von nightingale_
Nach Hause kommen. Den Schlüssel werfe ich in einer einzigen Bewegung auf den Küchentisch, während ich meine Schuhe abstreife. Ja, eigentlich sollte ich sie richtig öffnen, eigentlich leiern sie so aus und eigentlich gehen sie so kaputt, aber das ist mir heute egal.
Ich bin müde und das Haus ist dunkel. Still. Ich fülle den Wasserkocher und stelle ihn an bevor ich mir die Jacke ausziehe und die Hände wasche. Endlich Zuhause. Endlich Ruhe. Der Fernseher im Wohnzimmer nebenan wird schnell von mir eingeschaltet. Sein blecherner Ton dringt bis zurück in die Küche, wo er von dem Wasserkocher langsam übertönt wird. Tee herausnehmen. Plätzchen? Hatte ich doch gestern schon. Wobei... heute nicht. Oder doch? Ich nehme sie mit. Das Wasser ist inzwischen fertig, ich gieße es auf. Tasse und Plätzchen nebenan ins Wohnzimmer. Das Wohnzimmer ist dunkel. Nur der Fernseher, der läuft. Ich lasse mich nieder, in der Dunkelheit. Der dämmrige Schein zeichnet die Umrisse des Mobiliars nach. Ich nehme mir eine Decke. Der Tee dampft einsam vor sich hin. Die Klänge des Fernsehers verstreichen ungehört. Ein Hauch der Einsamkeit.
Klirren von Schlüsseln im Schloss. Das kaum wahrnehmbare Quietschen der Tür. Schritte, das Rascheln von Kleidung und Tasche. Nun in der Küche. Metall, das auf Holz schlägt. Etwas auf dem Küchentisch? Hektische Schritte. Zwei, drei. Dann ein Stopp. Ich blicke auf. An der Tür stehst du, blickst zu mir, wie ich hier sitze, in der Dunkelheit. Mit Tee, den ich nicht anrühre und den Klängen des Fernsehers, denen ich nicht lausche. Stehst dort. Schweigst. Ich überlege, ob ich etwas sagen soll. Meine Mundwinkel verziehen sich zu einem leichten Lächeln. Wir brauchen keine Worte zur Begrüßung. Es tut so gut, dass du da bist.
Du streifst deinen Mantel ab, während du dich mir näherst, wirfst ihn in einer einzigen Bewegung über den Sessel. Setzt dich zu mir. Im Fernsehen irgendeine Melodie und ich sehe dich an. Es ist so schön, dass du da bist. Du lächelst und ich atme durch. Endlich wieder atme ich durch. Ob du weißt, wie sehr ich dich liebe? Deine glänzenden Augen blicken mich so treu aus ihrer Dunkelheit an. Ich sehe die leichten Augenringe um deine Augen, die anstrengenden Tage, die du hinter dir hattest. Überlege aufzustehen, um dir etwas zu Essen zu machen. Du hältst mich fest, ergreifst meinen Arm. Ich blicke dich an. Du küsst mich und ich schließe die Augen. Kann etwas besser sein als dieser Moment?
Ich lehne mich an dich und du kuschelst dich zu mir unter die Decke. Ich ergreife die Fernbedienung und gebe dir die Plätzchen. Ich brauche nichts zu sehen. Ich brauche nichts zu hören. Alles, was ich brauche, ist jetzt wieder da, am Ende dieses anstrengenden Tages.
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nightingale_. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.