von Narren_Koenigin
Hallo ihr Lieben :) Bevor die Geschichte beginnt wollte ich noch anmerken, dass der Titel "Meeresglitzern" eigentlich nicht der gewünschte Titel ist. Jedoch weiß ich sowas immer erst, wenn ich am Ende einer Geschichte bin und das bin ich noch nicht. Also er dient nur Vorläufig der Wiedererkennung :) Ich entschuldige mich schon mal im Voraus für sämtliche Fehler die ich in den Text gekloppt habe , ich habe die Geschichte ziemlich schnell und impulsiv angefangen und sie noch nicht ganz bearbeitet :).
Ich dachte ich lass euch trotzdem schon mal daran teilhaben, um überhaupt sowas wie ein erstes feedback zu bekommen, ob sie interessant genug ist um sie fortzusetzen.
Also dann... danke an alle die sie überhaupt lesen ♥
1. Die Ankunft
>>Marika.<<
....
>>Maaaaaariiiikaa<<
Grelles Sonnenlicht drängte sich zwischen Marikas nur mühselig geöffnete Augenlider. Rundum verklebt, zerknautscht und gerädert fühlte sie sich nach
fast sechs Stunden Fahrt in einem viel zu stickigen Reisebus mit viel zu harten Sitzen. Ihre Sitznachbarin und vermutlich unwiderruflich beste Freundin Silke schien
jedoch nichts von all dem mitbekommen zu haben , wie sonst konnte sie so unerträglich euphorisch sein ?!.
>>Wiiiir siiind daaaahaaa<<, quietschte sie vergnügt und schickte ein Fäustchen hinterher ,das Marika neckend am Arm traf und sie nun endgültig aus ihrem Halbschlaf holte. >>Ey das wird so geil<<.
Während Silke bereits nach dem Handgepäck über ihren Köpfen fischte, überlegte Marika warum sie sich nochmal auf das ganze Eingelassen hatte.
Spätpubertäre Jungs und Mädchen, die sich gegenseitig wegen einander bis in die Morgenstunden ihre Ohren abkauen , .... Nein, das war es nicht.
Marika hasste Klassenfahrten. Zwar hatte sie nur 2 in ihrer Schullaufbahn überhaupt miterlebt, aber das hatte ihr für den Rest ihres Lebens genügt, dachte sie.
Letztendlich war es Silkes "Überredungskunst" die sie schon Monate vorher zur Verzweiflung trieb, und, das musste sie sich heimlich eingestehen, die Befürchtung doch etwas wichtiges zu verpassen wenn sie nicht an der Ostsee - Abifahrt teilnahm. Sowas gehört ja angeblich dazu, zum gepflegten Erwachsen-werden.
Die ganze Klasse hatte sich vor dem Bus auf einem großen Parkplatz versammelt und es bildeten sich bereits Grüppchen aus denen, die später gemeinsam ein Bungalow beziehen würden.
Zu einer dieser Gruppen gehörte auch Tim, der ein fröhliches Lächeln und ein kleines Zwinkern in Marikas Richtung warf, die als letzte aus dem Bus kam und gerade den einzig übrig gebliebenen Koffer vom Busfahrer in die Arme gedrückt bekam. Tim war Marikas Freund. Jedenfalls sah es so aus. Seit sie ihm vor einem knappen Monat auf einem Geburtstag die Zunge in den Hals gesteckt hatte, hatten sie sich einige Male privat getroffen, im Kino oder auf ein par Bier. Nach ein par Treffen hatte er ihr gestanden, dass er sie für eine tolle Frau hielt und was sie denn so über ihn dachte. Zunächst stand sie auf dem Schlauch, fragte sich, was er denn nun genau damit sagen wollte. Doch Silke fragte sie ob sie bescheuert sei, klärte sie über die Eindeutigkeit seiner Aussage auf und ermahnte sie den Typen blos nicht laufen zu lassen, denn er wäre ja der einzig reife Kerl in der Klasse. Marika war eine absolute Spätzünderin was Jungs angeht, irgendwie waren ihr immer alle zuwider und für die ständig wechselnden Schwärmereien ihrer Mitschülerinnen hatte sie nichts weiter übrig als ein müdes Lächeln inklusive Kopfschütteln. Tim war ein netter Kerl. sagten auch Silke und ihre Freundin Kim. Er trug immer Wollmützen, selbst Heute wo der Himmel sich ihnen wolkenlos-blau und sonnig präsentierte, und hatte stets einen kleinen Ziegenbart in den Marika kurze Zöpfchen flechten könnte, wenn sie wollte.
Mal abgesehen davon schien er ziemlich normal , keine besonderen Klamotten oder Egotrips oder sowas. Für sein alter war er aber schon recht breitschultrig und Muskulös gebaut, zumindest im Gegensatz zu den anderen. Das war es wohl, was die Mädels mit "reif" meinten, schätzte Marika.
Die Lippen zusammen gepresst schickte sie ihm ein etwas müdes Lächeln zurück und schlurfte mit dem Koffer zu ihrem Grüppchen.
Dieses bestand lediglich aus Silke, ihr selbst und Kim, mit der sie sich ebenfalls gut verstand.
>>Bitte mal alle her hören<<.
Ein hochgewachsener, hagerer Mann mit kurz geschohrenen Haaren und einer kleinen, kreisrunden Brille wedelte mit einem großen Schlüsselbund und schaute etwas überfordert von einem Grüppchen zum anderen. Es war Herr Konrad , der Klassenlehrer, der seinen Schülern gerade versuchte alles nötige zu erklären .
