Um LESARION optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern verwenden wir zur Auswertung Cookies. Mehr Informationen über Cookies findest du in unseren Datenschutzbestimmungen. Wenn du LESARION nutzst erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.




Stories » Detail

Katzenabenteuer

von iamamiwhoami


Katzenabenteuer

„Frau Erener.“, stellte ich nüchtern fest. „Sertab“, erwiderte die türkische Frau, die mir gegenüber saß. „Sertab? Ihr Vorname?“
Türken und ihre Namen. Hübsch, aber nicht ersichtlich welcher der Vor- und welcher der Nachname sein sollte.
„Ja, sie können mich ruhig beim Vornamen nennen. Ich hasse meinen Nachnamen.“
Netter ausländischer Akzent, dachte ich so bei mir und betrachtete sie aufmerksam. Leicht gebräunte Haut, wunderschöne und vor allem große braune Augen. Leicht geschwungener Mund und fast schwarz glänzende Haare.
Ein Augenschmaus.
„Sie hassen...?“, fragte ich ungläubig. „Nun gut, das tut hier nichts zur Sache, nicht wahr? Also, warum...“
„Das hat wohl etwas mit der Chose zu tun, Mademoiselle!“, schnitt sie mir das Wort ab. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es stahl sich einfach in meine Mundwinkel.
„Sie wissen ganz genau, warum ich hier bin!“
„Erzählen sie.“
„Meine Geschichte findet viele Generationen zuvor ihren Anfang, müssen sie wissen. Mein Vater bekam seine Frau schon in Kindesjahren zugesprochen, ähnlich wie mein Großvater und wiederum sein Vater. Genauso wurde ich, seine einzige Tochter, schon früh einem Mann versprochen. Genaugenommen meinem jetzigen Mann. Mein Vater hat ohne Rücksichtnahme auf mich gehandelt. Er hat mich geschlagen, wenn ich mich ihm nicht fügte. Meine Mutter konnte nichts tun. Sie wollte auch nichts tun. Es ziemt sich nicht, wenn die Frau das Wort gegen ihren Mann erhebt. Mein jetziger Mann ist nicht besser.“, schloss sie ihren kleinen Bericht.
„Ich muss sie loswerden! Und zwar alle beide!“, fuhr sie mich an.
Ich schob meine rechte Augenbraue in die Höhe und sah sie an.
Die Türkin saß mit angespannten Gesichtszügen vor mir. Von ihrem Teller hatte sie noch nicht einmal den Salat angerührt.
„Essen sie.“, sagte ich ruhig. Verständnislos sah sie mich an, fing jedoch an, ihren Salat aufzuspießen.
Ich tat es ihr gleich, denn auffallen wäre das Letzte gewesen, was wir wollten.
Das Ambiente war hervorragend. Wir saßen auf hölzernen Stühlen mit roten Samtbezug in einem großen runden Saal. Eine einzige Kerze erhellte unseren kleinen runden ebenfalls hölzernen Tisch. Der Wein war ausgezeichnet. Nun gut, ich hatte ihn ja schließlich ausgesucht, sowie das Restaurant.
„Irgendwie habe ich keinen Hunger mehr.“, sagte ich leichthin. Sie sah mich an.
Ich stand auf, sie tat es mir gleich und uns wurden unsere Mäntel gebracht. Ich nahm den ihren und hielt ihn, während sie hineinschlüpfte.
„Ich darf sie doch nach Hause begleiten, oder nicht?“. Sie lächelte.
Eigentlich war es keine Fragen gewesen. Es war ein Wagnis.
Ich bot ihr meinen Arm an und sie hakte sich ein. Die Tür hielt ich ihr auch auf und sie setzte sich vorsichtig auf das weiße Leder.
Aus ihrem Lächeln war ein verschmitztes Grinsen geworden, was sie dezent hinter einem Husten verbarg. Ich bewunderte innerlich ihr schönes Auto und dachte so bei mir, dass es ihr an Geld nicht fehlen dürfte.
Minuten später wurde ich schon wieder aus dem Wagen herausgezogen und war somit nicht mehr der führende Part. Sie kramte in ihrer hübschen schwarzen Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel und bald lagen wir, umgeben von diversen Kleidungsstücken, halb nackt auf einem großen weichen Fell vor dem imposanten Kamin. Ihr Mann besaß mehrere kleine Wohnungen, wie diese, wo man ungestört sein konnte, und das Hauptgebäude, in dem beide wohnten, befand sich am Ende der Stadt, etwas abgelegen.
Aber warum jetzt darüber nachdenken, ob plötzlich ihr Mann in der Tür stehen könnte, wenn man so eine Versuchung vor sich liegen hatte?
Das weiße Fell umrahmte ihren makellos braunen Körper und sie streckte ihre Arme nach mir aus. In ihrem Blick lag Verlangen, obwohl ich mir vorstellen konnte, dass sie solche Touren oft ohne Wissen des Gatten unternahm.
Ich behielt mein Weinglas in der Hand und ließ mich neben ihr nieder.
Langsam ließ ich das rote Getränk an ihrem Hals herunterlaufen, bevor ich es mit meiner Zunge auffing. Ich verfolgte die Spuren des Weines über den ganzen Körper und ließ meiner Fantasie freien lauf. Aber da griff sie auch schon nach meinen Hüften, wälzte sich auf mich und presste ihren Mund auf meinen.
Wohl keine von der romantischen Sorte, stellte ich nüchtern fest. Sie ließ ihre Hüften auf meinen kreisen und hielt mich oberhalb mit ihrem Mund gefangen. Ihren Händen dagegen ließ sie freien Lauf und bald war auch ich wieder an der Reihe, ihr den gleichen Genuss zu bereiten. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Haut und ich wusste, dass wir nicht eher aufhören würden, bis jeder von uns auf seine Kosten gekommen war.

