von hexalon
Ich bin in letzter Zeit nicht viel rausgekommen, meistens hab ich mich hinter Bücher versteckt, vielleicht auch aus Realitätsflucht. Jemand hatte mir vor geraumer Zeit das Herz gebrochen und ich wollte tunlichst vermeiden, dass es noch mal jemandem gelingen sollte. Aber manchmal ergeben sich schöne, angenehme Dinge genau dann, wenn man am wenigsten damit rechnet.
"Hallo Du!" klang es aus dem Telefon. Babsi, eine liebe ehemalige Schulfreundin, die ich seit langem nicht mehr gesehen hatte, rief mich an. "Wie geht’s es dir, was machst du denn immer so?" Ich überlegte zu lange für eine Antwort, deshalb kam schon die nächste Frage. "Hey, wollen wir uns nicht mal auf einen Cafe treffen? Es gibt sicher einiges zu erzählen." Ich war ein wenig überrumpelt, aber das kannte ich von Babsi schon, die immer gleich mit der Tür ins Haus fiel und auch kein nein akzeptieren würde. Ich sagte ihr zu und wir verabredeten uns für Samstagnachmittag in einem Cafe in der Innenstadt. Sie hatte recht, wir hatten viel zu erzählen, oder sollte ich sagen, sie hatte viel zu erzählen. Aber das machte nichts, es war sehr schön sich mit ihr zu unterhalten, es brachte Abwechslung. Natürlich kamen mit der Zeit dann die delikaten Fragen, nach dem eigenem Liebesleben. Ich war mir nicht sicher was ich ihr darüber erzählen sollte. Gab es denn etwas zu erzählen? Irgendwie wollte ich mich mit diesem Thema auch nicht befassen. Aber Babsi ließ nicht locker, sie wusste ja auch nicht, wie schwer ich die letzten Monate überwunden hatte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich mich einem Menschen ganz und gar geöffnet hatte, alles preisgab von mir selbst und bitter enttäuscht wurde. "Du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht willst" Babsi merkte, dass sie mit ihren Fragen an einen wunden Punkt gestoßen war. "Aber wenn du jemanden zum Reden brauchst, dann sag mir Bescheid, ja?" Damit war das Thema vom Tisch, trotzdem war meine Stimmung danach etwas gedrückt und Babsi registrierte es. "Weißt du was, wir werden heute Abend mal richtig auf den Putz hauen.", dabei strahlte sie mich an und klopfte mir mit ihrer Hand auf die Schulter. Ich überlegte kurz und musste dann einwenden, dass ich ja nicht mit dem Auto unterwegs war und wenn es zu spät werden würde, hätte ich keine Busverbindung nach Hause. "Also, wenn das dein größtes Problem ist, du kannst ja bei mir auf der Couch übernachten " sie grinste und wandte sich zum Gehen. "Na ja, wenn das geht" bemerkte ich skeptisch. Ich wusste nicht so recht, eigentlich war mir nicht so nach feiern zu mute. Schon lange nicht mehr war ich am Wochenende durch die Lokale gezogen, vielleicht auch aus Angst, gewissen Personen über den Weg zu laufen. Babsi war wirklich eine Party-Löwin. Sie kannte so viele Leute, überall wo wir hinkamen kannte sie jemanden und ich wurde so einer Reihe von Menschen vorgestellt, an dessen Gesichter ich mich dann schon gar nicht mehr erinnern konnte. Je länger der Abend wurde, umso lockerer wurde ich selbst und hatte sehr viel Spaß. Schon seit der Schulzeit wusste ich, dass Babsi auf Frauen stand, sie hatte daraus nie ein Geheimnis gemacht. Ich hab sie für ihre Offenheit und ihr Selbstbewusstsein immer beneidet. Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit, von der ich mir einiges abschneiden könnte. "Und, hast du Spaß?" Ohne die Antwort abzuwarten, tänzelte sie mit einem Cocktail in der Hand, in sich hinein grinsend, um mich herum, da ich das Offensichtliche, dass ich sehr viel Spaß hatte, nicht abstreiten konnte. "Ich hatte schon sehr lange nicht mehr soviel Spaß, ganz ehrlich" dabei lachte ich Babsi an und wir begannen weiter wie wild zu tanzen. Inzwischen, nach einigen Lokalwechseln, waren wir in einem Laden, der hieß „Bingo“ oder so ähnlich. Obwohl es schon ziemlich spät oder besser