Du gehörst zu mir (- 7 -)

von anchen99


Als Kelly die Augen öffnete, war draußen der schönste Sonnenschein. Sie streckte sich, sah auf die Uhr und zog die Bettdecke wieder über den Kopf.
Heute ist Sonntag, dachte Kelly, einer der schlimmsten Tage, denn da passierte es selten, dass sie Syndia sah. Da hatte natürlich Tom mehr davon, weil sie immer viel mit dem Kleinen unternahmen.
Und da war wieder der Ärger, der in Kelly aufstieg. Warum hat sie nicht das gleiche Recht? Sie bekam immer nur die restliche Zeit und das schmerzte in Kelly. Natürlich machte sie Syndia nicht dafür verantwortlich, es war eben die blöde Situation. Oder sollte sie lieber doch den Schlussstrich ziehen, bevor sie noch ganz den Verstand verlor?
Kelly schaute die Zimmerdecke an, warum bin gerade ich es, dachte sie. Warum regst du dich nur so darüber auf, du kannst da eh nichts ändern.
Wütend hüpfte sie aus dem Bett. Während sie sich erst mal einen Kaffee ansetzte, überlegte sie, was sie den lieben langen Tag anstellen könnte, damit die Langeweile sie nicht überfiel und sie nur grübelte. Bevor sie Syndia kennen gelernt hatte, freute sie sich immer aufs Wochenende, doch seit sie die Einsamkeit kannte, fürchtete sie sich regelrecht davor. Es ist echt zum verzweifeln, wie kann ein Mensch einem nur dermaßen das Leben umkrempeln, es einfach so auf den Kopf stellen.
Gemütlich trank sie Kaffee und räumte später ihr Frühstück weg. Anschließend machte sie noch ein paar Dinge im Haushalt, was zwar noch nicht notwendig war, aber sie doch etwas ablenkte.
Mittags aß sie ne Schüssel Cornflakes, da sie zu faul war, für sich alleine zu kochen. Sie spülte auf, nahm ein Buch zur Hand und machte es sich im Wohnzimmer gemütlich. Den Inhalt verstand sie nicht wirklich, da sie sich absolut nicht darauf konzentrieren konnte. Als sie sich fragte, wie oft sie die eine Seite jetzt gelesen hatte, klingelte es Sturm an der Tür. Kelly war erschrocken, wer konnte das sein? Besuch erwartete sie jedenfalls nicht und Syndia war es bestimmt auch nicht. Doch als Kelly die Tür öffnete, weiteten sich ihre Augen. Da stand Tom, Syndia und Timmy. „Wir wollten dich auf ein Kaffee einladen, hast du Lust?“ Syndia grinste, denn sie wusste, dass sie Kelly mit dieser Aktion völlig überraschte. „Hallo ihr Drei.“ Grinste sie zurück. Eigentlich hatte sie dazu keine Lust, weil es ihr nur wieder wehtun würde, wegen Tom. „Ich weiß nicht so recht.“ Versuchte sie sich heraus zureden. Zerknirscht schaute sie zu Syndia, die plötzlich traurig blickte. „Bitte, bitte, Kelly!“ schaltete sich Timmy ein. Kelly lächelte ihn an „Na gut, wenn du mich so lieb bittest, kann ich einfach nicht nein sagen.“ Kelly nahm ihre Jacke und zog sie sich, während sie zur Straße liefen, über. Timmy freute sich, denn sein schmunzeln war nicht zu übersehen. Er machte sich von Tom los und schob seine kleine Hand in Kellys. Ihr war das etwas unangenehm und schaute entschuldigend zu Tom, der aber nur grinste. Es war zwar ein schönes Gefühl, dass Timmy sie mochte, aber trotzdem fühlte sie sich Tom gegenüber miserabel. Um den Kleinen beim besten Willen nicht zu verletzten, sagte sie nichts, denn sie wollte ihm die Freude nicht nehmen. Er sah so glücklich und zufrieden aus.