Nur vereinzelt nahmen ihn seine Schüler wahr, die meisten steckten ihre Köpfe zusammen und planten bereits wie sie die freie Zeit verbringen, oder schmunzelten über Herrn Konrads mangelnde Autorität. Auch Marika hörte nicht so recht zu, lies ihren Blick neugierig über das Gelände schweifen, bis die Stimme einer jungen Frau ertönte.
>>Genau<<, schien sie die letzte Aussage von Herrn Konrad zu bestätigen und fuhr fort : >>Ich möchte euch noch von meinem Vater mitteilen, dass ab zehn Uhr Abends die allgemeine Nachtruhe auch hier gilt. Austoben kann man sich dann in der Disco. Ebenfalls ist jeder für die Müllentsorgung im eigenem Bungalow zuständig. Hat noch jemand Fragen?<<
Wieder schienen die meisten keine Notiz von dem zu nehmen, was gesagt wurde, nur vereinzelt versuchten irgendwelche Idioten, wie Marika fand, lustig zu sein und riefen irgendwelchen Blödsinn dazwischen. Marika hörte plötzlich ziemlich genau zu. Wer war dieses Mädchen?
Von ihrer Souveränität hätte sich Herr Konrad jedenfalls eine große Scheibe abschneiden können. Ganz locker stand sie da und redete gegen 25 Schüler an, die selbst nicht viel jünger sein konnten als sie. Oberflächlich betrachtet, war an ihr nichts besonderes. Sie trug eine helle Jeans und ein lockeres, weißes T-shirt darüber. Ihre scheinbar naturblonden Haare hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und ihre Füße steckten in Sneakers, die definitiv schon bessere Zeiten gesehen hatten.
Trotzdem war da etwas an ihr, dass Marika sich wünschen lies, ein wenig näher bei ihr zu stehen um ihr Gesicht genau sehen zu können. Doch sie musste sich damit begnügen einer leicht rauen, jedoch sehr weichen und warmen Stimme zu lauschen.
Mit einem bestärkenden Schulterklopfer drückte sie Herrn Konrad ein par Blätter in die Hand, verabschiedete sich und verschwand auch schon wieder.
Marika schaute ihr interessiert nach, bis sie hinter einer Häuserecke verschwand.
>>Ey, Marika<<
>>Hm?<<
>>Wir haben Bungalow Nummer 12<<, sagte Kim so, dass es wohl etwas besonders tolles sein musste. Sie zeigte auf einen Plan der Anlage, den wir wohl gerade ausgeteilt bekommen hatten.
>>Das ist direkt am Strand<<, beantwortete sie Marikas "was soll daran so toll sein - Blick".
Das war zweifellos die beste Tatsache des Tages, allerdings war Bungalow 12 auch am weitesten vom momentanen Standort entfernt.
Seufzend hiefte Marika ihren Koffer hoch, der der einzige ohne Rollen zu sein schien und wollte sich gerade auf den Weg machen, als sie eine Hand an der Schulter berührte. >>Komm ich helf dir tragen<<, sagte Tim ritterlich und nahm ihr den Koffer aus der Hand. >>Ach, hey, kein Ding, ich bin nicht so schwach<<, protestierte Sie und wollte ihm den Koffer wieder abnehmen, doch Tim machte einen schnellen Schritt zur Seite. >>Nichts da<<.
>>Und, in welchen Bungalow geht's denn<<, versuchte er abzulenken.
>>zwölf<<
>>Schade, ich muss in die fünf<<, sagte er tatsächlich etwas geknickt und zeigte in die andere Richtung.
Silke und Kim schauten bedeutungsvoll grinsend zurück, während Tim und Marika immer weiter zurück fielen.
Ein wenig mitleidig sah sie Ihn an. Scheinbar hatte er sich auf sowas wie den ersten gemeinsamen Urlaub gefreut und sah ein Hindernis darin, dass er ungefähr fünfhundert Meter von ihr weg wohnen würde.
>>Ach, ich komm dich sicher mal besuchen<<, lächelte Marika aufmunternd und schaffte es nun doch Tim den Koffer abzunehmen.
>>Siehst du, da sind wir schon. Ist keine Weltreise<<, sagte sie und zeigte auf das kleine, flache Häuschen in dem sie die nächsten sieben Tage wohnen würde.
>>Die beiden sind wohl schon drin, ich pack dann auch erstmal aus und -<<, setzte Marika an, doch dann drückte Tim ihr einen flüchtigen, kühl-feuchten Kuss auf die Lippen.
Es war nicht das aller erste mal, dass er das tat. Doch ein wenig überraschte es sie immer noch.
>>Mach du mal, wir sehen und ja später<<, rief er ihr im weggehen zu.
Ach wirklich? Wo denn? Fragte sich Marika und beschloss als erstes den Plan zu studieren, den anscheinend alle außer ihr bereits gesehen hatten.
>>So, der restliche Platz ist für dich<<, grinste Silke und trat einen Schritt vom Kleiderschrank weg.
Marika verkneifte sich ein Lachen und beantworte das mit einem fliegenden Kopfkissen. >>Mädel, du bist ne wandelnde Boutique<<
Ein par mal flog das Kissen hin und her , bis Silke schnaubend um Vergebung bat, um das retten zu können was von ihrer Frisur übrig geblieben war.
