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Stories » Detail

Roof Stories -Story 7 (Part 1)

von cappuccino007


Roof Stories - Story 7
Harmonie
Harmony



Der Geruch von frisch gekochtem Kaffee zog durch das Haus und die Eier blubberten in dem Topf auf dem Herd vor sich hin. Milli nahm währenddessen ein Marmeladenglas nach dem anderen aus dem Kühlschrank und stellte es auf ein Tablett. Nachdem dieses fertig beladen war, stellte sie es in die Durchreiche zum Wohnzimmer, in dem ihre kleine Schwester Kari bereits dabei war den Tisch zu decken. Im Türschloss drehte sich der Schlüssel und Millis älterer Bruder Aarto kam mit einem Beutel in die Küche herein. Wie jeden Sonntagmorgen war er zum Bäcker um die Ecke geradelt und hatte für das gemeinsame Familienfrühstück die Semmeln gekauft.
"Wie lange dauert es noch?", fragte Kari und stützte sich in der Durchreiche gelangweilt auf die Arme.
"Gleich. Die Eier brauchen noch ein bisschen!", sagte Milli, "Hast du denn schon den Tisch fertig gedeckt?"
"Kyllä, habe ich gemacht!", antwortete der kleine Blondschopf mit einem stolzen Grinsen. In diesem Moment kam Nella, die älteste Schwester die Treppe herunter geschwebt und ihr erster Griff galt der Kaffeemaschine, "Ah wie schön! Ich komme genau richtig! Das Abräumen übernehme ich dann später."
Bei den Hämäläinens hatte jedes Kind seine Aufgabe. Aarto besorgte die Semmeln, Milli kochte die Eier und richtete alles her, Kari deckte den Tisch und Nella räumte nach dem Frühstück wieder alles auf. Sonntag war der einzige Tag in der Woche, an dem die gesamte Familie gemeinsam frühstücken konnte und da die Kinder ihren Eltern an diesem Tag etwas Gutes tun wollten, war die Zubereitung des Frühstücks ihre Angelegenheit. Die Eieruhr klingelte und Milli eilte zum Herd, "Okay es kann losgehen! Weckt noch jemand Papa?"
"Ja, das mache ich!", sagte Nella und brüllte mit kräftiger Stimme die Treppe hoch, "Papa aufstehen, das Frühstück ist fertig!"
Anschließend schritt sie gemeinsam mit Aarto ins Wohnzimmer. Dort saß ihre Mutter, eine etwas stämmigere blonde Frau mit unglaublich sympathischen Grübchen und studierte in ihrem Sessel ihre Morgenlektüre.
"Hyvää huomenta!", wünschte sie der Meute, die alle samt ihre Haarfarbe geerbt hatte einen guten Morgen und nahm ihre rechteckige Lesebrille ab. Während die vier am Tisch Platz nahmen, trat Milli schwungvoll mit einem weiteren Tablett ins Esszimmer und stellte an jeden Platz ein Frühstücksei. Als letzter eilte das Familienoberhaupt Thomas Hämäläinen in seinem blau-weiß karierten Schlafanzug herein und nahm mit einem verschlafenen aber freudigem "Guten Morgen ihr Lieben!", ebenfalls Platz. Damit war das Frühstück an diesem strahlenden Sonntagmorgen eröffnet.
"Und, was habt ihr heute alles so vor?", fragte Herr Hämäläinen in die Runde, während er sein Ei schälte. Sofort schleckte sich Nella die Finger ab und ergriff das Wort, "Chris und ich wollten uns nochmal wegen der Wohnung beraten, die wir letzte Woche angeschaut haben. Wobei wir uns eigentlich schon einig sind, dass wir sie nehmen.“
Aarto, der einen riesigen Bissen von seiner mit Shrimps belegten Semmel im Mund hatte, schluckte diesen hastig herunter, "Das heißt, du schaust heute nicht beim Spiel zu?"
"Nein, leider nicht. Aber beim nächsten Mal wieder!"
"Hoffentlich!", erwiderte ihr kleiner Bruder. Aarto war mit seinen zwanzig Jahren der Zweitälteste und einzige Junge unter den Geschwistern. Eishockey war definitiv seine größte Leidenschaft. Und mit seinem muskulösen Körperbau war Aarto dafür auch bestens geeignet. Meistens stand er am Wochenende für ein Match auf dem Eis, wobei ihm mehrere Familienmitglieder oder aber zumindest Herr Hämäläinen zusahen, "Ach ja, ich bin nach dem Spiel bei Lara, ihr müsst also mit dem Abendessen nicht auf mich warten."
"Ich fahre jetzt dann nach dem Frühstück zu Charly. Sie muss dieses Jahr dabei helfen, den Tanzabend der Unterstufe an ihrer Schule zu organisieren und sie wollte, dass ich ihr dabei helfe", erzählte Milli.
„Ach Milli, du trainierst schon so viel für deine Tanzgruppe und hilfst trotzdem noch anderen! Du bist so ehrgeizig!", lobte ihr Vater sie stolz und seine Tochter lächelte, "Das hast du definitiv von der finnischen Seite geerbt!"