Ich ließ meinen Blick über mein Spiegelbild in dem großen gerahmten Spiegel gleiten und sah den ihren folgen.
Von meinen schulterlangen blonden Haaren und meiner schönen grade Nase über meine schmalen Schultern, an meinem Anzug entlang bis zu den schwarzen hohen Schuhen.
Ich genoss es beobachtet zu werden, war mir jedoch bewusst, dass ich mich keine Sekunde länger ihren Fängen hingeben durfte.
„Bring mir das nächste Mal ein Glas oder irgendeine Fläche mit, worauf dein Vater seine Fingerdrücke hinterlassen hat. Ach, wohnt er eigentlich in Deutschland?“
„Nein, in der Türkei.“
„Veranlasse, dass er für ein oder zwei Wochen zu Besuch kommt.Möglichst bald!“, setzte ich noch scharf hinzu.
„Ich werde es veranlassen. Keine Sorge. Und dein Glas bekommst du auch.“
„Fein, bis dann. Ich werde mich zu gegebener Zeit melden.“
Ich sah sie noch einmal an, drehte mich dann herum und verließ ihre Wohnung.

Das Schloss knackte, als ich meine Wohnung aufschloss und die Tür quietschte auch. Ich musste wohl mal wieder etwas dran machen, aber momentan ließ sich kein Fünkchen Lust dazu auffinden. Ich ließ die Tür hinter mir zufallen, meine Finger glitten über das Radio, bis ich im Vorbeigehen den Schalter umgelegt hatte und leise Jazzmusik durchschwebte den großen, hellen Raum.
Ich ließ mich auf mein rotes Sofa fallen und die reiche Morgensonne, die sich durch meine beiden großen Fenster kämpfte, strahlte mich an.
Komisch die Frau. Sehr komisch. Obwohl ihre Geschichte schon einen langen Leidensweg verzeichnete, konnte ich kein Mitleid dafür empfinden. Ihr ging es anscheinend auch nicht mitleiderregend.
Nachdem ich mir einen kleinen Snack gegönnt hatte, ging ich nebenan ins Schlafzimmer und ließ mich rittlings auf das Bett fallen. Ich war todmüde.
Zu müde, um das Telefon abzunehmen, als es gerade anfing zu klingeln.
Aber es ließ nicht locker, als wollte es mich krampfhaft am Schlafen hindern.
„Ja...“, kam es langgezogen aus meinem Mund.
„Donnerstag? Selbe Zeit, selbes Ambiente?“, hauchte mir eine Stimme entgegen, die ich nur zu gut kannte.
„Gerne, bis dann.“, und wir legten auf. Ich lächelte und kurz darauf schlief ich ein.
2 Wochen später ließ ich von mir hören.
„Hast du das Glas?“, fragte ich sie forsch am Telefon.
„Aber natürlich“, hörte ich sie lächelnd sagen, „Und mein Vater ist auch schon eingetroffen.“
„Gut, ich komme vorbei.“, somit beendete ich das Gespräch und ließ das restliche Kleingeld in meiner Hand klingen, als ich aus der Telefonzelle heraustrat.
Am Ende der Stadt sah ich das große Haus emporragen, mit seinen vielen kleinen Dachzinnen und Vorsprüngen. Fast wie ein Palast.
Als ich klingelte, ließ der Lautsprecher „Komm hoch“ verlauten und ich machte mich auf den Weg. Die Eingangshalle sah aus wie eine Rezeption in einem Hotel, aber durchaus geschmackvoll eingerichtet. Ich hörte links den Fahrstuhl surren und drückte den Knopf, als ich angekommen war. Die schwere graue Tür öffnete sich und ich trat ein. Fast übersah ich den dunkelhäutigen Mann, der ängstlich in einer Ecke des Fahrstuhls stand. Er klammerte sich krampfhaft an die Halterung des Innenraums und blickte mich hilfesuchend an.
