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Coming Full Circle

von metropolis93


Zu spät. Mal wieder. Diesmal hastete ich durch den Winterabend, weil ich das sehnsüchtige Warten vorher hatte vermeiden wollen, hetzte die wenigen vertrauten Straßen entlang und verfluchte mich. Die mühsam zurechtgelegte, bemüht lässige Entschuldigung schaffte es nicht nach draußen, als ich das freundliche Lächeln saß. Die altvertraute Linkischkeit legte sich wie ein schwerer Mantel über mich- wie hatte ich nur vergessen können, wie hübsch sie war. Fehl am Platz vor den Mülltonnen und dem kippenübersäten Boden vor der Kneipe, die wir der angekündigten Coverband wegen aufsuchten. Einfach mal wieder abschalten, eins mit der gesichtslosen Menge werden und vergessen; die bis ins Mark wummernde Musik jeden Gedanken vertreiben lassen und auf den Stand eines skandierenden Neandertalers zurückfallen wollten wir beide. Die vertrauten Klänge dröhnten in meinen Ohren, brachten Erinnerungen wieder und lullten mich verführerisch ein. Wie wir das erste Mal versucht haben, sie nachzuspielen. Unwillkürlich muss ich beim Gedanken an unseren ersten verkrampften Jam grinsen. Verdammt, lass die Vergangenheit vergangen sein, du bist im Hier und Jetzt, rufe ich mich zur Ordung. Doch dann gebe ich nach, das Hämmern der Musik jagt Endorphine durch meine Adern bis ich vergesse. Vergesse, was ich mir und auch ihr im Stillen geschworen habe. Wie im Rausch lege ich den Arm um sie, will sie mitziehen, mit in den entstehenden Moshpit, mit in den Strudel aus Sprung, Kollision und Lebendigkeit. Nur ein einziges Mal. Sekunden ziehen sich zu Ewigkeiten. Doch dann höre ich das Fallen des sprichwörtlichen Groschens selbst durch das ohrenbetäubende Dröhnen. Stocksteif steht sie da und ich lande auf dem Boden der Tatsachen, beschämt über mich selbst. Wie kannst du es eigentlich wagen? Du weißt doch, wie es ist. Du weißt, wie es sich anfühlt, wenn man nicht will, aber nicht weiter ausweichen kann. Herzlich willkommen in den Reihen derer, die ihre Pfoten nicht bei sich behalten können. Jäh verklingt die Musik, die geschundenen Ohren füllen die Stille mit wie durch Watte gedämpftem Klingeln bis die sanften Klänge einer Ballade angespielt werden. Nicht auch noch der Song. Jenes verdammte Lied, dessen auf einen Block gekritzelter Text damals meinen Blick gefangen hat und erst überhaupt dazu geführt hat, dass wir hier waren. Wohin wohl ihre Gedanken gehen, wenn sie mit geschlossenen Augen hört „ so close, no matter how far, couldn't be much more from the heart...never cared for what they do, never cared for what they know....“ Eigentlich egal, denn das wirst du nie erfahren.
Danach fragte ich auch nicht, als wir uns mit scheuem Small Talk verabschiedeten und ich einen letzten Blick zurückwarf. Zwischen Wolkenfetzen war der Mond zu erahnen. Strahlend, unerreichbar.


„So weit meine Geschichte,“ nuschelte ich verlegen und nahm einen weiteren Schluck aus dem Glas mit Marisas 1:1 Mischung gegen die Widrigkeiten des Lebens. Typisch, erst das zweite Glas und schon lässt du emotional die Hosen runter, werd erwachsen, ging es mir durch den Kopf, als ich auf Marisas Reaktion wartete.
Das folgende „Hmmmmm....“ und der Blick ließen mich weiterplappern. „Habe aber so 'ne Idee...keine Ahnung, nur ein Gedankenspiel...bin nich sicher, dachte mir, das könnte ne viable Endlösung sein“ und zog einen zerknitterten Flyer aus der Hosentasche. Einen von der Sorte, die vor gar nicht allzu langer Zeit von meinen Freunden noch mit Hitlerbärtchen und sarkastischen Kommentaren über Arbeitsplatzsicherheit versehen worden waren.
„Also zahlen tun die gut....und du kommst rum, hast viel Abwechslung, bist viel im Ausland,“ meinte Marisa wie immer pragmatisch und ausnahmsweise ohne den Spott, mit dem sie „das Küken“ normalerweise bedachte.
„Da wären bloß noch meine Abneigung gegen Waffen und Gruppenduschen,“ scherzte ich, relativierte alles und verwies auf die noch zu bestehenden Zwischenprüfungen.
„Fang lieber an, Liegestützen zu machen,“ neckte sie mich. Wir stießen an, das Gespräch wanderte zu anderen Themen. Aber eine Idee hatte in meinem Kopf begonnen zu wachsen....



copyright © by metropolis93. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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