>>Du kannst froh sein, du hast doch die praktischste Zimmergenossin abgekriegt, die man haben kann <<. >>Ja,ja, bin ich doch<<
Kopfschüttelnd quetschte Marika ihre sieben Sachen in die zwei restlichen Fächer und betrachtete ihre Freundin mit hochgezogener Augenbraue.
Auf den ersten Blick war Silke ein richtiges Püppchen. Sie war zierlich und klein wie eine Parkuhr.
Ihre dunkelrot gefärbten Locken hatte sie nicht selten unter Hüten versteckt oder mit Blümchen und Schleifchen verziert. Sie trug fast immer ein Kleid, Marika fragte sich, ob sie ihre Freundin überhaupt jemals in einer Hose gesehen hatte. Ihre großen Kulleraugen konnte man nun niedlich oder gruselig finden, aber sie minderten ihr Püppchen-image nicht im geringsten. Eine ganze Handvoll Jungs aus unserer Klasse waren schon mal hoffnungslos in sie verliebt, doch tatsächlich steht Silkes Charakter nicht selten im kompletten Widerspruch zu ihrem Aussehen. Aber so richtig kam man nicht drum herum sie dafür zu mögen. >>Zumindest Zeitweise<<, murmelte Marika hinzu und warf die Sachen die nicht mehr in den Schrank passten über eine Stuhllehne.
>>Was ziehst du für gleich eigentlich an?<<, fragte Silke während sie vor dem Spiegel stand und an ihren Haaren rumzuppelte.
Die Disco der Anlage war es, die für heute Abend auf dem Plan stand und wo sie Tim später wiedersehen sollte.
So richtig wusste sie es selber nicht, zumal sie nicht mit einer Disco gerechnet hatte und nur legere Klamotten mitgenommen hatte.
Theoretisch wäre jetzt der beste Zeitpunkt das unglaubliche Privileg "die praktischste Zimmergenossin die man kriegen kann" auszunutzen, aber den Triumph wollte Marika ihr nicht gönnen. Sie tauschte ihre Jeans gegen eine kurze Shorts und den schlabbrigen Kaputzenpulli gegen ein schlichtes Top.
>>Zum verlieben<<, blaffte Silke ohne Marika lang anzuschauen und zog sich die Lippen nach. >>Reicht doch<<. Kim hatte inzwischen ihre Nase neugierig durch den Türschlitz gesteckt und lächelte erwartungsvoll. >>Bereit Mädels?<<, fragte sie und nickte Richtung Haustür.
Mit einer Schwungvollen Bewegung zog Marika sich noch ihre Jacke über und machte sich mit den anderen auf den Weg. Am Abend konnte es verdammt kalt an am Meer sein.
2. Wenn sich alles dreht.
Auf dem Weg zur Disco liefen ihnen allerhand gemischtes Publikum über den Weg. Die meisten dort schienen Schulklassen und ältere Leute zu sein, die sich von ihrer Rente keinen großen Urlaub mehr leisten konnten. Und dazwischen ein kleines Punker-Grüppchen dass Parolen grölend die ganze Anlage unterhielt.
Vor dem Eingang zur Disco hatte sich bereits eine kleine Menschentraube gebildet. Angeführt wurde diese von einem schnaubenden Herrn Konrad, dem seine Brille in diesem Moment besonders tief von der Nase gerutscht war. >>Ach, die Damen geben sich auch mal die Ehre<<, sagte er und tippte demonstrativ auf seine Armbanduhr. Die drei Mädchen schauten sich verwirrt an, denn tatsächlich hatten sie gar nicht bemerkt wie spät sie dran waren.
Vanessa, eine der Klassen-plagen, stellte sich ihnen mit in die Hüften gestemmten Fäustchen, an denen goldene Armreifen klimperten, in den Weg und blaffte: >>Gönnen sie ihnen den bescheidenen Erfolg Herr Konrad, die wollten eben auch mal nach was aussehen.<<
>>Oh, danke<<, entgegnete Silke den schwachen Beleidungsversuch mit einem höflichen Lächeln und zog Vanessa im vorbeigehen den Minirock runter . Hinter ihnen hörte man nur noch ein spitzes Kreischen, ein par Lacher und ein ermahnendes >>Silke!<<, von Herrn Konrad, der wahrscheinlich mit hochrotem Kopf da stand.
Silke beachtete das gar nicht weiter und grinste nur : >>Als letztes kommen und als erstes reingehen hat schon Stil<< , nahm Kim bei der Hand und zog sie zur Bar. >>Such uns schon mal einen Platz, wir holen Bier<<, rief sie Marika noch zu, die sich versuchte durch die Nebelschwaden umzusehen.
Die Mitte der Disco bestand aus der Tanzfläche, die unter ihren Füßen klebte und pulsierte. Auf der gegenüber liegenden Seite zur Bar war eine Tribüne auf der einige Tische und Stühle , sowie zwei Sofas standen. Mehrere Jugendliche tummelten sich auf ihnen, sie waren eindeutig zu jung für Alkohol und sicher zu cool oder
zu nüchtern um zu tanzen. Die Tanzfläche war noch fast wie leer gefegt, nur ein Pärchen im besten alter tänzelte einen ungenierten Discofox zu einem schnellen Depeche Mode song.
Die Tische waren bereits alle besetzt, die Stimmung noch zurückhaltend. Vielleicht lag es einfach daran, dass es erst acht Uhr Abends war. Vielleicht aber auch daran, dass achtzig Prozent des Publikums wohl lieber Bushido hören wollte, dachte Marika. In der hinteren Ecke der Tribüne hatten Tim und seine Freunde Erhan und Matthias einen Tisch in Beschlag genommen und wunken sie herbei. Vor ihnen standen jeweils zwei Flaschen Bier. >>Das wär doch nicht nötig gewesen<<, witzelte Marika und schnappte sich eine der Flaschen. >>Ihr wollt mich alle einladen?<<.
