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Unseren täglichen Datenschutz gib uns heute


14.07.2017 22:46
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Montag 7.45 in einer Klinik irgendwo in Deutschland.
Vor der Aufnahme ein riesiges Schild mit der Aufschrift: ACHTUNG BITTE 3 METER ABSTAND HALTEN.
Hinter dem Schild ein Desinfektionspender mit der freundlichen Aufforderung: VOR BETRETEN UND NACH VERLASSEN DER STATION BITTE DIE HÄNDE DESINFIZIEREN. Die Standard 6 Punkt Regel für eine hygienische Händedesinfektion ist in zwei kleine Bildchen die kaum mit der Lupe sichtbar sind, zusammengefasst.
Einige Meter neben mir steht eine Gruppe junger Menschen in weisser Krankenhaustracht. Eine etwas ältere aus der Gruppe, steht in der Mitte und richtet das Wort an die anderen.
Dabei zeigt sie auf den Pflegewagen und den daran angebrachten Desinfektionspender.
Das muss die Praxisanleiterin sein, denke ich im Stillen bei mir. Sie redet von Einwirkzeit 30 Sekunden und pumpt mit drei kräftigen Stössen die Desinfektionslösung in die linke hohle Hand. Sie schildert ausführlich die 6 Punkte Richtlinie der hygienischen Händedesinfektion beginnt aussen mit dem Handrücken über Handgelenke, schränkt die Finger ineinander, schließt und öffnet diese 5 mal hintereinander, verreibt die Fingerkuppen in der hohlen Hand, denkt auch an die Daumen und immer so weiter...
Zwei der jungen Frauen lassen verstohlen ihren Blick auf dem Hinterteil des gutaussehenden Arzt ruhen, der im wehenden Kittel schnell vorbeihuscht.
Sie stecken die Köpfe zusammen tuscheln und kichern, zwar leise aber doch unüberhörbar. Vor meinem inneren Auge sehe ich eine Sprechblase mit abgebildeter Regendusche über den Köpfen der beiden tuschelnden.... als mich völlig unvermutet und plötzlich eine laute Stimme aus meiner Andacht reisst.
Frau...? Sie sind die Nächste. Die Anmeldefrau hatte mich aufgerufen, ich hatte überhaupt nicht bemerkt das die Patienten vor mir schon weg waren.
Hinter mir standen noch weitere wartende und an der Mimik der Anmeldefrau konnte ich erkennen, das sie schnell durchkommen wollte.

Das Frage Antwortritual begann.
Name? Geburtsdatum? Stimmt diese ... Straße noch? Ach, Sie waren schon dreimal hier?!
Das letzte Mal 2015...Und die Telefonnummer 4... stimmt auch noch? Und die Postleitzahl 8...ist auch noch dieselbe?
Wegen was sind sie denn hier? Ach ja, da stehts ja wegen ... bei Dr.S...
Bei der DAK immer noch ? Zusatzversichert? Privaaaaat?
MRSA negativ ! HIV negativ ! Hepapitis B+C negativ !
Die 10 Euro täglich Zuzahlung bezahlen sie bei der Entlassung, da ich ja noch nicht weiss wielange sie bleiben. Dann schickte sie mich im selben Atemzug nach links rechts und wieder links in das Wartezimmer, dort würde ich dann von einer "Schwester" abgeholt werden.
JAWOLL !

Nach einer gefühlten Ewigkeit werde ich von der genannten" Schwester" abgeholt und in ein Drei Bett Zimmer gebracht.
Dasselbe Procedere beginnt.
Name? Geburtsdatum? Strasse ? Ach, sie waren ja schon dreimal bei uns...und die Telefonnummer 4... und Postleitzahl 8... stimmmt noch? Größe? Gewicht? Allergien? Unverträglichkeiten?
Dann kurze Pause und hektisches Durchblättern der Akte, und schließlich der durchdringende Ruf nach draussen durch die geöffnete Tür zur Kollegin. Eeeeeeeva wegen was ist denn die Frau ... hier?
Mein Ansatz zu erklären weshalb ich hier bin wird geflissentlich überhört und zugleich von der Antwort von Eeeeeeeeva übertönt. Steht das nicht in der TIME IN LISTEEEE ? Nein, schreit mein Gegenüber nach draussen, sonst würde ich dich ja nicht fragen.

Lass mal sehen, ruft Eeeeeeva durch die geöffnete Zimmertür, kommt an den Tisch und schnappt sich die Akte. Aber da stehts doch ... die ... hat wieder am falschen Platz eingetragen. Pffff, immer dasselbe mit der... wer ist ihre Vertrauensperson bei einem Konflikt kam unvermittelt die Frage und ich stellte als Gegenfrage welche Konflikte denn eintreffen könnten. Das ist Standard erhalte ich als Antwort und weiter gehts... und ihr letzter Stuhlgang flötet sie erfreut, endlich die Befragung abgeschlossen zu haben.
Auch darüber gebe ich Auskunft und erläutere ebenso Menge, Farbe, Geruch und Konsistenz - wenn schon denn schon.
Währenddessen öffnet sich die Tür und eine Küchenangestellte drückt mir einen Menueplan in die Hand, den ich umgehend auszufüllen habe.
JAWOLL

Innerhalb der nächsten halben Stunde werden weitere 2 Patientinnen aufgenommen und befragt. Nun bin ich im Besitz von Namen, Adresse, Telefonnummer, Handynummer und Telefonnummer von den Konflikt Kontakten, kenne deren Allergien, Unverträglichkeiten, Gewicht, Größe und das allerbeste, ob regelmässiger Stuhlgang erfolgt. Mein Fantasie schlägt Purzelbäume, ich überlege ob ich die Daten verkaufe, die zwei Patientinnen stalke oder deren Konflikt Kontakte anbagger...