früh war, hielt es die Leute nicht ab zu feiern, als ob es kein morgen gäbe. Erst nach einiger Zeit bemerkte ich, dass es eigentlich nur Frauen in dem Lokal gab, was mich etwas stutzig machte und ich zog Babsi zu mir her und fragte " Ist es das wofür ich es halte?" dabei sah ich scheinbar ziemlich verunsichert aus. Babsi zwinkerte mich an "Keine Sorge, hier wird dich sicherlich niemand überfallen und wenn doch, wäre es doch nicht das Schlimmste, oder?" Hmm, keine Ahnung, darüber hatte ich mir noch nicht Gedanken gemacht, sie hatte recht, was sollte schon sein. Ich verfiel wieder der Partystimmung und vergaß, dass ich eigentlich in einer Lesbenbar war. Auch Babsi verfiel einer Stimmung, aber einer anderen. Als ich von einem Toilettenbesuch zurückkam, zuviel Eiswasser in den Caipirinhas, sah ich Babsi in einer Ecke Knutschenderweise sitzen. Es war schon relativ spät und das Lokal hatte sich schon sehr gelichtet. Ich beschloss, mich an die Bar zu setzen und zu warten, das Babsi mal Luft holte. "Darf ich dir noch was geben?" klang eine freundliche Stimme von der Seite. Ohne mich der fragende Stimme zu zuwenden, entgegnete ich " Nein, Danke, ich hatte schon genug für heute, sonst fang ich noch an Unsinn zu machen" dabei schaute ich unbewusst wieder zu Babsi in die Ecke. "Ich dachte nur, du könntest gerade jetzt noch was hartes gebrauchen, nachdem deine Freundin sich mit einer anderen vergnügt, dass kann ziemlich hart sein" Es jetzt drehte ich mich zu ihr an die Bar und sah sie an. Sie sah mich mitfühlend mit großen grünen Augen an. "Oh … oh nein, sie ist nicht meine Freundin, ich meine, wir sind befreundet aber nicht so, ich meine nicht das ich was gegen … ehm … hätte, aber ..." Die Situation war mir sichtlich peinlich, ich hatte das Gefühl, dass ich mich gerade um Kopf und Kragen redete. "Ich versteh schon" sie lächelte wissend "Trinkst du wenigsten einen Shot mit mir, ich lade dich auch ein, als kleine Wiedergutmachung" dabei setzte sie einen Hundeblick auf, dem niemand auf dieser Welt hätte wiederstehen können. Irgendwie war sie mir auf Anhieb sehr sympathisch und wir unterhielten uns ein wenig. Nach einiger Zeit fragte mich Iris, so hieß die nette sympathische Bardame, ob ich noch Lust hätte mit ihr in einen speziellen Club zu gehen, sie hätte jetzt bald Schluss, weil das Lokal schließen würde. Bevor ich antwortete, ließ ich meinen Blick in Richtung Babsi gleiten, aber die war noch immer sehr beschäftigt und mir wurde klar, dass ich nicht Lust darauf hätte in der gleichen Wohnung wie sie und ihre Bekanntschaft zu übernachten, um vielleicht zu ersticken, bei dem Versuch nicht mitanhören zu müssen, was die beiden im Schlafzimmer trieben. Nein Danke kein Bedarf. "Sehr gern würde ich noch ein wenig um die Häuser ziehen, weil ich noch ein paar Stunden durchhalten muss, bevor der erste Bus nach Hause fährt" entgegnete ich Iris. "Ok, alles klar, warte noch kurz, ich muss noch die Abrechnung machen, ich komm aber gleich wieder und dann können wir los" Sie lächelte sehr liebevoll dabei und ich bemerkte wie eine unbekannte Wärme in mir aufstieg. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie die Abrechnung fertig hatte, dabei stand sie am anderen Ende der Bar und zählte Geld aus ihrer Geldbörse. Immer wieder drehte sie sich dabei zu mir, um sich zu vergewissern, ob ich noch da sei, wie mir schien. Ich wusste nicht wieso, aber ich musste dabei immer lächeln und sie lächelte zurück. Ich wollte dann auch die Zeit nutzen, um Babsi Bescheid zu geben, dass ich noch weiterziehe. Ich schaffte es auch, als sie sich kurz von ihrer neuen Flamme trennte, um kurz Luft zu holen. Sie registrierte zwar meine Worte, reagierte aber nicht darauf. Ich konnte es ihr nicht verübeln, ich glaube, wäre ich in ihrer Situation gewesen, hätte ich auch alles um mich herum vergessen.
