Um LESARION optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern verwenden wir zur Auswertung Cookies. Mehr Informationen über Cookies findest du in unseren Datenschutzbestimmungen. Wenn du LESARION nutzst erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.




Stories » Detail

Anders

von lumièra


Eine riesige Stadt. Die Häuser sind verschmolzen zu einem Labyrinth. Die Atmosphäre ist drückend und finster. Eine unerträgliche Spannung liegt in der Luft. Es herrscht Chaos.
Menschen in Eile, Stress. Wohin wollen diese Menschen? Fragen schwirren mir durch den Kopf. Was mache ich hier? Dann sehe ich sie. An allen Wänden und Ecken sind Plakate angebracht. Sogar die Straße ist mit ihnen gepflastert. Und auf den Plakaten bin ich. Von überall blickt mir mein Gesicht entgegen. Und darunter steht: GESUCHT. Menschen, die an mir vorüber eilen, höre ich wüste Beschimpfungen murmeln, während sie auf die Plakate zeigen. Was haben diese Menschen nur gegen mich? Wieso werde ich gesucht? Was habe ich nur getan, dass man mich so hasst? Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich bin anders. Ich werde gesucht, weil ich anders bin. Deswegen beschimpfen auch die Menschen mein Bild, wenn sie es sehen. Deswegen werde ich gehasst. Instinktiv ziehe ich mir meinen Schal ins Gesicht, um nicht erkannt zu werden. Versuch mich davon zu schleichen. In einen Teil der Stadt, wo nicht so viel los ist und mich keiner kennt. Ich fange an zu schwitzen. Was passiert, wenn man mich erkennt? Was werden diese Monster mit mir machen, wenn sie mich erwischen? Ich komme zu einer Seitengasse, will mich gerade darin verstecken als mein Schal hängen bleibt und mein Gesicht entblößt. Schnell bedecke ich es mit meinen Händen. Doch es ist schon zu spät. Ein Mann hat mich erkannt. Laut ruft er: „Dahinten ist sie. Sie ist hier.“ Alle Menschen drehen sich zu mir um, wissen augenscheinlich sofort, wer mit „sie ist hier“ gemeint ist. In ihren Augen spiegelt sich Hass. Hass und der blanke Wahnsinn. Panik macht sich in mir breit. Schnell weg. Kein Platz für andere Gedanken. Bloß weg. Ich renne in die Gasse, ohne zu wissen, wo sie hinführt, wo sie endet oder was dort noch auf mich lauert. Aber alles ist besser als dieser Meute hinter mir in die Fänge zu gehen. Die Gasse will nicht enden. Ich renne immer weiter. Lange werde ich das nicht mehr durchhalten können. Da endlich ein Abzweig. Ich renne hinein und sehe mich einer Mauer gegenüber. Eine Sackgasse. Eigens dafür geschaffen, Menschen wie mich zu fangen und festzuhalten bis die Scharfrichter da sind.
Ich weiß, dass ich ihnen nicht entkommen kann. Aus einer Sackgasse ist noch niemand so leicht entwischt, wenn er Verfolger im Nacken hatte, die den einzigen Ausgang blockieren. Ich drehe mich langsam Richtung Ausgang. Die Meute ist da und sie ist ganz ruhig. Sie weiß auch, dass ich in der Falle sitze, nicht mehr weg kann. Langsam kommen sie auf mich zu, kosten diesen Moment des Triumphes vor meiner Vernichtung noch so richtig aus. Ich sinke gegen die Mauer und sacke in mich zusammen. Die Menschen um mich herum lachen. Doch sind es überhaupt Menschen? Sind Menschen Menschen, die andere Menschen für ihr Anders-Sein verurteilen und vernichten? Es sind Menschen! Aber was für welche? Sie sind überall, kommen langsam auf mich zu. Noch Fünf Meter, dann werden sie da sein. Ich schließe die Augen. Dann trifft mich der erste Schlag. Mein Gesicht schlägt gegen die Mauer. Ich spüre Blut an meiner Lippe. Der Zweite Schlag trifft meine Magengegend, dann wieder einer meinen Kopf. Den Schmerz spüre ich nicht. Nur eine riesige, schwarze, bodenlose Leere in mir.
Dann höre ich eine Stimme. Die Stimme einer Frau. Alles, was sie sagt, ist: „ Es reicht“. Die Stimme ist sehr laut. So laut, dass ich aufwache.
„Wieder dieser Traum?“, fragt sie. Ich nicke. Ich bin klitschnass. Tränen laufen mir über das Gesicht. „Wir schaffen das“, sagt sie. Wieder nicke ich, doch ich weiß, das wird immer so weitergehen und niemals aufhören. Sie nimmt meine Hand und sagt: „ Wir schaffen das wirklich!“ ich nicke erneut. Vielleicht hat sie ja Recht und es wird aufhören. Nur wann?




copyright © by lumièra. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Wowser !
Einfach nur wow...
Man kann so viel interpretieren aber allein wie es geschrieben ist..
Hut ab !
callmelynn - 05.10.2015 16:15

>>> Laufband-Message ab nur 5,95 € für 3 Tage! <<<