„In welchen Stock wollen sie?“, fragte ich ihn freundlich, bereit einem alten Mann zu helfen. „In der zweite, zu meine Tochter, aber dies Mostrum nicht öffnen sich mag.“, kam prompt die Antwort. Aha, der Vater.
„Kein Problem, ich bin auf dem selben Weg.“
„Oh, und was sie suchen hier?“, fragte er mich misstrauisch. Aber bevor ich antworten musste, ließ ich mich ungeschickt gegen das Schaltzentrum fallen und drückte schnell die Stop-Taste. Somit ruckte der Fahrstuhl etwas und blieb stehen. Der alte Mann geriet nun völlig aus der Fassung. Eingesperrt werden wir bleiben, ersticken werden wir, rief er aufgeregt in seinem gebrochenen Deutsch. Das Notruftelefon funktionierte nicht, weil ich die Taste eingeklemmt hatte und somit konnte ich mich nun ganz in Ruhe seiner annehmen.
„Okay“, sagte ich, „Dann überbrücken wir halt etwas die Zeit.
Setzen sie und beruhigen sie sich, es ist alles okay. Nur eine Frage der Zeit, bis das hier alles wieder funktioniert.“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
„Erzählen sie mir ein bisschen von sich.“, forderte ich ihn auf. „Wie lange leben sie schon in Deutschland und kommen sie gut mit ihrer Tochter aus?“
Das alles ratterte ich in einem so einfühlsamen Ton herunter, dass er gar nicht anders konnte, als mir zu antworten.
Und so erzählte er mir in seinem wenigen Deutsch nacheinander eine Reihe von Dingen, die ich schon wusste und durchaus ein paar, die mir neu waren.
Er hatte damals ein beträchtliches Vermögen von seinem Vater geerbt, als er seine Geliebte zur Frau nahm und war mit ihr nach Deutschland gekommen, um der Familie eine bessere Perspektive bieten zu können.
Sertab war seine einzige Tochter und weil er anfangs so unter der Strenge seines Vater, die auch die Zwangsheirat beinhaltete, gelitten hatte, sollte es seiner Tochter nicht ähnlich ergehen. Somit ließ er ihr also seit einem gewissen Alter Raum für die selbstständige Partnersuche.
„Deutscheland hat uns..nun, wie sagt man...ein wenig zivilll..“
„Zivilisiert?“, half ich aus.
„Ja. Aber ich mache Sorge. Sertab war schon dreimal verheiratet und jedes Mal Mann hat gemacht, ähm, Abgang, sie hat gesagt.“
Ich zog meine Augenbraue in die Höhe und konnte mir denken, was „Abgang“ bedeutete.
Nun war ich also der Wahrheit ein Stückchen näher und hätte in meinem Arbeitseifer fast die Rache an der falschen Person ausgeübt.
Nun, geschmeidig wie ich war, wollte ich den guten Vater und mich nicht auffliegen lassen, sondern mir einen hübschen Plan ausdenken.
Denn ein bisschen Spaß bei der Sache sollte doch für mich bleiben, wenn der Auftrag schon geplatzt war.
Ich setzte den Fahrstuhl wieder in Gang und wir gelangten gesund und munter im zweiten Stock an. Er heilfroh und ich ernüchtert.
„Da seid ihr ja!“, rief sie aus, als Sertab uns entdeckt hat.
„Schön sie zu sehen. Würden sie mich wohl in mein Büro begleiten?“
Und während sie ihrem Vater noch einige Anweisungen gab, ließ ich mich im Raum nebenan in einem der großen schwarzen Sessel vor ihrem Schreibtisch nieder. Sie war zum Sie übergegangen. So einfach ging das also. So einfach zu vergessen. Wie konnte eine hübsche Frau wie sie nur so aalglatt und berechnend sein? Gewusst hatte ich es schon in dem Moment ihres Lächelns auf meine Anspielung. ‚Eine Anzahlung’ oder besser ein Vorgeschmack?, hatten ihre Augen gesagt.
