von Snowflake0201
Sie sitzt in der Leere, in Schwärze, im Nichts.
Kein Geräusch dringt zu ihr vor. Kein Luftzug erreicht sie. Um sie herum scheint ein Vakuum zu sein. Ein Vakuum, das sie von allem abschirmt. Das sie selbst erschaffen hat, als sie in ihre Seele eintauchte.
Auf dem Weg zu sich selbst, zu ihren Werten, ihren Bedürfnissen, ihren Zielen.
Ihre eigene Seele zu betreten ist ein Weg in die Finsternis, in die Abgeschiedenheit und doch der einzige Weg, den sie gerade beschreiten will.
Da... ganz weit hinten, vorbei an vielen schon einmal geöffneten Türen, brennt ein kleines Licht. Sie setzt langsam einen Fuß vor den anderen. Das Licht wird größer. Mit jedem Schritt ist die Quelle des Scheins ausmachbarer. Eine kleine weiße Kerze, die ihr flackerndes Licht auf eine alte staubige Tür wirft. Angst breitet sich aus. Die Tür, so groß und schwer. Sie ist so imposant und wird wohl nie geöffnet werden. Sie rüttelt an der Tür, wendet all ihre Kraft auf, doch nichts geschieht. Noch nicht mal ein Hauch einer Bewegung ist zu sehen. Immer und immer wieder beschreitet sie diesen Weg. Immer und immer wieder setzt sie all ihre Energie in ihr Vorhaben. Sie will doch bloß einen Blick in diesem Teil ihres „Ichs“ werfen. Nichts durcheinander bringen. Nur schauen. Nur sehen. Nur ein Stück weiter sich selber sehen.
Mit jedem Versuch die Tür zu bewegen brennt die Kerze weiter hinunter. Erschöpft rutscht sie an der staubigen Tür herab. Weinend sitzt sie auf dem kalten Boden. Ihr Schluchzen und Atmen lässt den Lichtschein der Kerze auf die Tür fallen. Erst jetzt, wo sie aufgibt, den Staub durch ihr Zusammenbrechen teilweise verwischt hat, erst jetzt fällt ihr Blick auf die Inschrift. Es sieht aus als wäre schon einmal jemand hier gewesen. Als hätte jemand mit einem Messer die Tür verletzt und versiegelt. Eingeritzt erkennt sie die Worte
* allein durch die EINE Liebe zu öffnen *
Ihre Finger fahren über das Holz. Umranden die Buchstaben. Kälte durchfährt sie, ausgehend von ihren Fingerspitzen, über ihren ganzen Körper, bis in ihr Herz.
Die Kerze erlischt. Langsam steht sie auf. Kraftlos läuft sie an den zahlreichen Gängen vorbei zurück ins Licht. Ins Leben.
Wie lange ist es wohl her, dass sie das letzte mal an der großen Tür gestanden hat... Tage... Monate... oder nur Augenblicke? Fast in Vergessenheit geraten.
Sie sitzt weinend in ihrem Wohnzimmer. Sie hat ihren Traum verloren, ihre Liebe, ihr Leben. Alles wegen einem Fehler, der nicht rückgängig zu machen ist.
Sie gleitet weinend in die Dunkelheit. Als sie einen Windstoß spürt, erschreckt sie. Öffnet die schweren Lider. Wo ist sie?
Da erkennt sie, dass die Tür geöffnet wurde. Ohne dass sie es gemerkt hat. Die Tür steht auf. Es trennen sie nur ein paar Schritte.
Die Frau, die sie gerade verloren hat, hat still und heimlich ihre Tür geöffnet.
* allein durch die EINE Liebe zu öffnen *
Die Tür steht auf. Doch ihre Anziehung ist erloschen.
Diese Tür war für ihre Liebe. Nun ist der Raum kalt und leer. Verlassen. Eingerichtet mit Erinnerungen an sie. Doch sie ist weg.
Der Raum wird auf Ewig nicht mehr betreten werden.
* sie war die EINE,
die Eine mit der Macht;
die Eine voller Liebe und Vertrauen;
die Eine, die einfach den schwersten Weg mit Leichtigkeit gegangen ist und durch ihre Liebe ein Wunder verbracht hat *
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Snowflake0201. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.