von stoner1971
Absturz mit Folgen Teil 11
Ich wollte nicht aufmachen und trotzdem ging ich zur Tür und öffnete. Wie ich erwartet hatte stand Viviane draußen. Auch sie hatte geweint. Die Tränen hatten deutliche Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Ich sagte nichts, trat nur einen Schritt zurück und ließ sie herein. Verlegen stand sie mitten im Raum, sagte aber kein einziges Wort. Das Schweigen war fast unerträglich und so brach ich es.
„Willst du die ganze Nacht hier so rumstehen?“ Ich versuchte zu lächeln.
„Nein. Ich... ich wollte mit dir reden. Ich möchte, dass du mich verstehst.“ Sie sah mich flehend an.
„Bitte, ich höre.“ Ich ließ mich aufs Bett fallen, lehnte mich an die Wand und zog die Beine an.
Sie begann im Zimmer auf und ab zu gehen.
„Es tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe. Das wollte ich bestimmt nicht. Aber ich bin eben nicht wie du. Es war sehr schön mit dir, aber das darf einfach nie wieder passieren. Meine Familie erwartet von mir, dass ich mein Studium „summa cum laude“ abschließe und dann einen erfolgreichen jungen Rechtsanwalt heirate. In unserer Familie hat es nie Homosexuelle gegeben, verstehst du?“
Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Viviane stand vor mit, wie ein kleines Kind, das angst hat, weil es von der Marmelade genascht hat und erwischt wurde. Dabei ging es um ihr Leben.
„Hast du wirklich so viel Angst vor deinen Eltern, dass dir deine eigenen Bedürfnisse ganz egal sind? Du weißt so gut wie ich, dass du mit diesem Leben nicht glücklich wirst. Aber wenn du den Weg wirklich gehen willst, ich kann dich davon nicht abhalten.“
„Toni bitte, ich kann nicht anders. Aber ich möchte dich als Freundin nicht verlieren. Meinst du nicht, dass es einen Weg gibt?“
„Nein, das funktioniert nicht. Viviane, ich liebe dich. Ich würde verrückt werden in deiner Nähe, ohne dich berühren zu dürfen. Ich will mich nicht unnötig quälen.“
Ich sah sie an. Ich hatte das Gefühl, sterben zu müssen. Es tat weh, sie leiden zu sehen, aber diesen Schmerz konnte ich ihr nicht abnehmen.
„Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Für uns beide!“
Ich schluckte hart, wiederstiegen mir Tränen in die Augen. Langsam drehte sie sich um und ging zur Tür. Die Klinke in der Hand sah sie mich noch einmal an. Eine Träne lief ihr über die Wange. Ich hätte sie gern fortgeküsst, aber ich tat es nicht. Dann ging sie hinaus und schloß leise die Tür.
Wie gelähmt saß ich auf dem Bett und starrte Löcher in die Luft. Warum musste alles so kompliziert sein. Ich wusste es nicht. Immer wieder wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Bilder stiegen in mir auf. Viviane, wie sie am Fenster stand, die nebelverhangene Wiese, ihr sinnlicher Körper unter meinen Händen, ihr Lachen, das Blitzen in ihren Augen. Es hatte noch gar nicht wirklich angefangen zwischen uns und trotzdem fühlte ich mich so elend, als hätte ich eine langjährige Geliebte verloren.
Noch vor dem Frühstück brach ich auf. Ich wollte Viv nicht noch einmal begegnen.
Passend zu meiner Stimmung hatte ein leichtre Nieselregen eingesetzt und färbte die Welt in trübes Grau.
Endlich zu Hause wollte ich nur noch schlafen, alles vergessen. Den Wagen würde ich später zurückbringen.
Ich schaltete mein Handy aus und zog das Telefon aus der Dose. Ich wollte nicht gestört werden. Dann legte ich mich ins Bett. Das Kopfkissen roch noch leicht nach Viviane. Ich vergrub mein Geicht darin und weinte mich in den Schlaf.
Am Nachmittag wachte ich mit hämmernden Kopfschmerzen auf. Ich duschte, zog mich an und machte mich auf den Weg, um den Wagen zurückzubringen. Als ich so vor dem Haus stand zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Wieder steigen mir Tränen in die Augen und ich wischte sie wütend fort.
Auf mein Klingeln öffnete Frank die Tür.
„Ich bringe deinen Wagen zurück. Danke noch mal“.
„Gibst du immer so schnell auf?“
„Bitte?“ Ich sah ihn fragend an.
„Ob du immer so schnell aufgibst, hab ich gefragt.“
Er machte eine Einladende Geste in Richtung Küche. Ich ging hinein und setzte mich.
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stoner1971. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.