Ich wandte mich ihr zu, nachdem ich den Raum eingehend gemustert hatte.
Hohe Wände, flauschiger Teppich und ein paar Schränke. Durchaus gemütlich und doch respekteinflößend.
Sie ließ sich mir gegenüber in ihrem ebenfalls großen Sessel nieder und spielte mit ihren Fingern nervös an dem Rand der Glasplatte des Schreibtisches rum.
„Hier, das Glas.“ Sie schob es, ohne es mit den Fingern zu berühren, mit dem Handrücken über den Tisch.
„Die Abdrücke deines Vaters?“, fragte ich vorsichtshalber noch einmal nach.„Ja.“
Ich zog mir meine Handschuhe über und stülpte das bauchige Wodkaglas verkehrt herum in eine Plastiktüte. Mit einem Klicken ließ ich sie am oberen Ende zusammenklappen.
„Schön“, sagte sie.
„Fein“, gab ich meinen Kommentar ab und wartete auf eine Reaktion, einen Hinweis von ihr, der nicht lange auf sich warten ließ.
Sie nahm einen meerblauen Kugelschreiber, aus dem ebenfalls blauen samtenen Etui und schrieb etwas auf einen kleinen Zettel, der von einem Stapel solcher zu ihrer Rechten stammte.
„Ruf mich bitte das nächste Mal unter dieser Nummer an. Fast wäre mein Vater hier ran gegangen. Ich gehe nicht gerne Risikos ein.“, setzte sie noch hinzu und legte den Stift wieder in sein Etui. Ich beobachtete jeden ihrer Griffe mit äußerster Präzision.
Als sie fertig war, legte sie ihrer Hände zu einer Art Stütze und ließ ihr Kinn darauf ruhen. „Nun...?“, fragte sie leise.
Ich fing leise an zu husten, bis es sich zu einem Hustenreiz entwickelt hatte.„Die staubige Luft hier drinnen; hast du vielleicht einen Schluck Wasser?“, und so hustete und röchelte ich weiter.
Sie sprang auf und begann sich schnell bewegend die Suche nach einem Schluck zu trinken für mich.
Ich indes erhob mich schnell aus meiner tiefen Sitzgelegenheit, ging um den Schreibtisch herum und nahm den Kugelschreiber aus dem Etui. Die Handschuhe hatte ich angelassen. Ich zog einen dicken Pinsel aus meiner Jackentasche und pinselte eine Art Staub darüber, den ich in einer kleine Tüte aufbewahrte. Neben den Schreibutensilien fand ich Klebeband, schnitt einen Streifen ab und klebte ihn auf die Breitseite des Stiftes. Langsam zog ich es wieder ab und verstaute es ebenfalls in einer Plastiktüte.
Schnell setzte ich mich wieder und ließ die Gummihandschuhe von meinen Händen schnappen. Ich fing wieder an ein wenig zu röcheln, denn ich hörte ihre Schritte im Gang.
Gleich darauf kam sie wieder zurück mit einem Glas Wasser für mich.
Dankend nahm ich es entgegen und stillte meinen Hustenreiz.
Als ich mich gefasst hatte, blickte ich in ihre wartenden Augen und fragte noch einige Dinge. Was für Gewohnheiten ihr Mann hatte. Wann er abends seinen Wein oder Schnaps trank. Ob nur gelegentlich oder kontinuierlich und um welche Uhrzeit. Wann sie zu Bett gingen.
„Alles weitere werde ich einfädeln. Verlass dich darauf.“, sagte ich ihr, ohne eine Miene zu verziehen.
„Fein. Dann...“
„Auf Wiedersehen.“, sagte ich und gab ihr die Hand.
„Auf Wiedersehen.“, antwortete sie betont und drückte kurz meine Hand.
Ich ging aus dem Zimmer, während sie es vorzog sitzen zu bleiben.
Aber ich fand den Weg auch so und nahm diesmal die Treppe statt den Fahrstuhl.

