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Abschied auf Spanisch

von millersangel


Ich stand am Fenster. Der Rollladen war herunter gelassen. Staub lag aufihm. Durch die kleinen Ritzen zwischen den einzelnen Lamellen konnte ich nachdraußen lunchen. Ich zeichnete die Landschaft mit meinem Zeigefinger imaginärauf dem Fensterglas nach. Es war schummrig im Zimmer. Nur ein paarSonnenstrahlen kämpften sich zu mir vor. Ich drehte mich um und lehnte mich mit demRücken gegen das Fenster. Ein paar mal schlug ich sacht mit dem Hinterkopfdagegen. Ich war traurig. Es war eine Traurigkeit, die sich schleichend in mirbreit machte, meine Worte gänzlich mit sich in ein tiefes Dunkel zog und meineTränen im Keim erstickte. Sie zog mir förmlich den Sauerstoff aus den Lungen.Ich schaute mich um. Spartanische Gemütlichkeit zeichnete den Raum aus. Einklappriges Metallbett mit grauverfärbter, weißer Bettwäsche, zwei abgesesseneStühle um einen rostigen Kantinentisch, ein abgenutzter Herd und ein kleinesWaschbecken, verschafften sich im eigentlich viel zu beengten AppartementPlatz. Ich genoss den Dunst der Nachmittagshitze. Um diese Tageszeit war dieStadt alltäglich in leichten Schlaf getaucht. Ich erinnerte mich unwillkürlichan längst vergangene Tage. An Stunden, in denen ich Anna beim Schlafenbeobachtete. Ich sass am Fußende des Bettes und lehnte meine Stirn, gegen dieGitterstäbe, während ich Anna leise und ruhig atmen, hörte. Ich beobachtete wiesich kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn bildeten und ihre Lider immer einwenig zuckten. Dies waren die Momente, in denen ich mich Anna am verbundetestenfühlte. Sie war unverfälscht, echt und wunderschön. Wenn man genau hinhörte, tief in sein Herz hinein, konnte man Anna reden hören. So klar unddeutlich, das es fast weh tat.
Ein stechender Schmerz nistete sich in meiner Brust ein, doch bevor er essich zu gemütlich machen konnte, riss mich das Zirpen einer Heuschrecke ausmeinem Tagtraum.
Meine Augen fingen sofort wieder an umher zu kreisen, bis mein Blickschließlich am gesplitterten Spiegel über dem Metallbett hängen blieb. Wie oft habeich mein Gesicht darin betrachtet? Und Anna, wie oft habe ich mich aufs Bettgekauert, die Hände in meinen Schoß vergraben und ihr dabei zugesehen, wiesie sich kritisch im Spiegel betrachtete und für die Arbeit fertig machte? Sietrug sich mit den Fingerspitzen tupfenweise roten Lippenstift auf. Ihre Hautist mit der Zeit von der Sonne dunkel geworden. Ihre Augen auch, aber wovon?
Ihre Augen wurden dunkler und kälter.
Und sie sprach nicht mehr mit mir. Sicher, sie erzählte mir noch dies unddas und wir führten exzellente Unterhaltungen, aber das Persönliche gingverloren. Sie glitt mir aus den Fingern, rückte immer mehr von mir ab undverschloss sich mir gänzlich. Ich schwieg, fragte nicht nach. Ich habe stillschweigendzu gesehen wie wir uns entfremdeten, habe es hin genommen ohne eine einzigeFrage zu stellen. Heute ertappe ich mich dabei, wie sich mir immer wieder alldie Fragen einschleichen, die ich nie gestellt habe. Ich habe über dieSchulter geblickt und mir nicht die Zeit genommen, genauer hin zu schauen.Resignation, die sich mein Leben lang über hielt, hatte auch hier zugeschlagen.Arme Charly, hatte nie die Kraft sich gegen sie zu stellen.

Es war verdammt diesig. Schweiß klebte mir am ganzen Körper. Ich hörteMusik. Musik? Ich hatte das Radio auf dem Fenstersims fast vergessen. Wir ließenes häufig aus. Es spielte nur spanische Musik und ein Lied glich dem anderen.Hatte Anna es eingeschaltet? Ich entdeckte nasse Fußspuren auf demsonngebleichten, gegerbten Boden, war aber zu müde ihnen zu folgen. Kurz schloss ichmeine Augen. Ein Seufzen entwich mir. Ich blinzelte ein wenig, als ich meineLider hob. Anna. Da stand sie mit einem Frotteebadetuch umhüllt und lächeltemir ins Gesicht. Ihr nasses Haar klebte auf der Haut. GoldeneSonnenstrahlen verfingen sich in ihren dunklen Wimpern. Anna, wie sie schöner nicht hättesein können. Zu jedem Anlass, passend gekleidet.Ihre Augen wanderten in meinen umher, wollten wissen, wie ich mich fühlte,was ich ihr zu sagen hatte. Doch anstatt ihr wenigstens dieses eine Mal dieWahrheit zu sagen, zog ich ein Grinsen von ganz weit unten herauf und zucktegelassen mit den Schultern. Ich kramte in größter, verräterischer Eile meineKoffer unter dem Bett hervor und trat ein letztes mal an Anna heran.
Ihre Augen wirkten düster und eisiger denn je. Ich blickte zu Boden und gingschließlich auf die Tür zu.
"Charly?"

Ich blieb stehen, aber wandte mich nicht zu ihr um.

"Adieu, Charly, denkst du mal ab und zu an mich, ja? Tu mir bittediesen Gefallen."

Ich griff nach dem Knauf, drehte ihn nach links und verschwand ins Grau desTreppenhauses.
Ich hockte mich auf eine der Holzstufen und wartete. Ich dachte an Anna undwollte zu ihr zurück. Der Regen setzte ein. Ich lief nach draußen undentschwand in einer dicken Nebelschwade.



copyright © by millersangel. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


widmung
for holy mary
schattenlaeufer - 19.05.2003 19:49

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