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Überraschungen, Fortsetzungsroman (VII)

von stayinthelife


Am nächsten Morgen erwache neben Tatjana im Bett. Ich grinse leise in mich hinein, hätte ich doch nie für möglich gehalten, mich von ihr mit zu sich nach Hause nehmen zu lassen. Ich blicke rechts neben mich und mustere sie von oben bis unten. Schlafend sieht sie noch schöner als wachend aus. Ich streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht, bemüht, sie dabei nicht zu wecken. Meine Gedanken wandern zurück zum Vortag. Ich schließe meine Augen und lasse die gemeinsam verbrachten Stunden wie einen Film vor meinem geistigen Auge ablaufen. Ich beginne mit der Szene, als sie meinen Widerstand brach und mich küsste. Diese Szene ließ ich in Zeitlupe ablaufen, weil ich keinen Moment in meiner Nachstellung außer Acht lassen wollte. Nach dem Kuss gingen wir schweigend nebeneinander spazieren, ab und an berührten sich die Spitzen unserer Finger. Tatjana fragte mich, ob ich ein Stück Kuchen essen wolle und ich bejahte. Wir kehrten in ein Café ein, das uns beiden bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt war. Sie bestellte einen entkoffeinierten Kaffee und ein Stück Torte. Ich bestellte einen Tee und ein Stück Streuselkuchen. Langsam näherten wir uns im Gespräch an und ich merkte, wie meine Wut und meine Enttäuschung der letzten Wochen sich verflüchtigten. Wir saßen uns gegenüber, als wäre nichts geschehen. Als müsste unsere Zusammenkunft so und nicht anders sein. Nach dem Café-Besuch sind wir noch ein bisschen spazieren gegangen. Sie berichtete mir von einer Offenheit aus ihrem Leben, die ich nach all der Zeit des Schweigens nicht erwartet hätte. Ich stellte kaum fragen, wollte sie nicht bedrängen und ließ ihr den Raum, den sie brauchte, um sich mir zu öffnen. Sie verriet mir, wie viele Jahre sie sich schon ein Kind wünschte, aber nie die richtige Partnerin fand, die mit ihr die Erziehungsverantwortung übernehmen wollte. Sie erzählte mir von ihrem inneren Motor, der nie die Hoffnung auf ein eigenes Kind aufgab. Sie berichtet mir von einem Urlaub, in dem sie mit einem Urlaubsflirt bis aufs Äußerste ging, immer im Hinterkopf den Wunsch behaltend, endlich Mutter werden zu wollen. Sie verriet mir, dass sie den Vater seit dieser innigen Begegnung nie wieder gesehen hätte, sich aber über das Geschenk, das er ihr machte, sehr freue. Währenddessen sie erzählte, hielt sie ständig ihren Bauch fest, als müsse sie das festhalten, was sie ständig zu verlieren glaubte. Ich fühle mit ihr mit, obschon ich nie die Absicht hatte, schwanger zu werden. Als sie mir sagte, dass ihre Beine ob der schweren Last ihres Bauches schmerzten, unterbreitete ich ihr das Angebot, sie nach Hause zu begleiten. Sichtlich erfreut über meine Hilfe fasste sie meine Hand und hielt sie fest umschlossen. Wir stiegen in die nächste Bahn und ich brachte sie bis vor ihre Haustür. Sie sagte mir, dass sie im vierten Stock wohne, was in Anbetracht des Stadiums ihrer Schwangerschaft recht beschwerlich sei. Ich fragte sie mit einem Grinsen im Gesicht, wie lange sie die Massen noch schleppen müsse und sie gab zur Antwort, dass in sechs Wochen der Entbindungstermin sei. Nur noch sechs Wochen, dachte ich, bis sich ihr Leben komplett ändern wird. Tatjana hob mit ihrem Zeigefinger mein Kinn und fragte mich, woran ich jetzt denken würde. Ich sagte ihr, an nichts, obwohl sie wusste, dass es schier unmöglich ist, an nichts zu denken. Ich unterbrach die für mich etwas beklemmende Situation und fragte sie, ob ich sie noch nach oben begleiten könne, schließlich möchte ich es nicht zu verantworten haben, wenn ihr auf halber Strecke die Luft