Ich zog den Reißverschluss meines schwarzen Anzugs zu und schulterte den Rucksack. Sorgfältig verschloss ich die Tür.
Auf leisen Pfoten schlenderte ich wie eine schwarze Katze durch die Stadt, von einer Laterne zur anderen. Ich summte eine leise Melodie, die ich erst kürzlich im Radio gehört hatte und war wachsam wie nie. Ich wusste bei aller Lässigkeit, dass man mich nicht bewusster, als den Schatten einer herumstreunenden Katze wahrnehmen durfte.
Als ich bei dem kleinen Schlösschen ankam, sah ich, dass noch Licht in seinem Arbeitszimmer, was mir Sertab von innen wie von außen beschrieben hatte, brannte. Genau davor war ein Blumenstock angebracht, der sich die Wand hochrankte.
Ich griff nach den ersten zwei Sprossen und war froh, dass es keine Rosen und Blumen mit Dornen und derartigen waren, denn Blutspuren hätten sich nicht so gut gemacht.
Ich war unterhalb des Fensters angelangt und versuchte einen Schatten auszumachen, den ihr Mann in seinem Zimmer beim Licht werfen könnte. Als ich nichts erkennen konnte, kletterte ich seitlich vom Fenster entlang und lugte von dort aus hinein. Sertabs Mann saß gemütlich am Schreibtisch über ein paar Papiere gebeugt und sah nicht danach aus, als ob er bald aufstehen und zu Bett gehen würde. Rechts von ihm stand ein bauchiges Glas mit einer Flüssigkeit aus der er sich ab und zu einen Schluck genehmigte. Ideal. Ich suchte Sertabs Nummer in meinem Pieper und klingelte sie an. Jetzt müsste es bald soweit sein.
Und ehe ich mich versehen hatte, kam sie ins Büro gestürzt und fuchtelte wild mit den Armen herum, schier in Panik. Der dicke Mann erhob sich aus seinem Sessel und ging mit wiegendem Schritt mit ihr aus der Tür. Ich blieb noch ein paar Sekunden an meinen Stock geklammert hängen und versuchte dann mit einem Fuß Halt auf dem Fensterbrett zu finden. Ich schwang mich nicht gerade graziös ganz vor das Fenster und klammerte mich am Fensterrahmen fest. Der Verschluss war gelockerte, wie versprochen.
Vorsichtig stieg ich ein.
Ich tänzelte zum Schreibtisch und fischte ein kleines Gefäß mit einem Pulver aus meinem Rucksack und schüttete vorsichtig etwa die Hälfte davon ins Glas. Ich nahm ein kleines Löffelchen, was sich im Gefäß befand und rührte das Pulver unter den Wodka. Ich hatte vorsichtig sein müssen mit der Dosierung, weil Alkohol die Wirkung noch verstärkte. Als nächsten nahm ich eine kleine Tüte heraus, worauf ein kleiner Zettel klebte mit der ordentlichen Beschriftung „Sertab“. Die Gummihandschuhe hatte ich gleich nach dem Betreten des Zimmers angelegt, somit nahm ich ohne Probleme das kleine Stück Klebeband heraus und strich es mit der schmutzigen Klebeseite auf die bauchige Rundung des Glases und langsam zog ich es wieder ab.
Plötzlich waren Schritte auf dem Flur zu hören und ich zischte `verdammt`.
Ich hörte sie draußen reden und wusste, das sich Sertab bewusst war, dass ich noch da weilte. Ich stopfte das Fläschchen und die Tüte wieder in meine Tasche, sah mich noch einmal um, ob ich auch nichts außer Acht gelassen hatte und stieg wieder aus dem Fenster.
Ich hakte die Verankerung wieder ein und klettere den Blumenstock hinunter.
Als ich unten angekommen war, besann ich mich darauf, dass es gut möglich war, dass er nichts mehr trank und mit dieser Überlegung klettere ich noch einmal hinauf, um die Szenerie zu beobachten. Sertab stand vor seinem Schreibtisch und goss sich selbst ein Glas Wodka ein. Sie stießen an und tranken beide. Schlaues Mädchen, lobte ich sie in Gedanken und trat den Heimweg an.
Ich kicherte leise.
Auf halben Weg blieb ich stehen und ging in eine nicht beleuchtete Telefonzelle. Ich zog den Reißverschluss wieder auf und schlüpfte aus dem engen Anzug und strich das zum Vorschein kommende kleine schwarze Kleid glatt. Ich nahm eine dünne Kette aus der Seitentasche und legte sie mir um.
In der spiegelglatten Wand der Zelle richtete ich meine Haare und betrachtete das noch sitzende Make up.
Den Rest verstaute ich in der Tasche und trat aus der Telefonzelle, nicht ohne mich noch einmal gründlich umzuschauen.
Als ich die Straße weiter hinunter ging, hielt ein schwarzes kleines Auto neben mir und jemand stieß die Beifahrertür auf.
„Steig ein.“, hauchte mir eine Frauenstimme zu und ich wusste, dass ich mich nicht im Datum geirrt hatte. Donnerstag.

