von traum_zeit
Verschlafen blinzelte Alex unter ihrer Decke hervor. Noch hatte sie zwei Wochen Sommerferien, bevor der Maturastress beginnt.
Doch als sie die nun schon alltäglichen Geräusche der Baustelle nebenan hörte, war ihre Freude verflogen. Langsam aber sicher wurde sie wütend auf ihre neuen Nachbarn.
Wieso mussten sie ausgerechnet in den Ferien ihr neues Haus hier bauen und noch dazu auch noch eine Baufirma engagieren, die um sieben Uhr früh zu arbeiten beginnt.
Alex zog sich ihre Decke missmutig über den Kopf, sodass nur noch ihre Haarspitzen sichtbar waren. Leider hörten die Arbeiter dadurch nicht auf und so kletterte sie verschlafen aus dem Bett.
Schnell irgendwelche Klamotten aus dem Kasten raus und ab ins Bad.
Nach kurzer Zeit sah sie wieder wie ein Mensch aus und auch ihre Lebensgeister kehrten allmählich zurück.
Alex tapste Richtung Küche, wo ihre Eltern wie üblich schon beim Frühstück saßen.
„Nanu, warum bist du denn schon auf?“ fragte ihre Mutter sie.
„ Normal bekommt man dich doch nicht vor zehn Uhr zu Gesicht! Aber vielleicht geschah auch ein Wunder und mein Töchterchen hat gemerkt, dass es keinen Sinn hat, den halben Tag zu verschlafen.“, hakte ihr Vater nach.
Alex liebte ihre Eltern über alles und war ihnen auch dankbar dafür, dass sie akzeptiert hatten, dass ihre Tochter lesbisch war, doch für solche Aussagen wie die ihres Vaters, konnte sie ihnen den Hals umdrehen.
Darum antwortete sie auch entsprechend muffig: „ Versucht ihr mal zu schlafen, wenn neben euch ein Presslufthammer wie wild auf und abhüpft, aber ihr seit ja schon lange wach, wenn diese Folterknechte mit Decknamen Bauarbeiter mit ihrem Werk beginnen!“
Um die Stimmung etwas zu heben, erzählte ihr Vater, dass die neuen Hausbesitzer angekündigt hatten, sich in den nächsten Tagen vorstellen zu kommen. Genaueres wusste er aber auch nicht.
Nach dem Frühstück verabschiedeten sich Alex’ Eltern zu einem Einkaufsbummel in die Stadt. Sie wollten es genießen, bevor es zu heiß wurde.
Alex war gerade in ihr Buch vertieft, als es an der Tür klingelte.
„Haben wahrscheinlich wieder ihre Brieftaschen vergessen und sind zu faul, um noch mal reinzukommen!“, dachte Alex bei sich, schnappte die Schlüssel und ging zum Gartentor.
Vor der Tür stand eine junge Frau, schätzungsweise 20 oder 30 Jahre alt.
Ihre kurzen braunen Haare waren zu einer frechen Igelfrisur und ihre Lippen umspielte ein zartes Lächeln.
„Hallo, ich bin die Bettina, die neue Nachbarin! Ich wollte mich mal vorstellen in der Nachbarschaft und mich für den Lärm von meiner Baustelle entschuldigen.“
Alex hatte sich zwar vorgenommen, ihre neuen Nachbarn zur Rede zu stellen, doch als sie Bettina sah, war ihre Wut schnell vergangen.
Sie war nicht nur von ihrer Erscheinung fasziniert, sondern auch von ihrer Stimme und vor allem von ihrem Lächeln.
Dabei war sie gar nicht das, was im Allgemeinen als Schönheit bezeichnet wurde.
Nicht das sie hässlich, dick oder ungepflegt gewesen wäre, doch für Alex hatte sie eine magische Ausstrahlung.
Als sie sich wieder gefangen hatte, ermahnte sie sich selbst zur Ruhe und stelle sich selbst vor.
„Na dann auf in Zukunft bessere Nachbarschaft.“, meinte Bettina und da war auch schon wieder dieses Lächeln, das einen schwach werden lies.
Um sich noch ein bisschen mit ihr unterhalten zu können, lud Alex ihre neue Nachbarin auf einen Frühstückskaffee (wirklich Kaffee) ein, den diese auch dankend annahm.
Bei einer Tasse Kaffe saßen beide anschließend am Küchentisch und Bettina erzählte, wie sie zu dem Haus, dem Grundstück und dem ganzen Drumherum kam und was sie so noch alles vorhatte.
Wäre es nach Alex gegangen, hätte es schon genügt, Bettina einfach still anzusehen und ihr Lächeln zu genießen.
Leider war es nicht möglich, also antwortete Alex ziemlich einsilbig, um nicht allzu lange abgelenkt zu sein.
Bettina interpretierte ihr wortkarges Verhalten natürlich falsch und machte schon Anstalten zu gehen.
Da erwachte auch Alex wieder aus ihren Träumereien und entschuldigte sich bei ihrer Nachbarin für ihr Verhalten.
Am liebsten hätte sie gesagt: ‚Ich habe mich soeben in dein Lächeln verliebt’ brachte aber nur ein zaghaftes „Entschuldige bitte, aber ich bin mit meinen Gedanken noch im Bett“ hervor.
Doch wider Erwarten hatte dieser Satz auch eine positive Auswirkung.
Als nämlich Bettina zu grinsen und schließlich herzhaft zu lachen begann, konnte auch Alex nicht anders.
Was daran so komisch war, wusste wahrscheinlich keine von ihnen so genau, aber Hauptsache der Eisberg zwischen ihnen war geschmolzen.
Wie durch Zauberhand wurde ihre Unterhaltung jetzt auch freundschaftlicher.
Sie unterhielten sich im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt und verstanden sich prächtig.
Als jedoch Alex fragte, warum sie gerade hierher gezogen wäre, antwortete Bettina nur kurz, sie wollte ihre Vergangenheit hinter sich lassen, und hier ein neues Leben beginnen.
Mehr war aus ihr auch nicht herauszubekommen und Alex merkte auch, dass sie ihren wunden Punkt getroffen zu haben schien.
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traum_zeit. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.