Um LESARION optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern verwenden wir zur Auswertung Cookies. Mehr Informationen über Cookies findest du in unseren Datenschutzbestimmungen. Wenn du LESARION nutzst erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.




Stories » Detail

Leuchtende Menschen (13)

von EimoH


„Ich bin so nervös!“, jammerte Luzi und ihre Freund*innen ignorierten sie mittlerweile, weil sie ihnen seit einer Stunde damit in den Ohren lag, dass sie sich sorgte, wie es werden würde, Lydia später bei der Karaoke zu treffen. „Was soll denn schief gehen?“, fragte Karla, die Geduldigste der Gruppe und lächelte Luzi aufmunternd an. Euphorisch, endlich ein offenes Ohr für ihre Befürchtungen gefunden zu haben, sprudelte Luzi los: „Was, wenn es wie das letzte Mal wird, als ich jemanden toll fand?“ „Du meinst Lola?“, schaltete sich Marcus ein. „Ja.“, nickt Luzi. „Das war echt komisch. Erst dachte ich, sie wäre an mir interessiert und dann treffe ich sie bei der Party und sie ist bereits nach einem Treffen genervt von mir. Oh nein, was, wenn Lydia auch genervt von mir sein wird? Oh nein, Leute, ich kann nicht mitkommen!“ Nun sahen sie sie alle verdutzt an und Inaya sagte nur: „Wow.“ Und nach einer kurzen Stille sprach sie weiter: „Ich glaube, so abgedreht hab ich dich selten erlebt. Komm mal wieder runter, Lydia ist nicht Lola.“ Und mit einen neckischen Grinsen fügte sie hinzu: „Lydia scheint dich ganz schön aus der Bahn zu werfen.“ „Nein! Ich bin traumatisiert, das ist alles. Und ja, Lydia ist halt total krass. Und groß!“ Marcus und Inaya prusteten los und Karla sah sie mitleidig an. „Du bist auch groß, Luzi!“, versuchte sie sie zu beruhigen und die Anderen lachten noch mehr. „Nicht dass ich es nicht ernst nehmen möchte, was du sagst und fühlst, aber ein Trauma bezeichnet seelische Wunden und wir sollten den Begriff nicht zu leichtfertig benutzen.“, sagte Karla mahnend, riss sich aber sichtlich zusammen, nicht auch loszulachen. Luzi nickte überrascht: „Das wär übertrieben und unbedacht, stimmt.“ Karla startete einen letzten Versuch: „Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst. Lydia hat dich in den letzten Wochen näher kennenlernen können.“ Karla feixte. „Und sie hat trotzdem zu einem Date zugesagt.“ Nun konnte sich niemand mehr zurückhalten loszulachen. Marcus und Inaya wieherten mittlerweile vor Lachen und Luzi stimmte mit ein. Lachen tat verdammt gut und holte sie auf den Boden zurück. „Entspann dich, Luzi.“, sagte Marcus schließlich. „Lydia scheint dich sehr zu mögen und du sie anscheinend auch ein kleines bisschen. Und wenn sie nicht extrem toll zu dir ist, dann werden wir zur Stelle sein und sie zusammenfalten!“ „Oder eben dein kleines Hüpfeherzchen wieder zusammenflicken.“, ergänzte Karla und Marcus sagte: „Oder eben das.“ „Ich glaube“, sagte Inaya laut, „wir müssen dich mal auf andere Gedanken bringen. Was willst du heute singen?“
Sie betraten die Bar und lautes Stimmengewirr schlug ihnen entgegen. Auf der Leinwand lief der Text zu ‚Blank Space‘ von Taylor Swift und die singende Person wurde von dem Publikum tatkräftig unterstützt. Sie schlängelten sich durch die Menge und fanden einen kleinen Platz am Fenster, wo sie sich setzen konnten. Luzi sah sich um und entdeckte Lydia in einer Gruppe von Leuten an einem Tisch auf der anderen Seite des Raums. Lydia sah zu ihr hinüber und zwinkerte ihr schelmisch zu. Ein kribbelig-wohliges Gefühl breitete sich sofort in Luzi aus und in ihrem Bauch flatterte es wie verrückt. Sie konnte es kaum fassen. Es war einfach ok. Sie ließ sich von Karla eine Mate von der Bar