„Apropos Finnland“ begann ihre Mutter und schenkte sich Tee nach, „Wie ihr wisst fahren wir eigentlich immer erst im Sommer nach Turku, aber Papa und ich haben uns überlegt, dass wir dieses Jahr in Finnland joulu feiern könnten. Was haltet ihr davon?“
„Weihnachten?“, platzte es ungläubig aus Nella heraus, die sich mit einer Tasse in den Händen auf den Tisch gestützt hatte. Milli begann zu strahlen, „Ja sehr gerne! Das letzte Mal dass wir in Finnland Weihnachten gefeiert haben ist schon Jahre her!“
„Also sagen wir Asta und Jori Bescheid, dass wir kommen?“, fragte ihr Vater noch einmal grinsend in die Runde, wobei die Entscheidung schon gefallen war. „Am besten so schnell wie möglich!“, erwiderte Milli freudig, „Soll ich Opa anrufen?“
Mit böser Miene zappelte Kari unruhig auf ihrem Stuhl herum, „Ei! Ich will Opa Jori anrufen und sagen, dass wir kommen! Ich will! Ich will!“
Ihre Mutter musste bei so viel Enthusiasmus lachen, „Dann macht ihr das einfach zusammen! Am besten funkt ihr ihn heute Abend mal an. Opa wird sich bestimmt freuen, wenn er erfährt, dass seine Enkel aus Deutschland mal wieder vorbeizuschauen!“
Herr und Frau Hämäläinen wussten ganz genau, welche Freude sie ihren Kinder mit dieser Neuigkeit bereiteten. Die Geschwister liebten Finnland und da es nicht gerade ein Katzensprung bis in den hohen Norden war, war es immer etwas besonders Seltenes wenn sie die dortige Verwandtschaft besuchten. Milli liebte es, wenn sie den Sommer über in Finnland verbrachten. Die vielen Seen, die Wälder, die Menschen und die finnische Mentalität waren einzigartig. Aber auch die Winter dort oben im Norden, in denen die Sonne monatelang nicht schien, waren wunderschön und in keinster Weise zu vergleichen mit denen hier in Deutschland.
Milli freute sich aber vor allem darauf ihre finnischen Großeltern wieder in die Arme schließen zu können. Ihr Großvater Jori besaß gemeinsam mit seiner Frau Asta ein riesiges Haus auf dem Lande. Dahinter gab es einen See, in dem man im Sommer wundervoll schwimmen und im Winter darauf Schlittschuh fahren konnte. Ein paar Tiere wie Ziegen und Hühner gehörten ebenfalls zum Hausstand. Und in diesem finnischen Traumhaus war jeder, vor allem aber Familienmitglieder, stets willkommen.
Großvater Jori war unglaublich stolz auf seine Kinder und Enkelkinder. Man sah es ihm jedes Mal an, mit welch einem Glück es ihn erfüllte, wenn er sah, was für eine wundervolle Familie er in die Welt gesetzt hatte. Selbst hatte er von dieser trotz seiner mehr als achtzig Jahre nicht allzu viel gesehen. Und obwohl er viel Schlimmes durchlebt hatte, wie beispielsweise zwei Schlaganfälle, hatte Milli bei noch keinem anderen Menschen solch ein gütiges Lächeln gesehen wie bei ihm. Für sie war er nicht nur der liebevolle Großvater, für sie war er Held und Vorbild zugleich. Überglücklich und mit einem breiten Grinsen aß Milli den letzten Bissen ihrer Semmel.

Die Sonnenstrahlen drängten durch die Jalousie und begrüßten Hanna sanft im Gesicht. Langsam öffnete sie ihre Augen und spähte auf den Wecker. Die Ziffern zeigten bereits halb elf. Hanna rieb sich die Augen und ihr fiel auf, dass ihr Smartphone noch in ihrer rechten Hand lag. Sie und Fiona hatten sich spät nachts zusammen noch über Whats-App den Actionfilm „Speed“ anschauen wollen. Doch eigentlich hatten die beiden gar nicht so sehr auf die rasante Fahrt von Sandra Bullock mit einem mit Sprengstoff präparierten Linienbus quer durch Los Angeles geachtet. Vielmehr waren sie in ihre Chatgespräche vertieft gewesen. Selbst nachdem es Sandra um kurz nach Mitternacht geschafft hatte, den Bus sicher und ohne Verletzte zum Stehen zu bringen, hatten Hanna und Fiona noch bis zwei Uhr weiter getippt.
Am Wochenende war es auch okay, dass die zwei so lange miteinander schrieben, doch mittlerweile kam das immer öfter auch unter der Woche vor. Hanna konnte sich deshalb in den ersten beiden Schulstunden kaum wach halten, geschweige denn aufpassen. Ihr einziger Trost bestand darin, dass es Fiona nicht anders erging. Zwar vereinbarten sie jeden Abend aufs Neue diesmal pünktlich schlafen zu gehen, doch sie gehörten der Generation an, die über einem kleinen elektronischen Gerät komplett die Zeit vergaßen. Vor allem dann, wenn es so unglaublich viel Spaß machte mit dem Gegenüber zu schreiben.
Dann spielte es auch keine Rolle wann und wo. Mittlerweile hatte Hanna auch in der Schule das Handy immer in ihrem Federmäppchen präpariert, sodass sie auch während dem Unterricht Funkkontakt mit Fiona halten konnte. Wenn sie dann aus dem Nichts wegen einer weiteren verrückten Geschichte von dieser los kicherte, warf ihr Miri böse Blicke zu, die Hanna dazu aufforderten doch bitte aufzupassen.
Sobald ihr Handy „Bling“ machte, schaute Hanna auf den Display, stets in der Hoffnung, dass es Fiona sein würde. Leuchtete allerdings ein anderer Name auf, so legte Hanna das Smartphone nur enttäuscht zur Seite. Meistens ohne derjenigen Person zu antworten beziehungsweise deren Nachricht überhaupt zu lesen. Was aber das Antworten bei Fiona anging, musste sie sich manchmal wirklich am Riemen reißen. Am liebsten wollte sie immer sofort zurückschreiben, um dann wieder auf ein neues „Bling“ hoffen zu können. Doch andererseits wollte Hanna nicht, dass es so wirkte, als würde sie Fiona besonders toll finden. Was sie zugegebenermaßen natürlich tat.