Tim lachte. >>Wir saufen uns den Kindergeburtstag schön, Mäusken<<, sagte Erhan und nahm einen großen Schluck aus der Flasche.
>>Süße shorts<<, flüsterte Tim ihr ins Ohr und legte eine Hand auf ihren Oberschenkel.
>>Danke<<.
Die unerwartete Nähe fühlte sich komisch an. Um nichts mehr sagen zu müssen, klammerte Marika sich an ihre Flasche und nippte im Sekundentakt an ihr. Als Silke und Kim endlich vollbepackt mit Nachschub in ihre Richtung liefen, konnte sie sich ein leises Seufzen nicht verkneifen. Sie sprang vom Stuhl auf, lief ihnen entgegen und nahm Silke eines der Flaschen ab. >>Komm, ich helf dir<<. >>Ich trage zwei Flaschen Liebes, trau mir ruhig was zu<<, entgegenete sie und zog eine Augenbraue hoch. >>Alles okay?<< , fragte sie Marika, die etwas überdreht schien. >>Klar. Stürmen wir die Tanzfläche?<<. Silkes Blick wurde immer fragender aber schließlich nickte sie nur.
>>Aber lass mich vorher eins hier von vernichten<<, sagte sie, hielt ihre Flasche hoch und setzte sich neben Erhan der mit süffisantem Blick einen Arm um sie legte.
Scheinbar ist Marikas Reaktion nicht spurlos an Tim vorbei gegangen. Sie war angespannt, fühlte sich verlegen und hatte bereits ein zweites Bier geleert.Gedankenverloren knibbelte sie das Etikett von der Flasche und überlegte, ob ihre Reaktion normal war.Sie dachte an ihre Klassenkameradinnen und daran, wie penetrant sie sich verhielten wenn sie verknallt waren. Daran, wie sie den ganzen Tag über nichts anderes sprachen und sich benahmen, als wäre ihr Leben Sinn und Zwecklos, wenn eine quietsch-kitschige Liebes sms nicht binnen fünf Minuten beantwortet wurde. Sie dachte an Pärchen auf Rolltreppen und in Kassen-schlangen, die sich gegenseitig die Mandeln untersuchen und ihre Hände in die Gesäßtasche des anderen verstecken.Und nichts davon wünschte sie sich. Es schien ihr in der Öffentlichkeit einfach peinlich zu sein.
Tims Blick blieb immer wieder auf seiner Freundin haften. Obwohl er anfing in Frage zu stellen, ob sie diese überhaupt sein wollte. Er kannte sich selbst bisher nicht als Liebeskasper, aber Marika hatte es ihm wirklich angetan. Er mochte sie genauso wie sie war. Sie war nicht so Mädchenhaft und zickig wie die meisten anderen und er war beeindruckt von der Initiative die sie auf Kims Geburstagsparty an den Tag legte. Er mochte die Art, wie sie ihn stürmisch geküsst hatte und er mochte es sogar wenn sie manchmal tat als wäre sie unnahbar. Aber mittlerweile war er nicht mehr sicher, ob sie nicht wirklich unnahbar für ihn war. Und ob er sie überhaupt kannte.
Er suchte nach einer Möglichkeit einen zweiten Anlauf zu wagen, ihr irgendwie näher zu kommen, denn seit ihrem ersten stürmischen Kuss ist nicht mehr viel passiert. Was war damals anders auf der Party? Tim schaute auf die Bierflasche , die von Marikas Fingernägeln entblättert wurde. Die hats gut, dachte er für sich und dann überlegte er, ob sie ihn nicht einzig und allein küsste, weil sie an diesem Abend zu viel getrunken hatte. Sein Blick wanderte zur Bar. Seine Lippen pressten sich zusammen und unterdrückten ein leichtes Grinsen. Das konnte er nicht machen. Und bei dem Tempo das Marika vorlegte, brauchte er das vermutlich nicht mal. Und vor allem, was änderte das langfristig? Vielleicht sollte er seine Annäherungsversuche unterschwelliger angehen.
>>Hast du Lust zu tanzen?<<
, fragte er sie, obwohl er niemals tanzte und streckte ihr seine Hand entgegen. Lächelnd stellte sie ihre Flasche auf den Tisch und stand auf. >>Ich wollte eh mit den Mädels. Du kannst gerne mitkommen<<, schrie sie gegen die Musik an und so laut, dass es auch ihre beiden Freundinnen hörten. >>Ach, ist okay - wir können ja später - << , schrie er Marika hinterher, die mit Silke, Kim und Erhan bereits richtung Tanzfläche aufgebrochen war.
Langsam schien sich die Stimmung bei den Leuten aufzulockern. Immer mehr Grüppchen bildeten sich auf der Tanzfläche, besonders Kreisformationen aus zarghaft tänzelnden Jugendlichen.
Zu genau so einer, nur in etwas kleiner, wurden nun auch Marika, Silke, Kim und Erhan unter denen weitere Bierflaschen die Runde machten.Normalerweise tanzte Marika selten, aber langsam machte sich ein wattig-weiches Gefühl in ihrem Kopf breit und der vibrierende Bass begann ihre Füße zu tragen. Anfangs warf Silke ihr immer wieder fragende Blicke zusammen mit einem verständnislosem Nicken richtung Tim zu, doch sie gab irgendwann auf, nachdem Marika sich Erhan geschnappt hatte, und sie sich gegenseitig versuchten mit albernen Tanzbewegungen zu übertreffen.
