von Ziblis
Nachts spazieren zu gehen hatte etwas Verwegenes. Den ganzen Leuten zu trotzen, die sagten, dass junge Frauen das nicht tun dürften, weil das dumm war, man wollte ja nicht vergewaltigt werden. Oder? Tja, das war wohl eine rhetorische Frage. Wer sich abhalten ließ, der verpasste verdammt viel. Gebäude und Plätze zeigten erst ihr wahres Ich, wenn sie nicht von Sonne und Menschen umsummt wurden. Die meisten waren steingewordene Idioten, und einige faszinierend seltsam.
Wahre Ästhetik zeigte sich erst in den Grauschattierungen der Nacht. Vieles, was eigentlich langweilig aussah, war auf einmal unruhig und fast bedrohlich. Und umgekehrt. Schreiende Farben, mausgrau. Mitleiderregend.
Laufen. Stehen bleiben. Atmen. Warten. Stille. Sanftes Hintergrundrascheln. Feuerzeugklicken.
„Willst du auch eine?“
„Pscht, ich denke gerade unglaublich hochphilosophische Gedanken, und du Banausin reißt mich raus...“
Belustigtes Schnaufen.
„Ach, Süße, immer wieder gern. - Ja oder nein?“
„Ja.“
Du setzt dich auf eine niedrige Mauer, inhalierst giftige Substanzen, hältst eine Hand, und fühlst dich richtig wohl. Zu zweit, miteinander. Warum zählt nur das? Auch das ist völlig egal, jedenfalls für den Moment. Für viele Momente.
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Ziblis. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.