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Forum » Kummerkasten » ThreadZwiespalt nach homophoben Beschimpfungen
01.08.2018 13:00
HiddenNickname
0 Hallo alle. Anlässlich des Berliner CSDs letztes Wochenende beschäftigt mich aktuell verstärkt ein Erlebnis aus vergangenem Frühjahr. Meine Freundin und ich standen gegen frühen Nachmittag an einer Kreuzung in der Friedrichstraße, Arm in Arm untergehakt, beide Köpfe unter'm Regenschirm. Wir warteten zusammen mit etwa 10 weiteren Menschen darauf, dass die Ampel auf grün schalten würde und gaben uns einen (absolut) flüchtigen Kuss auf die Lippen – ein Schmatzer, 'n Bussi, keine Zungenaction. Just in dem Moment wurde es grün und wir bewegten uns über die Straße, hörten gleichzeitig eine lauterwerdende Stimme direkt hinter uns, die so Dinge sagte wie: „Ich will sowas nicht sehen. Ich will sowas nicht sehen. Macht das zu Hause! Das ist widerlich! Denkt mal an die Kinder, ja?! Was ihr denen antut! Ihr seid krank! Lest mal die Bibel! Wie ekelhaft!“ Anfangs haben wir das gar nicht auf uns bezogen, bis der Mann links an uns vorbeizog und uns völlig wutentbrannt mit weit aufgerissene Augen anstarrte, während er uns beschimpfte. Etwa fünf Sekunden lang lief er genau neben uns her. Ich war perplex, meine Freundin rief ihm entgegen, ob er schonmal einen Blick ins deutsche Gesetzbuch geworfen habe. Sie wollte auf ihn zugehen, ich hielt sie zurück mit den Worten, dass sie es gut sein lassen solle, weil ich ehrlich gesagt Angst hatte, der haut uns auf offener Straße am helllichten Tag auf's Maul, wenn wir ihm „einen Grund“ liefern. Und ich merkte zwar, dass ich nicht übel Lust hatte, handgreiflich zu werden, aber zwei Frauen mit einer Größe von +/- 160cm würden da vermutlich den Kürzeren ziehen – zumal niemand von den anderen Passanten reagierte. Er zog zeternd weiter, drehte sich aber ein paar Mal zu uns um. Wir standen noch einen Moment aufgewühlt vor dem Buchladen, in den wir gehen wollten. Ich versuchte mit ein paar Floskeln über die Stumpfsinnig- und Bedeutungslosigkeit solcher armer Existenzen die Stimmung aufzulockern, aber uns beschäftigte dieser Mann den gesamten restlichen Tag über. Wir hielten uns die nächsten zwei Tage kein einziges Mal mehr in der Öffentlichkeit an den Händen. Was uns beide ärgerte. Später sprachen wir über unsere Gefühle diesbezüglich, die sich vor allem darin ähnelten, dass wir uns in erster Linie unsicher fühlten und schuldig. Es war nicht nur ein „Scheiß Lesben“, der Mann hat uns in einer Menge von Menschen als widernatürlich und Gefahr für Kinder beschimpft. Wir fühlten uns gedemütigt. Und wir fühlten Scham, so nach dem Motto: Ist es unser Recht, anderen Menschen unsere Beziehung zuzumuten? Ist es falsch Kindern gegenüber? Ist es nicht nachvollziehbar, dass Eltern Unverständnis aufbringen, wenn zwei Frauen oder zwei Männer sich öffentlich küssen und damit ihre Kinder mit homosexuellen Lebensweisen konfrontiert werden? Darf, soll, muss man das? Mutet man anderen Menschen damit etwas zu? Ich bin vorher noch nie mit auf mich gerichteter Homophobie konfrontiert worden, die einzige „Aufmerksamkeit“, die ich in Zusammenhang mit meinen PartnerInnen bekommen habe, waren Blicke beim Vorbeigehen. Da kommt man in die Hauptstadt und man muss sich das erste Mal mit der Wut, dem Ekel, der Ablehnung seiner Mitmenschen auseinandersetzen. Ich möchte darauf reagieren können. Ich möchte wissen, was ich sagen kann oder soll – denn, dass ich nichts gesagt habe, ärgert mich im Endeffekt sehr. Im Internet habe ich nach Verhaltensweisen auf homophobe Beschimpfungen gesucht, wobei ich auf einen Artikel gestoßen bin, in dem vorgeschlagen wird, solche Erlebnisse bei der Polizei zu melden. Nicht, weil eine hohe Wahrscheinlichkeit bestünde, dass die AggressorInnen zur Verantwortung gezogen werden würden, sondern, damit die Meldungen in der Statistik auftauchen. Gibt es diesbezüglich Erfahrungen von eurer Seite, ob es sinnvoll ist, so etwas zu melden? Wie kann ich in Zukunft besser in einer solchen Situation kontern?
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