mitbringen und verfolgte begeistert, wie wenig später Nukas ‚Man Down‘ von Rihanna sang. Die Menge applaudierte inbrünstig, als sie geendet hatte. Dann trat Lydia ans Mikrophon und eine flimmernde Aufregung stieg in Luzi auf. Die ersten Töne erklangen und Luzi kam das Lied bekannt vor, kam aber nicht auf die Band. Sie sah zur Leinwand, wo gerade noch Titel und Band standen. Es war ‚Peppermint‘ von Lovers. Lovers waren Luks Lieblingsband und ey jubelte Lydia zu, die den Jubelruf elegant mit einem Nicken und charmanten Lächeln quittierte. Dann konzentrierte sich Lydia auf den Text, der nun auf der Leinwand erschien, und Luzi musste den Blick abwenden und sah auf ihr Getränk. Sie wusste selbst nicht, warum sie so aufgeregt war. Lydias Stimme erklang durch die Boxen neben der Leinwand und Luzi hielt den Atem an. Lydias Stimme war leicht und klar und sie schien das Lied gut zu kennen, denn sie traf anscheinend jeden Ton und es war faszinierend schön. Luzi sah zu ihr und der Anblick fesselte sie. Lydia stand vor dem Mikro, sang ein wunderschönes Lied und wirkte dabei stark und ungeahnt verletzlich zugleich. Sie konnte ihren Blick nicht mehr von ihr lösen, denn sie hatte nicht erwartet, Lydia auf diese Weise zu sehen. Sie genoss es in vollen Zügen, sie in aller Ruhe betrachten zu können. Lydia sah schick aus, sie trug ein dunkles T-Shirt mit einer matten Stoffweste darüber, was sie einerseits taffer aussehen ließ, andererseits aber auch ihre neckische Seite betonte. Sie bewegte sich sanft im Takt und hatte den Blick konzentriert zur Leinwand gerichtet. Luzi war wie gebannt. „Pass auf, dass du nicht sabberst.“, raunte Inaya ihr zu, aber Luzi ignorierte sie. Dann endete das Lied und es wurde wieder wild geklatscht. Luzi wandte schnell den Blick ab, denn bedeutungsschwangere Blicke nach so einem intensiven Moment hätte sie nicht ertragen können. Sie sah zu Luk und überlegte angestrengt, was sie singen konnte. Inaya und Karla wollten zusammen singen, Luk gar nicht, denn ey hasste Singen und Luzi entschied sich schließlich für ‚Stronger‘ von Britney. Karla meldete ihre Liedwünsche an und sie waren schnell an der Reihe, weil der Abend noch so jung und die Leute noch so schüchtern waren. Luzi wusste, dass sich das bald ändern würde. Karla und Inaya schmetterten ihren Nirvana-Song schräg und laut ins Mikrophon und alle grölten mit. Dann war sie an der Reihe, stand aufgeregt auf und als Titel und Sängerin auf der Leinwand erschienen, gab es lachende Jubelrufe aus dem Publikum. Sie sah zu Lydia hinüber und diese grinste belustigt. Die Musik begann und sie sang leidenschaftlich, wobei sie ihre Stimme ein wenig übertrieben nasal klingen ließ. Sie hatte eine gewisse Britney-Gesangstimme angenommen, mit der sie die Leute zum Lachen brachte, die aber erstaunlich gut zu passen schien. Es machte ihr riesigen Spaß und sie sah, wie Inaya und Luk sich kringelten vor Lachen und versuchten, wie Teenie-Fans zu kreischen, als das Lied zu Ende war. Sie ging zu ihnen zurück, stürzte ihren Rest Mate herunter und sie überlegten aufgedreht, was sie als nächstes singen wollten. Luzi fühlte sich ausgelassen und beschwingt und freute sich, als wenig später Lydia zu ihnen herüberkam, um sie zu begrüßen. „Es war so schön, wie du das Lied von Lovers gesungen hast.“, rief Luk gleich, als sie sich setzte und Lydia dankte emm vergnügt. Luzi stellte sie alle einander vor und Inaya tat im Scherz, als würde sie Lydia nicht kennen, und schüttelte ihr übertrieben die Hand. „Ich wusste nicht, dass du Britney-Fan bist.“, wandte sich Lydia an Luzi und diese lachte. „Großer Fan!