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Lovestories » Detail

Bereinigendes Gespräch

von nightingale_


Dies ist eine Geschichte für all die Nutzer unter euch, denen es momentan schlecht geht... ich möchte euch Kraft geben und euch zeigen, dass jede Situation, wie auch immer sie sein mag, und wenn sie noch so schrecklich erscheint, etwas Positives hat, etwas, das euch für die Zukunft stärkt, auch wenn ihr euch danach nicht fühlen mögt. Ich wünsche euch diese Kraft und auch viel Glück in der Zukunft und der Liebe.




Ich ging spazieren und so ereignete es sich eines Tages, dass ich auf mein Herz traf.
Frierend und zitternd saß es in einer Ecke, seine Lebensenergie kaum noch zu erkennen.
Ich trat zu ihm.
"Hallo, mein Herz", sprach ich es vorsichtig an und es blickte auf. Lächelte.
"Oh, du bist es."
"Was ist los mit dir? Du siehst... nicht gut aus..." Die Worte fielen mir schwer, ahnte ich doch schon, was geschehen war, was es so in Mitleidenschaft riss.
"Ach, es sind all die Erlebnisse der letzten Tage... ich bin einfach erschöpft... lass mich ein wenig ruhen..."
Es krampfte sich noch weiter zusammen.
"Hey!", flüsterte ich sanft, wusste ich doch nichts Anderes zu sagen.
"Was ich nicht verstehe...", flüsterte das Herz, "...ist, warum es mir so weh tut... Nein. Nicht einmal das. Ich weiß nicht, WAS es ist, das mir so weh tut."
"Dass sie jemand Neues hat, vielleicht?", fragte ich vorsichtig.
"Nein", entgegenete das Herz. "Das habe ich ihr doch immer gewünscht. Glück und jemand Neues. Zufriedenheit."
"Aber so schnell?"
Es überlegte einen Moment. "Sicher tat es weh, jetzt im Nachhinein zu erfahren, dass sie sie kannte, als wegen ihr Tage in einer Stadt verharrte, die nicht meine war, um auf sie zu warten. Aber selbst das ist es nicht. Selbst das kann ich verkraften."
"Dann ist es sicher, dass sie dir deine Lebensgeschichte gestohlen hat", flüsterte ich, "All die Erlebnisse, die du aufgeschrieben hast, alles, was dir je wiederfahren ist und sie dir einfach genommen hat..."
Das Herz erzitterte kurz und sagte dann matt: "Selbst das ist es nicht, auch wenn es mir unglaublich weh tat, auch wenn es mich fürchterlich verletzte, aber ich bin drüber hinweggekommen."
Ich kniete mich zu ihm nieder. Fast wollte ich sagen, dass ich es auch nicht wisse, da überkam mich eine Ahnung.
"Ich schätze, ich weiß warum", flüsterte ich ihm zu. "Ich denke, ich weiß es."
Das Herz sah mich traurig an. "Weswegen?"
"Weil du sie geliebt hast, diesen Menschen."
"Ich war aber doch schon vorher auf dem Weg mit ihr abzuschließen?"
"Es geht auch nicht darum, dass du sie verloren hast. Es geht darum, dass sie dir das angetan hat."
"Was?"
"Rache. Dass sie dir willentlich und aus reiner Bösartigkeit, wie du es empfindest, so weh getan hat, richtig?"
Das Herz dachte wieder einen Moment lang nach. "Ich denke immer an die Situation, wie die Rosenblätter am Bahnsteig zu Boden fielen." Es lächelte. "Von einer der Rosen, die ich ihr geschenkt hatte. Und wie sie im Zug saß und versuchte, mit den Händen Buchstaben zu bilden und wie ich dort stand und dem Zug nachsah, obwohl er schon lange nicht mehr zu sehen war."
"Die Erinnerungen kannst du gerne behalten und nutzen", erwiderte ich ganz sachlich.
"Kannst du bitte aufhören mit deinem verdammten Realismus?!"
"Entschuldige bitte..."
"Ich verstehe einfach nicht, wie man einem willentlich so weh tun kann... es sind gar nicht die Ereignisse, die mir so weh tun... es freut mich, dass sie jemanden gefunden hat, es freut mich, dass sie gut klar kommt, es freut mich für sie, ganz einfach... aber was mir so weh tut, ist, dass sie mir das alles erzählen musste, dass sie mir alles zerstören musste..."