Es ist schon komisch, dachte Kelly, während sie durch die Straßen der Stadt liefen, wie schnell man doch ein Kinderherz erobern konnte. Der Kleine war ihr so sehr ans Herz gewachsen, sie wollte ihn auch nicht mehr missen wollen. Sollte das Schicksal gegen sie entscheiden, wusste Kelly, dass es ihr nicht nur einmal das Herz brechen würde. Aber sie zwang sich dazu, nicht weiter darüber nachzudenken.
In einem Straßencafé setzten sie sich an einem Tisch, direkt am Fenster, wo man schön auf die Straßen schauen konnte. Jeder bestellte sich einen Kaffee und Timmy bekam seinen Kakao. Sie unterhielten sich über vieles und Kelly konnte sich wunderbar mit Tom über Autos unterhalten, was Syndia etwas wunderlich verfolgte.
Sie beobachtete Kelly heimlich von der Seite und da sie nicht mitreden konnte, verfiel sie in Gedanken. Warum verliebt sie sich ausgerechnet in mich? Es gibt so viele Menschen, die einsam und allein sind, und viel besser sind als ich? Warum gibt sie sich mit mir ab? Wieder nichts als Fragen, dachte Syndia und hörte weiter den Beiden zu, die sich gerade über ein neues Modell in der Autobranche unterhielten. Sie ist so süß, dachte Syndia weiter, ihre Ausstrahlung faszinierte sie. Was würde sie ohne Kelly machen? Sie hatte sich schon so sehr an Kelly gewöhnt, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen mag, wie es ohne sie sein würde. „Syndia?“ sagte Tom etwas genervt. „Ja?“ „Sag mal, wo bist du denn mit deinen Gedanken? Ich habe dich gefragt, ob du auch ein Stück Kuchen willst.“ „Ähm…“ sagte Syndia etwas verlegen „…was gibt es denn für einen?“ „Weißt du was Tom?“ fuhr Kelly dazwischen „…wenn Syndia nicht zuhören kann, dann muss sie den essen, was wir ihr bestellen. Also nicht einmal, sondern 2 Stücke von der Joghurtschnitte.“ Der Kellner ging mit der Bestellung davon. Spielerisch schaute Syndia böse zu Kelly. Tom grinste, ihm gefiel es, wenn sich die Beiden bombardierten. Nur sie wussten, dass alles immer nur Spaß war. Wie sollten sie sich sonst verstecken, denn keiner von Beiden wollte, dass Tom etwas von ihrem Geheimnis mitbekam. „Ist ja schon gut.“ Sagte Syndia und verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. „Ach Syndia…“ sagte Tom im ernsten Ton „…bevor ich es vergesse. Am Dienstag muss ich für ein paar Tage zum Seminar. Ich glaube, das geht bis Dienstag, die Woche drauf. Wir haben neue Programme in der Firma und die müssen richtig einstudiert werden, sonst geht gar nichts und es läuft alles schief.“ Normalerweise war Syndia immer von Tom seiner Arbeit begeistert, aber diesmal fuhr sie hoch. „Sag mal, spinnst du? Warum sagst du mir erst jetzt was? Wie soll ich bitte jemanden so schnell für Timmy finden, der ihn vom Kindergarten abholt? Du weißt genau, dass ich bis abends arbeiten muss. Meine Eltern werden sich bedanken, wenn ich so kurzfristig frage.“ Das war die Gelegenheit für Kelly. Ihr schossen so viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Dachte Syndia vielleicht auch mal daran, dass sie die ganze Woche für sich hatten. Der Kleine geht ja vor, das sah Kelly ein, aber denkt sie auch mal weiter? „Syndia, jetzt halt doch mal deine Klappe…“ fuhr Kelly etwas lauter als beabsichtigt dazwischen „…du weißt, dass ich nicht so lange arbeite, also kann ich Timmy vom Kindergarten abholen und auch früh hinbringen, wenn du magst.“ „Oh ja ja ja, Kelly soll mich bringen.