von Bina80
Ich sehe auf den Wecker. 8:34 Uhr. Ich kann nicht mehr schlafen. Vorsichtig drehe ich mich um. Hanna schläft tief und fest. Und sieht so schön dabei aus. Ich streiche eine Strähne aus ihrem Gesicht. Da meldet sich wieder mein Verstand und brüllt, ich solle mich gefälligst zusammen reißen. Mein Herz höre ich von irgendwoher leise flüstern: Bleib noch liegen, hier neben ihr.
Ich stehe auf, ziehe meine Schuhe und meine Jacke an. Leise gehe ich aus dem Schlafzimmer, durch den Flur, vorbei am Wohnzimmer, in dem Katja und Alexa engumschlungen auf dem Sofa liegen und auch noch tief und fest schlafen. Gestern nach dem Konzert sind wir alle hier bei Hanna gelandet und haben noch bis in die Nacht hinein über Gott und die Welt geredet. Und auch nachdem Hanna und ich in ihr Schlafzimmer gegangen sind, haben wir noch lange geredet. Ich konnte hoffentlich ganz gut verbergen, wie nervös ich war, mit ihr in einem Bett zu liegen. Irgendwann sind wir dann, in unseren Klamotten, eingeschlafen.
Vor der Tür sitzt Emma, Hannas Hündin. Sie sieht mich mit großen Augen an und legt dann den Kopf etwas schief. Du gehst nirgendwo hin, scheint sie sagen zu wollen. Ich nehme ihre Leine vom Haken neben der Tür und flüstere: “Keine Sorge. Ich will nicht abhauen. Wir gehen jetzt Brötchen holen.” Schon steht sie auf und lässt sich mit wedelndem Schwanz die Leine anlegen. Ich nehme Hannas Schlüssel und los geht’s.
Draußen ist es bitterkalt. Und still. Kein Wunder, was soll an einem Sonntagmorgen auch los sein? Wir gehen die Strasse hinunter zu dem Bäcker, von dem ich weiß, dass er Sonntags um diese Zeit geöffnet hat. Auf dem Rückweg machen wir einen kleinen Umweg, zu Emmas Lieblings-Geschäfte-erledigen- Platz. Auf dem Rückweg kann sich Emma dann die ganze Zeit anhören, wie toll ich ihr Frauchen finde. Und dass ich aber auch ganz schön nervös bin, weil ich noch nie etwas mit einer Frau hatte. Und wie sehr mein Verstand und mein Herz unterschiedlicher Meinung sind.
Ich schließe die Wohnungstür auf und nehme Emma die Leine ab. Dann bereite ich in der Küche alles für ein schönes Frühstück vor. Natürlich muss ich etwas suchen, bis sich alles notwendige gefunden habe. Irgendwann ist alles fertig, der Duft von Kaffee breitet sich aus und aus dem Wohnzimmer höre ich Katja und Alexa. Ein paar Sekunden später stehen sie in der Küche.
“Guten Morgen,” sage ich und merke erst jetzt, dass sie schon ihre Jacken an haben. “Wo wollt ihr denn hin? Es gibt Frühstück.”
“Tut mir so leid,” sagt Katja. “Aber ich muss gleich arbeiten. Und Alexa hat nachher ein Spiel und muss vorher noch nach Hause, die Klamotten holen.”
Beide drücken mir einen schnellen Kuss auf die Wange und sind dann auch schon raus.
Einen Moment lang stehe ich ratlos in der Küche. Dann nehme ich eine Tasse Kaffee, schwarz, und gehe ins Schlafzimmer.
Hanna liegt mit dem Gesicht zur Tür. Ich setze mich langsam auf den Rand des Bettes und stelle den Kaffee auf den Nachttisch. In dem Moment wird sie wach. Sie sieht mich verschlafen an, murmelt “Guten Morgen.” und streckt sich erst mal genüsslich. Dabei rutscht ihr Shirt etwas hoch und ich kann ein wenig von ihrem flachen Bauch sehen. Nach ein paar Sekunden muss ich mich zwingen, woanders hin zu sehen.
Hanna setzt sich auf und bindet ihr Haar zu einem Zopf. “Bist du schon lange wach?” fragt sie.
“Noch nicht so lange. Aber ich war schon Brötchen holen und bei der Gelegenheit ist Emma auch schon mal raus gekommen. Katja und Alexa sind schon weg.”
Sie sieht mich verdutzt an, aber dann scheint ihr einzufallen, dass die beiden gestern bereits erwähnten, sie müssten schon früh weg. Das ist mir wohl entgangen. Sie nickt nur. Sie nickt und sieht mich an, mit diesem Blick, den ich so mag, der mich aber auch so kribbelig macht.
Bevor ich weiter rede, muss ich schlucken. “Ich hab Frühstück gemacht. Und Kaffee.” Ich reiche ihr die Tasse.
“Wow.” antwortet sie nur und trinkt einen Schluck. “Dir ist schon klar, dass ich mich schnell an solch einen Service gewöhne?”
“Jederzeit.” sage ich und wir lächeln uns an. “Hast du Hunger?” frage ich.
Hanna stellt die Tasse ab, kommt näher an mich heran, so dass sie nun direkt vor mir auf dem Bett kniet. “Ich möchte vorher gerne was klar stellen.” Ernst sieht sie mich nun an. “Wir haben zwar gestern einiges getrunken, aber ich hab alles so gemeint, wie ich es gesagt habe.”
Mein Herz klopft mir bis zum Hals.
“Ich meine,” fährt sie fort, “als ich gesagt habe, dass ich dich mag. Sehr sogar.” Sie lacht auf und nimmt meine Hand. “Und hätte ich gewusst, dass du mir Kaffee ans Bett bringst und mit meinem Hund raus gehst, hätte ich dir heute Nacht schon gesagt, dass ich eigentlich bis über beide Ohren in dich verliebt bin.”
Ich sehe auf meine Hand, die ihre hält. Wieder meldet sich mein Verstand. Doch dieses Mal ist er ganz leise. Stattdessen ruft mir mein Herz laut zu: Jetzt küss sie doch endlich. Und genau das mache ich.
Nach dem Kuss, der irgendwie viel zu kurz war, sagt sie atemlos: “Jetzt habe ich Hunger.”
Ich stehe auf, nehme ihre Hand und will mit ihr in die Küche gehen. Aber sie zieht mich zurück auf das Bett, bis sie über mir ist und sagt: “Ich meinte nicht die Brötchen.”
Wieder küssen wir uns lange. Und als ihre Lippen meinen Hals hinab wandern und ihre Hände scheinbar überall sind, kann ich nicht mehr klar denken. Aber mein Verstand kann mich sowieso mal.
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Bina80. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.