Und sie hatte das Gefühl, dass Fiona auch sie toll fand. Mittlerweile tauchte das Mädchen mit den eisblauen Augen auch hin und wieder in Hannas Träumen auf. Meistens nur als eine Randfigur, die auf einmal da war und dann wieder verschwand. Doch letzten Mittwoch hatte Hanna etwas geträumt, das sie ein wenig beschäftigte.
Sie wusste nicht mehr von was genau der Traum handelte oder an welchem Ort er gespielt hatte. Nur an eine Szene konnte sie sich ganz genau erinnern. Darin saßen sie und Fiona eng umschlungen auf einem kleinen Sofa und machten miteinander rum. Jeder Kuss und jede Berührung, fühlte sich so gut und vor allem so echt an. Zwar wusste Hanna nach dem Aufwachen nicht so recht, was sie davon halten sollte, doch relativ schnell fand sie es schade, dass sie das nur geträumt hatte. Es war ihr selbst ein wenig peinlich, doch insgeheim hoffte sie, dass sie diesen Traum irgendwann noch einmal haben würde.
Hanna gähnte und streckte sich. Dann checkte sie sofort ihr Handy, doch Fiona hatte seitdem "Gute Nacht, träum was Schönes" nichts Neues geschrieben. Vermutlich schlief die verrückte Nudel noch. Da vibrierte auf einmal das Smartphone in ihrer Hand und sofort starrte Hanna darauf. Ein wenig perplex las sie eine Nachricht von Miri, in der es hieß:
"Gut, dann eben nicht. Jetzt ist es eh schon zu spät."
Hanna hob verwundert die Augenbrauen. Sie scrollte den Chatverlauf ein Stück nach oben und las:
"Hey Hanna! Haben du und deine Familie vielleicht spontan Lust, morgen mit uns im Steinetal wandern zu gehen? Das Wetter soll recht schön werden und du bist doch so gerne in der Natur. Gib mir einfach kurz Bescheid!"
Hanna biss die Zähne zusammen und fasste sich an die Stirn. Verdammt! Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass Miri ihr letzte Nacht auch geschrieben hatte. Hanna hätte riesige Lust gehabt mit Familie Klein wandern zu gehen. Das hatten sie in der Vergangenheit öfter gemacht und es war jedes Mal eine wundervolle und lustige Angelegenheit gewesen. Ihre Familie wäre bestimmt auch mit von der Partie gewesen, denn die Reisers waren nun mal naturfreudige Leute. Miri war bestimmt ziemlich sauer, immerhin lief es momentan ja sowieso nicht so gut zwischen den beiden Freundinnen. Vermutlich dachte sie nun, dass Hanna es nicht für nötig hielt ihr zu antworten. Beim Frühstück würde sie sich überlegen, wie sie das schnellst möglichst wieder in Ordnung bringen konnte.

„Ja, wir freuen uns auch euch wieder zu sehen!“, sagte Milli zu dem Bildschirm, auf dem ihr Großvater Jori zu sehen war.
„Bis bald Opa!“, quietschte Kari glücklich, die auf dem Schoss ihrer großen Schwester saß, schickte ihrem Opa Luftküsse und winkte. Der alte Mann winkte mit einem müden Lächeln zurück und verabschiedete sich, ehe die Webcam-Übertragung beendet wurde. Augenblicklich sprang Kari von Millis Schoss und machte es sich stattdessen auf der riesigen Eckcouch gemütlich um noch die letzten Minuten ihrer Lieblingsserie mitzubekommen. Glücklich hing sich Milli währenddessen ihre Sporttasche um, die sie mit runter ins Wohnzimmer genommen hatte und ging in den Flur.
„Und, was sagt Großvater Jori zu den Neuigkeiten?“, fragte Frau Hämäläinen die in der Küche bereits die Vorbereitungen für das Abendessen traf.
„Er freut sich riesig! Ich bin mir sicher, dass Oma Asta sofort alle Verwandten anrufen wird, nachdem Opa ihr das gesagt hat!“, lachte Milli, während sie in ihre Sneakers schlüpfte. „Haha, ja so wird es sein. Wenn sie könnte, würde sie wohl im finnischen Radio ausrufen lassen, dass der deutsche Teil der Familie zu Besuch kommt!“, lachte auch ihre Mutter. Mit einem Augenzwinkern verabschiedete sich Milli und verließ das Haus. Die Sonne schien ihr freudig auf die Stirn und Milli nahm einen tiefen Atemzug um ihre Lungen mit der so frischen Herbstluft zu füllen. Dann entzwirbelte sie ihre Kopfhörer, steckte sie sich gut gelaunt in die Ohren und marschierte mit heiterer Musik los.
