von RatherShort
Ich war ganz ruhig und starrte auf mein Handy. Was? Laura liegt im Sterben? Ich konnte das noch gar nicht fassen. Als Tina wieder kam und mir zum 100. Mal erklärte, dass er Kaffee schon fertig war, sah sie mein Gesicht und ich deutete nur auf mein Handy. Sie las die SMS von meinem Chef. Ebenfalls so fassungslos sah sie drein und nahm mich dann in den Arm. Das hätte ich jetzt am Wenigsten erwartet. Eher ein: „Na los! Wir müssen ins Krankenhaus!!“ Doch Tina hielt mich einfach nur minutenlang. Sie hörte meine Tränen, meine Schluchzer, ja, sie bemerkte meinen Weltzusammenbruch. Denn ich merkte, dass ich doch nicht ganz über sie hinweggekommen bin. Wie auch? Ist ja gerade mal ein Tag oder so vergangen. Ich glaube, Tina hat das auch gemerkt und war etwas traurig.
„Wollen wir jetzt zu ihr?“, flüsterte sie nun in mein Ohr. Ich nickte nur und löste mich, um mich anzuziehen. Ich wollte jetzt überhaupt nichts mehr essen, einfach nur bei ihr sein und wissen, wieso sie überhaupt im Sterben liegt! Also machten wir uns auf den Weg. Mit jedem Schritt wurde ich nervöser, wartete auf die SMS, dass ich schon zu spät sei...
Als ich ihre Tür öffnete, sah ich wie Millionen Menschen um sie herum standen und irgendetwas taten. Riesen Gewissensbisse machten sich in mir breit. Dass ich nicht doch zu ihr gegangen bin, dass ich irgendetwas nicht verhindern konnte. Und ich fing an zu brüllen: „Raus hier! Das ist das letzte, was sie jetzt noch braucht!“ Jeder sah mich verwundert an und ließen alles fallen. Und wirklich. Sie gingen. Doch ein Arzt blieb hier und erklärte mir, was passiert sei. „Wir haben keine Ahnung wie sie das schaffte, aber sie hatte anscheinend ein Mittel dabei, das sie sich in einer unbeobachteten Minute spritzte.“ Und jetzt wurde ich heiß. „Wie, in einer unbeobachteten Minute?! Wissen Sie denn überhaupt, wie Laura sich fühlt?! Was sie durchmacht, wegen diesen Drogen?!“, fuhr ich ihn an und lief zu ihr. Sie war ganz blass und dünn und hatte die Augen geschlossen. Erst als ich ihren Namen flüsterte, öffnete sie die Augen. Sah mich kurz an. Tränen flossen ihre Wange hinab, die ich auffing. Ich hörte, wie der Arzt ging und ich begann auch zu weinen. „Laura!“, flüsterte ich noch einmal.
Wieder sahen ihre wunderschönen Augen mich an. „Sorry.“, sagte sie und versuchte sich etwas aufzusetzen, was natürlich nicht ging. Ich nickte nur, holte mir so einen Hocker und setzte mich darauf. „Was genau hast du genommen?“ Ich konnte ihr Gehirn denken hören. „Blausäure...“, murmelte sie. „Blausäurekapseln? Cyanide?“, fragte ich. Eine Menge von ungefähr 120 g – 250 g sind tödlich. Und das in Minuten! Sie nickte. Und im Kopf suchte ich ein Gegengift. Aber zuerst musste ich wissen, wie viel Gramm sie eingenommen hat. Und hatte sie wirklich Schleimhautblutungen, wäre es zu spät. Also öffnete ich ihren Mund und sah, dass die Schleimhaut zwar hellrot war, aber noch nicht blutete. „Wie viel hast du davon genommen?“, wollte ich schnell wissen und überlegte immer noch, welches Mittel dagegen hilft. Aber natürlich! Natriumthiosulfat!
Sie zuckte mit den Schultern. Ich glaube, es war genug um zu sterben, deswegen rief ich sofort einen Arzt und erzählte ihm davon. Er rannte schnell irgendwohin und holte dieses Natriumthiosulfat. Er löste es in Wasser, da der Aggregatzustand fest war und spritzte ihr etwas. „Das müsste ihr helfen. Sie wollte uns nicht sagen, was genau sie genommen hat...sonst hätten wir ihr schon etwas gegeben.“ Ich nickte nur und schickte ihn wieder raus. Ich schob ihn förmlich raus.
„Laura, hörst du mich? Du darfst nicht sterben! Ich bin bei dir, ich bleibe bei dir, ich verspreche es. Aber bitte sterbe nicht!“ Ich weinte und lege meinen Kopf auf ihren Bauch. Sie nahm ihre Hand und streichelte meinen Kopf. „Ich...bleibe...“, meinte sie und versuchte zu lächeln.
