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Seele...

von nightingale_


Mein Herz zerspringt in meiner Brust.
Gebe ich dich frei? Lasse ich dich warten? Hol ich dich zu mir zurück?

Der Gedanke gefällt mir, unter klarem Himmel zu stehen und dein Herz frei zu lassen. Meine Hände ausgestreckt, silbern schillernd steigt es in den Himmel auf, der Sonne entgegen.
Mir gefällt der Gedanke, dass deine Seele frei ist. Dass du dein Glück findest.

Aber deine Seele ist nicht frei, oder? Sie wird nie frei sein, auch wenn ich dich loslasse, wenn ich dich zum Himmel hebe und deinem Herz gebiete zu fliegen. „Der Sonne entgegen.“

Nein, du bist nicht frei. Dein Herz ist schwer und eisern liegen die Fesseln um deine Seele. Ich sehe sie, die Ketten, massig, standhaft liegen sie dort und doch schon so alt.
Manchmal versuche ich an ihnen zu reißen. „Befreie dich“, schreie ich dich an. „Befreie dich doch endlich!“
Doch sie liegen zu schwer auf dir. Ich sehe die Abdrücke, die sie mit der Zeit auf deiner Haut hinterlassen haben, sehe die Wunden, die sie dir zugefügt haben, jedes Mal, als du selbst an ihnen zerrtest.

Deine Augen sind leer und doch voller Traurigkeit.
“Flieg“, wispere ich dir zu, verzweifelt. „Flieg doch endlich.“
Aber du fliegst nicht. Du bleibst hier, hier auf dem Boden. Bleibst du wegen mir?

Ich halte dein Herz in meinen Händen. Schwer liegt es da, versucht kaum zu fliegen. Bleiern flattert ein Flügel auf. Es wirkt kläglich und ich sehe dich an.
Deine Augen sind leer. Und doch voller Schmerz.

Ich nehme dein Herz mit mir, umschlinge es, wärme es. Ich will es nie wieder loslassen.
Ich spreche von der Welt, von der Zukunft, von meinen Träumen, egal was, nur etwas, das dir Mut gibt. Doch du blickst mich nur leer an. Die Fesseln haben dir deine Träume genommen, die Ketten liegen da - wie du. Schwer. Du bist nur hier, nur in diesem Moment. Du glaubst an keine Zukunft. Du glaubst an das, was ist.
“Aber wenn du nicht an die Zukunft glaubst“, wispere ich, „Dann wirst du nie die Kraft finden, dich von deinen Fesseln zu befreien.“
Du siehst mich an.
Deine Augen sind leer.
Und doch sind meine voller Traurigkeit.

Und ich lege mich zu dir und wärme dein Herz.
Und lasse zu, dass deine Fesseln zu meinen werden.




copyright © by nightingale_. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Danke
Annybell - 02.03.2015 11:42
Kompliment!
Sehr schöner, berührender Text. Es ist sehr angenehm, dass der Text trotz der lyrisch/ metaphorischen Ausdrucksweise so deutlich ist. Wirklich gelungen!
StellaXx - 29.01.2015 23:36
Wow...
orangeTigerin - 24.01.2015 15:30
Schicksal
Vinnande - 20.01.2015 19:51

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