Es gab nie einen wirklichen Auslöser, durch den Milli gemerkt hatte, dass sie Mädchen mochte. Ihr war das bereits klar gewesen, als sie selbst noch ein kleines Mädchen war. Sie fand es nicht seltsam, dass alle ihre Freundinnen Jungs toll fanden, nur sie nicht. Auch wäre sie nie auf den Gedanken gekommen, dass es unnatürlich sein könnte, dass ein Mädchen ein anderes Mädchen mochte. Diese offene und tolerante Einstellung wurde ihr schon früh zuhause vermittelt. Die Hämäläinens waren nämlich durch und durch eine liberale Familie. Aus diesem Grund hatte Milli auch nie ein klassisches Coming-Out, wie das eigentlich üblich ist. Dadurch, dass sie bereits seit den Kindergartentagen ganz offen von den Mädchen erzählte in die sie sich ein wenig verguckt hatte, war das auch nicht nötig gewesen. Ihre Eltern hatten auch nie nachgefragt ob sie sich ihrer Gefühle sicher wäre, oder Milli zu irgendetwas gedrängt. Herr und Frau Hämäläinen wollten, dass ihre Kinder ihren eigenen Weg fanden.
Milli hätte gelogen, wenn sie behauptet hätte, noch nie einen Jungen geküsst zu haben. Das hatte sie nämlich ein paar Mal. Zwar wusste sie, dass sie auf Mädchen stand, aber auch wollte sie erfahren, wie es ist einen Jungen zu küssen. Wenn sich herausgestellt hätte, dass ihr dies auch gefiel oder vielleicht sogar noch mehr, dann hätte sie damit auch kein Problem gehabt. Tatsächlich war es interessant gewesen und sie wusste auch, dass der ein oder andere Mitschüler sie ziemlich attraktiv fand, aber an ihrer sexuellen Orientierung änderte dies nichts. Frauen gefielen ihr eben doch besser beziehungsweise am Besten. Doch tatsächlich hatte sie noch nie eine Beziehung mit einem Mädchen gehabt. Denn das mit Sonja damals konnte man ja nicht wirklich gelten lassen.

Seit Freitagabend hatte Chrissi das Wochenende bei Familie Graf verbracht. Sie und Vanny hatten es sich jeweils in Jogginghose auf dem breiten Bett gemütlich gemacht und veranstalteten einen Staffelmarathon von The L-Word.
„Noch eine Folge?“, fragte Vanny und griff angestrengt nach der Fernbedienung neben sich. „Ja, warum nicht…“, antwortete Chrissi und nippte an ihrem Energydrink, „Aber ich will nicht den ganzen Abend nur TV schauen. Ich hab‘ noch Lust irgendwas zu machen! Ich will raus!“
Vanny hob die Augenbrauen, „Gegen ein bisschen Feierei später hätte ich auch nichts… Ich kann mal die Mädels aus dem LLoft fragen, ob sie vielleicht Lust haben sich später noch in einer Bar zu treffen, was hältst du davon?“
„Davon halte ich ziemlich viel!“, lobte Chrissi ihre Freundin und zeigte ihr den Glücksdaumen, „Meine Dose ist schon wieder leer. Habt ihr noch eine?“
„Ja, haben wir“, antwortete Vanny, die gerade eifrig am Tippen war, „Warte, ich komme mit, ich will auch noch eine.“
Die Beiden erhoben sich mühsam aus ihrer kuscheligen Festung und gingen gut gelaunt in die kleine Küche. Dort starb ihr Lachen jedoch, als sie sahen, dass neben Vannys Mutter auch eine ältere Dame in feinem Anzug am Tisch saß, Vannys Oma. Deren Blick ruhte kalt und mit großer Abneigung auf dem rothaarigen Mädchen, das gemeinsam mit ihrer Enkelin durch die Tür getreten war. Vanny war ein wenig überrascht, sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass ihre Oma gekommen war, geschweige denn, dass sie angekündigt hatte vorbei zu kommen. Trotzdem musste sie nun das Beste aus dieser Situation machen, „Äh, ja, Chrissi, das ist meine Oma! Oma, das ist meine Freundin Chrissi!“, stellte Vanny die Beiden mit einem schweren Kloß im Hals vor. Mit einem entschlossenem Lächeln trat Chrissi auf die ältere Dame zu und streckte ihr erwartungsvoll die Hand entgegen, „Hallo! Freut mich Sie kennenzulernen!“
Inge Graf erwiderte den Händedruck nicht. Stattdessen verweilte ihre kleinen strengen Augen auf dem Mädchen mit den weinroten Haaren und dem Piercing an der rechten Augenbraue. Dieses sah schon bald ein, dass ihre freundliche Begrüßung nicht erwidert werden würde, also ließ sie ihre Hand wieder sinken. Vanny und auch deren Mutter spürten wie angespannt die Situation war. Dann endlich öffnete Oma Graf den Mund „Ich habe schon viel von Ihnen gehört Christina. So heißen Sie mit richtigem Namen oder?“
„Ja, eigentlich Christina Marie“, antwortete Chrissi lächelnd, „aber eigentlich ist es mir lieber, wenn man mich Chrissi nennt.“
Vannys Oma ging gar nicht auf diese Aussage ein, sondern startete sofort den nächsten Angriff, „So Christina, Sie sind also das Mädchen, das meiner Enkelin solche kranken Flausen in den Kopf setzt, dass sie in sie verliebt sind. Und dadurch denkt sie, dass auch sie Mädchen liebt.“
„Oma!“, fuhr Vanny sie an, doch diese hob nur beschwichtigend die Hand. Ihre Enkelin hatte nun Sendepause. In diesem Gespräch ging es nur um dieses Punk-Mädchen und sie. Chrissi grinste ein wenig bedrückt, antwortete aber entschlossen „Das sind keine Flausen, die ich Vanny in den Kopf setze. Ich liebe ihre Enkelin wirklich. Aber sie hat mir schon erzählt, dass Sie ein kleines Problem mit gleichgeschlechtlicher Liebe haben.“
