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Mein Fluch (1)

von heterophobic


Diese Geschichte ist zu 100% so passiert, wie sie hier niedergeschrieben wurde. Ich weiß nicht, warum ich sie niederschreibe, ich hoffe allerdings, dass sie euch dennoch gefällt..

Ich bin ein Arschloch. Karriere- und geldgeil. Ich bin das geilste Stück lesbisches DNA, dass in diesem Club rumläuft - das dachte ich wirklich!

Es ist Samstag. Genauer gesagt der 01.08.2010. Heute Abend steigt wieder einmal eine Gay-Night. Eine schwul-lesbischer Partyabend, in immer wechselnden Locations Hannovers. Heute ist ein neuer Club dran, der ‚Bismark Bahnhof’. Keiner von meinen Leuten hat bislang etwas von diesem Club gehört. So let’s try out! Ich stöbere in meinem Kleiderschrank herum und suche nach einem passenden Outfit. Es soll eines sein: sexy! Ich will heute Abend alles „mitnehmen“, was geht! Ich sehe gut aus, bin jung und habe Geld. Die lesbische Welt liegt mir zu Füßen. Gefühle? Beziehungen? Das ist etwas für Weicheier! Aber wie wurde ich zu solch einem Arschloch? Lasst es mich euch erklären..

Der Flieger geht um 9:55 Uhr. Lufthansa, Linie1016. Nervös schaute ich auf die große Anzeigetafel im Flughafen Hannover/Langenhagen. Endlich wurde der Flug zum Boarding aufgerufen. Schnell verabschiedete ich mich von meiner Mutter und begab mich zum Gate. Keine 10 Minuten später saß ich auf meinem Platz 14C, Fensterplatz. Fatal wie sich später noch rausstellen sollte. Es ging nach München, Inlandsflug also. Mitten in der Woche. Außer mir saßen also nur wichtige Geschäftsmänner in der Maschine. Wichtige Leute in wichtigen Anzügen mit wichtigen Aktenkoffern. Und mittendrin saß ich. In Straßenklamotten von C&A, lediglich einen Rucksack dabei mit furchtbar unwichtigen Dingen drin. Ich fühlte mich mehr als fehl am Platz. Auf dem Flug lies ich die letzten Wochen noch einmal an mir vorbei ziehen. Ca. 2 Monate zuvor loggte ich mich zum ersten Mal in einen Lesbenchat ein. Ich war einfach neugierig aber natürlich totsicher heterosexuell zu sein. Wer’s glaubt!
Es dauerte nicht lange und schon war ich mit einigen Leuten in ein Gespräch vertieft. Unter anderem war dort auch sie. Nicole. Ich hatte sie Anfangs gar nicht bemerkt. Sie war Admin in diesem Chat und hat eher wenig geschrieben. Doch eines Abends leuchtete ein Fenster auf. Sie hatte mich angeschrieben. Ich wollte höflich sein und schrieb zurück, so kamen wir ins Gespräch. Ich erzählte ihr, dass ich heterosexuell sei. 2 Wochen später hies es dann „Ich bin bisexuell“ und weitere 2 Wochen später machte ich es öffentlich „Nicole, ich habe mich total in dich verliebt. Ich bin lesbisch!“
Wir telefonierten mehrere Stunden täglich, simsten und schrieben im Internet. Sie hat es geschafft mich absolut zu verzaubern ohne das wir uns je gesehen haben. Aber das sollte sich ändern. Ich flog zu ihr nach München und es sollten 4 wunderschöne Tage werden.
Der Flug war relativ unspektakulär. Das mit jeder verstrichenen Minute meine Nervosität steigen würde, muss ich wohl nicht erwähnen. Ich hatte tausend Gedanken im Kopf. „Wie wird wohl mein erster Kuss mit einer Frau sein?“ „Ob wir miteinander schlafen werden“ „Oh mein Gott, kann ich das überhaupt? Mit ihr schlafen?“ „Wird sie mich immer noch mögen, wenn ich vor ihr stehen?“ „Wann landet endlich dieser gottverdammte Flieger?“
Endlich war es soweit. Das Flugzeug landete und auf einmal hatte ich nur noch einen Wunsch: Zurück nach Hause! Zumindest für einen kleinen Moment. Als das Flugzeug an seinem Parkplatz hielt, wollte ich so schnell wie möglich herausstürzen. Jetzt machte sich der Fensterplatz zum Nachteil. Während ich fix und fertig in den Startlöchern stand, saßen meine zwei Sitznachbarn noch seelenruhig auf ihrem Platz und fuhren – ganz gemütlich und langsam – ihre Laptops hinunter und packten ihre furchtbar wichtigen Unterlagen zurück in ihre Aktenkoffer. Mehr oder weniger unhöflich drängelte ich mich an den beiden vorbei und rannte regelrecht aus dem Flugzeug. Ich rannte zum Gepäckband und natüüüürlich war mein Koffer der letzte, der auf dem Band in die Flugzeughalle fuhr. Meine beiden Sitznachbarn waren schon lange aus dem Gate raus.