Iris führte mich in eine Diskothek, obwohl es schon halb fünf Uhr morgens war, in diesem Lokal war noch die Hölle los. Es schien als würden sich alle jene hier zu treffen, die aus sämtlichen Lokalen der Innenstadt bereits vertrieben wurden, weil diese bereits geschlossen hatten. Irgendwie war ich erleichtert, als ich merkte, dass es keine reine Frauendisco war, das Publikum war ziemlich gemischt und der Alkoholpegel auch entsprechend hoch, für diese Uhrzeit kein Wunder. Wir gaben unsere Jacken an der Garderobe ab und erst jetzt bemerkte ich, was für eine tolle Figur und sexy Outfit Iris eigentlich hatte. Na ja vorhin stand sie immer hinter der Bar und ich konnte nicht viel sehen, aber jetzt wo sie vor mir stand, musste ich ziemlich schlucken und dürfte sie mit offenem Mund angestarrt haben. Ich war überrascht über mich selbst, klar gab es schon immer Frauen, die ich attraktiv fand, aber so offensichtlich, hatte ich das noch keiner Kund getan. Mit einem geflüsterten "Danke" bedankte sie sich für das offensichtliche Kompliment und zog mich weiter ins Innere der Diskothek auf die Tanzfläche. Sie war eine unglaublich gute Tänzerin, ihre Bewegungen, ihr Haar, dass dabei gekonnt durch die Luft wirbelte. Sie schien mich förmlich zu betören mit ihren Bewegungen und es gefiel mir, es gefiel mir sogar außerordentlich. Trotzdem bemerkte ich, dass Iris immer wieder suchend in die Menge schaute, als ob sie nach jemand bestimmtem Ausschau halten würde. Natürlich blieb mir das nicht verborgen. "Suchst du jemand bestimmtes?" fragte ich sie, dabei musste ich ihr ins Ohr schreien, damit sie mich bei der lauten Musik auch verstand. "Nein, nein …" deutete sie mehr mit dem Kopf, als dass sie es aussprach, obwohl sie noch immer den Blick vertieft in der Menschenmenge schweifen ließ. Doch plötzlich schien sie die erhoffte Person gefunden zu haben und widmete sich mir wieder mit vollster Aufmerksamkeit und ignorierte die zuvor gesuchte Person am Rande der Tanzfläche. Jetzt begriff ich was los war, sie wollte jemanden eifersüchtig machen und deshalb brauchte sie mich. Ich bat um ein kurzes Timeout, um an der Bar etwas zu trinken. Dann wandte ich mich ihr zu. "Hör zu, ich bin nicht von gestern, ich hab dein kleines Spielchen durchschaut, warum sagst du mir nicht, dass du jemanden eifersüchtig machen willst, sondern tust so, als würdest du mich mögen?" Etwas betreten auf den Boden blickend antwortet sie " Es tut mir leid, das war nicht so geplant, ich bin nicht mit der Absicht hierher gekommen um dich dafür zu benutzen, ich hab sie gesehen, als wir gekommen sind und konnte dann nicht anders" Dabei legte sie die Hand auf meine Schulter, kam näher an mein Ohr und sagte "Ich mag dich … wirklich … und es tut mir leid, wenn ich dich damit verletzt habe." Als ich sie so nahe an meinem Gesicht spürte und noch dazu ihre Worte hörte, fühlte ich plötzlich etwas in mir aufkeimen, dass ich schon sehr sehr lange nicht mehr gespürt hatte. Sie löste etwas in mir aus, das mir unheimlich erschien. Es war zwar ein schönes Gefühl, aber ich hatte Angst davor. Und erst recht, wenn Iris anscheinend jemanden braucht um ihre Exfreundin oder was auch immer eifersüchtig zu machen. Scheinbar wollte sie sie zurück, um jeden Preis. Ich weiß nicht, ob in diesem Moment mein Verstand aussetzte, aber ich bot ihr meine Hilfe an. "Wieso hast du nicht gesagt, dass du jemanden eifersüchtig machen willst. Hättest du mich gefragt, hätte ich sicher gesagt, dass ich mitspiele" Das war zwar eine glatte Lüge, aber in diesem Moment hätte ich alles für sie getan. Ich schlug ihr vor wieder auf die Tanzfläche zu gehen, um zu tanzen. Allein durch Iris Bewegungen während des Tanzens würde das die andere schon rasend machen, ich müsste da nicht viel tun, verriet ich ihr. Sie war ein wenig verlegen dabei, nahm dann aber meine Hand und führte mich auf die Tanzfläche. Und dann tanzen wir, ich glaube ich habe vorher noch nie so mit einer anderen Frau getanzt. Es war einfach unglaublich, obwohl sich dabei immer wieder ein bitterer Beigeschmack breit machte, weil ich die Blicke der Frau, die es galt eifersüchtig zu machen, regelrecht in meinem Nacken spüren konnte. Iris schien es auch sehr zu gefallen, sie sah zwar hin und wieder zum Rand der Tanzfläche, machte das aber ganz unauffällig und konzentrierte