So stark angetrunken war sie noch nicht, um nicht zu wissen wie sie sich aufführte. Und sie fürchtete auch lange nicht so viel zu vertragen, wie sie es bräuchte, um sich weniger mies wegen Tim zu fühlen. Außerdem, wie hätte sie Silkes Blicke schon beantworten können, wenn ihr doch selbst so viele Antworten fehlten.
Als die Bierflasche Marika erreichte, und sie nur den letzten, abgestandenen Schluck abbekam, der wahrscheinlich aus mehr Spucke als aus Bier bestand, tänzelte sie sich durch die Menschen zur Bar um sich ein eigenes zu holen. Sie quetschte sich zwischen zwei besetzte Barhocker und bestellte. Ein par Hocker weiter sah sie ihren Klassenlehrer sitzen, der seinen Blick gelangweilt durch den Raum schweifen lies und vermutlich an einer Cola nippte. Armer Kerl, dachte sich Marika. Auch wenn alle in unserer Klasse volljährig waren, hatten wir ihm versprochen nur Bier zu trinken. Aber so wie sein Blick an manchen seiner Schüler hängen blieb, schien ihm bewusst zu werden, dass das keinen Unterschied machte, wenn man davon ordentlich konsumierte. Eigentlich wollte Marika ja garnicht zu denen gehören. Marika war sogar mit sicherheit eines von Herrn Konrads lieblingsschülern, abgesehen davon, dass sie gerne mal widersprach und hinterfragte und ihn so aus dem Konzept brachte. Aber sie hatte das Gefühl einen Rettungsring zu brauchen, und den meinte sie an diesen Abend in Form von verschiedensten Biersorten zu finden.
Eine davon bekam sie von einer schmächtigen Thekenbedienung vor die Nase gestellt und bezahlte.
Sie drehte sich um und wollte sich gerade wieder zu ihren Freundinnen durchdrängen, als nicht weiter als einen Meter entfernt ein blondes Mädchen, in einem weißen T-shirt an ihr vorbei lief. Marika schaute ihr nach. Sie lies ihren Blick nach unten wandern, auf ihre Kleidung , auf ihre Figur und beobachtete ihren Gang. Es gab keinen Zweifel, dass es das Mädchen vom Parkplatz war. In Marika kam der starke Drang auf ihr nachzulaufen. Sie wollte sie genauer anschauen, ihr Gesicht von nahem sehen. Sie schaute sich um und versuchte möglichst unentdeckt an ihren Freunden vorbei zu kommen. Was sollte sie schon sagen wo sie hin will. Würde sie sagen sie wollte aufs Klo, würden Silke und Kim, und wie sie ihn kannte auch Erhan, sie begleiten wollen.
Geschickter als es ihr Alkoholpegel eigentlich zulassen dürfte, huschte sie durch die tanzenden Menschen, nicht ohne den Blick vom Ziel abzuwenden.
Dann lief das blonde Mädchen um die Treppe, die zur Tribüne führte. Vorsichtig taste Marika sich heran, überprüfte ob Tim sie auch von dort aus nicht sehen konnte und setzte sich auf die unterste Stufe. Sie tat so, als würde sie sich den Schuh zu binden und schaute immer wieder kurz über ihre Schulter in der Hoffnung sie von dort aus sehen zu können. Doch einige langgezogene Sekunden vergingen, ohne dass sie einen Blick auf sie erhaschen konnte. Vorsichtig steckte sie ihren Kopf durch die Stangen des Geländers. "Nur für Mitarbeiter" las sie auf einem Schild, dass auf der Tür klebte, die sich hinter der Treppe befand. >>Was solls<<, murmelte Marika und stand mühselig wieder auf, als sich die Tür plötzlich neben ihr öffnete. Erschrocken fuhr sie zusammen, als eine harte Kante gegen ihrem Arm stieß und sie das klirren von Flaschen hörte. Mit einem großen Bierkasten bepackt stand das Mädchen jetzt kippelnd vor ihr und schaffte es nur knapp diesen nicht fallen zu lassen.
>>Puh, das war knapp<<, schnaubte sie und versuchte sich eine Strähne aus dem Gesicht zu pusten. >>Oh Gott - scheiße - tut mir leid<<, stammelte Marika aufgeregt und griff nach dem Kasten. >>Gehts?<<
>>Ja,ja, keine Sorge, is ja nochmal schief gegangen<<, lachte sie. >>Das halbe Publikum besteht eh nur aus sechzehn-jährigen, und die saufen alle zuviel davon<<.
Erneut pustete sie gegen die Haarsträhne.
>>Äh, könntest du die vielleicht mal eben - <<
>>Ja - klar<<, antwortete Marika, griff nach der Strähne und wusste nicht so recht wohin damit. Sie suchte nach einer Spange, fand aber keine, überlegte ob sie sie ins Haargummi klemmen sollte, doch die Strähne war nicht lang genug. >>Äh..<<, brachte Marika ein bisschen peinlich berührt hervor, weil so eine einfache Bitte sie überforderte, und sie befürchtete, das Mädchen würde sie für besoffen halten. Nicht, dass sie es nicht irgendwie war.
>>Einfach wieder hinter's Ohr<<, sagte sie locker und immer noch mit einem lachen in der Stimme, bedankte sich und schleppte sich mit dem Kasten richtung Bar.
