff wieder nach der Flasche.Eine dicke Träne kullerte ihr die Wange herunter. Micha erhob sich ebenfalls, nahm Niki abermals die Flasche aus der Hand und nahm sie in den Arm.
„Ich hab sie so geliebt!“ schluchzte Niki.
“ Ich weiß, das tut mir so leid für dich. Aber jetzt ist genug, mein Spatzl! Quäl´ dich bitte nicht länger!“
Sie drückte Niki fester. Niki erwiderte die Umarmung und Micha spürte wie sie zitterte.
„Weißt du, ich vermisse sie immer noch jeden Tag!“, sagte Niki mit tränenerstickter Stimme.
„Du musst jetzt aber damit aufhören, bitte! Sie ist schon so lange tot. Ja, ich spreche es endlich mal aus -tot, Niki, aber du lebst noch, und das kann kein erfülltes Leben sein! Doch das wünsche ich mir für dich und Nadja mit Sicherheit auch!“ ,Micha rang jetzt auch mit den Tränen.
“ Ich hab’s ja versucht, und das weißt du ja auch, aber es ging nicht , auch das weißt du!“
“ Niki! Das ist auch schon wieder zwölf Jahre her, hörst du zwölf Jahre! Das ist auch schon fast eine halbe Ewigkeit!“
“ Ich will ja, Micha, aber ich kann nicht. Es geht einfach nicht!“, schluchzte Niki.
Niki war jetzt wirklich betrunken und Micha merkte, dass sie schwankte.
“ Na, komm, jetzt bringe ich dich erst mal ins Bett. Du schläfst heute bei mir und nicht auf der Couch wie sonst!
„Ok!“,willigte Niki widerstandslos ein.
„Na, das ist doch schon mal ein Anfang!“
Micha begleitete Niki ins Schlafzimmer und kramte in einer Schublade.
„Da, du kleine Schnapsdrossel, mein flauschigster Schlafanzug!“ Sie warf ihn aufs Bett.
“ Danke!“, sagte Niki schlaftrunken.
„So, jetzt aber hopp ins Bett! Jetzt schlaf erst mal deinen Suff aus!“, monierte Micha im spielerischen Befehlston.
Niki zog sich umständlich die Schlafanzughose an und fiel dann noch mit ihrem T-Shirt am Leibe ins Bett. Danach kuschelte sich in die warme Bettdecke. Micha legte sich kurz darauf neben sie und cremte sich dann die Hände ein. Plötzlich hörte sie wie Niki neben ihr kicherte.
„Hihi, Suff! Ist das überhaupt ein Wort?“
„SUFF!“, Niki formte das Wort mit ihren Lippen „Das klingt echt komisch!“, lallte sie.
„Na, du hast heute aber wirklich ein bisschen zu tief ins Glas geschaut!“, bemerkte Micha.
“Mhm, du riechst so gut!“ erwiderte Niki nur. Niki schnupperte an ihrem Hals. Micha lachte auf.
„ So, ich würde sagen du machst jetzt Heia, ehe du noch auf dumme Ideen kommst!“
Was?“, brummte Niki schon fast im Halbschlaf.
“ Ach, Eines noch, ohne die Situation ausnutzen zu wollen!“, kicherte Micha,
„Ein Versprechen nehme ich dir noch ab. Du fährst mit auf die Berghütte und wir schauen mal ob wir da Spaß haben können und wer alles dabei ist, ist doch völlig egal! Wir haben uns beide und außerdem war ich schon ewig nicht mehr im Skiurlaub!Ok?“
„Niki?“
„Hm!“
„Versprichst du mir das?“
Keine Antwort!
„Niki, schläfst du schon?“
„Versprochen ist Versprochen und wird auch nicht gebrochen!“ , brummelte Niki kindlich.
„Dann ist die Sache ja geritzt!“
Micha nahm sich ein Buch vom Nachtkästchen und wollte noch ein bißchen lesen.
“ Versprochen!“, murmelte Niki, „ So wie das Vorspiel!“, Niki kicherte dämlich.
„ Was brabbelst du da?“, fragte Micha.
„Na, du wolltest mich doch massieren und mich eincremen!“, kam es dann doch plötzlich ziemlich nüchtern von Niki.
„Ach ja, du bist hackedicht, aber das hast du noch mitbekommen!“, meinte Micha gespielt vorwurfsvoll, „Du bist mir ja eine! Ja, klar mache ich morgen auf jeden Fall ,wirklich ganz ganz arg versprochen! Sie nahm ebenfalls einen kindlichen Tonfall an. Dann legte sie ihr Buch zurück auf das Nachtkästchen.
„So jetzt wird aber geschlafen, es ist schon 1:30 Uhr! Gute Nacht und schlaf gut!“
Micha löschte das Licht. Von Niki war nur noch ein leichtes Schnarchen zu vernehmen.




Tacheles

„Geht’s dir heute nicht gut oder was ist los?“, fragte Micha nach einer Weile.
„Nein, Ich bin nur müde und mir tut mein Knie weh“, antwortete Niki.
„Ach so ja klar, wie war’s denn eigentlich in der Schweiz? Bist du fündig geworden?“
„Ach ich sag’s dir, das war mal wieder ein Reinfall! Das Auto sah im Internet wieder mal ganz anders aus als in Natura!“
„Oh echt, shit, das tut mir aber leid!“
„Naja ist ja nicht so schlimm hat trotzdem Spaß gemacht! Die Schweiz ist ja einfach auch schön!“
“ Wo genau warst du denn eigentlich? Hast gar nix erwähnt gestern!“
„Nee, hatte sich auch nur so auf die Schnelle ergeben. War ne ganz spontane Sache! Ach, in irgendeinem Kaff in der Nähe von St. Gallen. War halt ein bisschen ein größerer Ausflug, was soll’s?“
„Wie weit ist es eigentlich weg gewesen?“
„ Hmm, so um die 600km waren es schon. Also 1200 hin und zurück!“
„ Du hast es gut, das nächste Mal nimmst du mich aber wieder mit, ok.?“
„Klar wenn du Lust hast, jederzeit, weißt du doch!“
„ Ja, wenn ich frei bekomme. Im Moment ist wieder so viel los das nervt echt!“
“ Tut mir echt leid für dich! Naja, so schnell jetzt eh sowieso nicht. Ich muß, glaube ich, erst mal mein Knie auskurieren...!“
„ Ach so ja, die Salbe, warte mal einen Moment!“, Micha kramte in Ihrer Tasche.
„Sorry, hatte ich ganz vergessen. Ich leg sie dir hier ins Handschuhfach, o.k.?“
„Ja, da hab ich sowieso noch was für dich!“
„ Uii, ist die für mich?“ Im Handschuhfach lagen mindestens ein halbes Dutzend Tafeln Schokolade.
„ Alles für dich, meine kleine Hamsterbacke!“
„Alles?“
„Yep. Ich hab heute Nachmittag schon zwei verputzt vor lauter Monsterhunger!“
„Hah!“, Micha schnappte nach Luft.“Die sind ja von Cailler und alle meine Lieblingssorten!“
„ Ja, da siehst du mal, so bin ich zu dir! Im Kofferraum hab‘ ich auch noch Andere!“
„Du bist ein Schatz, dafür könnte ich dich echt knutschen!“
“ Ach, ne kleine Massage würde mir auch schon reichen!“, grinste Niki verschmitzt.