Nach weiteren 2 Stunden warten, in bekannter Krankenhaus Reizwäsche werde ich von Eeeeeeva zum Eingriff abgeholt.
Sie bringt mich in einen OP Vorbereitungsraum, wo mir ein i.v. Zugang gelegt wird, worüber ich Antibiotika und Analgetika bekomme. In dem Raum sitzen und liegen drei weitere Patienten.
Aus der Tür gegenüber höre ich röchelnde Absauggeräusche und eine Stimme die Herr...immer wieder zum Ausspucken des Blutes auffordert.
Schwestern und Pfleger in grünen Uniformen wechseln in regem Treiben die Räume, stecken kurz den Kopf durch die Tür, blättern in den Akten, fragen alle nach Name, Eingriffsart, Allergien. Der Anästhesiearzt erscheint und bespricht ausführlich bestehende und vorausgegangene Erkrankungen, ermittelte Blutwerte und Narkoserisiken.
Weiter entfernt höre ich einen Mann schreien und jammern, abgelöst von anhaltendem lauten Schreien eines Kleinkindes.
Ich spüre meinen Kreislauf absacken und versuche mental dagegen zu wirken.
Ich schließe meine Augen lege meine Hand in deine und konzentriere mich auf meinen Atem.
Ein goldfarbener Schmetterling mit großen blutroten herzförmigen Tupfen auf den Flügeln, flattert vergnügt tanzend im Raum umher. Ich zähle noch diese zauberschönen Tupfen, als eine kräftige Männerstimme neben mir lospoltert... sind Sie die Frau?....jetzt geht es los. Mehr als 1 Stunde ist vergangen, mein Kreislauf wieder stabil, welch ein Glück das du bei mir bist.

Als ich in seitlicher Position auf dem OP Tisch liege, desinfiziert, die Hände am Kopfteil des Tisches festgekrallt, physisch, psychisch und mental vorbereitet auf den bevorstehenden Höllentrip, da, genau da, steckt eine Schwester den Kopf durch die Tür und fragt mit singender Stimme: Der Brotzeitmann ist da, braucht ihr was?
Wie aus der Pistole geschossen sage ich für mich bitte eine Leberkässemmel.
Die Anwesenden lachen, ich lache mit schmerzverzerrtem Gesicht - Onkel Doktor hinter mir klatscht in die Hände und ruft Fertiiiiig.
Welch ein Wahnsinn.

Anmerkung: Diese und oder ähnliche Situationen sind sehr wahrscheinlich täglich anzutreffen in Krankenhäusern, öffentlichen Behörden, Post, Banken usw...usw...
Datenschutz wird missachtet, bzw.das Einverständnis der Beteiligten zum Mithören wird stillschweigend vorrausgesetzt.

Diese Befragungen im Patienzimmer fand ich für mich persönlich unerträglich.
Ich habe keinen Bedarf an Daten von Menschen zu denen ich keine Beziehung habe, ausser das ich die nächsten Tage gezwungermassen mit ihnen in einem Zimmer verbringen muss- was schon schlimm genug ist, aber aushaltbar.
Das ich aber mit kompletten Datensätzen gefüttert wurde, hat mich tatsächlich richtig gestört.
Ich fühlte mich überrannt und auch gleichzeitig peinlich berührt - ich erinnere nur an die Stuhlgangabfrage.
Ich habe mehrmals nachgefragt ob die Aufnahme nicht besser im Dienstzimmer gemacht werden sollte - da bekam ich die Antwort "das geht schon" ich empfinde das als übergriffig und nicht wertschätzend allen Beteiligten gegenüber.
Ich habe meine Kritik im Feedback der Klinik schriftlich erwähnt, ob das fruchtet kann ich nicht sagen, ich hoffe zumindest das mehr Menschen dieses Problem erwähnen.
Überall und ständig wird über Datenschutz diskutiert aber sieht so Datenschutz aus und wo genau fängt Datenschutz an?
Diese 3 Meter Abstand Schilder sind doch ein absoluter Witz, wenn jede Angestellte deine Angaben durch die Menge plärrt.
Habe ich bei der Diskussion etwas falsch verstanden oder nicht richtig mitbekommen, dann klärt mich bitte auf.

Ich frage mich ob ich mit diesen Überlegungen alleine auf weiter Flur bin, oder zu empfindlich reagiere, bin ich kleinkariert in dieser Angelegenheit? wie seht ihr das ?




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14.07.2017 23:59

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