Bei diesem Wort begannen die Mundwinkel von Inge Graf nervös zu zucken und sie fragte, „Wissen Ihre Eltern, dass sie so sind?“
„Sie meinen, dass ich lesbisch bin?“, fragte Chrissi höflich, „Ja das wissen sie. Und sie haben kein Problem damit. Warum sollten sie auch, das ist etwas ganz Normales.“
Inge Graf blickte zu ihrer Tochter Angelika, „Wie kannst du es nur durch lassen gehen, dass so ein verwirrter Teenager Kontakt zu meiner Enkelin hat?“
„Oma!“, brüllte Vanny erneut, doch Chrissi blieb nach wie vor höflich, „Ich bin nicht verwirrt. Im Gegenteil. Ich bin mir meiner Sexualität mehr als bewusst. Sie scheinen mir ein klein wenig verwirrt, wenn sie der Ansicht sind, dass Homosexualität etwas Krankes ist.“
„Werden Sie bloß nicht frech!“, zischte Inge Graf mit erhobenem Zeigefinger. Ehe es noch kritischer werden konnte, trat Vannys Vater Harald ebenfalls in die Küche und öffnete den Kühlschrank, „Was ist denn hier los?“
Vanny griff die Chance am Schopf, „Chrissi und ich wollten uns nur nochmal zwei Dosen Red Bull holen!“
Der große glatzköpfige Mann schnappte augenblicklich zwei Dosen aus dem Kühlschrank und drückte diese Vanny und ihrer Freundin in die Hände. Dann wandte er sich an seine Schwiegermutter und strahlte, „Und wie ich sehe, hast du Chrissi mittlerweile auch kennengelernt! Ist sie nicht ein fantastisches Mädchen?“
Inges Augen verengten sich und sie hätte wohl gerne etwas erwidert, doch gerade hatte sie keine Lust auf eine dieser endlosen Diskussionen mit ihrem Schwiegersohn. Vanny wusste, dass ihr Vater die Unterhaltung vom Wohnzimmer her gehört hatte und nur in die Küche gekommen war um Schlimmeres zu vermeiden. Deshalb schnappte sie Chrissi am Arm und zog sie mit sich.

Sonja lernte Milli im Internet kennen. Vom Aussehen her war Sonja der gleiche Typ wie Milli. Ebenfalls eine Blondine mit einem unglaublich liebem Gesicht und einem zuckersüßen Lächeln. Ihre Augen waren jedoch nicht braun, sondern grau. Auch war Sonjas Haar lockiger als das ihrer Internetbekanntschaft. Genauso wie Milli war Sonja lesbisch, hatte im Vergleich zu der Halbfinnin aber schon ein paar Erfahrungen mit dem gleichen Geschlecht gemacht. Da die damals beiden Sechszehnjährigen relativ schnell merkten, dass sie auf einer Wellenlänge waren, zögerten sie nicht allzu lange sich auch außerhalb des Chatrooms zu treffen. Und es blieb nicht nur bei einem einmaligen Treffen.
Gemeinsam waren sie Eis essen, im Kino, beim Schwimmen oder machten auch Fahrradtouren. Lange Zeit wussten die zwei nicht so recht, in was für einem Verhältnis sie eigentlich zueinander standen. Sie waren kein Paar, obwohl sie öfter miteinander rummachten. Aber nur Freunden waren sie auch nicht. Es war in der Tat schwer zu beschreiben und wenn man sie gefragt hätte, hätte wohl keine von ihnen die Frage richtig beantworten können. Sie führten eine Beziehung, in der der Grat zwischen bloßer Freundschaft und tieferen Gefühl sehr schmal war.
Obwohl die beiden nicht fest zusammen waren, so wurde Sonja mit der Zeit immer besitzergreifender. Antwortete ihr Milli nicht innerhalb von wenigen Minuten sendete sie eine besorgte Nachricht nach der Anderen. Hatte Milli einmal keine Zeit sich zu treffen, äußerte Sonja sofort den Verdacht, dass sie stattdessen mit jemand anderem etwas machen würde. Milli nervte dieses Verhalten, doch weil sie sich bereits in Sonja verliebt hatte, ließ sie deren Kontrollwahn über sich ergehen.
Beinahe hätten die beiden sogar miteinander geschlafen. Sonjas alleinerziehende Mutter drehte gerade mit dem Hund draußen eine Runde, während die zwei Blondinen in Sonjas Zimmer auf Tuchfühlung gingen. Anders als Milli, die ein wenig zurückhaltend agierte, scheute sich Sonja nicht vor intimen Berührungen. Sehr schnell ließ sie daher ihre Finger in Millis Slip wandern. Auch Milli schob ihre Hand in Sonjas Hose, was für sie bis dahin ein unbekanntes Gebiet gewesen war. Zwar empfand Milli durchaus Lust auf mehr, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht fallen lassen. Sonja hingegen drängte immer intensiver darauf, ans Eingemachte zu gehen. Doch als sie Millis BH öffnete, zog diese sich zurück.
„Was ist?“, flüsterte Sonja verwundert. Milli atmete schwer und versuchte zu erklären, „Warte Sonja. Ich habe dich echt gern, aber ich will das nicht. Beziehungsweise, ich kann es nicht.“
Sonja wirkte verdutzt und fragte ein wenig genervt, „Warum nicht?“
„Kann ich nicht sagen. Es geht einfach nicht okay? Respektier das bitte“, antwortete Milli mit fester Stimme. Sonja seufzte enttäuscht, akzeptierte dann aber natürlich Millis Äußerung. Gelangweilt griff sie dann zur Fernbedienung und warf den Fernseher an.