„Willst du noch mit hochkommen?“, erkundigte sich Micha.
Sie waren inzwischen bei ihr angekommen.
„ Ach ich weiß nicht, irgendwie bin ich müde!“
„Na komm du Spielverderber, kriegst ne schöne Massage und ich hab auch noch einen ganz tollen Whisky!“
„Äh, ich muss noch fahren!“, meinte Niki empört.
„Nix, du pennst heute bei mir und leistest mir Gesellschaft, keine Wiederrede!“
„Also gut, überredet. Aber nimm die Wundersalbe mit!“
Irgendwie war Niki jetzt nicht nach alleine sein zumute. Der heutige Abend machte ihr ein wenig zu schaffen. Vielleicht tat es ganz gut sich ein wenig gehen zu lassen und Michas nette Gesellschaft zu genießen?
In Michas Wohnung angekommen ließ Niki sich sofort auf Michas Couch plumpsen.
„Ist es o.k. wenn ich mich gleich nackig mache?“, scherzte Niki.
„Wie, heute kein Vorspiel?“, gab Micha frech zurück.
„Doch, du darfst mich ja mit lecker Creme einsalben und mich massieren!“
„ Und wo bleibe ich bitte bei dieser Geschichte?“, beschwerte sich Micha entrüstet.
„ Du darfst dabei Schokolade futtern!“ Niki guckte schelmisch.
„Ach, so gesehen, manchmal ist Schokolade auch besser als du weißt schon was!“
“ Wenn du das sagst! Apropos, was ist jetzt eigentlich mit euch Beiden?“
“ Ach hör mir nur auf… Keine Ahnung!“
Micha und ihre Freundin Karin führten seit Jahren eine On/ Off- Beziehung.
„ Wohl das Übliche!“ Micha verzog das Gesicht.
„ Lass uns lieber über was anderes reden!“, schlug sie vor.
Niki hatte sich mittlerweile ihre Hose ausgezogen, das rechte Bein ausgestreckt auf der Couch abgelegt und rieb sich mit der Wundercreme das Knie ein.
Micha beobachtete sie dabei.
„ Was ist nu mit dem Whisky?“, forderte Niki.
„Kommt sofort! Mit Eis oder ohne?“
„Ohne bitte und mach mir gleich nen Doppelten, wenn ich darf?“
„Was ist nur mit dir heute los, du trinkst doch sonst fast nichts!“
„Irgendwie habe ich heute Lust mich zu besaufen. Außerdem hast du doch angefangen mit dem Thema Whisky!“
Micha sah Niki seltsam an und wollte etwas sagen, doch sie entschied sich anders.
„Na denn mal Prost, hau weg die Scheiße, wie Alex sagen würde!“
Micha hielt Niki ein großes Glas voller honigfarbener Flüssigkeit vor die Nase.
Niki nippte vorsichtig daran und musste sich erst nach und nach an das leichte Brennen in Rachen und Magen gewöhnen.
„ Ich nehme an das ist ein edles Tröpfchen und war ganz schön teuer?“, mutmaßte Niki.
„ Hochgerechnet nicht so viel wie deine Schweizer Schokolade!“
„Naja, man gönnt sich ja sonst nichts!“ In Nikis Körper breitete sich eine wohlige Wärme aus. Auch der Schmerz im Knie ließ ein wenig nach und sie entspannte sich ein bisschen mehr.
“ Kannst du mit deinem Knie eigentlich Skifahren?“, wollte Micha wissen.
„ Ach so ja, da war ja noch was. Um was ging’s denn heute eigentlich wer, wann und wo wollt ihr eigentlich Skifahren und wer kam überhaupt auf die Idee?“
“ Es ging darum, dass Alex Vater wohl endlich seine geliebt Berghütte freigegeben hat auf die Alex schon immer so scharf war. Sie lädt uns daher alle ein. Soll wohl in fünf Wochen losgehen!“, klärte Micha sie auf.
„Ach, ist es endlich soweit. Na, darauf hat Alex ja schon ewig spekuliert. Und wer fährt alles mit?“
„Soweit ich es mitbekommen habe, natürlich Alex, dann Nina, ihre Schwester, ich und du!“
„ Ach, ich fahr auch mit, aha gut das mir das noch jemand gesagt hat! Nein, mal ehrlich, ich weiß nicht ob ich da Lust dazu habe?“
“ Du kannst mich doch nicht allein lassen und ich würde wirklich gerne mitgehen. Bitte, bitte tue es mir zuliebe!“
„AchMicha, du bist doch schon groß. Du kannst das auch ganz alleine, du brauchst mich nicht dazu!“ zog Niki sie auf.
“ Ja, aber dann hab ich Angst vor Alex, du weißt doch wie sie ist!“
„Wie? Ich soll wohl nur mit um ich dich vor Alex zu beschützen? Sie tat entrüstet.
„Die tut dir schon nichts!“, beruhigte Niki sie.
„ Du weißt doch wie sie ist, vor allem wenn sie mitbekommt, dass ich mal wieder gerade nicht mit Karin zusammen bin! Dann baggert sie mich wieder dauernd an, da vergeht mir dann auch die Lust auf Schnee und Berghütte! Also bitte, bitte du musst mitgehen!“
„Dann schenk mir erst noch mal nach, das Ganze kann ich nüchtern noch gar nicht beurteilen!“, witzelte Niki.
Micha reichte ihr spaßeshalber die noch halbvolle Flasche. Zu ihrem Erstaunen griff Niki eifrig danach und machte zwei riesige Schlucke.
Sie musste Husten. Micha lachte und schüttelte den Kopf.
„Und die kleine Schwester von Nina fährt also auch mit? Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass sie noch ne kleine Schwester hat. Ich weiß, dass sie zwei Brüder hat, aber ne jüngere Schwester! Vor allem wie alt ist die eigentlich? Die sah aus wie höchstens 25!“,sprudelte es aus Niki heraus.
„Doch, sie hat mir mal vor längerer Zeit von ihr erzählt! Die verreist viel und war wohl auch eine ganze Weile im Ausland, Australien oder so..... kann aber auch Afrika gewesen sein, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern! Und sie ist 29 ,wie ich heute erfahren habe!“
„ Aha und wieso kennt die sonst keiner? Finde ich, ehrlich gesagt irgendwie ein bisschen seltsam! Die kennt doch gar keinen von uns, beziehungsweise wir kennen die nicht und jetzt will sie dann mit zum Skifahren? Ich weiß nicht ob ich da Lust drauf hab. Die passt doch gar nicht zu uns!“, motzte Niki.
„Was haste heute nur? Jetzt bist du irgendwie auch noch feindselig, du bist doch sonst viel aufgeschlossener!“
“ Ach, naja ich hab bloß keine Lust auf irgend so ne Hete. Da muss man dann wieder dauernd aufpassen was man für Scherze macht und überhaupt was man so sagt. Da habe ich halt einfach keine Lust drauf!“ ereiferte sich Niki.
„Ok, Niki, jetzt mal Butter bei die Fische, ich weiß jetzt kommt dein Reizthema!“, sie setzte sich auf und blickte Niki ernsthaft ins Gesicht.
„Ist es weil dich diese Jessie den ganzen Abend nicht aus den Augen gelassen hat?“
Zum dritten Mal an diesem Abend errötete Niki leicht.
„Was, spinnst du?“
„ Du weißt genau, was ich meine! Warum sonst wirst du rot?“, fragte Micha unbeirrt nach.
