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Gedichte » Detail

An einem anderen Abend...

von WolkeRot


Anmerkung:
Der Versuch einer slamtextartigen Fassung.


Meine Füße schmerzen, nach Stunden des vor-der-Bühne-Stehens und im-Takt-Wiegens . Und wieder habe ich mich gegen die Sneakers und für die hohen Schuhe entschieden. Eigentlich weiß ich beim Anziehen schon, dass ich es bereuen werde. Eigentlich.
Die enge schwarze Hose und ebenso schwarzen Maskara.
Maskerade. Irgendwie.

Heute Abend; Bühne frei für A., die toughe und selbstbewusste junge Frau.
Mit zielsichereren Schritten am Türsteher vorbei, der eben schon keinen mehr in den bis zum letzten Winkel gefüllten Club gelassen hat.
Ich muss mir nicht mal Mühe geben. Habe es gar nicht bemerkt.
Durch die Menge waten, Männerblicke, Frauenblicke - auf und ab. Egal.
Wäre ich gut drauf, würde ich der hübschen Frau mit dem frechen Kurzhaarschnitt statt einem povonkanaten Blick ein strahlendes Lächeln schenken.
Ich würde es genießen. An einem anderen Abend.
Die Bässe sind so laut, dass ich den Rhythmus im ganzen Körper spüre und die Musik reißt mich mit.
Ich lasse mich durch die Menge treiben, bis ich vor der Bühne stehe, mich im Takt der Musik bewege.
Gedankenpause, nur Musik pulsiert im ganzen Körper, vertreibt den Gefühlsnebel in Kopf und Herz.
Die Pfiffe, das Schlagzeug, der Bass klingen dröhnend in meinen Ohren.
Plötzlich ist es unglaublich eng, keine Luft zum Atmen.
Und unvermittelt fühle ich mich verloren in der Menge.
Fühle mich unendlich alleine. Frage mich, wieso ich nochmal gekommen bin.
Ablenkung das Schlüsselwort. Jetzt kommt es mir so unsinnig vor.
Sollte ich es nicht besser wissen?

Jetzt stehe ich vor dieser Bühne. Irgendwo in einem Club.
Allein unter Menschen sozusagen.
Und während die
Sängerin rauchig-melancholisch "Hello" ins Mikro haucht, frage ich mich auch, ob mich jemand hören kann...
Meine Gedanken erscheinen mir eigentlich so laut, dass ich mich schon fast wundere, dass keiner der Umstehenden auf meine vielen Fragen antwortet.
Wahrscheinlich sind sie mit diesen einfach genauso überfordert wie ich.

Wieso? Wieso kommt das Glück nur so kurz zu Besuch?
Wieso vermag ich es nicht zum Bleiben zu bewegen und Wieso hilft alles Denken und Bemühen und Spüren und eben auch alles Ablenken und keine Beachtung schenken nichts?
Wieso? Kann idoch nicht schon wieder schwimmen und rudern, irgendwie versuchen, nicht unter zu gehen. Über Wasser zu bleiben - irgendwie.
Hauptsache nicht in den Wogen versinken und die Luft zum Atmen verlieren.
Aber was bleibt, wenn das Leben nur noch ein Weiterschwimmen ist, ein Sich-über-Wasser-halten und kein Horizont in Sicht?
Was bleibt? Die Hoffnung, dass es anders wird? Dass der Abend wieder kommt, an dem ich der hübschen Frau mein Lächeln schenke, sie kurzerhand mit zur Bühne ziehe und wir uns gemeinsam im Takt der Musik wiegen.
Der Abend an dem ich wieder das Gefühl habe, bei mir zu sein, nicht verloren in einer Menge aus Menschen und einer Masse aus Gedanken und Gefühlen.
Einen Abend an dem ich mich höchstens noch in der Musik verliere, an dem ich mit Sneakers vor der Bühne stehe, weil ich bis zum Morgen durchhalten will - keine Ablenkung, sondern Genießen.
Keine Maskerade. Einfach ich. Ohne Fassade.







copyright © by WolkeRot. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


getroffen
die Stimmung ist genau getroffen. Großartig beschrieben. Glückwunsch!
Mayaschatz - 20.02.2016 13:22

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