Anfangs hatte Milli ein schlechtes Gewissen wegen dieser Sache. Immerhin mochte sie Sonja und sie verstand selbst nicht so genau, warum sie sich nicht darauf einlassen konnte mit dieser zu schlafen. Aber andererseits kannten sich die beiden seit gerade einmal zwei Monaten. Auch waren sie kein Paar und irgendwie fehlte Milli daher ein gewisses Maß an Vertrauen. Nach diesem Vorfall trafen sich die zwei Mädchen noch ein paar Mal, doch so intim wie an jenem Nachmittag ging es nie mehr zu Gange. Nicht einmal mehr normales Rumknutschen war drin. Da sie selbst nie so genau gewusst hatten, worauf diese Beziehung eigentlich hinaus laufen sollte, ließen sie den Kontakt mit der Zeit einfach abebben.
Mittlerweile war Milli sehr froh darüber, dass sie damals den Mut gehabt und nein gesagt hatte. Ihr erstes Mal wollte sie mit jemandem haben, dem sie genug vertrauen konnte und bei dem sie sich auch wohl genug fühlte um sich fallen zu lassen. Sonja wäre da die falsche Adresse gewesen.

Am frühen Nachmittag sammelten sich im Schwanenpark die ersten Besucher, die sich das Mondscheinkonzert ansehen wollten. Auf der großen Event-Wiese war in letzten Tagen hierfür bereits die Bühne aufgebaut worden auf der am Abend zuerst eine Nachwuchsband auftreten und anschließend ein Film auf einer riesigen Leinwand gezeigt werden sollte. Der Eintritt für diese alljährliche Veranstaltung war umsonst, sehr zur Freude der vielen armen Studenten, die wohl die größte Besuchergruppe ausmachten.
Doch unter all diesen so adrette gekleideten jungen Leuten, schlenderten auch Becky und Patrick entlang und hielten nach einem möglichst guten Platz Ausschau. Auf einem etwas größeren Hügel, auf dem es sich schon andere gemütlich gemacht hatten, fanden sie ihn schließlich. Patrick hatte von Zuhause eine große Picknickdecke mitgenommen und eben hatten sich die beiden an einem der provisorisch aufgebauten Imbissstände jeweils eine Portion Pommes gekauft. Während sich Becky mampfend umblickte, breitete der Sunnyboy die Decke aus und glättete sie fein säuberlich, als sie am Boden lag.
"So, nimm Platz!", verkündete er stolz als er fertig war. Gut gelaunt setzte sich Becky nieder und Patrick gesellte sich lächelnd neben sie. Heute war der perfekte Herbsttag für solch ein Date. Der ganze Park erstrahlte in dem kräftigen Orange Gelb Rot der Bäume und die sanften Sonnenstrahlen wärmten einem den Rücken. Die Uhr zeigte viertel nach vier. Um fünf begann das Konzert, also hatten die zwei noch ein wenig Zeit sich miteinander zu unterhalten.
Obwohl Beckys Tüte noch fast voll war, stibitzte sie sich eine Pommes von Patrick. Dieser schaute sie nur gespielt entgeistert an, "Hallo? Was soll das?"
"Du hast mehr Mayo bekommen als ich!", grinste Becky, während sie sich die gestohlene Pommes in den Mund stopfte. Ihre Begleitung machte eine belehrende Miene, "Der Verkäufer dachte wohl, dass du nicht so kalorienhaft essen möchtest! Da stellen sich die Mädels ja immer an!"
Becky hob entsetzt die Augenbrauen, "Willst du jetzt sagen, dass ich fett bin?" "Nein!", entgegnete Patrick sofort und lachte, "Du hast eine super Figur!"
"Jaja! Das würde ich jetzt auch sagen!", lästerte Becky gespielt und rümpfte kurz die Nase. Auf Patricks Gesicht machte sich ein ehrliches Lächeln breit und er sagte mit fester Stimme, "Nein, ehrlich Becky, du bist echt ein super hübsches Mädchen."
Verlegen blickte Becky ihm in seine Augen. Man, dieser Junge verzauberte sie immer mehr.

Eine leichte Brise wehte um Fiona, als diese sich am Abend auf ins Szeneviertel machte. Auch sie hatte keine Lust gehabt, den Sonntagabend zuhause zu verbringen, deshalb hatte sie sich sehr über den spontanen Vorschlag Vannys, man könnte sich doch in einer Bar treffen, ziemlich gefreut. Relativ schnell hatte man sich in dem Gruppenchat in Whats-App auf das King's and Queens einigen können, beziehungsweise lediglich dieses vorgeschlagen. Mit Paramore in den Ohren und den Händen in den Taschen ihres königsblauen Mantels stapfte sie den Gehweg entlang und kam an einer roten Ampel zum Stehen. Aus heiterem Himmel sprang sie plötzlich jemand von hinten an und Fiona erschrak. Sie wirbelte umher und der Schock wandelte sich in überraschte Freude, als sie auf einmal Hannas lächelndes Gesicht vor sich sah.
"Spinnst du! Du kannst mich doch nicht so erschrecken!", beschwerte sich Fiona, die die Hand auf die Brust gelegt hatte und nahm sich den rechten Ohrstöpsel heraus. Hanna umarmte sie fest und kicherte, "Tut mir leid, aber die Gelegenheit war einfach zu verlockend!"
