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quo mea vadis?

18.02.2022 09:55

HiddenNickname

moin.

ich versuche mal, mich zu sortieren...ich bin neu hier, hatte aber früher einige Freunde in der schwulen Szene der Gegend und war auch eher auf schwul-lesbischen Parties als bei anderen. das wurde unterbrochen von einer kinky Phase (ich war neugierig und bin echt ins rabbit hole gefallen).

ich hatte also immer schon homosexuelle Begegnungen, war in einem Mädchen- und Frauen-Arbeitskreis, bin Feministin, seit ich 15 war, kenne meine schönen Bauchgefühle für starke Frauenfiguren, androgyne Menschen, gleichgeschlechtliche Zärtlichkeit, und so ein Mütterlichkeitsding, das ich oft für Männer hatte. trotzdem war ich immer in hetero Beziehungen. daher habe ich auch zwei Kinder...

inzwischen bin ich seit 6 Jahren Single, habe eine starke Abwehr gegen Männer und bin viel viel lieber in der Nähe von Frauen und Kindern. von Männern wünsche ich mir, dass sie mir auf Augenhöhe begegnen und bin natürlich immer wieder deswegen frustriert.

"Nanette" von Hannah Gadsby hat mich umgehauen. gleichgeschlechtliche Paare in Zeichentrickserien machen mir den Bauch komplett warm und leicht. und auch wenn Ellen DeGeneres nicht unumstritten ist, macht sie eine tolle Figur, wenn sie von Portia schwärmt.

...und trotzdem fühle ich mich nicht berechtigt, mich Lesbe zu nennen (deswegen das Kreuzchen bei bisexuell. und nur deswegen). ich hatte immer ausgesprochen intensive Freundschaften mit Frauen. aber innerhalb derer waren wir kein Paar. ich habe Frauen geküsst und mich dann wieder in mein Alltagsleben geflüchtet. und: eine Frau hat mich nonconsensual mit Alkohol abgefüllt und missbraucht, als ich 20 war. ich mochte sie eigentlich, eine Arbeitskollegin, aber ich war wie gelähmt dabei und habe mich danach schrecklich geschämt. heute würde ich das gern als erwachsene Frau mit ihr klären, damals war ich dazu nicht in der Lage.

was bin ich? ich kann nicht gut flirten. meine Komplimente sind eigentlich immer zu direkt für subtile Zeichen. ich wage es kaum, mich mit meiner Geschichte einer Frau zu nähern und zu fragen: "könntest Du in Betracht ziehen, mit mir einen Kaffee zu trinken?" zumal ich ja auch gar nicht ständig Dates will. ich will jemanden kennenlernen, Zeit verbringen, langsam Nähe finden. nicht direkt Ringe tauschen oder sowas.

kann ich mich eine Lesbe nennen? bin ich das? gehöre ich irgendwie dazu? bin ich ein Aspekt dessen, was lesbian culture ist?

ich folge in social media einigen Lesben und empfinde stolz, wenn sie mir zurückfolgen. gleichzeitig frage ich mich, ob damit Hochstapelei begehe, weil ich ja nie wirklich lesbisch verpartnert war. dann denke ich: all diese wundervollen Frauenfreundschaften in der Literatur...ich ehre das. und dann grätscht mir das Wort "Sexualität" dazwischen.

will ich raus aus der Heterosexualität, weil mein Exmann gewalttätig war? oder kann das die Initialzündung gewesen sein, um klarzukriegen, dass ich dort nie hinwollte, wo ich war? dass ich dorthin kam, weil ich ignoriert habe, dass meine Wegweiser in eine andere Richtung zeigen?

...ich hätte so schrecklich gern mehr Gesprächspartnerinnen. aber weil das so ein großes Thema ist, geht das natürlich auch nicht mit allen. und es hat auch nicht überall Platz. ich habe eine sehr sehr liebe Freundin aus der kinky-Zeit mitgenommen, die sich auch immer wieder neu orientiert. mit der kann ich reden. ich wünsche mir nur noch mehr Gespräche. Geschichten. ich stöbere hier im Forum nach Euren Geschichten und es berührt mich einiges davon, anderes ist weit weg (ich habe zum Beispiel null Angst vor einem Coming Out. ich vermute, das wird abgenickt und fertig. und meine Kinder sind so open-minded, dass ihnen geschlechtlich egal ist, wer zum Frühstück kommt, solange die Person Lust auf Mario Kart hat und viel lacht).

ich bin froh, dass ich hier lesen kann. das ist ein Teil des Prozesses und er ist wertvoll für mich. finde ich auch Menschen, die mir Antworten und Gedanken dalassen? das wäre ganz wunderbar...

Liefs,
jillian

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