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Gedichte » Detail

Kaleidoskope

von Datoo


Es gibt sie in allen Grössen und Formen:
Gross, klein, rechteckig, rund oder kegelförmig
aus Holz, Plastik oder auch Metall.
In speziellen Halterungen liegend oder frei stehend.
Durch manche erblickt man - wie durch ein Fernrohr - die Realität,
zerlegt und zersplittert aber
durch Dutzende von Spiegeln in ihrem zerbrechlichen Inneren -
und doch erkennt man das ursprüngliche Ganze.
Manche enthalten Scherben bunten Glases - dunkel oder hell -
so dass es beim Drehen - mit oder gegen den Uhrzeigersinn -
Klick-Klick-Klick macht,
wenn die Bruchstücke in neue Kombinationen fallen.
Andere sind gefüllt mit farbigen Flüssigkeiten.
Alle Formen ergeben sich fliessend - lautlos, geschmeidig.
Jedes Motiv ist einzigartig und unwiederbringlich verloren,
bewegt man das Kaleidoskop zu hastig - mit rastlosen Fingern.
Hält man es in die Sonne,
bricht sich das Licht an den unzähligen Spiegeln,
den Flüssigkeiten,
den Glasscherben -
wie an gleissenden Kristallen.
Immer neue Farben und Formen.
Als würde man im Sommer unter einem Baum stehen -
einem Baum mit tausendfarbigen Blättern -
und zusehen wie Sonne und Wind
ihr faszinierendes Schattenmuster in das Gras malen.
Millionen bunter Lichtblitze in meinem Auge.
Ich drehe immer weiter und weiter,
und selbst wenn ich innehalte -
das Kaleidoskop in die entgegengesetzte Richtung bewege
wie noch ein paar Sekunden zuvor -
kann ich das geliebte Bild -
das wunderbarste von allen in diesem Augenblick -
nicht zurückbringen.
Doch verzweifle ich nicht,
denn wer weiss,
wie viele Milliarden Umdrehungen noch vor mir liegen -
in meinen Muskeln, in meinem Herzen.
Wieviel Schönheit ist noch zu entdecken?
Wieviele Worte müssen noch gefunden werden,
um das Unsagbare zu beschreiben?
Vielleicht bin ich ein bisschen wie die Spiegel in meinen Kaleidoskopen.
Du könntest sie - herausgebrochen - an einem Faden vor dein Fenster hängen,
und wenn die Sonne scheint, würdest du sie manchmal anstupsen
mit der Spitze deines Fingers.
Vorsichtig - nicht zu schnell,
so dass sie unaufhörlich um die eigene Achse kreisen -
ebenso wie ich es tue - vor deinen Augen.
Ein einsamer Tanz, den nur du sehen kannst.
An allen meinen Zacken und Kanten würde das Licht entlanggleiten,
bis es - zerlegt in alle seine Einzelheiten -
in deinem Zimmer, an deiner Wand einen Regenbogen zeichnet.
Einen kleinen, zitternden Regenbogen nur für dich,
der sanft über dein Gesicht wandert
und über deine Seele streicht.
Und selbst wenn Wolken den Himmel bedecken,
die Sonnenstrahlen dein Fenster nicht erreichen können,
kannst du mich immer anstossen
mit deinen Fingerspitzen
und versuchen, den richtigen Winkel zu finden,
in dem du durch mich hindurchsehen musst,
damit du ihn sehen kannst:
Deinen Regenbogen
auf der anderen Seite.



copyright © by Datoo. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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