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Ende gut?

13.07.2013 21:09

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Ende gut?

Vor einigen Jahren wurde ich auf ein Buch von Sybille Berg aufmerksam. Es hieß: Ende gut. Ich wunderte mich über das Cover, auf dem ein sagenhaft hässliches Haus abgebildet war. Bis ich erkannte, dass dieses wahnsinnig hässliche Haus in meiner unmittelbaren Nachbarschaft steht. Ich hatte es ein Jahr zuvor ob seiner eklatanten Hässlichkeit aus einer Laune heraus spontan mit dem Handy fotografiert. Wie kommt ein Verlag dazu, so ein Haus für ein Cover auszuwählen? Warum habe ich es fotografiert?

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An genau diesem Haus laufen meine Freundin und ich heute schwer bepackt vom Einkaufen vorbei und werden von einem dünnen Stimmchen um Hilfe gerufen. Ein Mädchen stand auf dem Balkon (Laubengangbauweise) und bat uns, die Tür zum Flur zu öffnen, sie müsse sofort weg hier, aber die Tür sei abgeschlossen.

Ich hatte erst keine Lust zu reagieren, ja dachte ich, ich wieder, der nützliche Idiot, der seine Zeit vertrödelt, derweil mir die Gefriersachen in der Tasche wegschmelzen. Ich versuchte also erst mal zu ermitteln, wie dringend die Sache war und ob sie uns nur in irgendetwas Krauses hineinziehen wollte (eine Einbrecherin, die sich selbst den Weg versperrt hatte?) oder ob die Sache vielleicht wirklich eilt.

Es dauerte ca. 15 Minuten, bis wir aus ihr herausgepröckelt hatten, dass ihre Eltern sie eingeschlossen hatten, dass sie bereits jemanden informiert habe, der aber nicht käme, und sich alles nicht so leicht erzählen lassen würde. Hatten ihre Eltern ihr Stubenarrest erteilt, weil sie einen Drogendealer und Zuhälter zum Freund hat und wir geben ihr quasi Räuberleiter? Auch die Nachbarn, die wir ansprachen, waren etwas ratlos. Eine Frau sagte mir, dass es dem Mädchen ganz bestimmt nicht schlecht ginge, sie nicht vernachlässigt würde oder sonst was.

Als es mir schließlich zu blöd wurde, weil ich dachte, sie wickelt dich nur um den Finger für irgendeine hysterische Pubertätsangelegenheit, bot ich ihr an, die Polizei zu informieren – in der Hoffnung, so zu merken, wie ernst ihr die Angelegenheit ist. Ja, sagt sie, das Jugendamt sei schon informiert, der Notdienst, aber der wäre noch nicht da! Und zwei Freundinnen hätte sie auch schon Bescheid gesagt. Okay dachten wir uns, scheint doch etwas ernster zu sein. Aber das Mädchen wirkte die ganze Zeit so komisch ruhig.

Irgendwann kommen die zwei Freundinnen ganz aufgebracht angerannt. Es stellte sich raus, dass das Mädchen 14 ist, von ihrem Stiefvater in den Iran verheiratet werden soll, sie Diabetikerin und die Versorgung dort nicht gewährleistet sei, der Stiefvater sie aber loswerden wolle und bereits ein Hinflugticket besorgt habe. Die beiden Mädchen ließen sich die bereits gepackte Tasche zuwerfen und wollten wieder abhauen, aus Angst vor den Eltern.

Die Nachbarin rief daraufhin die Polizei, die ihr aber ganz kompetent erklärte, dass Kinder nicht abgeschoben werden können. Also ruft meine Freundin auch noch mal bei der Polizei an, sodass schlussendlich 8 Polizisten ausgerückt kamen, die die Feuerwehr alarmierten, um das Mädchen vom Balkon zu befreien und sie dann der Obhut des Jugendamtes zu übergeben (was sie auch wollte). Der Herr Sozialarbeiter (Notdienst!) war schließlich auch schon aus seiner Samstags-Siesta erwacht und schlurfte herbei.

Hier endet mein Schwank aus dem Alltag in einem der herrlichsten Stadtteile Essens.

Ach ja, neulich schrub ich einem Thread, dass ich mich zukünftig mehr gegen den Islamofaschismus zu engagieren gedenke, der gerade an der Essener Uni wieder von sich Reden machte.
Ich schrub dort auch, dass sich feministisches Engagement in Deutschland nicht lohne, in anderen Ländern schon.
Ich schrub auch über einen recht nutzlosen Mädchentreffpunkt, der einst mit feministischer Intention gegründet, heute lediglich eine Mädchenanstalt für überwiegend muslimische Mädchen ist, die anderswo kaum noch hindürfen, dort aber schon, weil man da nur backt und klöppelt und häkelt.

Ende gut? ich weiß es nicht. Ich hoffe es aber, dass es wie beim Buchtitel kein Fragezeichen gibt, dass sich mir jetzt aufdrängt.

Worunter kann ich meine Tagesbefindlichkeit posten? Ich habe lange überlegt. Es passt bei News, Nachrichten zum Thema Zwangsheirat, das ja ein ach so hochgeputschte Thema ist. Das ist nicht zum ersten Mal, dass ich im unmittelbaren Umfeld mit dem Thema konfrontiert bin, gerade eben wühlt es mich wieder auf.

Es passt aber auch unter Esoterik, weil ich diese Zufälle rund um dieses Haus und den Buchtitel so sonderbar finde. Hat jemand schon mal etwas Vergleichbares erlebt?

Ich hätte es auch im Kummerkasten posten können: Warum zeigen manche Menschen in Notsituation keine Gefühle, sodass man ihre Not nicht erkennt?

Ich entschließe mich aber doch für News und Politik. Warum wusste dieses Mädchen nicht, an wen es sich wenden kann? Werden Lehrer nicht für das Thema Zwangsheirat sensibilisiert? Sind die Themen so erfolgreich als diskriminierend marginalisiert, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen?

Ich schlaf erst mal drüber.

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