von annug
Während ich so in der künstlichen Sonne der Lichtmaschine liege, dieWärme meine Haut durchdringt, tauchen mit der sich ausbreitendenWohligkeit in meinem Körper nach und nach Bilder auf.Ich habe nichts zu tun in dieser Maschine, habe mich nur ausgezogenhinzulegen und dieses für Leute wie mich als heilsam erfundene Licht auchso zu empfinden und auf mich wirken zu lassen.Zwanzig Minuten von vorne - zwanzig Minuten von hinten.Verschiedene Gebläse erzeugen laut tösend kalte Luft, die verhindert, dassich die enorme Hitze der vielen Leuchtstoffröhren als solche empfinde.Deshalb heisst dies auch Kaltlichttherapie.Um das benötigte Getöse zu übertönen befinden sich unmittelbar hinter demKopf zwei Lautsprecher, durch die ich selbstgewählte Musik hören kann. Umdiese hören zu können, muss ich sie besonders laut einstellen, was fürmich an Kopf und Ohren sehr ungewöhnlich ist. Wegen der Gefahr für dieAugen werde ich überall durch Zettel darauf hingewiesen, mich niemals ohneeine spezielle Brille in dieses, wie ein Stockbett aussehende Gerät zulegen.Statt des oberen Bettes befindet sich die ganze Technik und dasLicht über mir.Daran muss ich mich erstmal gewöhnen, denn nackt und ungeübt wie ich warhatte ich zunächst Sorge, dass das ganze Teil womöglich auf mich fallenkönnte. Ziemlich heiss und dann kein Platz mehr für die kühlende Luftdazwischen! Darum habe ich auch lange die Tür nicht abgeschlossen, dennwegen des Lärmes hätte niemand meine Hilferufe gehört. Es wäre jemandgekommen, wenn ich die mir zugedachte Zeit überschritten hätte und dasauch nur, wenn überhaupt schon ein nächster, lichtbedürftiger Menschbereit sitzen würde.Für die erforderliche Zeiteinhaltungen, zwanzig Minuten hinten, zwanzigMinuten vorne war ich mittels einer Eieruhr selbst zuständig. Wie absolutdurchdringend die Signale dieser Haushaltshilfe sind muss ich nicht näherbeschreiben.Bei meiner neunten Sitzung, ich sollte sagen Liegung, habe ich mich daserste Mal so richtig entspannt. Den ganzen Lärm und alle Befürchtungenignorierend genoss ich die Musik, denn wann hatte ich mal Zeit, so langean einem Stück einfach nur zu hören?Und plötzlich habe ich die Wärme des Lichts einfach nur als wohlig, mirunter die Haut kriechende Zuwendung empfunden. Die Tatsache oderErkenntnis, dass nichts anderes möglich ist: ich habe die Zeit hiereinfach abzuliegen, kann oder muss gar nichts tun, hat wohl nichtunerheblich dazu beigetragen, mich durchwärmt, von leichten Brisenumspült, mit angenehmer Musik berieselt zu fühlen. Mein Körper fühlte sichendlich mal einfach angenehm an. Keine Augen, keine Kameras, keineBewertung---auch nicht von mir selbst.Und da dröhnt die Haushaltshilfe. Mit halbem Herzinfarkt drehe ich michalso auf den Rücken, denn ich habe Angst vor Sonnenbrand.Eigentlich war ich fast eingeschlafen, für mich der Inbegriff vonEntspannen.Erinnerungen meines Körpers, nie erzählte Aktivitäten tauchen plötzlichauf. Unaussprechliches, moralisches Fehlverhalten marschiert durch meinDenken und Erinnern.Es ist so, dass ich mit 13 Jahren in dem kleinen Ort in dem ich lebte, amDeich im Bikini lag, mit einer Freundin aus unserem Heim zusammen--geradenoch in Sichtweite. Gila war meine Widderfreundin, wir haben manche Dingezusammen erlebt und/oder ausgehalten.Also, die Erinnerung ist die, dass ich da im Gras auf diesem Deichliege.Durchdrungen von Sonnenwärme, der Freiheit halbnackt dort an diesemDorfrand zu liegen aber auch gequält von meinen körperlichen Lüsten. DieWärme der Sonne auf meinem Schritt ist angenehm und wohlig. Die Lust, dieGier nach sowas wie Ekstase oder Erfüllung begleitet mich in dieser Zeitsowieso dauernd.Es hilft wohl nichts, drumherumzureden.In Sichtweite gehen 3 Männer vorbei, ich glaube es sind Türken. Ohne zuDenken springe ich hoch, mache winkend auf mich aufmerksam. Während sieauf mich zukommen ziehe ich mich ganz aus und lege mich wieder hin.Es braucht keine Worte, um deutlich zu machen, was ich will. Nach einigen,überraschten Blicken haben sie sich schnell geeinigt, zwei von ihnen gehenweiter. Der dritte schaut beim Näherkommen ungläubig auf mich herab,während er schon seine Hose öffnet. Dann ist er auch schon in mir undbewegt sich hektisch auf und ab. Ich spüre ihn überhaupt nicht, nur meineungeheure Erregung, die sich fast wie Verzweiflung anfühlt. Mit einemquieksenden Schnaufer kommt er und fängt an im gebrochenen DeutschEntschuldigungen zu stammeln. Das ertrage ich nun aber überhaupt nicht, erwird dadurch zu etwas menschlichem, tritt aus dieser wortlosen Anonymitätheraus. Ich schiebe ihn von mir herunter, bedeute ihm schnell zuverschwinden.Während er sich hastig davonmacht kriecht der Ekel schon in mir hoch.Abgrundtiefer Ekel vor mir selber, ---dem was er mir hinterlassen hat undmir klebrig die Beine runterrinnt.Das Ganze hat keine 5 Minuten gedauert.Während ich an mir herumwische und mich anziehe spüre ich Gila`s dunkleAugen unverwandt auf mich gerichtet...Solche Bilder also tauchen in mir auf während ich meinen Körper so bewussterlebe in dieser Lichtmaschine. Mit lautem Gekreische beendet die Eieruhrdieses Abtauchen in meine körperliche Vergangenheit. Ich springe auf ummich wieder anzuziehen, diesen Platz zu räumen. Während meine Augen nochversuchen sich wieder an das natürliche Tageslicht zu gewöhnen spüre ichschon wie sich ein wohlvertrauter Schmerz in meinem Kopf ausdehnt.
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annug. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.