von Maria90
Ihre grünen Augen verraten mir, dass sich ihre Gefühle mir gegenüber nicht geändert hatten.
„Hi“, sage ich ihr schließlich. Bevor sie antwortet, streicht sie mit ihrer Zunge über ihre Lippen. „Hi“, hörte ich sie sagen, als ich sie dabei beobachte wie sie ihre Lippen bewegt. Ich muss an frühere Zeiten denken: es waren diese Lippen, die ich jahrelang geküsst hatte – mal flüchtig mal zärtlich. Bevor ich weiter drüber nachdenken kann, holt mich ihr fragender Gesichtsausdruck zurück in die Gegenwart.
„Entschuldige, wie bitte?“
„Ob du auch Lust auf einen Kaffee hast?“, wiederholt sie, während sie am Reisverschluss ihrer Jacke spielt.
„Gerne“, antworte ich und lächle. Erleichterung breite sich aus – auf beiden Seiten. Ich hatte mir solche Treffen immer anders vorgestellt, verkrampfter wäre der richtige Ausdruck.
Wir gehen gemeinsam in das nächstgelegene Cafè und setzen uns an einen kleinen Tisch.
„Nett hier“, bemerkt sie als sie sich umsieht.
„Ja ist es, der Kaffee hier schmeckt auch ganz gut.“ Während sie nach der Kellnerin schaue fragt sie mich, ob ich oft hier sei.
„Eher selten, bin nicht oft in der Gegend hier“, sage ich. Doch, dass ich seit ich alleine bin mehr unter die Menschen gegangen bin, weil ich die Stille zu Hause nicht aushalte, sage ich nicht. Vielmehr frage ich mich wie es ihr geht, traue mich aber nicht sie zu fragen. Stattdessen schauen wir uns an. Wie sehr ich sie doch vermisst habe, ob sie es mir wohl ansieht?
Sie zögert, öffnet dann aber ihren Mund.
„Was darf ich Ihnen bringen?“ Die Kellnerin kam ihr zuvor.
„Ähm... ich hätte gerne einen Kaffe, oder zwei?“ sie wendet sich an mich, ich nickte.
Nachdem sich die Kellnerin alles notiert hatte und ging, wandte sie sich wieder an mich. Ihr Gesichtsausdruck wurde ernst. Wie ich diese Momente schon damals nicht gemocht hatte. Ich wusste wie diese Stille gleich ein Ende haben würde. Aber nicht, wenn ich ihr zuvor kommen würde.
„Deine Haare, sehen gut aus, so wie du sie trägst... gefällt mir!“ Etwas Besseres viel mir für den Moment nicht ein, ein flüchtiger Gedanke an einen Kuss, ihr bezauberndes Aussehen, die Sehnsucht nach ihr. Alles musste ich zurückhalten. Sie scheint überrascht über meine Aussage, greift kurz verlegen in ihr Haar, sagt aber nichts. Sie hatte etwas Gel in den Haaren und trug sie kurz wie immer. Ob sie wohl im Bad lange gebraucht hatte?
Ihr Gesichtsausdruck bleibt immer noch gleich. Ich wusste sie mochte es nicht, wenn ich auf diese Weise Themen rauszuzögern versuchte. Ich seh ihr an, dass sie auch daran denkt, aber sie sagt nichts. Konnte sie es mir verübeln? Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen, seit sie ausgezogen war.
„Emma“, fing sie an, „ und wie geht es ...dir?“
Da war sie nun also die Frage. Ich kann sie nicht weiter ansehen. Soll ich die Wahrheit sagen? Zeigen wie einsam ich mich fühle? Sie musste es bereits gemerkt haben, wenn sie mich wirklich kannte.
Oder sollte ich lieber bescheiden abwinken, irgendeine Floskel von mir gebend? Für einen kurzen Moment hatte ich mich für letzteres entschieden. Doch damit würde ich es mir zu einfach machen- und ihr auch. Sie soll erfahren was und wie ich fühle, seit sie mich verlassen hat und ebenso ehrlich antworten.
„Nicht so gut, wenn ich ehrlich bin. Ich versuche weiter zu machen... „ Schweigen. „Es ist sehr still zu Hause, seit du weg bist.“
Als ich sie wieder ansehe, merke ich, dass sie mit solch einer Antwort nicht gerechnet hat. Sie sucht nach den richtigen Worten, Schweigen breitet sich aus. Glücklicherweise erscheint die Kellnerin mit dem Kaffee.
„Danke“, erwidere ich kurz. Ich werde rot, als ich merke, dass meine Stimme ganz heißer klingt und es sogar Luise aufgefallen ist. Ich warte bis die Kellnerin wieder weg ist und frage sie dasselbe.
„Ich wohne derzeit bei einer Freundin. Übergangsweise. Na ja, lange kann ich das wohl nicht mehr, aber ich suche bereits nach einer kleinen Wohnung.“
Ich muss automatisch wieder an Früher denken, wie wir auch eine kleine Wohnung zu zweit gesuchten und uns am Ende doch für die größere mit Dachterrasse entschieden hatten. Dort lebe ich nun. Alleine, in einer für mich zu großen Wohnung und einer Dachterrasse, die ich seither nicht mehr benutzt habe. So kommt es, dass ich mich schon fast ärgere, dass sie gegangen war. Sie hatte es sich damit einfach gemacht.
Als ich einen Schluck von meinem Kaffee nehme verbrenne ich mir die Zunge und ärgere mich noch mehr.
„Das war eigentlich nicht meine Frage. Ich will wissen wie es dir geht!“, versuche ich es erneut. Sie bemerkt meinen Ton, zieht ihre Mundwinkel an, bevor sie antwortet: „So wie dir, denke ich. Ich versuche eben auch weiterzumachen, aber es ist nicht leicht, nein.“ Es klingt wie eine Rechtfertigung, die ihr sichtlich schwer fällt.
„Es ist alles neu für mich“, beendet sie ihre Antwort.
„Nicht nur für dich“, denke ich, nicke dabei. Ich versuche mir vorzustellen wie sie reagieren würde, wenn ich ihr vorschlagen würde wieder zu mir zu kommen. Einen Neu-Anfang zu starten. Würde sie aufstehen und gehen? Oder würde es einen Streit entfachen? Über die Möglichkeit, dass sie mir weinend in die Arme fällt denke ich gar nicht erst nach. Sie hat mich verlassen, ich weiß sie wird nicht mehr zu mir kommen.
Mit der Zeit wird sie über mich hinwegkommen, sie wird andere Frauen treffen. Und schließlich in eine verlieben und mich vergessen. Aber vielleicht hatte sie ja bereits eine gefunden? So kennt man es doch aus den Filmen.
Ich versuche nicht daran zu denken, sondern mich auf das zu konzentrieren was sie sagt und was jetzt ist. Doch das Ergebnis hinterlässt kein besseres Gefühl: es bleibt eine Trennung von der Frau mir gegenüber. Der Frau die ich liebe und einst alles geteilt habe.
Irgendwann ist auch die Kaffeetasse leer und wir verabschieden uns. Als ich ihr sage, dass es schön war sie wieder gesehen zu haben, bleibt sie für einen Moment still. Was denkt sie wohl? Ihre Mundwinkel, sie zieht sie wieder an. Doch anstatt auf meine Aussage einzugehen, sagt sie: „Auf Wiedersehen, Emma“, und geht...
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Maria90. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.