Gemeinsam gingen die Mädchen das letzte Stückchen zu der beliebten Bar. Auf dem Weg dorthin, fragte Fiona Hanna, was es bei ihr Neues gäbe und diese berichtete missmutig von dem Fauxpas, den sie sich mit Miri geleistet hatte. Zwar hatte Hanna sich nach dem Frühstück bei ihrer besten Freundin entschuldigt und gefragt, wie sie den versäumten Wanderausflug wieder gut machen könnte, doch Miri gab keinen großen Deut auf Hannas Bemühungen. Sie warf ihr vor, dass sie keine Lust darauf hätte, die Einzige von ihnen beiden zu sein, die für die Freundschaft etwas tun würde. Fiona konnte Hanna bei diesem Dilemma allerdings auch nicht wirklich weiterhelfen. Deren Meinung nach, hatte Miri sowieso nur ihre Tage und würde deshalb so am Rad drehen.
Als die zwei Mädchen im Kings and Queens ankamen blieben sie im Eingangsbereich stehen und Hanna fragte mittels Whats-App eilig nach, ob schon jemand von den Anderen da war und falls ja, wo genau sie saßen. Fiona beobachtete Hanna während sie tippte und sah sofort weg, als diese auf schaute, „Vanny schreibt, sie sitzen oben, gleich links bei dem Flipperautomaten!"
Hanna eilte voran und Fiona bekam den süßlichen Duft ihres Parfüms in die Nase. Genussvoll atmete sie diesen ein und folgte anschließend dem olivfarbenen Parka in die Menge.
Als sie die Treppe hochkamen, entdeckten die Zwei sofort Vanny und Chrissi, die an einem Tisch an der Wand saßen. Gut gelaunt begrüßte man sich und die Neuankömmlinge bestellten sich sofort jeweils ein Bier.
"Und gibt es irgendwas Neues?", fragte Hanna das frisch gebackene Pärchen und stieß mit den Anderen an.
"Pff!", machte Vanny nur und grinste beklemmt, "Chrissi hatte heute die wundervolle Ehre meine Großmutter kennenzulernen."
Fiona, die gerade am Trinken war, riss gespannt die Augen auf und schluckte eiligst runter, "Uhhh! Und?"
Chrissi räusperte sich, "Also ich würde sagen, ihren Segen haben wir!" "Nicht!", fügte Vanny hinzu und das Pärchen stieß erneut mit den Gläsern an. Hanna und Fiona grinsten nur. Es freute sie, dass Vanny und Chrissi so über das Ganze scherzen konnten, auch wenn sie genau wussten, dass die Sache mit Oma Graf sie doch ziemlich beschäftigte. Fiona setzte erneut zum Trinken an, da haute ihr auf einmal jemand heftig auf den Rücken und sie knallte mit dem Mund hart auf den Glasrand.
"Hallo ihr Lesben!", brüllte Pia wie immer laut und übertrieben. Fiona hielt sich den Mund und drehte sich mit böser Miene zu dem blonden Hampelmännchen um, das gemeinsam mit Charly und Milli gekommen war, "Spinnst du? Ich hab mir total die Lippe angehauen!"
"Oh, tut mir leid, war keine Absicht!", entschuldigte sich Pia hastig und legte dann ihren Fokus auf die Begrüßung des restlichen Tisches. Auch Milli und Charly, die ein wenig ausgepowert wirkte, setzten sich und hielten nach der Bedienung Ausschau. Nachdem auch sie mit einem Getränk versorgt waren, erzählte Charly von ihrem Nachmittag mit Milli und wie sehr diese sie für den Tanzabend gedrillt hatte. Pia hatte sich zu Vanny und Chrissi auf die Sitzbank gequetscht und saß nun genau gegenüber von Hanna und Fiona. Dort baute sie zur Verwunderung aller ihren Laptop auf. Als Pia die skeptischen Blicke der anderen bemerkte, erklärte sie, dass sie für den theoretischen Teil der Führerscheinprüfung lernen musste. Und da sie den ganzen Tag in der Schule verbringen musste und sie den Abend allerdings mit ihren Lieblingslesben verbringen wollte, musste sie nun eben hier lernen.
Dies zog sie sogar einige Minuten durch, ehe sie doch wieder zu Hanna und Fiona herüber sah. Diese begutachteten gegenseitig ihre Hände und verglichen, warum auch immer, wer von ihnen die weichere Haut hatte. Mit einem verschmitzten Grinsen blickte Pia über ihr Glas zwischen den beiden Turteltauben hin und her. Dann fiel ihr Blick wieder auf ihren Laptop und sie kreischte wie aus dem Häuschen los, "Oh mein Gott, Leute! Larissa ist wieder da!"
Ungefähr die Hälfte der Anwesenden schaute interessiert auf und Charly fragte, "Woher weißt du das?" "Facebook!", antwortete Pia stolz, deren Gesicht von der blauen Startseite beleuchtet wurde.
"Ich dachte du wolltest für deine Fahrprüfung lernen!", merkte Milli belehrend mit gerunzelter Stirn an. Pia verdrehte die Augen, "Ja, tu ich doch auch! Aber eine Pause muss auch mal sein!"
"Wer ist Larissa?", fragte Fiona, die genauso wenig wie Hanna oder Chrissi wusste, um wen es gerade ging.
"Das ist meine Ex!", gluckste Vanny und Chrissi horchte interessiert auf, "So? Von der hast du mir aber nie erzählt oder?"
Ein wenig verwundert blickte Vanny ihre rothaarige Freundin an und zuckte mit den Schultern, "Hätte ich etwa?"
