von Alicejb90
Die restliche Zeit kamen keine Gäste mehr, weshalb ich pünktlich Feierabend machen konnte. Ich schaltete die Anlage und füllte die Checklisten aus, danach brachte ich diese mit Schlüssel und Funkgerät weg.
Im Auto angekommen, konnte ich nicht länger warten. Ich griff in meine Hosentasche und zog das Etwas heraus. Es war tatsächlich ein kleiner Zettel, der mehrfach gefaltet war. Ich klappte ihn auf und blickte auf eine wunderschöne Handschrift. Es standen nur vier Buchstaben und eine lange Zahlenfolge darauf. Ich war nach wie vor noch so perplex, dass es ein paar Sekunden dauerte ehe ich begriff, dass das ihr Name und ihre Handynummer waren.
"Alex", dachte ich. "Ein schöner Name. Er stand bestimmt für Alexandra." Sorgsam steckte ich den Zettel wieder weg und fuhr erst einmal nach Hause. Zuhause angekommen ging ich erstmal duschen und legte mich auf die Couch. Die Nummer in meiner Tasche ließ mir keine Ruhe. Nach nur wenigen Minuten stand ich wieder auf und ging in die Küche um mir etwas zu Essen zu machen.
Nachdem ich unruhig zwei Brote gegessen hatte, räumte ich mein Geschirr in die Spülmaschine, holte den Zettel aus der Tasche und legte mich wieder auf die Couch. Dort lag ich mehrere Minuten und starrte das kleine Stück Papier an. Sollte ich sie anrufen? Oder ihr schreiben? Ich entschied mich, erst einmal ihre Nummer in mein Handy einzuspeichern. Danach ging ich in Whatsapp um zu schauen, ob sie dort auftauchte und tatsächlich ... Whatsapp hatte sie schon einmal. Ihr Profilbild konnte ich auch sehen. Es zeigte sie selbst mit offenen Haaren, in die Kamera lächelnd. Süß war sie schon in ihrem Status hatte sie eine Regenbogenfahne. Sollte das etwa bedeuten, dass sie tatsächlich auf Frauen stand? Das sah man ihr wirklich nicht an. Sollte ich ihr wirklich schreiben?
Zögernd tippte ich: "Hallo, ich bin es Alice aus dem Freizeitpark. Bist du gut nach Hause gekommen?" Diesmal starrte ich minutenlang mein Handy an. Sollte ich die Nachricht wirklich abschicken? Schnell löschte ich das Geschriebene wieder. Dann legte ich das Handy auf die Seite. Mein Herz raste. Nein, das konnte ich nicht schreiben. Außerdem war es total unwahrscheinlich, dass sie auf mich stand. Ich war überhaupt nicht hübsch, während sie total traumhaft aussah. Sie hatte ein schönes Gesicht, herrlich blaue Augen und schöne lange, glatte Haare und ich? Mein Gesicht war zu lang, meine Kiefer nicht übereinander, da ich als Kind keine Zahnspange hatte, trug eine Brille und von meinen Haaren will ich gar nicht erst anfangen. Sie waren ein einziger Graus. Sie machten was sie wollten, waren dick und viele, deshalb konnte ich sie nur als kinnlangen dunkelblonden Bob tragen. Sogar die Friseurinnen verzweifelten daran. Es war somit nicht möglich, dass sie was von mir wollte. Auf der anderen Seite ... hätte sie mir dann ihre Nummer gegeben?
Einen Versuch konnte ich ja wagen. Ich griff wieder nach meinem Handy und tippte: "Hey." Schnell schickte ich die Nachricht ab, bevor ich mich umentscheiden konnte. Ich legte mein Handy wieder auf die Seite. Mein Herz pochte wie verrückt, ob sie antworten würde, mir viel auf, dass ich gar nicht geschrieben hatte, wer ich war. Gerade als ich wieder nach dem Smartphone greifen wollte, um eine Nachricht hinterherzuschicken, piepste es und zeigte mir somit, dass ich eine Whatsapp-Nachricht bekommen hatte. Sollte ich nachschauen, ob es von ihr ist? Ich atmete einmal tief durch und entsperrte den Bildschirm. Tatsächlich hatte sie mir geantwortet. Sie hatte wie ich "Hey" geschrieben. Ob sie wusste wer ihr geschrieben hatte? Ich tippte: "Ich bin Alice aus dem Freizeitpark. Du hast mir deine Nummer gegeben." Nach ein paar Sekunden kam ihre Antwort: "Ich weiß." Ich seufzte, sie schien nicht sehr gesprächig zu sein, wie sollte ich da ein Gespräch zum Laufen bringen.
Während ich überlegte, was ich schreiben sollte, sah ich, dass sie gerade am Schreiben war. Vielleicht war sie doch gesprächiger als ich dachte. Kurz darauf kam ihre Nachricht bei mir an: "Ich gebe meine Nummer nicht jeder." zusammen mit einem Zwinker-Smiley. Etwas mutiger geworden, fragte ich zurück: "Kann ich mir darauf jetzt was einbilden?" und setzte noch den Smiley, der die Zunge rausstreckt, mit einem Auge zu, dem anderen offen, dahinter. "Auf jeden Fall." kam zurück, mit dem Smiley, der mich große Augen bekommen ließ. Es war der Küsschen-Smiley mit kleinem Herzchen.
Bevor ich irgendwie reagieren konnte, kam von ihr die Frage: "Bist du morgen auch wieder im Park?" Ich antwortete: "Ja, morgen bin ich an der einen Achterbahn." "Super, dann sehen wir uns dort. Vielleicht hast du nach Feierabend dann noch etwas Zeit?" Ich war total perplex, sollte das ein Date werden? Ich beschloss auf jeden Fall Wechselsachen mitzunehmen und mich dort umzuziehen. "Ja, ich habe Zeit. Darf ich fragen, wieso?" Diesmal dauerte es etwas, bis eine Antwort kam, sie schien einen längeren Text zu schreiben. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich auf mein Handy starrte und auf ihre Antwort wartete, kam: "Fragen darfst du, aber eine Antwort bekommst du nicht (Zungenrausstreck-Smiley). Da musst du schon bis morgen warten. Wir sehen uns morgen. Schlaf gut, Süße." Ich blickte ganz erstaunt auf das letzte Wort: Süße? Ich? Schnell wünsche ich ihr auch noch eine schöne Nacht und sah zu wie sie offline ging, dann legte ich das Handy weg.
Ich blickte an die Decke und stellte mir immer wieder die Frage, war das gerade wirklich passiert? Mehrmals las ich zur Bestätigung den Chatverlauf durch. Ich konnte es nicht fassen. Zum Schlafen war ich zwar zu aufgedreht, trotzdem legte ich mich um 23 Uhr ins Bett. Irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn mein Wecker weckte mich um 8 Uhr.
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Alicejb90. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.