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Verborgene Liebe

von Illunary


Es war ein stinknormaler Montagmorgen. Mühsam versuchte ich der Erklärung über die Konvergenz der Summenformeln zu folgen. Doch schweiften meine Gedanken ständig zum vergangenen Wochenende ab. Ich sass in der vordersten Reihe zwischen zwei meiner Mitstudentinnen. Seit einem halben Jahr besuchen wir gemein-sam die Hochschule. Der Mathelehrer war gerade dabei begeistert irgendwelche Figuren zu erklären und ich machte mir vorbildlich Notizen, als mich plötzlich ein heisser Schauer durchfährt. Völlig perplex bemerke ich, wie sich die Unterarme von meiner Kollegin und mir leicht berührten. Ich erstarrte und konnte kaum fassen, was sich da in mir abspielte. Seit vier Jahren bin ich hoffnungslos in meine beste Freundin verliebt und habe alles Erdenkliche versucht, um gegen diese Gefühle an zu kämpfen. Nun sass ich hier, völlig überfordert mit diesen neuen Gefühlen, welche Diana in mir auslöste. Ich kenne sie kaum sechs Monate und weiss eigentlich noch nichts über sie. Ihr Aussehen an sich ist eher mittelmässig, und doch ist sie in meinen Augen wunderschön. Sie hat mittellanges hellbraunes Haar und strahlende haselnussbraune Augen. Ich nahm mir vor erst einmal abzuwarten, was weiter mit mir passierte. Diana verdrängte meine beste Kollegin immer mehr aus meinen Gedanken und schon nach einer Woche ertappte ich mich dabei, wie ich jeden Abend sehnsüchtig auf den nächsten Morgen wartete, nur um sie wieder zu sehen. Und bald reichte nur schon ein Gedanke an sie und sofort überkam mich wieder dieses unbeschreibliche Kribbeln.
Wie nur kann ich mehr Zeit mit ihr verbringen und sie besser kennen lernen, ohne dass sie bemerkt, was sich in mir drin abspielt? Ich hatte Angst, sie würde mich weg-stossen, sobald sie von meinen Gefühlen erfährt. Also musste ich vorsichtig vorgehen. Ich wusste, dass sie in ihrer Freizeit Fussball in einem Verein spielt und entschloss mich, eines ihrer Spiele zu besuchen. Zum ersten Mal erlebte ich sie richtig gelöst, fröhlich und gesprächig mit ihren Teamkolleginnen. In der Schule spricht sie zwar auch aber weniger begeistert und oft sarkastisch. Ich wünschte mir, sie würde in meiner Gegenwart auch so offen sein wie in ihrem Team. In Wahrheit aber, war ich diejenige, die meistens versuchte ein Gespräch zu führen und von ihrer Seite kam praktisch nichts. Ihr Verhalten verunsicherte mich immer mehr und irgendwann fiel mir nichts mehr ein, was ich noch hätte erzählen könnte. Ich wusste genau, was für eine tolle Person in ihr steckte, doch hatte ich keine Ahnung wie ich diese auch in meiner Gegenwart zum Vorschein bringen könnte.
Oft bildete ich mir ein, dass sie für mich genauso empfindet und sich deshalb so verschlossen verhält. Doch war dieses Wunschdenken für mich einfacher zu ertragen, als die mögliche Wahrheit, dass sie mich vielleicht nicht sonderlich mochte. Also hoffte ich wieder darauf, dass meine Gefühle für sie verschwinden. Denn diese Ungewissheit machte mich wahnsinnig. Eigentlich bin ich gut darin, hinter die Fassaden von Menschen zu blicken. Bei ihr jedoch, weiss ich nie, woran ich gerade bin.
In unserem vierten Ausbildungsjahr besuchten wir im Rahmen einer Sonderwoche Paris. Wir teilten uns mit drei Mitstudenten ein Zimmer in einer Herberge. Ich reiste bereits am Samstagmorgen nach Paris, jedoch alleine da sie noch einen Termin hatte. Den Tag verbrachte ich in der Stadt und konnte es kaum erwarten sie endlich zu sehen. Da unser Zimmer noch nicht fertig geputzt war, habe ich es mir am späten Nachmittag in der Lobby gemütlich gemacht und mir einen Film angesehen. Irgendwann entschloss ich mich, nun doch aufs Zimmer zu gehen. Ich holte meinen Koffer aus dem Schliessfach und war gerade an der Rezeption, als die Tür aufschwang und Diana mit einem Rollkoffer den Empfangsraum betrat.
»Hey!«, grinste sie und kam auf mich zu.
»Hy!«, erwiderte ich und überlegte für einen kurzen Augenblick, ob ich sie in die Arme schliessen soll. Da sie aber keinerlei Anstalten machte, traute ich mich nicht und beschränkte mich darauf zurück zu grinsen.