“ Jubelte Timmy los, der das Gespräch aufmerksam verfolgte. Tom war Kelly im Stillen sehr dankbar, denn sie hat mit ihrer Reaktion einen mächtigen Krach verhindert. „Das würdest du echt machen?“ fragte Syndia noch mal nach. Ihr wurde plötzlich bewusst, was es heißen würde, eine Woche ohne Tom. Eine innere Freude machte sich in ihrem Körper breit. Sie hatte im ersten Moment nur an Timmy gedacht und deshalb so reagiert, aber ob das auch Kelly verstand? Doch, sagte sich Syndia, das hat sie. „Aber ja doch, es ist mir sogar ein Vergnügen, wenn ich d…euch dabei helfen kann.“ Beinahe hätte sie sich verquatscht, aber hatte es noch rechzeitig gemerkt. „Ok…“ sagte Syndia „…das Ding geht klar. Du hast den Job. Aber…was willst du eigentlich dafür?“ Kopfschüttelnd sah Kelly sie an „Ich glaube, du drehst langsam durch. Wozu sind Freunde da.“ „Na ja schon, aber trotzdem musst du es nicht umsonst machen.“ Kelly dachte nur, Baby, ich will einfach nur dich. Syndia nahm die Veränderung in Kellys Augen wahr und konnte sich denken, was Kelly gerade dachte.
In ihrem Körper fing es überall zu kribbeln an und ihr Herz schlug Purzelbäume vor Freude. „Oh fein, darf Kelly da in meinem Zimmer schlafen?“ fragend schaute Timmy von Tom zu Syndia. Überraschend hörte Syndia die Worte von Tom „Natürlich Timmy, wenn Kelly es möchte.“ Er schaute zu Kelly und zuckte mit den Schultern „Es wäre natürlich viel einfacher für dich, du hättest dann nicht so ein Stress.“ „Ja gern, das können wir so machen.“ Kelly nickte und unterdrückte ein Jubeln. Tag und Nacht mit Syndia, auch wenn es nur für eine Woche war, aber sie würde diese Woche nie vergessen. Sie sah die Beiden an „Also ist jetzt alles geklärt und wir können uns nun endlich mal dem Kuchen widmen?“ Kelly lachte, denn sie hatte die ganze Zeit schon ein Heißhunger auf so ein Stück Kuchen. Sie stimmten alle ins Lachen ein und stürzten sich dann auf den Kuchen. Anschließend gingen sie noch durch die Stadt spazieren, schauten sich Schaufenster an und unterhielten sich prächtig über Gott und die Welt. Tom und Syndia liefen hinter Kelly her, die Timmy an der Hand hielt. Syndia verfiel wieder in Gedanken. Timmy mochte Kelly sehr gern und sie ihn auch, oder zeigte es Kelly nur, um bei ihr zu punkten? Nein, sagte sie sich, dafür mochte Kelly den Kleinen viel zu sehr, als dass sie so etwas spielen könnte. Das freute Syndia und damit wurde eine Frage von ihr, von ganz allein gelöst. Nur wenn sie sich wirklich eines Tages dafür entscheiden würde, mit Kelly ein neues Leben zu beginnen, wie sollte sie es Timmy beibringen? Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich lieben? Es wäre jetzt noch viel zu früh, er würde es garantiert nicht verstehen. Aber wann? Wann wäre der richtige Moment dafür? Wenn sie mit Kelly zusammen wohnen würde, würde sich es vielleicht von selbst ergeben. Jetzt denke ich schon an das Zusammenleben mit Kelly, dachte Syndia und schüttelte leicht den Kopf. Doch, dass konnte sie sich sehr gut vorstellen und plötzlich merkte sie, dass sich ihre Meinung über eine Zukunft zwischen Frauen geändert hatte.
Lächelnd ging sie neben Tom her, der von alledem keine Ahnung hatte.
Vielleicht würde es doch bald eine Veränderung in ihrem Leben geben, was einen neuen Weg in die Zukunft bahnte.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer leuchtete in Syndia auf und verbreitete ein glückliches Gefühl in ihrem Körper.