ausgeht. Sie nahm ihren Schlüssel aus der Tasche, schloss auf und ließ mich in den Hausflur eintreten. Gemeinsam stiegen wir die Treppen, bis in den vierten Stock hinauf, ich ließ sie vorlaufen und passte mich ihrem Tempo an. An der Tür angekommen, sie war sichtlich und hörbar außer Atem, keuchte sie, dass sie mir gern noch ein Getränk anbieten wolle. Ein Teil von mir wollte bleiben und der andere wollte sich verabschieden. Es gewann natürlich erst genannter, weil mein Gefühl für sie zu groß war. Als ich ihre Wohnung betrat, erkannte ich eine Einrichtung, die besser zu ihr nicht passen könnte. Große, ich schätze selbstgemalte Ölbilder, schmückten die hohen Wände. Die Einrichtung war geschmackvoll, aber minimalistisch. Die Möbel waren alle weiß, es wirkte ein bisschen kalt auf mich, aber sehr reinlich, was der Kälte wiederum etwas Wärme verlieh. Auf dem Wohnzimmertisch stand ein opulenter Blumenstrauß, ich fragte mich, ob sie in den letzten Tagen Geburtstag hatte. Sie sah, wie mein Blick auf diesem Strauß verweilte und sagte mir, dass sie gern Blumen bei sich zu stehen hat. Diesen Blumenstrauß hätte sie sich vor zwei Tagen selbst gekauft. Sie schaffte es, mich stets aufs Neue zu überraschen. Sie ging in die Küche, setzte heißes Wasser auf und fragte mich, ob ich lieber einen Schwarz- oder Früchtetee hätte, mehr stünde leider nicht zur Auswahl. Ich entschied mich für den Früchtetee. Der Blickt auf die Uhr verriet, dass es schon kurz nach 19:00 Uhr war. Als wir uns aufs Sofa setzten und den Tee tranken verriet sie mir, dass ihr Sohn gerade sehr aktiv sei. Mir fiel auf, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht nach dem Geschlecht des Kindes gefragt hatte, was mir für einen Moment unangenehm war. Sie nahm meine Hand und legte sie auf ihren Bauch und ich merkte ganz deutlich, wie sich ihr Bauch an einigen Stellen nach außen wölbte. Das passierte Stoßweise und ich fragte Tatjana, ob ihr das weh tun würde. Sie verneinte und sagte mir, dass es ein schönes Zeichen sei, wenn es dem Kleinen gut ging. Ich könnte nicht genug von diesem ungeborenen Kind bekommen und legte nun die gesamte Handfläche auf ihren Bauch ab. Tatjana schloss die Augen, sich dem Genuss meiner Berührung hingebend. Ich begann, ihr mit kreisenden Bewegungen langsam den Bauch zu streicheln. Sie flüsterte mir zu, dass ich damit bitte nicht aufhören möchte. Ich dachte nicht daran aufzuhören, weil es ihr und scheinbar dem Kind gefiel, das immer ruhiger wurde. Tatjana raunte, wie schön es sei und legte sich rücklinks auf ihre ausgezogene Couch. Mich zog sie dabei neben sich und ich folgte ihr ohne einen Widerspruch. Der Genuss des Streichelns bescherte ihr einen schnellen Schlaf und ich fragte mich, ob ich mich jetzt aus der Wohnung stehlen sollte. Im Halbschlaf hörte ich sie sagen, bitte bleib, so als ob sie meine Gedanken gehört hätte. Ich kuschelte mich an sie und fiel in einen tiefen traumfreien Schlaf.
Ich habe einmal gehört, dass es möglich ist, Menschen wach zu gucken, wenn man sie nur lang genug im Schlaf beobachtet. Es stimmt. Tatjana schlug nach zehn Minuten der permanenten Beobachtung ihre Augen auf, sah mein entspanntes Lächeln, sagte mir, wie schön es sei, dass ich jetzt bei ihr bin und wünschte mir einen schönen Morgen.




copyright © by stayinthelife. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Teil VIII
ist unterwegs.
Der zweite Teil 8 wird demnächst auch fertig und dann auch hochgeladen! Bin gespannt, ob beide parallelen Stränge überleben und wie sie sich entwickeln!!
atayari - 04.02.2014 20:04
wow
angeljack85 - 22.01.2014 22:31
so schön!
atayari - 19.01.2014 18:51

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