„ Du spinnst doch komplett!“, konterte Niki.
„Ich weiß, du willst sowas nicht hören, aber die ist voll auf dich abgefahren. Das habe nicht nur ich bemerkt!“
„Hallo, ich bin 100 Jahre älter als die! Und wahrscheinlich ist die stockhetero! Und davon abgesehen ist sie überhaupt nicht mein Typ!“
„Pfft, als ob du einen Typ hättest! Du hast dich seit Jahren nach niemanden mehr umgesehen! Ich fand sie sehr hübsch. Und dir hat sie auch gefallen, das habe ich an deinen Reaktionen gesehen, ob du das jetzt hören willst oder nicht!“, ereiferte sich Micha.
„ Ich stehe nicht auf Rothaarige!“ sagte Niki mit belegter Stimme. Sie bemerkte dass sie schon ziemlich betrunken war.
„ Nein, Niki! Du stehst auf Niemanden, das ist ja das Problem! Und außerdem hat sie mehr blonde als rote Haare, aber das tut hier ja überhaupt Nichts zur Sache. Darum gehts doch gar nicht!, sagte Micha ärgerlich.
„Ja, Worum gehts eigentlich und warum regst du dich so auf?“, fragte Niki ihrerseits ziemlich gereizt.
„ Weil du dich aus dem Leben zurückziehst Niki, immer mehr und immer mehr. Ich glaube, du selbst merkst es gar nicht mehr!“
„ Sei mir nicht böse Micha, aber das ist totaler Blödsinn!“
„Doch Niki! Ich weiß, wie vorhin erwähnt, dass du das Thema immer wieder meidest. Und du weißt, dass ich dich dann lasse, dass ich Rücksicht nehme und dich damit in Ruhe lasse! Aber Niki, du bist mir wichtig und ich ertrage es nicht mehr dir dabei zu zusehen!“
„Hä, wobei zusehen?“
„Wie du dich immer mehr in deine eigene Höhle zurück ziehst und immer seltener rauskommst!“
„Falls du es nicht bemerkt hast, ich war heute in der Pizzeria dabei! Also nicht in irgendeiner Höhle und dann war ich vorher unterwegs, im Ausland!“, Niki betonte das letzte Wort.
„Du weißt ganz genau was ich meine!“
“ Ach, lass mich in Ruhe!“, Niki reagierte so heftig wie es Micha nicht von ihr kannte.
„ Nein, Niki! Jetzt ist Schluss damit! Es ist jetzt 20 Jahre her, verdammt! Du musst mal wieder leben!“
Niki antwortete nicht.
„ Du bist jetzt 48… Also immer noch viel zu jung um auf ewig alleine zu sein! Und auch noch zu jung um mit ,du weißt schon was ,abzuschließen!“
Niki griff nach der Whiskyflasche. Doch Micha hielt sie davon ab.
„ Nein! Damit fängst du jetzt gar nicht erst an. Du hast nie zur Flasche gegriffen und das habe ich immer bewundert!“
„Was willst du eigentlich von mir?“, fragte Niki gequält.
„ Lass Nadja endlich gehen! Sie hätte nie gewollt, dass du soo lange um sie trauerst!“
Niki stand auf und griff wieder nach der Flasche.Eine dicke Träne kullerte ihr die Wange herunter. Micha erhob sich ebenfalls, nahm Niki abermals die Flasche aus der Hand und nahm sie in den Arm.
„Ich hab sie so geliebt!“ schluchzte Niki.
“ Ich weiß, das tut mir so leid für dich. Aber jetzt ist genug, mein Spatzl! Quäl´ dich bitte nicht länger!“
Sie drückte Niki fester. Niki erwiderte die Umarmung und Micha spürte wie sie zitterte.
„Weißt du, ich vermisse sie immer noch jeden Tag!“, sagte Niki mit tränenerstickter Stimme.
„Du musst jetzt aber damit aufhören, bitte! Sie ist schon so lange tot. Ja, ich spreche es endlich mal aus -tot, Niki, aber du lebst noch, und das kann kein erfülltes Leben sein! Doch das wünsche ich mir für dich und Nadja mit Sicherheit auch!“ ,Micha rang jetzt auch mit den Tränen.
“ Ich hab’s ja versucht, und das weißt du ja auch, aber es ging nicht , auch das weißt du!“
“ Niki! Das ist auch schon wieder zwölf Jahre her, hörst du zwölf Jahre! Das ist auch schon fast eine halbe Ewigkeit!“
“ Ich will ja, Micha, aber ich kann nicht. Es geht einfach nicht!“, schluchzte Niki.
Niki war jetzt wirklich betrunken und Micha merkte, dass sie schwankte.
“ Na, komm, jetzt bringe ich dich erst mal ins Bett. Du schläfst heute bei mir und nicht auf der Couch wie sonst!
„Ok!“,willigte Niki widerstandslos ein.
„Na, das ist doch schon mal ein Anfang!“
Micha begleitete Niki ins Schlafzimmer und kramte in einer Schublade.
„Da, du kleine Schnapsdrossel, mein flauschigster Schlafanzug!“ Sie warf ihn aufs Bett.
“ Danke!“, sagte Niki schlaftrunken.
„So, jetzt aber hopp ins Bett! Jetzt schlaf erst mal deinen Suff aus!“, monierte Micha im spielerischen Befehlston.
Niki zog sich umständlich die Schlafanzughose an und fiel dann noch mit ihrem T-Shirt am Leibe ins Bett. Danach kuschelte sich in die warme Bettdecke. Micha legte sich kurz darauf neben sie und cremte sich dann die Hände ein. Plötzlich hörte sie wie Niki neben ihr kicherte.
„Hihi, Suff! Ist das überhaupt ein Wort?“
„SUFF!“, Niki formte das Wort mit ihren Lippen „Das klingt echt komisch!“, lallte sie.
„Na, du hast heute aber wirklich ein bisschen zu tief ins Glas geschaut!“, bemerkte Micha.
“Mhm, du riechst so gut!“ erwiderte Niki nur. Niki schnupperte an ihrem Hals. Micha lachte auf.
„ So, ich würde sagen du machst jetzt Heia, ehe du noch auf dumme Ideen kommst!“
Was?“, brummte Niki schon fast im Halbschlaf.
“ Ach, Eines noch, ohne die Situation ausnutzen zu wollen!“, kicherte Micha,
„Ein Versprechen nehme ich dir noch ab. Du fährst mit auf die Berghütte und wir schauen mal ob wir da Spaß haben können und wer alles dabei ist, ist doch völlig egal! Wir haben uns beide und außerdem war ich schon ewig nicht mehr im Skiurlaub!Ok?“
„Niki?“
„Hm!“
„Versprichst du mir das?“
Keine Antwort!
„Niki, schläfst du schon?“
„Versprochen ist Versprochen und wird auch nicht gebrochen!“ , brummelte Niki kindlich.
„Dann ist die Sache ja geritzt!“
Micha nahm sich ein Buch vom Nachtkästchen und wollte noch ein bißchen lesen.
“ Versprochen!“, murmelte Niki, „ So wie das Vorspiel!“, Niki kicherte dämlich.
„ Was brabbelst du da?“, fragte Micha.
„Na, du wolltest mich doch massieren und mich eincremen!“, kam es dann doch plötzlich ziemlich nüchtern von Niki.