"Ja! Immerhin ist sie deine Ex!", entgegnete Chrissi ein wenig sauer. Die Butch mit dem schwarzen Lidstrich drückte ihr daraufhin nur einen Kuss auf die Wange und versuchte sie zu besänftigen, "Eben! Sie ist nur meine Ex! Sie ist also nicht mehr relevant für mich. Und schon gar nicht erst für dich."
Chrissi gab sich mit diesem Ablenkungsversuch jedoch nicht zufrieden und hakte nach, "Wie lange wart ihr zusammen?"
Ein wenig genervt seufzte Vanny auf, sah dann aber ein, dass Chrissi wohl nicht Ruhe geben würde, bis sie alle Fragen beantwortet hatte, "Ungefähr neun Monate."
"Warum habt ihr Schluss gemacht? Beziehungsweise wer hat Schluss gemacht?", fragte Chrissi weiter nach. Vanny kam sich mittlerweile vor, wie bei einem Verhör und die übrigen Anwesenden, mussten sich ein Kichern verkneifen. "Wir haben Beide irgendwann gemerkt, dass es keinen Sinn mehr macht, deswegen sind wir im Guten auseinander gegangen", erzählte Vanny reumütig. „Aber das ist jetzt auch schon gut eineinhalb Jahre her. Ungefähr drei Monate bevor sie nach Norwegen ist, haben wir Schluss gemacht", erinnerte sich Vanny. Chrissi setzte zu seiner weiteren Frage an, doch sie wurde von Pia unterbrochen, die laut vor sich hin schwärmte, "Boah, seht euch mal diese Bilder an! Da wird man hart neidisch!"
Sofort drängten sich alle um die kurzhaarige Blondine um einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Darauf abgebildet war ein Mädchen mit langem dunkelblonden Haar, das ihren Kopf leicht schräg hielt und gut gelaunt in die Kamera lächelte. Auf ihrem Haupt trug sie eine weinrote Wollmütze und ihre Hände hatte sie in die Bauchtaschen ihres kuscheligen grauen Kapuzenpullis gesteckt. Sie stand auf einer Klippe und im Hintergrund sah man die für Norwegen typischen Fjorde, durch die sich ein gewaltiger türkisener Fluss seinen Weg bahnte. Auch die nächsten Bilder, die Pia anklickte, zeigten eine nicht weniger beeindruckende Natur. „Übertreib!", murmelte Pia total begeistert. Hanna wandte ihren Kopf zu Vanny, "Warum war sie denn in Norwegen?"
Ehe Vanny antworten konnte, ergriff Pia das Wort, "Sie hat dort nach dem Abi ein Jahr Work and Travel gemacht. Laut einigen Kommentaren auf ihrer Profilseite ist sie seit Anfang der Woche wieder da! Und sie hat sich nicht bei uns gemeldet, die blöde Kuh!"
Charly legte besänftigend ihre Hand auf Pias Schulter, "Komm mal runter! So wie ich Larissa kenne, wird sie sich schon bei uns melden! Lass sie erst mal in Ruhe wieder ankommen!"
Um von dem ganzen Thema mit ihrer Ex abzulenken, ergriff Vanny irgendwann das Wort und wandte sich an die gesamte Runde, "Hey, wir gehen am Samstag schon alle auf Giselle oder?"
"Ist das schon wieder?", fragte Hanna verwundert. Vanny zwinkerte, "Ja, aber nur weil es ein Halloween-Special ist!" "Uh!", freute sich Milli, "Das wird bestimmt gruselig!"
Hanna wandte sich an Fiona, "Kommst du auch mit?" "Klar!", antwortete diese wie aus der Pistole geschossen und fragte dann mit leichter Unsicherheit in der Stimme, "Wo wohnt denn diese Giselle?"
Die gesamte Runde blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Charly unterbrach schließlich die Stille und fragte herausfordernd, "Du hast keine Ahnung wer oder was Giselle ist oder?"
"Ich habe nicht den geringsten Schimmer!", gab Fiona kopfschüttelnd zu und alle mussten lachen. Das Mädchen mit den buschigen Augenbrauen hob verlegen die Schultern und wurde leicht rot. Dann sagte Vanny, "Also pass auf, dann erklären wir dir mal was Giselle ist!"
"Halt!", unterbrach sie Pia und stand sekundenschnell auf, "Während ihr Fiona das erzählt, gehe ich mal kurz aufs Klo. Es ist immer so unfair mit anhören zu müssen, wie cool es auf Giselle abgeht und man all diese Stories aber nicht miterleben kann, weil man noch keine achtzehn ist!“

Auf der Eventwiese im Schwanpark hatte man mittlerweile Laternen angezündet, die der ganzen Szenerie eine romantische Note verliehen. Die Musiker hatten die Bühne mittlerweile geräumt und eine riesige Kinoleinwand war ausgefahren worden auf der Nicolas Sparks Meisterwerk „Wie ein einziger Tag“ gezeigt wurde. Becky und Patrick saßen mittlerweile zusammengekuschelt auf ihrer karierten Picknickdecke und genossen die Stimmung. Patrick hatte seine dicke Jacke ausgezogen und um sie beide gelegt, so dass seine Begleitung nicht fror. Beiden kam es durchaus passend aber auch ein wenig ironisch vor, dass ausgerechnet eine Liebesschnulze gezeigt wurde. Und genauso wie sich Rachel McAdams und Ryan Gosling nach und nach ineinander verliebten, so erging es auch Becky und Patrick. Irgendwann achteten sie gar nicht mehr auf den Film, sondern verloren sich in dem wundervollen Gefühl, als sie sich küssten.

Fortsetzung Part 2...



copyright © by cappuccino007. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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