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Die Herrin der Grille

von NaBravo


Sie war mir schon mal aufgefallen: ich übte damals Tai Chi in meinem Appartment und hatte dabei guten Einblick in ihr nett dekoriertes Badezimmer. Es war ein lauer Sommerabend, und ich genoss den leicht geröteten Abendhimmel zu den chinesischen Chorälen der Tai Chi CD. Als ich mich also gerade geschmeidig wie eine Katze am Fenster bewegte, um etwas Frisches an der schwülen Luft und eine vorteilhaftere Position für einen Panorama-Blick zu finden, sah ich, was ich besser nie gesehen hätte. Die attraktive Schönheit aus der Maisonettewohnung gegenüber hatte mich erspäht und schaute interessiert mitten in meine gut einzusehende Wohnung. Glotz. Ich beschloß, mich nicht weiter von den auf mir haftenden Blicken irritieren zu lassen und bemühte mich meinen meditativen Fluß ungehindert fortzusetzen. Aber allein der Vorsatz, die Tatsache meiner Observation zu ignorieren, zeigte mir das ganze Ausmaß meiner Irritation nur allzu deutlich; und in meinem observierenden Gegenüber meinte ich geradezu ein gewisses Entsetzen zu verspüren: dachte sie, gesehen zu haben, dass ich etwas gesehen hatte, was ich nie und nimmer hätte gesehen haben sollen - befürchtete sie, dass ich etwas wahrgenommen haben konnte, doch wann, was und warum? Die bloßen Übungen meiner meditativen Bewegungen konnten sie doch unmöglich so entsetzt haben? Also bewegte ich mich weiter elegant im Tai Chi-Rhythmus und machte mir keine weiteren Gedanken - versuchte es jedenfalls: Ok, ich war in den besten Jahren, attraktiv und so, meine Wohnung war nett eingerichtet, minimalistisch, aber nicht zu, ein Leben neben dem Wohnen jederzeit möglich; das wird der aufgeregten Schönen von gegenüber nicht entgangen sein. Offenbar hatte meine überaus attraktive Nachbarin, ebenfalls in den besten Jahren, mich zuvor noch nie wahrgenommen, und ich bemerkte das ich darüber fast schon ein wenig pikiert war, konnte sie doch von ihrem Bad meine gesamte Wohnung einsehen, zumal ich die Schöne schon seit geraumer Zeit im Visier hatte. Aber jetzt war es soweit - endlich: Ich fühlte mich beobachtet und fragte mich, ob ich noch eine kleine Showeinlage inklusive Spagat als Zugabe präsentieren sollte, aber da passierte gegenüber Unglaubliches, wie ich aus dem Augenwinkel wahrnahm.
Völlig irritiert, schon an eine Fata Morgana glaubend, schaute ich blinzelnd gegen das gleißende Sonnenlicht, glaubte meinen Augen nicht zu trauen bei dem Schauspiel, was sich mir dort gegenüber aus mir in dem mittlerweile sperrangelweit geöffneten Dachfenster darbot. Offenbar war meine attraktive Nachbarin just einer kalten Dusche entsprungen und wollte sich an der schwül-warmen Abendluft wieder etwas aufwärmen; dazu legte sie das sie knapp bedeckende weiße Frottier-Handtuch ab, schloss die Augen und öffnete ihre Arme weit - mir entgegen.Immer näher trat sie an das weit aufgerissene Fenster, völlig entblößt, wie Gott sie erschafffen hatte und lehnte sich nun barbusig aus dem Fenster, streckte mir nahezu ihre prallen, nackten Brüste provokativ entgegen. Schluck. Ich atmete erst einmal tief durch und rang um Fassung. Was war das? Der geschmacklose optische Hinterhalt einer moralisch Entfesselten? Ein Hingucker, der mich über die billige Sexschiene veranlassen sollte, ein bestimmtes Produkt zu kaufen - arbeitete sie für Ilja Rogoff? Oder war sie kurzsichtig und glaubte sich unbeobachtet bei einer Tat, die unsere Wohngegend kurzerhand in eine enthemmte FKK-Zone verwandeln sollte? Während ich nach wie vor schockiert vor mich hinrätselte, beschloss ich, mich ihren aufdringlichen Blicken zu entziehen und verzog mich schleunigst in eine Ecke des Raumes, in der sie mich nicht weiter beobachten konnte. Hier vergaß ich alle Abscheulich- und Aufdringlichkeiten des Tages und freute mich angesichts der lauen Abendstimmung sowie des zwar unfreiwillig, aber doch ansichtig gewordenen nackten Fleisches ganz spontan auf die Grillsaison des kommenden Sommers. Es hatte fast den Anschein, als hätte das Erlebnis mit der Schönen von gegenüber die Fleischeslust in mir geweckt... Und so kam es ungefähr ein Jahr nach diesem Vorfall schamloser Prallheit zu einem weiteren Ereignis, das mir Gelegenheit gab, die Schöne noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen: