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"Homos ekeln mich an!"

26.10.2005 22:22

HiddenNickname

...Eigentlich dachte ich, ich wäre damit ein für alle mal durch. Doch in letzter Zeit scheinen die Ereignisse sich zu verdichten und obwohl ich meiner Mutter schon vor langer Zeit erklärt habe, dass ich auf Frauen stehe, kann ich mit 10%tiger Sicherheit sagen, dass heute wohl der schlimmste Tag meines Lebens war.

Vorschieben muss ich wohl noch den Fakt, dass ich bisher zwei Bezihungen hatte, in letzerer immer noch bin. Es ist eine Fernbeziehung Dresden -London und nicht gerade einfach, gerade wenn man noch so jung ist wie meine Freundin (19) und ich (18). Meine Mutter weiß seit meiner zweiten Beziehung, wie es um mich steht und eigentlich hat sie es bisher auch ganz gut bewältigt. Wir sind jetzt 5 Monate zusammen und sie durfte sogar schon eine Woche bei uns in meinem Raum übernachten usw. Einmal hat meine Mutter sie sogar umarmt und ihr gesagt, dass sie es gut findet, dass wir uns so sehr mögen...

Doch heute/ gestern hat sich alles wieder umgekrempelt. Ich befand mich gestern nämlich auf dem Rückflug von London nach Berlin und da mein Flug imense Verspätung hatte kam ich zu einer sehr unfreundlichen Stunde auf dem Bahnhof Schönefeld an und erfuhr dank des netten schweigsamen höchstkomplizierten Automaten vor Ort, dass kein Zug mehr nach Dresden fahren würde. Kurzentschlossen packte ich also in einem Anflug von Verzweiflung meine sieben Sachen und nahm den letzten Zug nach Cottbus - zu meiner Oma. Die stand dann relativ kryptisch drein guckend an der Haustür um mir ihre letzte Kartoffelsuppe als "Nachmitternachtssnack&qu ot; anzubieten. Schon hier fühlte ich, dass etwas im argen lag. Sie hatte diesen Blick, den ich nur von Menschen kenne, die Toleranz nur als Fassade nutzen und innerlich in Wirklichkeit Schwierigkeiten damit haben, ihren Hass, oder ihre Enttäuschung zu verstecken. Sie wusste natürlich, dass ich aus London von meiner Freundin zurückgekommen war. Im Bett fühlte ich mich dann absolut elend. Man muss dazusagen, dass ich London mit einem extrem schlechten Gefühl verlassen hatte. Zum einen Probleme mit der Freundin zum Anderen der Trennungsschmerz. Alles in allem ergab das ganze einen wunderschönen Depricocktail dessen Würze der Blick meiner Oma war. Bis hierhin ist aber alles noch relativ erträglich.

Am nächsten Tag saß ich mit ihr am Frühstücksttisch. Ihre Sätze waren ungewöhnlich kurzatmig und ihre Stimme rutschte wenn sie ein Wort ausgesprochen hatte immer nach unten ab. Man konnte regelrecht raushören, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich fragte ständig: "Alles okay? Gehts dir gut?" Und sie sagte "ja, ja!"... Jedoch dann, als ich ihr von London erzählte (nur wie das Wetter war) sagte sie: "ICH WILL NICHTS DAVON HÖREN! NICHTS! NICHTS! ICH WILL NICHTS DAVON HÖREN!", und hielt sich dabei die Ohren zu wie ein kleines Kind. Ich war relativ überrascht und sagte "okay"... Und der Rest der Unterhaltung war dann einfach nur noch peinlich.

In Dresden angekommen erfuhr ich, dass meine Mutter in meiner Abwesenheit meine Großmutter besucht hatte. Am Abend saßen wir zusammen und ich erzählte ihr, dass ich nicht weiß, ob es unserer Großmutter gut geht, da sie sehr krank und depressiv auf mich gewirkt hatte (ich war so naiv zu glauben, dass es ihr gesundheitlich nicht gut gehen würde). Daraufhin erzählte meine Mutter, dass sie denke, es sei nicht gut gewesen sich bei meiner Oma zu outen und, dass sie 70 sei und das nicht verkrafte. Ich sagte, dass ich aber bis vor kurzem noch jeden Tag mit ihr geredet habe und sie eine wichtige Bezugsperson ist oder war.