Die sonst so starke, selbstbewusste Laura, die ich kennen und lieben gelernt habe, hat sich versucht umzubringen. Die sonst so liebenswerte und einfach hinreisende Laura hat fast keine Kraft mehr. Ich durchsuchte das ganze Zimmer. Schließlich habe ich immer in Chemie aufgepasst und war in der Medizin top. Ich fand eine Spritze und gab ihr noch etwas. Eine kleinere Menge diesmal. „Laura, ich liebe dich...“, flüsterte ich erschrocken. „..du darfst nicht sterben.“ Und nun sprach sie zum ersten Mal etwas, was mich einfach auflachen ließ: „Es bedarf wesentlich mehr als dieses blauen Kapseln, Maus.“ Das Schlimme war: Ich durfte sie nicht küssen. Sonst würde ich mich auch vergiften, denn das Cyanid ist auch in der Schleimhaut. „Ärztin..“, sagte sie nun. Es ging ihr sichtlich besser und das freute mich so.
Tina klopfte und kam leise herein. „Wie geht es ihr?“, fragte sie mich. Ich erzählte ihr davon und sie nickte. „Hast du ihr schon die zweite Spritze gegeben? Das muss aber weniger sein. Nicht, dass sie eine Überdosis davon bekommt.“ „Ja, ich habe ihr schon die zweite gegeben.“ Sie lachte. „Uh, du bist ja fit.“ Da musste ich sie nur anlächeln und wurde rot. Aber sie wusste, dass ich etwas für Laura empfand. „Ich lass euch zwei jetzt lieber mal alleine...ach ja! Nicht küssen!“ Tina prüfte mich mit ihrem Blick. „Hey! Habe ich nicht, ich weiß so etwas!“
„Ihr versteht euch gut.“, sagte Laura. Ich reichte ihr ein Glas mit Wasser und nickte. „Ja...ziemlich gut.“ Von dem One-Night-Stand wollte ich ihr noch nicht erzählen. Sie sollte erst mal wieder gesund werden. „Hey...ich will wieder mit dir eine Mission machen. Dann rette ich dich.“ Ich lachte. „Nein, dieses Mal will ich dich retten.“ Laura schüttelte den Kopf. „Hast du doch schon. Jetzt bin ich wieder dran.“ So machten wir noch Minuten weiter und uns wurde bewusst, dass wir es doch noch mal versuchen sollten. Denn, wie sie sagte, könne ich gar nicht „ohne deine Prinzessin“ leben. „Das ist aber eine seltsame Prinzessin, die immer den Mann spielen will.“, fügte ich hinzu und grinste frech. „Joey Hestakey! Es gibt auch solche Prinzessinnen. Also werde ich dies auch weiterhin tun.“ Sie schwieg eine Weile, überlegte anscheinend. „Was habt ihr gemacht? Ich hab doch gesehen, wie sie dich so tief ansah...“ „Eifersüchtig? Ich war ziemlich down, als du Schluss gemacht hast und sie hat mir geholfen.“ Laura setzte sich etwas auf. „Geholfen? Inwiefern?“ Wieder fragte ich: „Eifersüchtig?“ Laura sah auf meine Lippen, dann nickte sie. „Ich habe nicht gewusst, was ich mache...als dieser Typ mir die Drogen gespritzt hat...ich wollte doch gar nicht Schluss machen...aber dein Boss hat mir gesagt, dass das mit dem Beruf nicht klappen würde. Und ich stand ja noch so unter Drogen, also habe ich Schluss gemacht.“
Es verschlug mir die Sprache. „Wie...er hat das gesagt?“ Laura wollte erklären, doch in dem Moment kam Tina herein. „Mädels...Ich glaube dein Chef ist da draußen, Joey...Er hat sich mit so einem schwarzen Mann getroffen, der hatte einen Bart.“ Laura nickte. „Das ist mein Chef.“ Tina fuhr fort: „Und sie sagten etwas von Waffen..und ihr beide weg und jeder, der etwas mitkriegt...fragt mich nicht, was sie vorhaben, aber es klang nicht gut.“
Ich sah Laura an, Laura mich und wir beide sahen Tina an. „Tina du weißt zu viel.“, sagten wir wie aus meinem Mund. Wir beide fühlten uns wieder wie Agenten. Ich musste nicht einmal meine Gedanken aussprechen, als Laura schon sagte: „Oh nein! Sie kann nicht mit!“ „Aber was ist, wenn das wirklich passiert!?“ Meine Freundin schüttelte den Kopf. „Sie können uns doch nicht einfach so erschießen! Und Tina auch nicht...wieso sollten das unsere Leute denn tun?“ Ich stand auf und sah durch das kleine Fenster, das in der Tür war. Sie standen da immer noch und sahen immer wieder zur Tür aber ich konnte noch rechtzeitig auf Seite gehen, sodass sie mich nicht sahen.
Dann liefen sie zur Tür.
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RatherShort. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.