Hauptsache angepasst!

von Schokogirl


Du gehst morgens aus dem Haus. Deine neuen Stiefel klingen wie ein rhythmischer Beat auf dem Asphalt. Die 100 Euro und 95 Cent scheint man nahezu mitklingen zu hören. Der Rhythmus passt perfekt zu der Musik, die aus deinem nagelneuen babyrosanem i-Pod stammt. Die goldene Sonderedition war leider ausverkauft. Dir blieb also nur noch das 20 GB Gerät für 399,00 € inklusive Mehrwertsteuer. Während du in deiner Diesel Jeans die Straße hinunterstolzierst, schaust du an dir herunter. Die Stiefel gefallen dir wirklich gut. Nur der Schnitt deiner Hose sagt dir nicht so zu. Diese Röhrenjeans hat wirklich einen sehr gewöhnungsbedürftigen Schnitt. Aber jede trägt sie. So schlimm kann ihr Schnitt also gar nicht sein, wenn sogar Diesel, Tommy Hilfiger und Miss Sixty solche Hosen in Massen herstellen und verkaufen. Du richtest deinen Blick wieder geradeaus. Locker lässt du deine Arme rechts und links von deinem Körper schwingen. Dabei versuchst du nicht zu vergessen deinen Hintern im Takt leicht auf und ab bewegen zu lassen. Lächelnd denkst du an die Tage zurück, an denen du das erste mal auf hohen Schuhen gelaufen bist. Wie lange ist das jetzt her? Du denkst lieber nicht daran wie schwer es dir gefallen ist von deinen bequemen Sneakers auf Schuhe mit Absätzen umzusteigen. Die ersten Gehversuche scheiterten kläglich und du dachtest schon, du würdest es niemals schaffen auf den Schuhen zu laufen, die die Welt bedeuten. Mittlerweile fällt es dir sehr leicht deinen Körper im Einklang mit deinen Schuhen zu bewegen. Nur abends wenn du mit schmerzenden Füßen und pochenden Blasen in deinem Bett liegst, wünscht du dir manchmal deine guten alten Turnschuhe zurück. Von einem kalten Windhauch wirst du aus deinen Gedanken gerissen. Du spürst wie sich eine Gänsehaut auf deinen Nieren bildet. Sie wandert weiter Richtung Rücken. Dein Dolce und Gabbana Oberteil reicht leider nicht ganz bis über deine nackte Haut an Bauch und Rücken. Einen Moment lang denkst du an deine alten Snoopy Unterhemden, doch im selben Augenblick schiebst du diesen furchtbaren Gedanken wieder zur Seite. Wenn dich jemand so sehen würde! Lieber schnürst du deinen Prada Mantel ein wenig enger zu und klappst deinen Pelzkragen hoch um dich vor dem Wind zu schützen. Du freust dich, dass sich diese Investition von 259 Euro wenigstens zu lohnen scheint. Doch ein kurzer Blick auf deinen hellen Pelzkragen, lässt dich deine Freude vergessen. Dein Make-Up, das du erst gestern bei Douglas gekauft hast, scheint ab einer gewissen aufgetragenen Dicke nicht dauerhaft zu halten. Innerlich verfluchst du die Verkäuferin, der du gestern eine geschlagene Stunde von deiner empfindlichen Haut und deinen Hautunreinheiten erzählt hast. Du hattest von Anfang an das Gefühl, dass diese Frau nicht die geringste Ahnung von ihrem Beruf hat. Genervt klappst du also deinen Kragen wieder runter. Sofort spürst du die eisige Kälte, die an deinem Gesicht vorbeizieht. Erneut überfällt dich eine Gänsehaut. Wenn du schneller läufst, dann bist du schneller in der Schule, denkst du dir. Du machst einige unüberlegte schnelle Schritte und im nächsten Augenblick hängst du mit deinem Absatz zwischen zwei Pflastersteinen fest. Gerade so schaffst du es das Gleichgewicht zu halten um nicht auf dem Boden zu landen. Doch deine Versuche deinen Schuh aus der tödlichen Falle zu befreien bleiben vergeblich. Du bist kurz vor einem Heulkrampf, doch bei dem Gedanken an dein Mascara, belehrst du dich selbst eines besseren. Nicht auszudenken, wenn deine Tränen in schwarzgefärbten Sturzbächen deine Wangen hinunterlaufen würden. In Gedanken spielst du dir schon das Horrorszenario vor, wie du mit verschmierten Make-Up und Mascara das Schulgelände betrittst.