Als ich Anfang zwanzig war ..

von kinglea


Als ich Anfang zwanzig war hatte ich mein Coming Out. Ich hatte meine erste Freundin und wollte meine Neuigkeit gleich allen mitteilen. Jeden anrufen, allen persönlich von meinem Glück erzählen .. am liebsten hätte ich sogar großformatige Plakatwände gebucht: „Hört mal her, ich hab endlich herausgefunden was los ist und was ich mag: Ich liebe Frauen!“ ...Und dann gab es da doch den ein oder anderen, der meine Aussage bewertet hat. DAMIT hab ich irgendwie gar nicht gerechnet. Ich habe dieses "Frau liebt Frau"-Ding gar nicht so hoch gehängt.
Das war auch eigentlich nicht das Tolle an meinem Coming-Out; das unfassbar Gute war, dass ich von jetzt auf gleich wusste, was mir fehlte und wonach ich "suchte". Ich hatte verstanden, was mir Spaß macht, was cool für mich ist. Total geile Erfahrung. .. Hätte eben auch Eiscreme sein können :D

Aber, nachdem ich dann geschnallt habe, dass andere Menschen es hoch hängen, wenn Frauen Frauen lieben, war mir doch ein bisschen mulmig. ... War aber umsonst, denn ein Großteil meiner Familie und meinen Freunden und auch mein damaliger Arbeitgeber waren wenig beeindruckt :wink:
Schönster Dialog zum Thema:
Ich: "Du, ich hatte gerad ein Date mit nem Mädel und es war so toll. Ich steh total auf Frauen, Silvi"
Silvia: "Ja, mega. Freut mich für dich. Aber sag mal, du wolltest mir doch noch was wichtiges erzählen, was nicht warten konnte! Was is´ses denn?" ..
Ich: " ... ähm, hast du mir nicht zugehört?"
Silvia: "Doch, du hattest ein Date mit ´ner Frau. Schön. Trefft ihr euch wieder? .. Und jetzt erzähl mir das wichtige, was du mir erzählen wolltest!"
Ich: " Okay.. offenbar war's unspektakulär.."
- laughter - the end!

Moral der Geschichte: Für mich persönlich war es genau richtig, mein Thema nicht zu hoch zu hängen. Auch fast zwanzig Jahre später fahre ich gut damit, bei jeder Gelegenheit von meiner Frau zu erzählen. Es ist ein sanftes Outing und ich kann einen Schwank aus meinem Leben erzählen. Das mag ich.

Sich von anderen nicht beobachten zu lassen, heißt vielleicht auch ein Stück weit sich zeigen zu wollen..

Habt einen schönen Tag, liebe Grüße Andrea
we/are/the/fucking/leaders