von stoner1971
10 Jahre waren vergangen, seitdem ich das letzte Mal hier war. 10 Jahre, um zu vergessen. Jung waren wir gewesen, und unerfahren. Ich wandere den menschenleeren Strand entlang, das Wetter hatte alle in ihren Häusern und Wohnungen gehalten. Feiner Nieselregen durchnäßte den Sand. – Genau wie damals -, denke ich. Nur dass sie damals bei mir war. Die Strandkörbe stehen noch immer spießig aufgereiht, hier und da liegt vergessenes Sandspielzeug, halb begraben unter Tang und kaputten Muschelschalen.
Was tue ich hier?
Meiner Vergangenheit hinterher jagen, immer auf der Suche.
Wir hatten uns damals im Regen geküßt, dein Haar klebte feucht an deiner Wange. Ein Strandkorb, unverschlossen, bot uns Schutz und ein wenig Geborgenheit. Er war sonnengelb mit meergrünen Streifen, der einzige weit und breit in diesen Farben. Eine große 118 zierte seinen Rücken.
So saßen wir da, den Blick dem Meer zugewandt, jede die Hand der anderen haltend.
Es scheint, als wäre es erst gestern gewesen, dass wir hier saßen! Die Wellen rollen noch immer unaufhörlich auf den Strand, verwischen Spuren und nichts bleibt, als glatter Sand. Ich folge der Linie, die das Wasser hinterlassen hat. Geradeaus, in die Zukunft? Oder doch eher in die Vergangenheit? Plötzlich sehe ich ihn. Noch immer steht er da, der grün-gelbe Standkorb. Schwarz leuchten mir die Zahlen entgegen: 118. Und wieder ist er nicht verschlossen. Meine Hände zittern leicht, als ich das Gitter herunternehme.
Langsam lasse ich mich hinein sinken.
Unverwandt starre ich aufs Meer hinaus, verfolge die Wellen, bis sie am Strand sterben.
„Erinnerst du dich an unser Versprechen?“, denke ich.
Genau heute wollten wir uns hier wiedersehen. Darum bin ich hier. Ein letztes Mal in deine Augen sehen, die genauso blau sind, wie das Wasser der Südsee.
Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon sitze und ich habe die Hoffnung, dass du kommst schon lange aufgegeben. Vielleicht schon vor 10 Jahren. Ich stehe auf und will zurück ins Hotel.
„Willst du schon gehen?“
Deine vertraute Stimme jagt mir Schauer über den Rücken. Langsam drehe ich mich um und da stehst du. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, dein nasses Haar klebt dir im Gesicht, ein schelmisches Lächeln auf deinen Lippen. Kein Wort kommt über meine Lippen.
Ich sehe dich nur an und denke, die Zeit ist stehen geblieben. Kein Tag ist seit damals vergangen, nicht ein einziger. Du machst einen Schritt auf mich zu und ich halte den Atem an.
„Ich habe es nicht vergessen“, sagst du leise. Deine warme Hand streicht sacht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Ich nehme deine Hand und vergrabe mein Gesicht in ihr. Langsam legst du deinen anderen Arm um mich und ziehst mich zu dir. Ich lasse mich gegen dich sinken, deines Körpers voll bewusst. Noch immer kann ich nichts sagen, kann nur fühlen. Ich sehe dich an. Du lächelst, ziehst mich zurück in den Strandkorb. Es ist so verdammt lang her, dass wir so zusammen saßen. Aber ich weiß jetzt, dass sich meine Gefühle nicht geändert habe. Ich liebe dich noch immer. Ich schaue in dein schönes Gesicht und kann nicht glauben, dass wie jetzt hier sitzen. Du siehst mich an, und dann küsst du mich. Eine Welle der Wärme durchflutet mich. Oh wie dumm waren wir doch damals gewesen. Alles wegzuwerfen, was uns etwas bedeutet hat. Aber Fehler sind ein Vorrecht der Jugend, heißt es. Doch all das zählt in diesem Augenblick nicht mehr.
Wie sind wieder vereint, in unserem Strandkorb!
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stoner1971. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.