Ein bisschen perplex und immer noch innerlich aufgekratzt schaute sie dem Mädchen nach. Wieso hab ich ihr nicht angeboten ihr tragen zu helfen ?, fiel es ihr plötzlich ein und ärgerte sich über sich selbst. Und wieso kam sie nicht darauf, ihr die Strähne hinter's Ohr zu klemmen? Sowas verboten dämliches. Und wieso hab ich ein Bier in der Hand, während sie sich über saufende Kinder beschwert , dachte Marika, als sie auf ihre Hände schaute. Was solls, ich bin achtzehn.
Seufzend setzte sie sich wieder auf die Treppe. Und was noch wichtiger war: wieso regte sie sich gerade eigentlich so auf?
Marika nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche während sie Löcher in die stickige Luft starrte. Ihr Lächeln war auffallend schön, überlegte sie. Wahrscheinlich lag das an ihrer tollen Zahnform und den vielen Lachfalten um ihren Mund. Und ihre Augen hatten einen Glanz, der irgendwie nach Lebensfreude aussah.
Manche sind aber auch ganz hoch im Kurs, bei Mutter Natur, dachte sie. Ist sicher nicht ungewöhnlich, dass besonders schöne Menschen einen nervös machen. Noch ein tiefer Schluck.
Ein bisschen blieb sie noch dort sitzen und genoss es abseits von der aufgeheizten Masse zu sein, dann erhob sie sich langsam, ging die letzten Stufen hoch und dann zu Tims Tisch.
Feucht vom Bier waren seine Lippen, als sie ihm einen Kuss aufdrückte, und ganz schwabbelig, weil er nicht damit gerechnet hatte. >>Na du<< , lachte sie, setzte sich auf einen leeren Stuhl und schwang ihre Füße auf seinen Schoß. >>Hab viel zu viel getanzt, ich brauch mal ne Pause<<, sagte sie laut und fächerte sich Luft zu.
Kurz schaute Tim seine Freundin verwirrt an. Nun war er sich noch weniger sicher, ob es nicht doch mit Alkohol zusammen hing, dass sie in damals geküsst hatte.
Tief in ihm drin sagte ihm ein Gefühl, dass er sich über ihre erneute Zuwendung nicht zu früh freuen sollte. Doch auch er war mittlerweile gut angetrunken und die kurze Nähe fühlte sich für den Bruchteil einer Sekunde viel zu gut an, um sich nicht darauf einzulassen.
>>Komm doch nachher zu mir<<, sagte er lauter als nötig, denn Matthias warf ihm ein bestätigendes Grinsen über die Schulter zu.
>>Das sollen wir doch nicht<<.
>>Ach. Die Tänzerin soll sich ja auch nur 'ne Fußmassage abholen<<, sagte er lächelnd und legte wie zum Beweis eine Hand auf einen ihrer Schuhe.
Kurz zögerte sie. doch schließlich lehnte sie sich zurück, seufzte und sagte : >>Okay.<<
Wenige Sekunden später stieß Silke, selbst beim gehen tanzend, hinzu , um ihre beste Freundin wieder mitzuschleifen. Diesmal hatte sie kein schlechtes Gewissen gegenüber Tim. Er sah zufrieden aus. Und Silke diesmal auch.
Die Zeit fing an wie im Flug zu vergehen. Immer besser wurden die Songs, immer unkoordinierter die Bewegungen, und immer mehr machten sie Spaß.
Ein Getränk von Erhan, in dem definitiv nicht nur Cola war, machte inzwischen die Runde, und die vielen Lichter begannen zu einem bunten Brei aus Farben zu werden. Zwischendurch ertappte sich Marika dabei, wie sie ihren Blick schweifen lies, in der Hoffnung, das Mädchen von vorhin noch einmal zu sehen, doch sie sah sie nicht. Kindisch alberte sie mit Silke herum, die ihre Arme um ihre Freundin legte, sie überschwänglich drückte und ein vergnügtes "woohooo" in ihr Ohr schrie.Vielleicht waren Klassenfahrten ja gar nicht ganz so scheiße, dachte Marika so für sich, drückte zu und lächelte.
Und über ihre Schulter sah sie Erhan, wie er sich an komplizierten Hip-hop-moves versuchte, und das blonde Mädchen, dass vor oder mit ihm tanzte und sich dabei vor lachen den Bauch hielt. Augenblicklich wurde ihre Umarmung fester und ihr Blick wanderte wo anders hin. Irgendwo hin. Kaugummis auf der Tanzfläche, Disco-kugel-Lichtpünktchen auf der Wand, die hässlichen, Glitzer-Ballerinas von der einen Frau da hinten. Wieso gibt sie Dorothy nicht ihre Schuhe zurück?, dachte Sie.
Lachend und mühselig drückte Silke Marika von sich. >>So viel Gefühlsduseligkeit kenn ich ja gar nicht von dir<<, witzelte sie, drückte ihr einen Schmatzer auf die Wange und begann mit Kim zu tanzen. Im selben Augenblick traf sie der Blick des Mädchens. >>Ach, hey !<<, sagte sie und tanzte ein par Schritte auf sie zu. Erhan hielt mit offenem Mund die Hände hoch, als hätte sie ihm gerade die Tour vermasselt. Wer weiß, vielleicht hab ich das ja auch, überlegte Marika. >>Du schon wieder<<, lachte sie. Normalerweise wäre sie vermutlich in ein verdutztes Schweigen ausgebrochen, doch der Alkohol und die lockere Stimmung ließen sie ausgelassen über den Song philosophieren, der gerade lief und über Haarsträhnen sprechen, mit denen man nichts anzufangen weiß und über Klassenfahrten, die sie eigentlich total blöd fand. Und eigentlich sprach sie auch garnicht so richtig, sondern lallte.