„Ach ja, du bist hackedicht, aber das hast du noch mitbekommen!“, meinte Micha gespielt vorwurfsvoll, „Du bist mir ja eine! Ja, klar mache ich morgen auf jeden Fall ,wirklich ganz ganz arg versprochen! Sie nahm ebenfalls einen kindlichen Tonfall an. Dann legte sie ihr Buch zurück auf das Nachtkästchen.
„So jetzt wird aber geschlafen, es ist schon 1:30 Uhr! Gute Nacht und schlaf gut!“
Micha löschte das Licht. Von Niki war nur noch ein leichtes Schnarchen zu vernehmen.























Tacheles

„Geht’s dir heute nicht gut oder was ist los?“, fragte Micha nach einer Weile.
„Nein, Ich bin nur müde und mir tut mein Knie weh“, antwortete Niki.
„Ach so ja klar, wie war’s denn eigentlich in der Schweiz? Bist du fündig geworden?“
„Ach ich sag’s dir, das war mal wieder ein Reinfall! Das Auto sah im Internet wieder mal ganz anders aus als in Natura!“
„Oh echt, shit, das tut mir aber leid!“
„Naja ist ja nicht so schlimm hat trotzdem Spaß gemacht! Die Schweiz ist ja einfach auch schön!“
“ Wo genau warst du denn eigentlich? Hast gar nix erwähnt gestern!“
„Nee, hatte sich auch nur so auf die Schnelle ergeben. War ne ganz spontane Sache! Ach, in irgendeinem Kaff in der Nähe von St. Gallen. War halt ein bisschen ein größerer Ausflug, was soll’s?“
„Wie weit ist es eigentlich weg gewesen?“
„ Hmm, so um die 600km waren es schon. Also 1200 hin und zurück!“
„ Du hast es gut, das nächste Mal nimmst du mich aber wieder mit, ok.?“
„Klar wenn du Lust hast, jederzeit, weißt du doch!“
„ Ja, wenn ich frei bekomme. Im Moment ist wieder so viel los das nervt echt!“
“ Tut mir echt leid für dich! Naja, so schnell jetzt eh sowieso nicht. Ich muß, glaube ich, erst mal mein Knie auskurieren...!“
„ Ach so ja, die Salbe, warte mal einen Moment!“, Micha kramte in Ihrer Tasche.
„Sorry, hatte ich ganz vergessen. Ich leg sie dir hier ins Handschuhfach, o.k.?“
„Ja, da hab ich sowieso noch was für dich!“
„ Uii, ist die für mich?“ Im Handschuhfach lagen mindestens ein halbes Dutzend Tafeln Schokolade.
„ Alles für dich, meine kleine Hamsterbacke!“
„Alles?“
„Yep. Ich hab heute Nachmittag schon zwei verputzt vor lauter Monsterhunger!“
„Hah!“, Micha schnappte nach Luft.“Die sind ja von Cailler und alle meine Lieblingssorten!“
„ Ja, da siehst du mal, so bin ich zu dir! Im Kofferraum hab‘ ich auch noch Andere!“
„Du bist ein Schatz, dafür könnte ich dich echt knutschen!“
“ Ach, ne kleine Massage würde mir auch schon reichen!“, grinste Niki verschmitzt.
„Willst du noch mit hochkommen?“, erkundigte sich Micha.
Sie waren inzwischen bei ihr angekommen.
„ Ach ich weiß nicht, irgendwie bin ich müde!“
„Na komm du Spielverderber, kriegst ne schöne Massage und ich hab auch noch einen ganz tollen Whisky!“
„Äh, ich muss noch fahren!“, meinte Niki empört.
„Nix, du pennst heute bei mir und leistest mir Gesellschaft, keine Wiederrede!“
„Also gut, überredet. Aber nimm die Wundersalbe mit!“
Irgendwie war Niki jetzt nicht nach alleine sein zumute. Der heutige Abend machte ihr ein wenig zu schaffen. Vielleicht tat es ganz gut sich ein wenig gehen zu lassen und Michas nette Gesellschaft zu genießen?
In Michas Wohnung angekommen ließ Niki sich sofort auf Michas Couch plumpsen.
„Ist es o.k. wenn ich mich gleich nackig mache?“, scherzte Niki.
„Wie, heute kein Vorspiel?“, gab Micha frech zurück.
„Doch, du darfst mich ja mit lecker Creme einsalben und mich massieren!“
„ Und wo bleibe ich bitte bei dieser Geschichte?“, beschwerte sich Micha entrüstet.
„ Du darfst dabei Schokolade futtern!“ Niki guckte schelmisch.
„Ach, so gesehen, manchmal ist Schokolade auch besser als du weißt schon was!“
“ Wenn du das sagst! Apropos, was ist jetzt eigentlich mit euch Beiden?“
“ Ach hör mir nur auf… Keine Ahnung!“
Micha und ihre Freundin Karin führten seit Jahren eine On/ Off- Beziehung.
„ Wohl das Übliche!“ Micha verzog das Gesicht.
„ Lass uns lieber über was anderes reden!“, schlug sie vor.
Niki hatte sich mittlerweile ihre Hose ausgezogen, das rechte Bein ausgestreckt auf der Couch abgelegt und rieb sich mit der Wundercreme das Knie ein.
Micha beobachtete sie dabei.
„ Was ist nu mit dem Whisky?“, forderte Niki.
„Kommt sofort! Mit Eis oder ohne?“
„Ohne bitte und mach mir gleich nen Doppelten, wenn ich darf?“
„Was ist nur mit dir heute los, du trinkst doch sonst fast nichts!“
„Irgendwie habe ich heute Lust mich zu besaufen. Außerdem hast du doch angefangen mit dem Thema Whisky!“
Micha sah Niki seltsam an und wollte etwas sagen, doch sie entschied sich anders.
„Na denn mal Prost, hau weg die Scheiße, wie Alex sagen würde!“
Micha hielt Niki ein großes Glas voller honigfarbener Flüssigkeit vor die Nase.
Niki nippte vorsichtig daran und musste sich erst nach und nach an das leichte Brennen in Rachen und Magen gewöhnen.
„ Ich nehme an das ist ein edles Tröpfchen und war ganz schön teuer?“, mutmaßte Niki.
„ Hochgerechnet nicht so viel wie deine Schweizer Schokolade!“
„Naja, man gönnt sich ja sonst nichts!“ In Nikis Körper breitete sich eine wohlige Wärme aus. Auch der Schmerz im Knie ließ ein wenig nach und sie entspannte sich ein bisschen mehr.
“ Kannst du mit deinem Knie eigentlich Skifahren?“, wollte Micha wissen.
„ Ach so ja, da war ja noch was. Um was ging’s denn heute eigentlich wer, wann und wo wollt ihr eigentlich Skifahren und wer kam überhaupt auf die Idee?“
“ Es ging darum, dass Alex Vater wohl endlich seine geliebt Berghütte freigegeben hat auf die Alex schon immer so scharf war. Sie lädt uns daher alle ein. Soll wohl in fünf Wochen losgehen!“, klärte Micha sie auf.