Wieder einmal hatte der Sommer Einzug gehalten, diesmal mit heftigen Hitzeperioden, die die Menschen bei Tag ins kühle Nass lockten und abends die laue Sommerluft bei einem kühlen Blonden oder am heimischen Grill im Garten ausklingen ließen. An jenem Abend war es die ebenfalls dem Wetter erlegene komplette Hausgemeinschaft von gegenüber, die meine Aufmerksamkeit in Beschlag genommen hatte. Alle schienen sich für ein gemeinsames Hausgrillgfest versammelt zu haben, und ich konnte ein geschäftiges Treiben auf dem Nachbargrundstück beobachten. Die Schöne, mit dem Grillgutwender in der Hand, mitten darin. Alle waren geschäftig dabei, Tische und Stühle herbeizuschaffen und die Umgebung mit Fackeln und Windlichtern für den hereinbrechenden Abend romantisch zu gestalten. Ich hatte es mir auf meinem Balkon gemütlich gemacht, las ein gutes Buch und genoss einen herrlich erfrischenden Prosecco, den ich bei meinem letzten Toscana-Urlaub in einer kleinen Weinhandlung im charismatischen Siena erstanden hatte. Zwar fühlte ich mich sehr wohl in meiner Haut während meine Blicke prüfend über meine liebevoll mediterran gestaltete Balkonterasse glitten, andererseits spürte ich plötzlich, inspiriert durch das fröhliche Lachen der Leute von gegenüber, dass in meinem Refugium durchaus noch ein Plätzchen für eine charmante Schöne frei wäre. Das Plätzchen war frei, seit es aus war zwischen mir und einer anderen Schönen - nachdem ich eine gewisse Zeit der Trauer hinter mir hatte, regte sich wieder etwas in mir und mein Ruhepuls sollte mal wieder ordentlich ins Schwanken gebracht werden - ich befand mich auf dem besten Wege, wie ich mit Blick auf die schöne Dame vom Grill wohlig feststellte. Einem inneren Impuls gehorchend, verließ ich meinen bequemen Sitzplatz, richtete mich auf, um zum Balkongeländer zu gehen und wollte die attraktive Herrin der Grille noch einmal gründlich in Augenschein nehmen. Doch, was musste ich da mit ansehen? Das Objekt meines Interesses hatte sich mittlerweile unübersehbar zum unentbehrlichen Mittelpunkt der kleinen Grillfeier gemacht und gestikulierte mit Grillhandschuh und Grillbesteck bewaffnet wild in der Gegend herum. Interessant, dachte ich, immerhin stand sie auch im Mittelpunkt meines Interesses. Was hatte diese Frau bloß für eine besondere Aura, dass sie es schaffte stets jedem so ins Auge zu stechen. Sie war eine klassische Schönheit, ohne jeden Zweifel - nicht mehr jung, aber äußerst attraktiv. Genau genommen war sie eigentlich voll mein Typ:
groß, schlank, attraktiv mit Stil und Geschmack.
Eigentlich! Ich schlürfte genüsslich an meinem kühlen Prosecco, während ich die Schöne noch einmal genauer unter die Lupe nahm. Hicks. Das konnte man fast nur im alkoholisierten Zustand ertragen, was sich vor meinen Augen abspielte: die Herrin der Grille hatte sich mittlerweile als Grillmeisterin in den Vordergrund gespielt und hatte das bunt gemischte Grüppchen inzwischen gekonnt unter ihrer Fuchtel. Doppelhicks.
Fassungslos beobachte ich das Szenario mit der wild gestikulierenden Herrin der Grille, die den Grill samt Marschverpflegung in Beschlag genommen hatte und in Schleuderservice den anderen das Fleisch auf die Teller katapultierte. Die Flasche war leer - ich brauchte Nachschub. Aber war eine zweite Flasche Proseco wirklich die Lösung dafür, dass meine schöne Nachbarin nun mal ein sehr herrisches, ruppiges Wesen zu sein schien? Natürlich nicht, aber es beruhigte die Nerven, bis ich igendwann einen engelsgleichen Astralkörper aus der herrischen Gestalt von gegenüber heraustreten sah, der das Grillgut kollektiv auf einem Tisch ablegte, so dass sich jeder und jede seinen fleischigen Favoriten in aller Ruhe aussuchen durfte - das gefiel mir und ich plante für meinen nächsten Siena-Besuch unbedingt wieder ein Aufsuchen dieser kleinen Weinhandlung... Und fortan verlegte ich mein Augenmerk auf eine andere nette Nachbarin, meines Wissens Vegetarierin, wo wohl in Sachen fieses Fleisch weniger zu erwarten war!



copyright © by NaBravo. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


*hach
Zwar äußerst blumig geschrieben, doch ein Lächeln und auch zwei rang es mir ab. Sehr nett!
DasEkel - 29.02.2004 13:21
und wie ging es weiter...?
Lichtzauber - 10.02.2004 05:52

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