Die beiden Mädchen lachten viel und begannen automatisch langsam und dann immer mehr beim reden zu tanzen. Marika fühlte sich wie auf Wolken.
>>Hat sie das Wasser getrunken?<<, fragte eine Stimme besorgt. >>Naja, die Hälfte hat sie wieder ausgespuckt<<, antwortete eine andere.
>>Scheiße, was machen wir denn jetzt mit ihr?<<
>>Wenn der Konrad die sieht<<
>>Ach der liegt doch schon im Bett<<. Jemand lachte.
Marika brummte der Schädel. Dieser hing schwer zwischen ihren Beinen. Vor sich sah Sie feuchtes Gras und kleine Stückchen von irgendwas, die darauf verteilt lagen. Der Boden schien sich immer wieder aufzubäumen und abzusenken. Ach garnicht. Sie bewegte sich ja selber auf und ab. Ihr Atem ging schwer und als sie versuchte ihren Kopf zu heben, drehte sich alles.
"Macht mal jemand, dass das aufhört", wollte sie sagen, doch scheinbar verstand niemand ihre Sprache.
>>Marika, was hast du gesagt?<<. Ein Gesicht beugte sich zu ihr runter. Ein ausgesprochen hübsches Gesicht, glaubte Marika zu erkennen. Gequält lächelte sie in fragende Augen.
>>Ja und jetzt?<<, sagte eine Männliche Stimme. >>Wir können sie ja schlecht auf dem Baumstumpf sitzen lassen<<.
>>Was ist denn jetzt genau das Problem<<, sagte das Mädchen, dass nun vor ihr kniete. >>Kann niemand sie ins Bett bringen?<<
Marika seufzte tief.
>>Wir haben Kim nicht so schnell finden können. Sie hat den Schlüssel zum Bungalow.<<
>>Das ist kein Problem, ich komme doch an den Ersatzschlüssel. Wenn ihr mir sie anvertraut, bring ich sie<<.
Ein par Leute schienen einzustimmen. >>Kannst du mir helfen sie zu stützen bis wir bei der Information sind? Ich will sie nicht mit rein nehmen, kann sie aber schlecht unbeaufsichtigt draußen lassen während ich den Schlüssel hole.<<
Kurz darauf griffen zwei Hände nach Marikas Armen. Murrend versuchte sie sich aufzuraffen. >>Da musst du jetzt durch<<, sagte eine lachende Stimme.
Marika hatte kein Gefühl für Zeit mehr und ständig waren da irgendwelche Hände, Arme und Stimmen. Wie eine Ewigkeit kam es ihr vor, bis sie endlich eine weiche Matratze unter ihrem schweren Körper spürte.
Leise hörte sie eine Tür ins Schloss fallen. Ein Weilchen wälzte sie sich noch hin und her, weil das sich drehende Zimmer sie nicht schlafen lassen wollte.
Immer wieder stützte sie sich an der Bettkante ab und beugte sich vor, weil sie dachte ein großer Klumpen bahnte sich seinen Weg von ihrem Magen richtung Speiseröhre. Doch es geschah nichts. Erschöpft und verschwitzt schlief sie schließlich irgendwann doch ein.
3. Das Erwachen.
Als Marika die Augen öffnete, war es immer noch recht dunkel im Zimmer. Doch sie wusste, dass es bereits spät war, denn sie hörte aufgeweckte Stimmen aus der Küche und sah, dass die leicht geöffnete Tür einen dünnen Lichtstreifen warf.
Als sie versuchte sich aufzusetzen, spürte sie erst, wie schwer sich ihr Kopf anfühlte. Neben sich sah sie ein großes Glas mit Wasser auf einem kleinen Nachttisch stehen, dass sie gierig leerte. >>Ich hasse Klassenfahrten<<, murmelte sie vor sich hin. Dann wurde der dünne Lichtstreifen immer breiter und Silkes Gesicht lugte durch den Türspalt.
>>Ah, du bist endlich wach<<, sagte sie eine Spur zu gut gelaunt, fand Marika.
>>Ich würd mich auch mal langsam fertig machen an deiner Stelle, sonst kriegt der Konrad 'nen Anfall wenn wieder jemand zu spät kommt<<, plapperte sie drauf los.
>>wooh, wooh<<, gab Marika überfordert von sich und wischte sich einmal mit beiden Händen durch das verschlafene Gesicht. >>Ganz langsam.<<
>>Tja, Madame, so ist das wenn man den Hals nicht voll kriegt<<, tadelte sie Silke fast mütterlich und setzte sich auf die Bettkante.
>>Willst du noch Wasser?<<
>>Danke, das wär toll<<
>>Du solltest dich später unbedingt bei Nina bedanken<<, rief Silke während sie im Bad verschwand. Marika stutzte.
>>Voll lieb, wie sie sich um dich gekümmert hat, obwohl sie dich ja praktisch gar nicht kennt<<, kam es hinterher.
Mit einem vollen Glas Wasser setzte sich Silke wieder auf die Bettkante. >>Hier.<< >>Danke.<<
Marika nahm das Glas, doch sie trank nicht, sondern stellte es zurück auf den Nachttisch. >>Ehm, Nina?<<, frage Marika vorsichtig.