"Das sind auch Ereignisse und Handlungen."
"Die mir auch nicht so sehr weh tun! Ich habe es ihr verziehen..."
"Was also dann?"
"Dass es nicht einfach nur ihre Naivität gewesen ist. Immer wieder hat sie sich an mich gewandt und mir ein schlechtes Gewissen gemacht. Immer wieder bin ich in Sorge um sie fast gestorben. Und auch das war eine Lüge von ihr. Und sogar das habe ich ihr verziehen. Weil ich dachte, sie sei verzweifelt... einen Autounfall, wer erfindet denn so etwas, wenn man nicht verzweifelt ist? Ich habe es verstanden... zumindest dachte ich das..."
"Was also tut dir so weh?", hakte ich nach, ließ es nicht zu, dass mein Herz wieder einmal die Antwort umging.
"Dass es alles geplant war. Mir alles zu nehmen. Meine Zukunft, meine Liebe, mein Glück und sogar die Leute, die mir am wichtigsten waren - meine Familie. Es war nicht nur, dass sie nicht nachgedacht hat, wie sie es mir immer gesagt hatte. Es war ein Plan gewesen."
"Woher willst du das wissen?", fragte ich. "Kann es nicht sein, dass du dir das alles nur einbildest?"
Das Herz schnaubte amüsiert auf. "Sie hat es mir gesagt. Es war alles ein Racheplan." Es schüttelte traurig den Kopf. "Und das ist es, was mir so weh tut. Dass sie mir willentlich weh getan hat. Es ging über Wochen, ihr Plan. Während sie glücklich war und sich mit einer Anderen vergnügt hat, hat sie mich im Glauben gelassen, sie sei einsam und unglücklich." Es seufzte auf. "Aber das nicht, um mich zu schützen, denn sie hat es mir zuletzt ja entgegengeknallt. Alles."
Ich schwieg einen Moment, bevor ich antworte. "Meinst du... meinst du nicht auch, dass das etwas Gutes hatte?"
Das Herz fing an zu lachen. "Bitte was?!"
"Ja, ich denke, es hatte auch sein Gutes."
"Was soll daran gut gewesen sein? Ich hatte meinen Punkt gefunden, damit abzuschließen, bevor sie das getan hat. Selbst durch all ihre Vorwürfe hindurch und ihre Anschriebe, SMS und Anrufe hindurch hatte ich meinen Punkt gefunden, damit abschließen zu können." Einen Moment lang sammelte es sich, bevor es weitersprach. "Weißt du, uns ist das schon einmal passiert, nicht wahr?"
"Wieso fängst du nun davon an?"
"Es ist schon viele Jahre her jetzt. Aber wir haben uns schon einmal in einer Person, die uns nahestand, so getäuscht."
"Ich habe es dir gesagt, dass wir Personen, die uns nahestehen, nicht mehr einschätzen können. Dass wir blind gegenüber ihnen sind."
"Das Problem ist, genau das haben wir auch IHR gesagt. Vielleicht hätte sie sonst gar nicht die Initiative ergriffen."
"Und was hat das nun mit damals zu tun?"
"Ich habe mir das Bild von der Person damals angesehen und wenn ich in ihre Augen blicke - und ist es nur ein Bild! - dann sehe ich da dieses Böse in ihrem Blick. Dieses... Psychopathische... aber dann habe ich mir das Bild von... ihr angesehen. Von der Person jetzt. Und da ist nichts davon in ihrem Blick. Nichts Böses. Nichts Beängstigendes."
"Das ist mir auch schon aufgefallen."
Das Herz seufzte schwer.
"Mir ist noch etwas aufgefallen, im letzten Gespräch", fuhr ich fort. "Hat sie uns nicht immer vorgeworfen, sie weinen gelassen zu haben?"
"Ja", murmelte das Herz kraftlos.
"Und ist dir nichts aufgefallen?"
"Nein." Ebenso kraftlos.
"Wir haben im letzten Gespräch geweint", sagte ich zu meinem Herzen. "Du und ich."
Erwartete eine Reaktion. "Und?"
"Und sie hat gesagt 'Hör auf zu weinen.' Und es war nicht das erste Mal."