„Ach, ist es endlich soweit. Na, darauf hat Alex ja schon ewig spekuliert. Und wer fährt alles mit?“
„Soweit ich es mitbekommen habe, natürlich Alex, dann Nina, ihre Schwester, ich und du!“
„ Ach, ich fahr auch mit, aha gut das mir das noch jemand gesagt hat! Nein, mal ehrlich, ich weiß nicht ob ich da Lust dazu habe?“
“ Du kannst mich doch nicht allein lassen und ich würde wirklich gerne mitgehen. Bitte, bitte tue es mir zuliebe!“
„AchMicha, du bist doch schon groß. Du kannst das auch ganz alleine, du brauchst mich nicht dazu!“ zog Niki sie auf.
“ Ja, aber dann hab ich Angst vor Alex, du weißt doch wie sie ist!“
„Wie? Ich soll wohl nur mit um ich dich vor Alex zu beschützen? Sie tat entrüstet.
„Die tut dir schon nichts!“, beruhigte Niki sie.
„ Du weißt doch wie sie ist, vor allem wenn sie mitbekommt, dass ich mal wieder gerade nicht mit Karin zusammen bin! Dann baggert sie mich wieder dauernd an, da vergeht mir dann auch die Lust auf Schnee und Berghütte! Also bitte, bitte du musst mitgehen!“
„Dann schenk mir erst noch mal nach, das Ganze kann ich nüchtern noch gar nicht beurteilen!“, witzelte Niki.
Micha reichte ihr spaßeshalber die noch halbvolle Flasche. Zu ihrem Erstaunen griff Niki eifrig danach und machte zwei riesige Schlucke.
Sie musste Husten. Micha lachte und schüttelte den Kopf.
„Und die kleine Schwester von Nina fährt also auch mit? Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass sie noch ne kleine Schwester hat. Ich weiß, dass sie zwei Brüder hat, aber ne jüngere Schwester! Vor allem wie alt ist die eigentlich? Die sah aus wie höchstens 25!“,sprudelte es aus Niki heraus.
„Doch, sie hat mir mal vor längerer Zeit von ihr erzählt! Die verreist viel und war wohl auch eine ganze Weile im Ausland, Australien oder so..... kann aber auch Afrika gewesen sein, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern! Und sie ist 29 ,wie ich heute erfahren habe!“
„ Aha und wieso kennt die sonst keiner? Finde ich, ehrlich gesagt irgendwie ein bisschen seltsam! Die kennt doch gar keinen von uns, beziehungsweise wir kennen die nicht und jetzt will sie dann mit zum Skifahren? Ich weiß nicht ob ich da Lust drauf hab. Die passt doch gar nicht zu uns!“, motzte Niki.
„Was haste heute nur? Jetzt bist du irgendwie auch noch feindselig, du bist doch sonst viel aufgeschlossener!“
“ Ach, naja ich hab bloß keine Lust auf irgend so ne Hete. Da muss man dann wieder dauernd aufpassen was man für Scherze macht und überhaupt was man so sagt. Da habe ich halt einfach keine Lust drauf!“ ereiferte sich Niki.
„Ok, Niki, jetzt mal Butter bei die Fische, ich weiß jetzt kommt dein Reizthema!“, sie setzte sich auf und blickte Niki ernsthaft ins Gesicht.
„Ist es weil dich diese Jessie den ganzen Abend nicht aus den Augen gelassen hat?“
Zum dritten Mal an diesem Abend errötete Niki leicht.
„Was, spinnst du?“
„ Du weißt genau, was ich meine! Warum sonst wirst du rot?“, fragte Micha unbeirrt nach.
„ Du spinnst doch komplett!“, konterte Niki.
„Ich weiß, du willst sowas nicht hören, aber die ist voll auf dich abgefahren. Das habe nicht nur ich bemerkt!“
„Hallo, ich bin 100 Jahre älter als die! Und wahrscheinlich ist die stockhetero! Und davon abgesehen ist sie überhaupt nicht mein Typ!“
„Pfft, als ob du einen Typ hättest! Du hast dich seit Jahren nach niemanden mehr umgesehen! Ich fand sie sehr hübsch. Und dir hat sie auch gefallen, das habe ich an deinen Reaktionen gesehen, ob du das jetzt hören willst oder nicht!“, ereiferte sich Micha.
„ Ich stehe nicht auf Rothaarige!“ sagte Niki mit belegter Stimme. Sie bemerkte dass sie schon ziemlich betrunken war.
„ Nein, Niki! Du stehst auf Niemanden, das ist ja das Problem! Und außerdem hat sie mehr blonde als rote Haare, aber das tut hier ja überhaupt Nichts zur Sache. Darum gehts doch gar nicht!, sagte Micha ärgerlich.
„Ja, Worum gehts eigentlich und warum regst du dich so auf?“, fragte Niki ihrerseits ziemlich gereizt.
„ Weil du dich aus dem Leben zurückziehst Niki, immer mehr und immer mehr. Ich glaube, du selbst merkst es gar nicht mehr!“
„ Sei mir nicht böse Micha, aber das ist totaler Blödsinn!“
„Doch Niki! Ich weiß, wie vorhin erwähnt, dass du das Thema immer wieder meidest. Und du weißt, dass ich dich dann lasse, dass ich Rücksicht nehme und dich damit in Ruhe lasse! Aber Niki, du bist mir wichtig und ich ertrage es nicht mehr dir dabei zu zusehen!“
„Hä, wobei zusehen?“
„Wie du dich immer mehr in deine eigene Höhle zurück ziehst und immer seltener rauskommst!“
„Falls du es nicht bemerkt hast, ich war heute in der Pizzeria dabei! Also nicht in irgendeiner Höhle und dann war ich vorher unterwegs, im Ausland!“, Niki betonte das letzte Wort.
„Du weißt ganz genau was ich meine!“
“ Ach, lass mich in Ruhe!“, Niki reagierte so heftig wie es Micha nicht von ihr kannte.
„ Nein, Niki! Jetzt ist Schluss damit! Es ist jetzt 20 Jahre her, verdammt! Du musst mal wieder leben!“
Niki antwortete nicht.
„ Du bist jetzt 48… Also immer noch viel zu jung um auf ewig alleine zu sein! Und auch noch zu jung um mit ,du weißt schon was ,abzuschließen!“
Niki griff nach der Whiskyflasche. Doch Micha hielt sie davon ab.
„ Nein! Damit fängst du jetzt gar nicht erst an. Du hast nie zur Flasche gegriffen und das habe ich immer bewundert!“
„Was willst du eigentlich von mir?“, fragte Niki gequält.
„ Lass Nadja endlich gehen! Sie hätte nie gewollt, dass du soo lange um sie trauerst!“
Niki stand auf und griff wieder nach der Flasche.Eine dicke Träne kullerte ihr die Wange herunter. Micha erhob sich ebenfalls, nahm Niki abermals die Flasche aus der Hand und nahm sie in den Arm.
„Ich hab sie so geliebt!“ schluchzte Niki.
“ Ich weiß, das tut mir so leid für dich. Aber jetzt ist genug, mein Spatzl! Quäl´ dich bitte nicht länger!“
Sie drückte Niki fester. Niki erwiderte die Umarmung und Micha spürte wie sie zitterte.
„Weißt du, ich vermisse sie immer noch jeden Tag!“, sagte Niki mit tränenerstickter Stimme.
„Du musst jetzt aber damit aufhören, bitte! Sie ist schon so lange tot. Ja, ich spreche es endlich mal aus -tot, Niki, aber du lebst noch, und das kann kein erfülltes Leben sein! Doch das wünsche ich mir für dich und Nadja mit Sicherheit auch!“ ,Micha rang jetzt auch mit den Tränen.