>>Eh, ja?!<<, antwortete Silke und zog eine Augenbraue hoch. >>Du hast doch Gestern den halben Abend mit ihr verbracht. Ihr habt die ganze Zeit getanzt und geredet , über was weiß ich nicht was.<<
>>Das weiß ich doch<<, verteidigte sich Marika. >>Ich wusste nur nicht wie sie heißt.<<
Eigentlich wusste sie aus eigener Erinnerung auch gar nicht mehr, dass sie es war, die sie nach Hause gebracht hatte.
Nina also, dachte Marika still für sich und spürte wie ihr flau im Magen wurde.
>>Ich hab Gestern noch gekotzt oder?<<, fragte Marika, ohne, dass sie die Wahrheit wirklich hören wollte.
>>Aber volle Pulle<<, antworte Silke grinsend, nicht ohne Marikas gequältes Gesicht zu bemerken.
>>Aber keine Sorge<<, fügte sie hinzu und legte eine Hand auf ihre Schulter. >>Tim schien es garnicht schlimm zu finden. Im Gegenteil, er hat sich sogar Sorgen gemacht, obwohl euer Date deswegen abgeschrieben war<<, fügte sie inklusive Zwinkern hinzu und stand auf.
>>Mach dich mal lieber fertig. Es ist schon kurz vor zwölf. Um eins treffen wir uns vor'm Schwimmbad<<, sagte Silke noch und schloss die Tür hinter sich.
Stöhnend schlurfte Marika ins Bad und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. >>Hässlich<<, sagte sie zu sich selbst, und quetschte ihre Wangen mit beiden Händen.
Schulternzuckend nahm sie sich eines von Silkes vielen, kleinen Tiegelchen, die sie auf der Ablage verteilt hatte und las laut >>deep moisturizing-complex<<.
>>Ahja.<< Kurz überlegte sie sich etwas davon in das verquollene Gesicht zu schmieren, lies es dann aber doch.
Außerdem wollte sie noch schnell duschen.
Sie beschloss das Wasser schon mal aufzudrehen, damit es gleich bereits warm war, wenn sie reingehen würde.
Hastig putzte sie sich die Zähne und hoffte so den ekelhaften Nachgeschmack loszuwerden, den der gestrige Abend in ihrem Mund hinterlassen hatte.
Dann landete ein Kleidungsstück nach dem anderen auf dem Boden.
Gerade wollte sie einen Fuß in die Dusche stellen, als sie mit Schrecken etwas feststellte. >>Scheiße<<, sagte sie , kniete sich hin und hob das T-shirt auf, dessen sie sich eben entledigt hatte. Schnell schaute sie prüfend auf die Unterwäsche. Aufatmend stellte sie fest, dass sie diese bereits gestern Morgen angezogen hatte.
Trotzdem. Dieses T-shirt hatte sie gestern noch nicht angehabt. Nina hatte ihr anscheinend die Klamotten ausgezogen und sie konnte sich nicht daran erinnern. Bestimmt hatte sie sich angekotzt und sie wollte sie nicht so da liegen lassen. Marika wusste nicht, was sie peinlicher finden sollte. Die Tatsache, dass sie sich vor Nina übergeben hatte, oder die Tatsache, dass sie sie in Unterwäsche gesehen hatte. In bescheuerter Unterwäsche, stellte Marika fest, als sie erneut auf den Slip schaute, auf dem sich kleine Koalas tummelten. >>su-per<<, murmelte Marika genervt und betrat die Dusche.
Ein weilchen blieb sie einfach nur so stehen und lies das warme Wasser auf ihren Kopf prasseln. Sie schloss die Augen und hatte das Gefühl, das Wasser würde ihren Kater langsam aber sicher einfach wegspülen.
Und während sie so da stand und genoss, dachte sie über den gestrigen Abend nach. Sie versuchte die Blackouts die sie hatte, einfach auszumahlen und stellte sich vor, was in der Nacht geschehen war.
Sie stellte sich vor, wie ihr Kopf in Ninas Schulterbeuge lag, während sie sie stützte und suchte nach einer Erinnerung an einem Geruch. Doch sie fand keine. Alles was noch übrig war, war ein Gefühl, das Gestern in ihr herangewachsen war, doch sie fand den Ursprung nicht.
Sie stellte sich vor, wie Nina sie behutsam auf das Bett legte und ihr die Hose von den Beinen zog. Wie sie ihren Oberkörper gegen das Kopfteil lehnte, um ihr das Top ausziehen zu können, und sie dachte daran, wie nah Nina ihr dabei gewesen sein musste.
Marika seufzte leise.
In ihrem Kopf begann sich ein Film abzuspielen. Ninas Hände berühren sie immer wieder beiläufig , als sie sie ihrer Kleider entledigt. Irgendwann werden die flüchtigen Berührungen zu streichelnden Händen, die über ihre Oberschenkel hoch zu ihrem Bauch gleiten und auf ihren Wangen enden. Zarte Fingerspitzen streichen über Marikas Lippen , auf denen Ninas sehnsüchtiger Blick haftet. Kurz hält sie Inne, doch dann überkommt es sie und sie beugt sich runter um diese Lippen zärtlich zu Küssen. Marika schmunzelte. Doch dann riss sie ein wiederkehrender Gedanke aus ihren Tagträumen. >>Du hast gekotzt, du riesen-sau<<, sagte Marika laut zu sich selber, hoffte, dass es keiner gehört hat und drehte das Wasser auf kalt.
... to be continued.
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Narren_Koenigin. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.