Daraufhin begann meine Mutter mit dem für mich Unglaublichen sie sagte:

"Ich kann durchaus verstehen, warum sie so reagiert! Ich meine, kannst du es nicht einfach bei einer platonischen Freundschaft belassen? Gedankenaustausch ist doch was schönes! Aber muss Sex dabei sein (ich habe nie mit ihr über mein Sexualleben dahingehend gesprohen!!!)?

Ich sagte:" Das ist wie wenn ich dich frage, ob du deine Beziehung mit Paps nich einfach nur auf den Gedankenaustausch ohne jegliche Zärtlichkeiten reduzieren willst!"

Sie: "Das ist etwas komplett anderes!"

Ich: "Nein ist es nicht! Stell dir doch mal bitte vor es wäre genau andersherum! Homos dominierten die Gesellschaft und Heteros müssten aufpassen, dass sie nicht wegen ihrer Vorliebe verstoßen werden!"

Sie: Ich hoffe nur, dass du irgendwann eine normale Beziehung haben kannst und ich vielleicht auch Enkel habe!"

Ich: "Ich kann mich nicht wegen dir verbiegen! Das ist es erstens nicht wert und außerdem bin ich so glücklich! Du kannst doch nicht dein Glück über meins stellen!"

Sie: "Ich will nur sagen, dass Omi dich lieb hat und ich dich auch und gerade deshalb sorgen wir uns um dich!"

Ich:" Das ist dann aber ganz schön fehlgeleitete Liebe! Schau! Das schlimme ist, dass ihr etwas als "Problem" auffasst, was für mich normal ist! Ich will gar nicht anders leben und ich würde es auch nie als Problem begreifen!"

Sie: Aber ich will nur das du links und rechts guckst! Du verbaust dir soviel damit!

Ich: "Ja, ich weiß ich werde wohl nie Mitglied der CDU werden können!"

Sie: Darum geht es nicht! Du kannst doch nicht verlangen, dass ich mich für dich freue, oder?"

Ich: "Das habe ich nicht gesagt! Das einzige, das ich möchte ist Akzeptanz. Und Akzeptanz ist gleichzeitig auch vebunden mit Verständnis!"

Sie: "Siehst du und ich kann dir keinen Freifahrschein geben! Ich kann das nicht akzeptieren!"

Ich:"Was meinst du mit Freifahrschein?!"

Sie: " Schau, als Omis Tante Hannelore erlaubt hat in ihrer Wohnung zu Rauchen, da hat mein Bruder das auch als Freibrief gesehen!"

Ich: Du stellst Rauchen, Sucht, und Drogen gleich mit Homosexualität? Dann bist du also auch der Meinung es ist eine Sünde, wie die Kirche (Anmerkung: sie ist nicht christlich)?

Sie: "Nein! Es ist nur... Ich könnte nie mit Homos befreundet sein! Homos ekeln mich an!"

Ich: "Warum?"

Sie: "Die Vorstellung was die im Bett tun! Und das du sowas tust! Das ekelt mich an!"

Ich:" Ich will mir auch nicht vorstellen, was du mit Paps im Bett machst! Und ich sag dir was, selbst wenn ich mit einem Mann zusammen wäre und du es dir vorstellen würdest, wie wir es tun - es würde dich genauso anekeln! Man stellt sich schlicht und ergreifend besser nicht vor, was Familienmitglieder im Bett tun! Und das mit den Homos das ist mehr als Kleinbürgerlich und reduzierend! Du kannst einen Menschen doch nicht auf seine Bettvorlieben reduzieren!"

Sie: "Mit den Familienmitgliedern hast du vielleicht recht - aber sonst- na und! Dann bin ich eben verklemmt und spießig!"

Ab dem Punkt war für mich kein Sinn mehr vorhanden, die Unterhaltung weiterzuführen. Wenigstens hat sie überhaupt mit ihr gesprochen. Im Nachhinnein weiß ich, was der Blick meiner Oma zu bedeuten hatte - es war Ausdruck des Ekels - und ich hasse es, wenn Leute einem erst Verständnis vorgaukeln und es dann zurücknehmen und diese Mimikwall vor dem Gesicht langsam aber stetig immer dicker wird... Jetzt wo ich meine vor ein paar Minuten erlebten Dialoge mit meiner Mutter runtergeschrieben habe geht es mir etwas besser.

Das schlimmste aber ist, dass ich meiner Freundin nicht davon berichten kann, da sie

a) selber grade eine "Selbstzweifel-Depriphase " hat und ich eher noch für sie da sein muss

und

b) Sie keine Angst vor meiner Familie haben soll...

Tja..

Danke fürs Zuhören /Lesen

Gruß, Vera

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