“ Ich hab’s ja versucht, und das weißt du ja auch, aber es ging nicht , auch das weißt du!“
“ Niki! Das ist auch schon wieder zwölf Jahre her, hörst du zwölf Jahre! Das ist auch schon fast eine halbe Ewigkeit!“
“ Ich will ja, Micha, aber ich kann nicht. Es geht einfach nicht!“, schluchzte Niki.
Niki war jetzt wirklich betrunken und Micha merkte, dass sie schwankte.
“ Na, komm, jetzt bringe ich dich erst mal ins Bett. Du schläfst heute bei mir und nicht auf der Couch wie sonst!
„Ok!“,willigte Niki widerstandslos ein.
„Na, das ist doch schon mal ein Anfang!“
Micha begleitete Niki ins Schlafzimmer und kramte in einer Schublade.
„Da, du kleine Schnapsdrossel, mein flauschigster Schlafanzug!“ Sie warf ihn aufs Bett.
“ Danke!“, sagte Niki schlaftrunken.
„So, jetzt aber hopp ins Bett! Jetzt schlaf erst mal deinen Suff aus!“, monierte Micha im spielerischen Befehlston.
Niki zog sich umständlich die Schlafanzughose an und fiel dann noch mit ihrem T-Shirt am Leibe ins Bett. Danach kuschelte sich in die warme Bettdecke. Micha legte sich kurz darauf neben sie und cremte sich dann die Hände ein. Plötzlich hörte sie wie Niki neben ihr kicherte.
„Hihi, Suff! Ist das überhaupt ein Wort?“
„SUFF!“, Niki formte das Wort mit ihren Lippen „Das klingt echt komisch!“, lallte sie.
„Na, du hast heute aber wirklich ein bisschen zu tief ins Glas geschaut!“, bemerkte Micha.
“Mhm, du riechst so gut!“ erwiderte Niki nur. Niki schnupperte an ihrem Hals. Micha lachte auf.
„ So, ich würde sagen du machst jetzt Heia, ehe du noch auf dumme Ideen kommst!“
Was?“, brummte Niki schon fast im Halbschlaf.
“ Ach, Eines noch, ohne die Situation ausnutzen zu wollen!“, kicherte Micha,
„Ein Versprechen nehme ich dir noch ab. Du fährst mit auf die Berghütte und wir schauen mal ob wir da Spaß haben können und wer alles dabei ist, ist doch völlig egal! Wir haben uns beide und außerdem war ich schon ewig nicht mehr im Skiurlaub!Ok?“
„Niki?“
„Hm!“
„Versprichst du mir das?“
Keine Antwort!
„Niki, schläfst du schon?“
„Versprochen ist Versprochen und wird auch nicht gebrochen!“ , brummelte Niki kindlich.
„Dann ist die Sache ja geritzt!“
Micha nahm sich ein Buch vom Nachtkästchen und wollte noch ein bißchen lesen.
“ Versprochen!“, murmelte Niki, „ So wie das Vorspiel!“, Niki kicherte dämlich.
„ Was brabbelst du da?“, fragte Micha.
„Na, du wolltest mich doch massieren und mich eincremen!“, kam es dann doch plötzlich ziemlich nüchtern von Niki.
„Ach ja, du bist hackedicht, aber das hast du noch mitbekommen!“, meinte Micha gespielt vorwurfsvoll, „Du bist mir ja eine! Ja, klar mache ich morgen auf jeden Fall ,wirklich ganz ganz arg versprochen! Sie nahm ebenfalls einen kindlichen Tonfall an. Dann legte sie ihr Buch zurück auf das Nachtkästchen.
„So jetzt wird aber geschlafen, es ist schon 1:30 Uhr! Gute Nacht und schlaf gut!“
Micha löschte das Licht. Von Niki war nur noch ein leichtes Schnarchen zu vernehmen.




Tacheles


„Geht’s dir heute nicht gut oder was ist los?“, fragte Micha nach einer Weile.
„Nein, Ich bin nur müde und mir tut mein Knie weh“, antwortete Niki.
„Ach so ja klar, wie war’s denn eigentlich in der Schweiz? Bist du fündig geworden?“
„Ach ich sag’s dir, das war mal wieder ein Reinfall! Das Auto sah im Internet wieder mal ganz anders aus als in Natura!“
„Oh echt, shit, das tut mir aber leid!“
„Naja ist ja nicht so schlimm hat trotzdem Spaß gemacht! Die Schweiz ist ja einfach auch schön!“
“ Wo genau warst du denn eigentlich? Hast gar nix erwähnt gestern!“
„Nee, hatte sich auch nur so auf die Schnelle ergeben. War ne ganz spontane Sache! Ach, in irgendeinem Kaff in der Nähe von St. Gallen. War halt ein bisschen ein größerer Ausflug, was soll’s?“
„Wie weit ist es eigentlich weg gewesen?“
„ Hmm, so um die 600km waren es schon. Also 1200 hin und zurück!“
„ Du hast es gut, das nächste Mal nimmst du mich aber wieder mit, ok.?“
„Klar wenn du Lust hast, jederzeit, weißt du doch!“
„ Ja, wenn ich frei bekomme. Im Moment ist wieder so viel los das nervt echt!“
“ Tut mir echt leid für dich! Naja, so schnell jetzt eh sowieso nicht. Ich muß, glaube ich, erst mal mein Knie auskurieren...!“
„ Ach so ja, die Salbe, warte mal einen Moment!“, Micha kramte in Ihrer Tasche.
„Sorry, hatte ich ganz vergessen. Ich leg sie dir hier ins Handschuhfach, o.k.?“
„Ja, da hab ich sowieso noch was für dich!“
„ Uii, ist die für mich?“ Im Handschuhfach lagen mindestens ein halbes Dutzend Tafeln Schokolade.
„ Alles für dich, meine kleine Hamsterbacke!“
„Alles?“
„Yep. Ich hab heute Nachmittag schon zwei verputzt vor lauter Monsterhunger!“
„Hah!“, Micha schnappte nach Luft.“Die sind ja von Cailler und alle meine Lieblingssorten!“
„ Ja, da siehst du mal, so bin ich zu dir! Im Kofferraum hab‘ ich auch noch Andere!“
„Du bist ein Schatz, dafür könnte ich dich echt knutschen!“
“ Ach, ne kleine Massage würde mir auch schon reichen!“, grinste Niki verschmitzt.
„Willst du noch mit hochkommen?“, erkundigte sich Micha.
Sie waren inzwischen bei ihr angekommen.
„ Ach ich weiß nicht, irgendwie bin ich müde!“
„Na komm du Spielverderber, kriegst ne schöne Massage und ich hab auch noch einen ganz tollen Whisky!“
„Äh, ich muss noch fahren!“, meinte Niki empört.
„Nix, du pennst heute bei mir und leistest mir Gesellschaft, keine Wiederrede!“
„Also gut, überredet. Aber nimm die Wundersalbe mit!“
Irgendwie war Niki jetzt nicht nach alleine sein zumute. Der heutige Abend machte ihr ein wenig zu schaffen. Vielleicht tat es ganz gut sich ein wenig gehen zu lassen und Michas nette Gesellschaft zu genießen?
In Michas Wohnung angekommen ließ Niki sich sofort auf Michas Couch plumpsen.
„Ist es o.k. wenn ich mich gleich nackig mache?“, scherzte Niki.
„Wie, heute kein Vorspiel?“, gab Micha frech zurück.