Endlich hatte auch ich mein Gepäck und stürzte aus dem Gate. Vor mir stand eine riesige Menschenmenge, aufgestellt in einem Halbkreis, und schien nur mich anzuschauen. Wie sollte ich Nicole unter all den Menschen finden? Ziellos ging ich in Richtung Menschenmenge, als mir eine kleine, kräftige Person entgegenging. Da war sie! Sie war so wunderschön und ihr Lächeln hat mich sofort umgehauen! Wir umarmten uns zur Begrüßung, beide total schüchtern. Eigentlich total doof. Am Telefon haben wir uns alles gesagt. Es gab keine Tabus, keine Schüchternheit. Und hier? Wie zwei pubertären Kinder, die ihre ersten Erfahrungen machen. Aber irgendwie so war es ja auch für mich. Nicoles beste Freundin fuhr uns mit dem Auto zu Nicole nach Hause. Dort waren wir ganz allein. Wir gingen in ihr Zimmer, total verklemmt hielten wir „Sicherheitsabstand“. Es war jetzt 12 Uhr Mittags..
Ich will euch nicht mit all zu vielen Details nerven. Auf jeden Fall gingen wir erst mal in die Stadt, holten dort ihre Schwester und ihren Freund ab und aßen etwas. Wir wurden langsam war miteinander. Naja, was heisst warm? Wir trauten uns jedenfalls schon miteinander zu reden. Wieder bei ihr angekommen, setzten wir uns aufs Sofa und redeten. Bestimmt eine Stunde. Wir fingen an rumzublödeln, kamen uns dabei näher und dann passierte es. Ihr lachen verstummte und sie schaute mich ernst an. Ich war so nervös, ich konnte an gar nichts mehr denken. Ihre Augen schlossen sich und ihr Gesicht kam auf meines zu. Unsere Lippen trafen sich und dieser Augenblick war so wunderschön! Der erste Kuss mit einer Frau. Unbeschreiblich schön! In meinem ganzen Körper kribbelte es, ich wollte dass dieser Kuss nie endet. Aber wie alles schöne einmal enden musste, so auch der Kuss. Und zwar durch ihre Schwester, die in genau dem Moment ins Zimmer stürmte, um zu fragen ob wir vier nicht an den See wollen. In diesem Moment habe ich beschlossen: Nicoles Tür immer abschließen!!!
Der Ausflug war total schön. Nicole und ich waren nicht mehr auseinander zu kriegen. Permanent waren wir uns nahe, kuschelten und küssten uns. So ging es die ganzen 4 Tage. Alles hier niederzuschreiben würde wohl den Rahmen sprengen, außerdem wollt ihr schließlich wissen, wie ich zu einem Gefühlskrüppel wurde..
Es kam der Tag des Abschieds. Wir sind mit dem Zug zum Flughafen gefahren und waren sehr pünktlich da. So pünktlich, dass wir kaum Zeit hatten, und zu verabschieden. Als wir eintrafen, war mein Flug schon bereit fürs Boarding. Wir gingen bis zur Zollgrenze und küssten uns. Wir hatten beide eine Menge Tränen in den Augen. Ich wollte sie nicht loslassen, ich wollte bei ihr bleiben. Am Liebsten für immer. Doch als ich dann darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das Flugzeug nicht mehr lange auf mich wartet, mussten wir uns trennen. Ich drehte mich bestimmt noch 1000 mal um, um zum letzten mal ihr Gesicht zu sehen. Dieses Gesicht werde ich wohl nie vergessen.
Der Rückflug war sehr unspektakulär. Naja, eigentlich war er es doch. Sind durch Gewitter geflogen, Hannover Flughafen war überschwemmt, Notlandung in Berlin/Tegel, da 1 Stunde gewartet, zurück nach Hannover geflogen, dort dann landen können. Wir waren die letzte Maschine an diesem Tag, die noch landen konnte. Aber das war mir alles egal. Ich wollte nur zurück zu ihr.
Nach 2 Wochen ca. Telefonierten Nicole und ich – so wie jeden Tag. Doch dieses Mal war es anders. Mir kamen wieder die Tränen und ich sagte ihr, wie sehr ich sie vermissen würde, doch von ihr kam nichts zurück. „Schatz? Warum sagst du nichts?“ „Ich muss dir was sagen, Marina“ Marina? So hatte sie mich noch nie genannt. Ich bekam Angst. „Was denn?“ „Ich habe mich in eine andere verliebt..!“ Es war wie ein Schlag in den Magen. Ich habe nur diesen einen Satz gehört. Alles andere, was sie sagte, verstand ich gar nicht mehr. Wie in Trance. Ich legte auf und in mir zerbrach eine Welt. Wie konnte sie sich nur von mir trennen? Wir waren doch so glücklich? War es, weil ich so unerfahren bin? Sie hat bestimmt eine Frau getroffen, die viel mehr Erfahrungen hat.
Tagelang schloss ich mich in meinem Zimmer ein. Das ist also Liebeskummer. In meinen gesamten 19 Jahren Lebenszeit hatte ich noch nie so gefühlt. Ich lachte immer im Film über diese Frauen die tagelang schluchzen und heulen, nur wegen diesem einen Kerl. Nun konnte ich sie verstehen. Nicole war für mich alles. Jetzt war sie weg.
Meine Mutter unternahm alles, um mich aufzuheitern, aber nichts half. Sie drückte mir die Schlüssel unseres Neuwagens in die Hand und Geld, damit ich einen drauf machen konnte, aber es war mir egal. Ich blieb in meinem Bett liegen. Ich wollte traurig sein...




copyright © by heterophobic. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.





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