von silly1967
Christina fegte den Laden aus. Sie dachte dabei an Stephanie, die am Dienstag wie aus dem Nichts plötzlich vor ihr stand. Die kurzen Haare etwas verstrubbelt, ihre Sonnenbrille darüber. Und ein Lächeln auf dem Gesicht. Wenn sie jetzt daran dachte…. „Deine Gedanken möchte ich erraten können", Karl Heinz Lüdke schaute seiner Tochter nun schon eine Weile zu, wie sie sich etwas gedankenverloren auf dem Besen abstützte. „Was hast Du gesagt? Entschuldige Papa, ich hab Dir nicht zugehört". „Ja, das habe ich bemerkt. Du bist schon seit einiger Zeit ganz woanders. Sag mal, geht es Dir gut? Ich habe gestern Abend mit Deiner Mutter gesprochen, sie meinte…." „So, was meinte sie denn"? brach sie ihren Vater ab. Es klang beinahe trotzig. „Ist schon gut, wir machen uns halt auch nur Sorgen um Dich", er trat auf sie zu, „seit der Geschichte mit Anke…" „Papa, bitte. Macht Euch nicht so viele Gedanken, mir geht es gut. Ich muss nur so schnell wie möglich eine neue Wohnung finden, sonst macht mir der Nachmieter Druck". „Du weißt aber schon, dass oben alles noch so ist, und Du jederzeit…", „wieder einziehen kann, ja Danke, dass weiß ich". Sie gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. Nur das war es nicht, was sie wirklich wollte.
Freitag. 'Schade, nur die Mailbox', doch Christina´s aufgenommene Stimme brachte Stephanie schon wieder zum Träumen. „Hi, hier Christina, leider nur vom Band. Wenn Ihr mir was mitzuteilen habt, nur zu, ich ruf so schnell wie möglich zurück". Stephanie machte gerade Frühstückspause und wollte Christina fragen, was sie davon hielt, wenn sie, bis sie etwas anderes gefunden hatte, bei ihr zu wohnen. Doch das wollte sie sie selbst fragen, nicht einfach so auf die Mailbox des Handy´s sprechen. Deshalb sagte sie nur „Hallo Christina, schade, dass ich Dich nicht erreiche, wenn Du Lust und Zeit hast, ich könnte Dich wirklich gut zum Renovieren gebrauchen, und außerdem würde ich Dir gern einen Vorschlag machen. Also wenn Du nichts Besseres vorhast, ich würde mich freuen, Dich zu sehen, gibt Pizza heute Abend. Bis dann".
Christina hatte das Klingeln gehört, doch es war gerade sehr viel zu tun. Sie wollte sich später bei Stephanie melden. 'Woher weiß ich, dass sie es ist'? Sie wusste es nicht, aber sie wünschte es sich sehr. 'Steph, was machst Du mit mir'? Seit sie Stephanie kannte, waren Anke und Phillip immer weiter in den Hintergrund getreten, vergessen würde sie die Zeit niemals, doch sie wusste, sie war endgültig vorbei. Eine halbe Stunde später hörte Christina ihre Mailbox ab, hörte Stephanie´s Stimme. Sie hätte Luftsprünge vollführen können, auch wenn sie nur vom Renovieren sprach, ganz egal. Und Pizza hatte sie lang nicht mehr gegessen.
'So, was brauche ich jetzt noch’? Stephanie war nach der Arbeit gleich zu ihrer neuen Wohnung aufgebrochen, hatte sich Britta´s Wagen geliehen, da sie auch noch etwas einkaufen wollte. Nun stand sie im Supermarkt und kaufte für die Pizza ein, die sie heute Abend servieren würde. 'Ob sie wohl kommt’? überlegte sie, 'na vielleicht hat sie ja auch keine Zeit'. Sie wollte es nicht zugeben, aber sie wäre schon enttäuscht, wenn Christina nicht käme. Sie spürte ein leichtes vibrieren in ihrer Hosentasche, nahm es an sich. Eine Whatsapp von Christina. 'Ich bringe den Wein zur Pizza mit, freu mich, bis dann, Chris', las sie.
Sie war gerade damit beschäftigt, das Wohnzimmer mit Abdeckfolie auszulegen, die Arbeit, die sie durch Britta´s Unfall und wegen der Prüfung nicht fertig machen konnte, als es klingelte. Wer konnte das sein? Sie sah auf die Uhr, gerade mal halb sechs, öffnete die Tür. "Da bin ich schon, konnte mich etwas früher abseilen, Hallo Stephanie, was ist, hast Du jemand anderen erwartet"? Stephanie war überrascht von Christina´s frühem Erscheinen. Und überwältigt. 'Oh Himmel, wie sie da steht´. Lässig stand Christina in der Tür, die Haare hoch gesteckt, Sonnenbrille in der einen, den Wein in der anderen Hand. `Zum Verlieben´, schoss es Stephanie durch den Kopf, hatte sich aber schnell wieder gefangen.