“ „Ja, du müsstest mal ihr Zimmer sehen, alles voller Bravo-Poster von Britney.“ „Ach echt?“, sagte Lydia gespielt überrascht. „Tja, ich muss dann mal los.“, fügte sie hinzu und tat, als müsse sie schnell fliehen, aber Inaya hielt sie panisch zurück. „Warte! Keine Angst, es gibt auch noch Poster von den No Angels und Christina Aguilera.“ „Na wenn das so ist.“ Sie lachten und redeten dann über tolle Karaoke-Lieder, lauschten einer gefühlvollen Performance von ‚Bad Guy‘ von Billie Eilish und dann fragte Lydia: „Hast du Lust auf ein wenig frische Luft?“ Luzi nickte beschwingt.
Sie schlängelten sich durch die Menge und atmeten die warme, aber im Vergleich zu drinnen sehr frische Luft ein, als sie raustraten. Lydia führte sie zum Hauseingang des Nachbarhauses und grinste sie verwegen an. „Ich finde, du hast wunderschön gesungen.“, sagte Luzi. „Und du hast also Lust auf ein Date mit mir?“, raunte Lydia verwegen und trat einen Schritt näher. „Was hättest du getan, wenn ich ‚nein‘ gesagt hätte?“, hauchte sie Luzi zu. Luzi blickte nachdenklich gen Himmel. „Du wirkst nicht so, als würdest drauf stehen, eifrig umworben zu werden, also hätte ich wahrscheinlich keine Eroberungsversuche gestartet. Wahrscheinlicher ist, dass ich gewartet und dich weiter aus der Ferne angehimmelt hätte.“ „Wenn ich drauf stehen würde, hättest du Eroberungsversuche gestartet?“ „Glaubst du nicht, dass ich jemanden charmant bezirzen könnte?“, fragte Luzi und lachte leise. Sie standen nah voreinander und Luzis Blick fiel auf Lydias Lippen. Ihr Mund, den sie so schön fand, lächelte verlockend. "Oh doch, das glaube ich.“, antwortete Lydia hingerissen, „Ich würde dir so manches zutrauen.“ „Wer hätte gedacht, dass sich hinter einer so harten und abweisenden Schale ein so süßer Kern verbirgt?", flüsterte Luzi und sah, dass Lydia plötzlich irritiert blinzelte. "Was meinst du damit?", fragte die zaghaft. Luzi wollte ehrlich sein und so sagte sie verlegen: "Na anfangs warst du ziemlich abweisend zu mir." "Abweisend?", fragte Lydia weiter irritiert nach. "Zu cool, um freundlich zu sein?", versuchte Luzi es neckisch. Lydia schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich habe deine Blicke bemerkt und wie soll ich sagen? Ich konnte sehen, dass du mich für naiv und schwach gehalten hast. Aber jetzt haben wir uns näher kennengelernt und..." Ihre Stimme versagte bei der Erkenntnis, dass sie das Gefühl hatte, sich gegenüber Lydia bewehrt zu haben, als hätte sie erst beweisen müssen, dass sie eine aktivistische Feministin war. Sie wollte es gerade aussprechen, als sie viel zu spät bemerkte, dass Lydia sie mit Entsetzen gemustert hatte. "Das, denkst du, haben meine Blicke bedeutet?" Und nun erkannte Luzi Verletzung in ihrer Stimme. "Das haben sie nicht." Lydia trat einen kleinen Schritt zurück und sah Luzi ratlos an. "Ich konnte von Anfang an meinen Blick nicht von dir wenden, weil ich es mutig fand, wie locker du Lola in diese bestimmt überfordernde Gruppensituation gefolgt bist. Ich fand dich von Anfang an toll, Luzi." Sie musste schlucken. "Aber es irritiert mich, was für ein Bild du von mir hast, denn ich kann mich darin nicht wiedererkennen." Sie trat einen weiteren Schritt von Luzi weg und diese konnte es nur überfordert mitansehen. "Ich muss mal auf die Toilette.", schloss Lydia als Luzi schwieg, drehte sich schließlich um und ging zurück in die Bar. Wie betäubt blieb Luzi stehen. Sie hatte Lydia gerade verletzt, das hatte sie verstanden, aber wie hatte das passieren können?



copyright © by EimoH. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





>>> Laufband-Message ab nur 5,95 € für 3 Tage! <<<