sich auch sehr auf mich. Es war ein sehr schönes Gefühl, obwohl ich wusste, dass das ganze nur ein Mittel zum Zweck war, aber es war mir egal. Iris gab mir zu verstehen, dass sie die Tanzfläche verlassen wollte. " Lass und nach hinten zu den Tischen gehen, da ist es ruhiger" sie sah sehr selbstzufrieden aus. Sie wusste dass sie erreicht hatte was sie wollte. Ich konnte sehen, dass ihre Ex, wie ich inzwischen erfahren hatte, uns seitlich der Tanzfläche verfolgte und unauffällig in unsere Richtung kam, aber sie blieb trotzdem auf Distanz, gerade soviel, dass sie uns weiterhin beobachten konnte. Wir hatten sie genau da, wo wir sie haben wollten. Stimmte das, stimmte das für mich, wollte ich das wirklich. Iris wirkte sehr selbstsicher, sie wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde und sie hatte ihre Ex soweit. Plötzlich sah mich Iris direkt in die Augen und fragte "Würdest du mich küssen?" Ich war sehr überrascht und wünschte mir nichts lieber in diesem Moment, aber nicht unter diesen Voraussetzungen. Aber es war zu spät, noch in Gedanken, spürte ich plötzlich ihre weichen Lippen auf meinen. Ganz zaghaft und zurückhaltend, abwartend wie ich darauf reagiere. Die zuvor gestellte Frage, schien rein rhetorischer Natur, sie küsste mich einfach, ohne auf eine Antwort von mir zu warten. Es war unglaublich schön, nie zuvor hatte ich eine Frau geküsst. Zuerst war ich perplex und bemerkte nur wie meine Knie ganz weich wurden, alles rundherum schien zu verschwimmen auch Iris Gesicht nahm ich nur noch als einen verschwommenen Umriss wahr. Schnell hatte ich auch das Bedürfnis sie zurück zu küssen und legte dabei meine Hände auf ihr Gesicht und dann eine Hand in ihren Nacken. Der Kuss war sehr sanft und auch liebevoll und ich tauchte völlig in dieses wunderschöne Gefühl, sie zu küssen, ab. Doch plötzlich versetzte es mir innerlich einen Schlag. Was tat ich da eigentlich, du bist drauf und dran dich zu verlieben, weißt auch, dass es nichts bringt und küsst sie auch noch. Diese Erkenntnis löste mich aus meiner Trance und ich löste mich von ihr. "Es tut mir leid, ich kann das nicht" immer noch in ihren Armen, löste ich mich auch aus diesen. "Ich werde mal auf die Toilette gehen, dann hat deine Ex eine Chance dich allein zu erwischen, wenn ich wiederkomme und ich sehe, dass sie bei dir steht, werde ich gehen und du hast erreicht was du wolltest … " Iris stand nur da und sah mich verwundert an. "Ich bin mir sicher, sobald ich weg bin, kommt sie zu dir, ich wünsch dir alles Gute " Ohne Iris eine Chance zu geben zu antworten, drehte ich mich um und ging. Ich ließ mir sehr viel Zeit, obwohl die Sanitären Einrichtungen nicht wirklich zum Verweilen einluden. Ich war verwirrt. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, obwohl ich genau wusste, dass ich keine Chance bei ihr habe, küsste ich sie und was noch schlimmer war, ich hatte Gefühle für sie entwickelt, auch wenn wir nur einige Stunden miteinander verbracht hatten. Ich wollte eigentlich nicht gehen, aber was blieb mir anderes übrig.
Nach ungefähr einer viertel Stunde schlich ich mich mehr oder weniger aus der Diskothek, so als würde ich mich vor jemandem verstecken. Ich blickte nur auf den Boden, während ich mich Richtung Ausgang bewegte. Als ich endlich draußen war und sah, dass es beinahe schon taghell war, überkamen mich viele Emotion, alle zugleich und ließen mich wie ein Häufen Elend auf einigen Stufen niedersinken. Ich war hin und her gerissen, einerseits wollte ich am liebsten wieder rein gehen und sie zur Rede stellen, andererseits wollte ich nur nach Hause, um das ganze schnell zu vergessen. Es war um diese Uhrzeit noch recht frisch und ich bemerkte, dass ich vergessen hatte meine Jacke an der Garderobe abzuholen. Doch in dem Moment legte mir jemand meine Jacke über die Schultern. Ich saß noch immer auf den Eingangsstufen mit dem Gesicht in den Händen und zitternd vor Kälte. Langsam drehte ich mich um und sah Iris, die hinter mir stand und sich gerade selbst die Jacke überzog. "Was ist passiert? Was machst du hier draußen? " Iris antwortet nicht, sie hielt mir nur die Hand hin und sagte "Komm, lass uns nach Hause gehen, du kannst bei mir schlafen"
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hexalon. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.