„Doch, du darfst mich ja mit lecker Creme einsalben und mich massieren!“
„ Und wo bleibe ich bitte bei dieser Geschichte?“, beschwerte sich Micha entrüstet.
„ Du darfst dabei Schokolade futtern!“ Niki guckte schelmisch.
„Ach, so gesehen, manchmal ist Schokolade auch besser als du weißt schon was!“
“ Wenn du das sagst! Apropos, was ist jetzt eigentlich mit euch Beiden?“
“ Ach hör mir nur auf… Keine Ahnung!“
Micha und ihre Freundin Karin führten seit Jahren eine On/ Off- Beziehung.
„ Wohl das Übliche!“ Micha verzog das Gesicht.
„ Lass uns lieber über was anderes reden!“, schlug sie vor.
Niki hatte sich mittlerweile ihre Hose ausgezogen, das rechte Bein ausgestreckt auf der Couch abgelegt und rieb sich mit der Wundercreme das Knie ein.
Micha beobachtete sie dabei.
„ Was ist nu mit dem Whisky?“, forderte Niki.
„Kommt sofort! Mit Eis oder ohne?“
„Ohne bitte und mach mir gleich nen Doppelten, wenn ich darf?“
„Was ist nur mit dir heute los, du trinkst doch sonst fast nichts!“
„Irgendwie habe ich heute Lust mich zu besaufen. Außerdem hast du doch angefangen mit dem Thema Whisky!“
Micha sah Niki seltsam an und wollte etwas sagen, doch sie entschied sich anders.
„Na denn mal Prost, hau weg die Scheiße, wie Alex sagen würde!“
Micha hielt Niki ein großes Glas voller honigfarbener Flüssigkeit vor die Nase.
Niki nippte vorsichtig daran und musste sich erst nach und nach an das leichte Brennen in Rachen und Magen gewöhnen.
„ Ich nehme an das ist ein edles Tröpfchen und war ganz schön teuer?“, mutmaßte Niki.
„ Hochgerechnet nicht so viel wie deine Schweizer Schokolade!“
„Naja, man gönnt sich ja sonst nichts!“ In Nikis Körper breitete sich eine wohlige Wärme aus. Auch der Schmerz im Knie ließ ein wenig nach und sie entspannte sich ein bisschen mehr.
“ Kannst du mit deinem Knie eigentlich Skifahren?“, wollte Micha wissen.
„ Ach so ja, da war ja noch was. Um was ging’s denn heute eigentlich wer, wann und wo wollt ihr eigentlich Skifahren und wer kam überhaupt auf die Idee?“
“ Es ging darum, dass Alex Vater wohl endlich seine geliebt Berghütte freigegeben hat auf die Alex schon immer so scharf war. Sie lädt uns daher alle ein. Soll wohl in fünf Wochen losgehen!“, klärte Micha sie auf.
„Ach, ist es endlich soweit. Na, darauf hat Alex ja schon ewig spekuliert. Und wer fährt alles mit?“
„Soweit ich es mitbekommen habe, natürlich Alex, dann Nina, ihre Schwester, ich und du!“
„ Ach, ich fahr auch mit, aha gut das mir das noch jemand gesagt hat! Nein, mal ehrlich, ich weiß nicht ob ich da Lust dazu habe?“
“ Du kannst mich doch nicht allein lassen und ich würde wirklich gerne mitgehen. Bitte, bitte tue es mir zuliebe!“
„AchMicha, du bist doch schon groß. Du kannst das auch ganz alleine, du brauchst mich nicht dazu!“ zog Niki sie auf.
“ Ja, aber dann hab ich Angst vor Alex, du weißt doch wie sie ist!“
„Wie? Ich soll wohl nur mit um ich dich vor Alex zu beschützen? Sie tat entrüstet.
„Die tut dir schon nichts!“, beruhigte Niki sie.
„ Du weißt doch wie sie ist, vor allem wenn sie mitbekommt, dass ich mal wieder gerade nicht mit Karin zusammen bin! Dann baggert sie mich wieder dauernd an, da vergeht mir dann auch die Lust auf Schnee und Berghütte! Also bitte, bitte du musst mitgehen!“
„Dann schenk mir erst noch mal nach, das Ganze kann ich nüchtern noch gar nicht beurteilen!“, witzelte Niki.
Micha reichte ihr spaßeshalber die noch halbvolle Flasche. Zu ihrem Erstaunen griff Niki eifrig danach und machte zwei riesige Schlucke.
Sie musste Husten. Micha lachte und schüttelte den Kopf.
„Und die kleine Schwester von Nina fährt also auch mit? Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass sie noch ne kleine Schwester hat. Ich weiß, dass sie zwei Brüder hat, aber ne jüngere Schwester! Vor allem wie alt ist die eigentlich? Die sah aus wie höchstens 25!“,sprudelte es aus Niki heraus.
„Doch, sie hat mir mal vor längerer Zeit von ihr erzählt! Die verreist viel und war wohl auch eine ganze Weile im Ausland, Australien oder so..... kann aber auch Afrika gewesen sein, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern! Und sie ist 29 ,wie ich heute erfahren habe!“
„ Aha und wieso kennt die sonst keiner? Finde ich, ehrlich gesagt irgendwie ein bisschen seltsam! Die kennt doch gar keinen von uns, beziehungsweise wir kennen die nicht und jetzt will sie dann mit zum Skifahren? Ich weiß nicht ob ich da Lust drauf hab. Die passt doch gar nicht zu uns!“, motzte Niki.
„Was haste heute nur? Jetzt bist du irgendwie auch noch feindselig, du bist doch sonst viel aufgeschlossener!“
“ Ach, naja ich hab bloß keine Lust auf irgend so ne Hete. Da muss man dann wieder dauernd aufpassen was man für Scherze macht und überhaupt was man so sagt. Da habe ich halt einfach keine Lust drauf!“ ereiferte sich Niki.
„Ok, Niki, jetzt mal Butter bei die Fische, ich weiß jetzt kommt dein Reizthema!“, sie setzte sich auf und blickte Niki ernsthaft ins Gesicht.
„Ist es weil dich diese Jessie den ganzen Abend nicht aus den Augen gelassen hat?“
Zum dritten Mal an diesem Abend errötete Niki leicht.
„Was, spinnst du?“
„ Du weißt genau, was ich meine! Warum sonst wirst du rot?“, fragte Micha unbeirrt nach.
„ Du spinnst doch komplett!“, konterte Niki.
„Ich weiß, du willst sowas nicht hören, aber die ist voll auf dich abgefahren. Das habe nicht nur ich bemerkt!“
„Hallo, ich bin 100 Jahre älter als die! Und wahrscheinlich ist die stockhetero! Und davon abgesehen ist sie überhaupt nicht mein Typ!“
„Pfft, als ob du einen Typ hättest! Du hast dich seit Jahren nach niemanden mehr umgesehen! Ich fand sie sehr hübsch. Und dir hat sie auch gefallen, das habe ich an deinen Reaktionen gesehen, ob du das jetzt hören willst oder nicht!“, ereiferte sich Micha.
„ Ich stehe nicht auf Rothaarige!“ sagte Niki mit belegter Stimme. Sie bemerkte dass sie schon ziemlich betrunken war.
„ Nein, Niki! Du stehst auf Niemanden, das ist ja das Problem! Und außerdem hat sie mehr blonde als rote Haare, aber das tut hier ja überhaupt Nichts zur Sache. Darum gehts doch gar nicht!, sagte Micha ärgerlich.
