Geistertanz

von DreamOfSugar


Die Uhr schlägt zwölf. Am rabenschwarzen Himmel zieht eine Wolke über den Mond und bedeckt die Straßen mit einem dichten Todesnebel. Ich schleiche an dein Haus und sehe durch jedes Fenster. Es scheint geistlos zu sein, frei von Liebe und Geborgenheit. Ich durchquere eine offene Terrassentür und erblicke überall Staub und Kisten. Das Klavier ist abgedeckt mit großen Lacken, fast so, als solle jedes Leben ausgelöscht werden. Auch alle Kerzen scheinen fast bis zum Schluss abgebrannt zu sein oder stehen unbenutzt herum. Sie sind eingehüllt von einer dicken Staubschicht. Ich steige die Treppen hinauf und werde von einer Feldermaus erschreckt. Ich öffne die Schlafzimmertür und sehe die verstaubten Bilder auf deinem Schrank. Sie zeigen ein glückliches Paar, fast so, als seien wir es gewesen. Ich lege mich auf dein Bett, schließe meine Augen und versuche noch einmal deinen Geruch von süßen Kirschen wahrzunehmen. Tränen kullern über meine Wagen. Als ich meine Augen öffne, erblicke ich das Badezimmer. Mit zittrigen Schritten bewege ich mich darauf zu und öffne die Türe. Ich rieche immer noch den Duft von frischen Rosen und streiche mit meinen Händen über deinen Bademantel. Im selben Moment entdecke ich das Messer, das unsere Herzen durchtrennte. Es trägt eine Herzgravur am Griff und die Klinge ist immer noch mit Blut beschmückt. Plötzlich erblicke ich Kerzenschein im Korridor. Als ich das Badezimmer verlassen habe, rieche ich den Duft von Lavendel und höre wie jemand unser Lied auf dem Klavier spielt. Mit erwartungsvollen Schritten schreite ich die Treppen herunter und sehe überall die Kerzen brennen. Das Klavier ist befreit von den Lacken und ich sehe, wie sich jede einzelne Taste bewegt. Mir wird es ganz warm um mein Herz und ich verspüre Berührungen an meinem ganzen Köper. Ich fange an mich zu bewegen und stelle mir vor, wie wir zusammen auf dieses Lied tanzen. Ich schließe die Augen und versuche mir vorzustellen wie du mich küsst. Es fühlt sich an wie der Erste und zugleich auch wie der letzte Kuss. Die Musik verstummt und alle Kerzen erlöschen. Weinend sinke ich zu Boden und empfinde eine eiserne Kälte. Ich verspüre eine Müdigkeit, fast so, als raubst du mir meine letzte Kraft. Mein Herz hört auf zu schlagen. Als ich meine Augen wieder öffne, erblicke ich ein helles Licht. Plötzlich sehe ich dich und du reichst mir deine Hand, als forderst du mich zum Tanz auf. Es ist unser letzter Tanz. Der Tanz für die Ewigkeit, im Himmel für immer vereint.