»Hast du’s gut gefunden?«
»Ja, war eigentlich ganz leicht. Warst du noch nicht im Zimmer?«, fragt sie mit einem Blick auf meinen Koffer.
Ich verneinte und erklärte, dass ich mir, bis gerade eben, noch einen Film angesehen hatte.
Zusammen betraten wir den kleinen Lift, der uns in den fünften Stock brachte. Auf so engem Raum mit ihr und dem Ausblick sie eine ganze Woche lang um mich zu haben, erfüllte mich ein freudiges Kribbeln. Ich konnte ihr kaum in die Augen blicken und versuchte sie mit belanglosem Geplapper abzulenken. Gespannt kamen wir zu unserem Zimmer und entriegelten das Schloss mit der Schlüsselkarte. Sofort fiel mein Blick auf das Doppelbett, welches in der Mitte des Raumes stand. Doch zu meiner Enttäuschung war es bereits belegt. Da die drei andern erst am kommenden Morgen anreisten, teilten wir das Zimmer vorübergehend mit drei fremden Personen. Das Einzelbett war ebenfalls belegt, so dass uns nur noch das Hochbett blieb. Nachdem wir uns eingerichtet haben, beschlossen wir in der Stadt etwas zu essen. Zu meinem Erstaunen brachte ich ein völlig normales Gespräch zu Stande und fragte sie über alle möglichen Dinge aus. Nur um das Thema Beziehung machte ich einen grossen Bogen. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand von meinen Gefühlen für Frauen und ich wollte die eben erlangte Vertrautheit nicht im Keime ersticken.
.
Wieder zurück in der Herberge schlug Diana vor, wir könnten uns gemeinsam einen Film ansehen. Ich war sofort begeistert, nur schon weil dies bedeutete, dass ich noch etwas länger in ihrer Nähe bleiben konnte. Sie startete ihr Notebook und ich machte es mir auf dem Bett bequem.
»Diese kleinen Geräte sind einfach viel zu langsam«, meint sie mit einem gequälten Blick auf den Bildschirm, der immer noch mit dem Laden der Programme beschäftigt war.
»Definitiv. Meiner braucht auch jedes Mal eine Ewigkeit. Ich benutze praktisch nur noch mein grosses Notebook.« Sie grinst und wendet sich wieder dem flackernden Bild zu, welches nun endlich alle Desktopsymbole anzeigte.
»Der Akku ist auch schon wieder fast alle«, stellte sie leicht genervt fest.
»Wo hast du dein Auflade-Kabel?«
Sie zeigte auf die Tasche neben dem Bett. »Irgendwo da drin.«
Nach kurzem Suchen hatte ich es gefunden. Das Notebook piepst zufrieden, als es an den Strom geschlossen wurde. Ich kletterte wieder zurück zu Diana, die es inzwischen geschafft hatte, den Film zu starten.
Sie legte sich neben mich, was meine Eingeweide sofort zum Kochen brachte. Es wäre so leicht für mich gewesen meinen Arm ein wenig zu bewegen und ihre Hand zu ergreifen, die locker neben ihrem Körper lag. Es kostete mich enorm viel Selbstbeherrschung, meinem starken Drang, sie zu berühren, stand zu halten. Aus den Augenwinkeln registrierte ich jede ihrer kleinsten Bewegungen. Das sanfte Heben und Senken ihrer Brust, jedes Blinzeln ihrer Augen und ihre ruhigen Atemzüge. Ich folgte zwar dem Geschehen im Film, doch mein Blick schweifte immer wieder zu ihren zierlichen Finger, was ein erneutes Kribbeln durch meinen Körper jagte. Am liebsten hätte ich laut geschrien, um diese Spannung in meinem Innern loszuwerden. Doch ich lag ruhig neben ihr und machte den Eindruck, als wäre ich total gefesselt vom Film. Vom Kampf in meinem Innern bekam Diana nichts mit.




copyright © by Illunary. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


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Ich denke es ist immer schwierig, jemandem seine Gefühle einzugestehen. Gerade dann, wenn es sein könnte, dass diese Person sich nach dem Geständnis von dir abwendet. Also lieber schweigen, statt dass Risiko einzugehen, abgestossen zu werden. Nur ist diese Ungewissheit oft schwerer zu ertragen, als die Wahrheit...
Illunary - 27.03.2014 07:03
... das kommt mir sehr bekannt vor.
Bluemooncat - 26.03.2014 23:12
... das kommt mir sehr bekannt vor.
Bluemooncat - 26.03.2014 23:12

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