„Ja, Worum gehts eigentlich und warum regst du dich so auf?“, fragte Niki ihrerseits ziemlich gereizt.
„ Weil du dich aus dem Leben zurückziehst Niki, immer mehr und immer mehr. Ich glaube, du selbst merkst es gar nicht mehr!“
„ Sei mir nicht böse Micha, aber das ist totaler Blödsinn!“
„Doch Niki! Ich weiß, wie vorhin erwähnt, dass du das Thema immer wieder meidest. Und du weißt, dass ich dich dann lasse, dass ich Rücksicht nehme und dich damit in Ruhe lasse! Aber Niki, du bist mir wichtig und ich ertrage es nicht mehr dir dabei zu zusehen!“
„Hä, wobei zusehen?“
„Wie du dich immer mehr in deine eigene Höhle zurück ziehst und immer seltener rauskommst!“
„Falls du es nicht bemerkt hast, ich war heute in der Pizzeria dabei! Also nicht in irgendeiner Höhle und dann war ich vorher unterwegs, im Ausland!“, Niki betonte das letzte Wort.
„Du weißt ganz genau was ich meine!“
“ Ach, lass mich in Ruhe!“, Niki reagierte so heftig wie es Micha nicht von ihr kannte.
„ Nein, Niki! Jetzt ist Schluss damit! Es ist jetzt 20 Jahre her, verdammt! Du musst mal wieder leben!“
Niki antwortete nicht.
„ Du bist jetzt 48… Also immer noch viel zu jung um auf ewig alleine zu sein! Und auch noch zu jung um mit ,du weißt schon was ,abzuschließen!“
Niki griff nach der Whiskyflasche. Doch Micha hielt sie davon ab.
„ Nein! Damit fängst du jetzt gar nicht erst an. Du hast nie zur Flasche gegriffen und das habe ich immer bewundert!“
„Was willst du eigentlich von mir?“, fragte Niki gequält.
„ Lass Nadja endlich gehen! Sie hätte nie gewollt, dass du soo lange um sie trauerst!“
Niki stand auf und griff wieder nach der Flasche.Eine dicke Träne kullerte ihr die Wange herunter. Micha erhob sich ebenfalls, nahm Niki abermals die Flasche aus der Hand und nahm sie in den Arm.
„Ich hab sie so geliebt!“ schluchzte Niki.
“ Ich weiß, das tut mir so leid für dich. Aber jetzt ist genug, mein Spatzl! Quäl´ dich bitte nicht länger!“
Sie drückte Niki fester. Niki erwiderte die Umarmung und Micha spürte wie sie zitterte.
„Weißt du, ich vermisse sie immer noch jeden Tag!“, sagte Niki mit tränenerstickter Stimme.
„Du musst jetzt aber damit aufhören, bitte! Sie ist schon so lange tot. Ja, ich spreche es endlich mal aus -tot, Niki, aber du lebst noch, und das kann kein erfülltes Leben sein! Doch das wünsche ich mir für dich und Nadja mit Sicherheit auch!“ ,Micha rang jetzt auch mit den Tränen.
“ Ich hab’s ja versucht, und das weißt du ja auch, aber es ging nicht , auch das weißt du!“
“ Niki! Das ist auch schon wieder zwölf Jahre her, hörst du zwölf Jahre! Das ist auch schon fast eine halbe Ewigkeit!“
“ Ich will ja, Micha, aber ich kann nicht. Es geht einfach nicht!“, schluchzte Niki.
Niki war jetzt wirklich betrunken und Micha merkte, dass sie schwankte.
“ Na, komm, jetzt bringe ich dich erst mal ins Bett. Du schläfst heute bei mir und nicht auf der Couch wie sonst!
„Ok!“,willigte Niki widerstandslos ein.
„Na, das ist doch schon mal ein Anfang!“
Micha begleitete Niki ins Schlafzimmer und kramte in einer Schublade.
„Da, du kleine Schnapsdrossel, mein flauschigster Schlafanzug!“ Sie warf ihn aufs Bett.
“ Danke!“, sagte Niki schlaftrunken.
„So, jetzt aber hopp ins Bett! Jetzt schlaf erst mal deinen Suff aus!“, monierte Micha im spielerischen Befehlston.
Niki zog sich umständlich die Schlafanzughose an und fiel dann noch mit ihrem T-Shirt am Leibe ins Bett. Danach kuschelte sich in die warme Bettdecke. Micha legte sich kurz darauf neben sie und cremte sich dann die Hände ein. Plötzlich hörte sie wie Niki neben ihr kicherte.
„Hihi, Suff! Ist das überhaupt ein Wort?“
„SUFF!“, Niki formte das Wort mit ihren Lippen „Das klingt echt komisch!“, lallte sie.
„Na, du hast heute aber wirklich ein bisschen zu tief ins Glas geschaut!“, bemerkte Micha.
“Mhm, du riechst so gut!“ erwiderte Niki nur. Niki schnupperte an ihrem Hals. Micha lachte auf.
„ So, ich würde sagen du machst jetzt Heia, ehe du noch auf dumme Ideen kommst!“
Was?“, brummte Niki schon fast im Halbschlaf.
“ Ach, Eines noch, ohne die Situation ausnutzen zu wollen!“, kicherte Micha,
„Ein Versprechen nehme ich dir noch ab. Du fährst mit auf die Berghütte und wir schauen mal ob wir da Spaß haben können und wer alles dabei ist, ist doch völlig egal! Wir haben uns beide und außerdem war ich schon ewig nicht mehr im Skiurlaub!Ok?“
„Niki?“
„Hm!“
„Versprichst du mir das?“
Keine Antwort!
„Niki, schläfst du schon?“
„Versprochen ist Versprochen und wird auch nicht gebrochen!“ , brummelte Niki kindlich.
„Dann ist die Sache ja geritzt!“
Micha nahm sich ein Buch vom Nachtkästchen und wollte noch ein bißchen lesen.
“ Versprochen!“, murmelte Niki, „ So wie das Vorspiel!“, Niki kicherte dämlich.
„ Was brabbelst du da?“, fragte Micha.
„Na, du wolltest mich doch massieren und mich eincremen!“, kam es dann doch plötzlich ziemlich nüchtern von Niki.
„Ach ja, du bist hackedicht, aber das hast du noch mitbekommen!“, meinte Micha gespielt vorwurfsvoll, „Du bist mir ja eine! Ja, klar mache ich morgen auf jeden Fall ,wirklich ganz ganz arg versprochen! Sie nahm ebenfalls einen kindlichen Tonfall an. Dann legte sie ihr Buch zurück auf das Nachtkästchen.
„So jetzt wird aber geschlafen, es ist schon 1:30 Uhr! Gute Nacht und schlaf gut!“
Micha löschte das Licht. Von Niki war nur noch ein leichtes Schnarchen zu vernehmen.









































































copyright © by nunca00. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Sehr schöner Schreibstil, freue mich auf weitere Kapitel
Ich hoffe du schreibst weiter ich mag die Art wie du schreibst. Die Charaktere kommen gut rüber und ich bin schon gespannt wie es weiter geht.
CosimaRakas - 01.03.2020 07:26

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