Brötchen zum Frühstück

von Regentrude


Sie schaute auf ihre Atmung, dann auf den Monitor und strich ihr über ihr blondes Haar.
Scheint heut morgen erst rein gekommen zu sein sagte ihre Kollegin.
Ein Autounfall vor einigen Stunden, sie wollte wohl jemanden zum Frühstück überraschen, im Wagen fand man noch eine Tüte Brötchen sagte die Polizei. Sogar warm sollen die noch gewesen sein.
Makaber. Während ihr Körper langsam kälter wurde, sind die Brötchen noch warm.
Die nasse Straße soll ihr zum Verhängnis geworden sein, vernahm sie von Manuela.
„Sie ist hübsch“
Sie sah aus als würde sie einfach nur schlafen.
In der Schleuse roch es nach Desinfektionsmittel, es desinfiziert, es reinigt das was man nicht sieht aber auch nur körperlich.
Die Gedanken die ihr Job ihr einbrachte konnte es nicht desinfizieren, reinigen oder gar löschen.
Die Schichten zogen an ihren Nerven, vielleicht wurde sie wirklich zu alt für dafür, das abstreifen fiel ihr immer schwerer.
Nachhause, einfach nur Nachhause, auch wenn dort schon lange niemand mehr wartet und die Tür mit einem lächeln öffnete. Nachhause.
Es gab keinen Unterschied ob sie auf ihre Station kam oder nach hause. Leben war in beiden Welten nur am Rande spürbar. Ihre Tasche fiel auf den Stuhl neben der Garderobe, ihr Mantel folgte. Gedanken blieben ungeordnet auf ihrem Nachttisch liegen als sie einschlief.
Das klingeln ihres Handy trieb sie aus dem Schlaf. Es war später Nachmittag geworden, sie stylte sich schnell und fuhr. Ein Geburtstag. Ein Geburtstag, wie er alle Wochen vorkam. Es war unwichtig geworden wer feierte, sie brauchte den Rausch der Masse. Lachen fremder Frauen die am nächsten Tag nur umso fremder waren. Der Alkohol machte dafür die Nächte mit ihnen umso erträglicher.
Da war sie wieder. Ihr weiches blondes Haar fiel in Locken über ihre Schultern. Ihre Augen waren Nacht.
Die Nächte mit ihr, die längsten und leidenschaftlichsten die je erlebbar gewesen waren und dennoch waren es nur vergangene Nächte.
Unwirklich wie Geister trafen sie sich nachts. Ihrer Existenz scheinbar nicht sicher und gefährdeten Herzens waren sie um Mitternacht noch eins um am nächsten Morgen wieder unreal zu werden. Es war diese Spiel das man spielt wenn man glaubt gewinnen zu können.
Aber sie war jemand bei dem sie ankam, zu oft schon stand sie vor ihrer Tür. Erschöpft vom Spätdienst, immer dann wenn ihre Gedanken vom Nachttisch fielen, zurück in ihren Kopf.
Ihre Haut spüren und mit ihr einschlafen. Es war zu lange her das sie jemand in den Schlaf streichelte und ihr die Stirn küsste. Aber der nächste Morgen fiel wieder Geistern zum Opfer.
Sie beschrieb ein ganz anderes Wesen als sie selbst war. In allem war sie Pendant, ein Gegenteil, ein Gegenstück.
Es war ihre Eroberung des letzten Jahres, sie wollte nicht dass es nur dabei blieb aber man kann niemanden dazu zwingen einen zu lieben. Die Rosen vor ihrer Tür blieben unbeantwortet, ihre Telefonate glichen einem Krieg den nur ihre Lippen hätten austragen können. Einander verletzten lernten sie schnell, noch bevor sie einander lieben lernen konnten.
Ein Schritt nach vorn, Rückzug. Einmal vor und einmal zurück. Manchmal auch zweimal zurück. Worte, Küsse und Tränen zogen durch all ihre Räume. Sicherheit die es nicht gibt, wollte sie. Chancen!
Aber sind Chancen die mit Angst behaftet sind wirklich Chancen? Und wieder vernahm sie in Gedanken ihre letzten Worte, die sie auf den Anrufbeantworter sprach.
„Hi. Du ich steh hier vor deiner Wohnung mit Brötchen und wollte eigentlich mit dir frühstücken. Aber anscheinend bist du gar nicht da oder noch so im Rausch der letzten Nacht das du die Klingel nicht hörst. Naja…schönes Wochenende noch.“