„Entschuldige, komm rein, war ganz in Gedanken, schön dass Du da bist". "Hatte mich doch angekündigt, oder hast Du meine Nachricht nicht bekommen? Hier, habe ich mit gebracht", Christina hielt Stephanie die Flasche Rotwein entgegen, die diese ihr abnahm. "Doch, die habe ich bekommen, danke für den Wein, Deine Jacke kannst Du hier über den Stuhl legen". Sie war Christina voraus in die Küche gegangen, war immer noch etwas irritiert, so wie Christina vor ihrer Tür stand. Für einen kurzen Moment schoss ihr durch den Kopf, was wäre, wenn sie ein Paar wären, würden sie sich gleich hier im Flur leidenschaftlich küssen, nach einem anstrengenden Tag im Büro und in der Gärtnerei? 'Zum Glück kann sie keine Gedanken lesen', war Stephanie froh.
„Das duftet aber schon lecker", beendete Christina Stephanie´s Phantasien. Und es verwirrte sie, wie Stephanie sie gerade angesehen hatte. Für einen winzigen Augenblick wünschte sich Christina, Stephanie einfach in die Arme nehmen zu können, einfach nur ihren Atem zu spüren. Sie sah fantastisch aus, unter dem engen Shirt, welches sie trug, zeichnete sich eine sehr frauliche Figur ab. Auch die alten Jeans, die Stephanie zum Renovieren angezogen hatten, standen ihr sehr gut. Die kurzen Haare standen nach allen Seiten ab, etwas mit Gel gehalten.
„Ist allerdings noch nicht ganz fertig, so früh hab ich wirklich nicht mit Dir gerechnet", meinte Stephanie. „Ich bin ja auch nicht nur wegen der Pizza hier“, sagte Christina. 'Oh Gott, was rede ich für einen Mist zusammen, was denkt sie von mir, als ob ich ihr an die Wäsche wollte'. Sie erschrak jetzt selbst über ihre Gedanken. 'Das glaub ich jetzt nicht, nie wieder eine Beziehung zu einer Heterofrau, aber sie ist wahnsinnig attraktiv‘, das war ihr allerdings schon am ersten Abend aufgefallen, erst hier in der Wohnung und dann bei Rob in der Kneipe. Aber sie hatte sich doch nicht in sie verliebt? Schaute jetzt ein wenig zu lang in Stephanie´s Augen, so dass diese sich abwenden musste.
Mit leicht zittrigen Händen holte Stephanie zwei Gläser aus dem Schrank, sie hatte Christina´s Blick sehr wohl bemerkt, nahm die Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, schenkte für sich ein. „Magst Du auch"? fragte sie Christina. „Ja gern, danke". Nahm das Glas, welches Stephanie ihr reichte. "Wobei kann ich Dir helfen"? fragte Christina. „Tja, Du könntest Britta´s Part übernehmen, hast Du Lust auf Flur streichen"? „Ja, ich denke, das geht in Ordnung, hat mir immer schon Spaß gemacht die Wände anzumalen", sie grinste dabei, „abgeklebt hast Du ja schon, welche Farbe hattest Du denn gedacht"? Stephanie zeigte Christina den gelben Farbeimer, der im Wohnzimmer stand. „Du kannst Britta´s Overall anziehen, liegt glaub ich noch im Bad, müsste Dir passen".
„Na dann wollen wir mal", Christina krempelte sich die Bluse hoch, war jetzt auf dem Weg ins Bad. Kam nach wenigen Minuten heraus, trat ins Wohnzimmer, wo Stephanie schon wieder dabei war, die Folie über den Teppich zu legen und fest zu kleben. „Und, ist okay so"? Christina stand vor ihr, in einem Overall, den Stephanie sonst nur an Britta gesehen hatte. Sie bekam ein leichtes Prickeln auf ihrer Haut und einen trockenen Mund, versuchte ein Lächeln. „Ja, siehst gut aus, kannst so bleiben, allerdings..." Sie sah auf ihre Uhr, "in ca. zehn Minuten ist die Pizza fertig". „Dann stell ich mir schon mal die Leiter auf, leg mir die Pinsel zurecht und dann könnte ich Dir ja noch mit der Folie helfen.
Fünfzehn Minuten später saßen sie in der Küche am Tisch, Christina schenkte den Wein ein, Stephanie hatte zwei Stücke Pizza auf die Teller verteilt. Sie unterhielten sich über ihre Arbeit, über Britta, die erst einmal aus dem Verkehr gezogen war. Vermieden allerdings über privates zu reden, sprich über Beziehungen. Sie lachten wieder über die Leute, die sich auch diese Wohnung angesehen hatten. Diesmal äffte Stephanie die Frau mit den Hunden nach „Was, keine Haustiere erlaubt? Komm Schatz, wir gehen", dabei klopfte sie vor Lachen mit der flachen Hand auf den Tisch, so sehr, dass auch Christina sich eine Träne aus dem Auge wischte.
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silly1967. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.