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Forum » Coming Out » Threadich kann mir nicht trauen, mich zu outen...
23.05.2012 21:16
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0 Als ich mich zum ersten mal in eine Lehrerin unsterblich verliebt hat, war ich 11. Mit 13 habe ich mich in die nächste verliebt. Mit 15 - in die nächste. Nicht, dass ich die Lieben 1 und 2 dabei vergessen hatte. Ich habe sie alle drei geliebt und für alle drei geschwärmt Aber das alles - sogar mit 15 - waren noch Kinderliebschaften, ohne sexuellen Hintergedanken. Mit 17 habe ich mich in eine gute Freundin verguckt. Da habe ich mich auch halbwechs geoutet, sagte, dass ich mich immer wieder in Frauen verliebe, vielleicht bin ich lesbisch. Zu dieser Freundin fühlte ich mich auch sehr hingezogen. Aber sie war sehr hetero und ist auf das Thema nicht weiter eingegangen. Mit 18 bin ich zum ersten mal mit einem Jungen ausgegangen. Weil es irgendwie alle um mich herum getan hatten. Und weil ich neugierig war, was das ist. Nur küssen, kein Sex. Und mit dem zweiten, und mit dem dritten. Es ging dann immer weiter so, die nächsten 15 Jahren lang. Ich verliebte mich einseitig in heterosexuelle Frauen, dann wurden wir gute Freundinnen, sie haben mich als Freundin sehr gemocht usw. Und traf mich mit den Männern, ging in die Beziehungen ein, ohne sie zu lieben, jahrelang - ohne wenigstens Spaß am Sex zu haben. Aber - das war richtig, das war normal, das war so, wie alle leben und wie es sich gehört. An dieser Stelle muss ich drei Punken erwähnen. Ich komme aus ex-USSR, meine Eltern sind +/- 70 und sehr konservativ. Und sehr viele Leute aus ex-USSR sind nun mal homophob, besonders in diesem Alter. Nicht alle, aber viele. Mein Vater und meine Verwandten seinerseits - auf jeden Fall. Und ich bin gläubig, meine Religion ist mir wichtig, und ich wusste immer, dass es irgendwann eine richtige Familie sein soll: Vater, Mutter, Kinder, Tradition usw. Und wer sich damit etwas auskennt, kann sich vorstellen, dass allein die Tatsache, dass ich gläubig geworden war, hat meine Eltern damals alles andere als begeistert. Dazu kommt, dass ich vor 5 Jahren meinen Traumjob gefunden hatte. Ich arbeite gerade in der religiösen Einrichtung... Und ja, an so einer Position und mit so einem Kontingent, dass ich mich nun wirklich nicht outen kann. Versteht ihr, das ist die Arbeit meines Lebens, sie macht mir Spaß, sie macht mich glücklich, ich fühle mich richtig an meinem Platz. Und vor zwei Jahren ist es endlich mal passiert. Ich habe mich in eine junge Frau verliebt und sie hat sich Hals über Kopf in mich verliebt. Ich hatte bisher nie gewusst, wie es ist, was ist es für ein Gefühl - SO geliebt zu werden. Was ist es für ein Gefühl, wenn deine Liebe erwidert wird. Wenn du offen und locker "ich liebe dich" sagen kannst und dasselbe zurück bekommst, und das kommt aus dem tiefsten Herzen... Ach, über das Glück der gegenseitiger Liebe kann ich mittlerweile ein Lied singen, es gibt nichts besseres auf der Welt! Noch wohnt sie in einem anderen Land, aber wir hoffen, dass sie bald zu mir kommt. Noch sind wir beide nicht geoutet, nichteinmal vor unseren Eltern und besten Freunden. Und... ich habe keine Ahnung, wie es gehen soll. Ja, evtl. kann ich es ein oder zwei Jahren bei der Arbeit leugnen bzw. eine plausible Erklärung abgeben können, warum meine Freundin bei mir wohnt. Aber irgendwann wird es rauskommen. Und dann - ja, ich werde die Arbeit verlassen müssen und mein Chef wird unheimlich sauer und enttäuscht sein. Das tut mir jetzt schon leid, aber meine Liebe bedeutet mir doch mehr, als meine Arbeit. Und meine Eltern... ich habe Angst. Mein Vater ist ein alter Mann mit zwei Herzinfarkten hinter sich, und ich weiß nicht, wie er es verkraften wird, und will ihn nicht auf meinem Gewissen haben, ihr versteht wohl. Ich weiß, irgendwann und irgendwie werde ich mich nach und nach outen müssen. Erstmal von den besten Freunden, dann vor den Eltern, und dann - bei der Arbeit, wenn ich es nicht mehr verheimlichen werden kann. Und irgendwann und irgendwie muss ich es schaffen, schwanger zu werden, weil ich Kinder haben möchte, weil es mir wichtig ist, auch weil es meinen Eltern das ganze etwas leichter machen wird (die einzige Tochter ist doch nicht kinderlos geblieben). Und ich bin überhaupt nicht mehr bereit, mir den Männern zu schlafen, ohne sie zu lieben und ohne sie zu wollen, nur weil es so sein soll. Auch wenn es mit unserer Beziehung nicht klappen wird, ich habe jetzt erlebt, was das ist, eine auf Liebe basierende Beziehung zu haben, ich will mich zurück. Warum schreibe ich? Nur so, ich will einfach sprechen... Ich weiß selbst nicht, ob ich was fragen möchte, wollte es nur los werden. Aber wenn jemand so was erlebt hat, homophobe Eltern oder "homosexuellen-verbotene- Arbeitsplätze" und irgendwie das durchgemacht hat, wäre ich für "und ich"-Storys dankbar.
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23.05.2012 21:56
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