Mein Herz blinzelte mich überrascht an. "Wie... meinst du das?"
"Es gab öfter Situationen, in denen wir beide schon geweint haben, nicht? Und auch da hat sie es gesagt. Sie verbietet uns zu weinen, wenn wir weinen, aber... selbst trägt sie es uns nach, sie weinen gelassen zu haben... obwohl wir es ihr erklärt haben?"
Mein Herz nickte zustimmend. "Nichtsdestotrotz war es ein Fehler von uns."
"Das ist richtig. Aber mehr tun als es ihr zu erklären konnten wir nicht."
Mein Herz schien nicht ganz überzeugt.
"Wie auch immer..."
"Wie auch immer", wiederholte mein Herz und es trat eine angestrengte Pause ein. Ich blickte mich um, sah in die Baunkronen der Bäume um uns herum.
"Wir brauchen uns kein schlechtes Gewissen machen lassen", sagte ich zu ihm. "Wir wissen ja jetzt, wie es war."
"Und das Positive...?", fragte mein Herz nach.
Ich lächelte. "Sie wollte uns zum Fallen bringen."
"Und das ist positiv", fragte mein Herz und lachte.
"Nein, das Positive ist, dass sie es nicht geschafft hat. Wir stehen noch immer."
Mein Herz blickte mich irritiert an. "Sehe ich so aus, als ob es mir gut gehen würde?"
"Nein, aber du siehst zumindest so aus, als ob du leben würdest", entgegnete ich und zwinkerte ihm zu. "Wenn ich mir deine Stimme nicht nur einbilde, dann wäre auch das ein Indiz dafür."
"Hör auf, so hochgestochen mit mir zu reden!", sagte es und wir fingen im gleichen Moment an zu lachen, hatte doch auch sie es zu uns gesagt. Welch paradoxe Situation.
"Wenn uns das nicht zum Fallen bringt, obwohl uns alles genommen worden ist, was soll es dann tun?"
Das Herz blickte mich aufmerksam an.
"Wir sollten uns bei ihr bedanken. Es ist die Möglichkeit, ein vollkommen neues Selbstvertrauen zu entwickeln, das uns anderweitig gar nicht zur Verfügung gestellt worden wäre!"
Mein Herz schüttelte den Kopf. "Manchmal hasse ich deinen verdammten Optimismus."
Ich lachte. "Sie hat es noch immer nicht geschafft, dass wir am Boden liegen, trotz allem. Ich gebe zu, sie hat uns ordentlich zum Wanken gebracht, aber wir stehen! Wir stehen noch immer! Wir sind nicht gefallen, wir fallen nicht!"
"Wir sollten stolz auf uns sein", knurrte mein Herz, fing dann aber doch an zu lachen. "Dass du selbst in der Situation dem noch etwas Positives abgewinnen kannst!" Es zwinkerte.
"Ich doch immer! - Highfive!"
"Keine Hände?!" Aber es lachte und zum ersten Mal glühte das Feuer in ihm wieder auf.
Ich sah es lächelnd an. "Wir sollten es als Chance nutzen. Wir sollten es als Stärkung sehen."
"Wir sollten ihr verzeihen."
"Haben wir das nicht schon längst?"
Es nickte. "Ich meine, wir haben ihr zum Schluss etwas Anderes gesagt."
"Ich verzeihe ihr."
"Ich auch. Möge sie ihr Glück finden und wir das Unsere." Es lächelte und schien auch gar nicht mehr so arg zu frieren. Von ihm ging wieder etwas Lebendiges aus, etwas warmes Rotes glühte in ihm.
"Auf unser neues Selbstbewusstsein. Auf unsere Kraft, alles wieder zurückzuerkämpfen, was wir verloren haben! Auf ihre Kraft, ein harmonisches Leben mit jemandem führen zu können! Auf ihr Glück und auf das Unsere und auf dass jeder für sich Zufriedenheit erlange!"
"Auf den Weltfrieden", murmelte ich und lächelte ihm zu, bevor ich ihm schützend meinen Schal umlegte.




copyright © by nightingale_. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Gespräch
strassentaube - 06.11.2013 21:44
Danke !!!
milchkaffe1501 - 05.11.2013 19:37
vergebung...
...ist der weg zum eigenen glück!

danke für dieses berührende "gespräch"
seelenzauber59 - 04.11.2013 22:19

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