Ich stand unten vor dem kleinen Hotel und fror in meinem kleinen Schwarzen.
Nach nur kurzer Zeit hielt ein Taxifahrer vor mir und ich ließ mich schnurstracks ans andere Ende der Stadt, zu Sertabs Schlösschen bringen.
Ich wusste instinktiv, dass sie noch am selben Abend die Polizei gerufen hatte.
Und genauso instinktiv oder besser wusste ich, dass die Polizei hierzulande gerne früh anfing zu arbeiten. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um aus dem Autofenster heraus ihre Festnahme zu sehen.
Sie kam im Schlepptau eines Polizisten den Kiesweg hinunter, wo das Polizeiauto stand. „Ich war das nicht!“, diskutierte sie laut mit dem Mann.
„Jaja“, antwortete dieser, „Genau, wie sie das mit ihren letzten drei Männern nicht waren. Nur diesmal hat es nicht geklappt.“
Ich freute mich diebisch und in diesem Moment erblickte sie das Taxi.
Sie funkelte mich mit ihren dunklen Augen an, aber sagte nichts.
Auf meinen Befehl hin wendete der Taxifahrer scharf und fuhr mich nach Hause. In meiner Wohnung ließ ich mich auf mein Bett nieder und legte mich hin.
Schön hatte ich das gemacht. Gerade genau viel hatte ich in den Drink ihres Mannes gemixt, dass er den Puls verlor, jedoch nicht zu stark vergiftet wurde, so dass er am Leben blieb. Der arme Mann bekam wahrscheinlich gerade den Magen ausgepumpt. Das tat mir nun leid für ihn, dass er als Werkzeug für meine Pläne hatte dienen müssen. Der Streifen Klebeband war mit Sertabs Fingerabdrücken von dem Kuli bestückt und hatte sie eins zu eins auf das Wodkaglas ihres Mannes übertragen.
Nun würde man die Todesfälle der letzten drei Männer noch einmal aufrollen und genaustens überprüfen und wenn sie Pech hatte, würde sie ihrer gerechten Strafe nicht entgehen können. Leid tat es mir für den Vater, der der Wahrheit über seine Tochter nun ins Auge blicken musste. Aber was soll’s, sagte ich mir und lächelte.



copyright © by iamamiwhoami. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


...\"und ließ meiner Fantasie freien lauf\"
no_woman_no_cry - 22.01.2005 12:53
::::
Joker27 - 14.01.2005 15:27
mhh...
interessante geschichte..wie immer also ;o)
freshkiss - 14.01.2005 14:50
Applaus
ordinary - 10.01.2005 14:08

vivalavita: 30 Karat Karneval - Freitag 28.2. - 20 Uhr in Kölle - 2 Floors - Karneval - Dance/Charts - Instagram 30 karat deluxe      +++     >>> Laufband-Message ab nur 5,95 € für 3 Tage! <<<