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von JoeleyJo
Es ist schon lange hell Draußen. Ich liege aber noch nicht allzu lange in meinem Bett. Was für eine Nacht.
Paula und ich sind einfach durch die Straßen gelaufen. Hand in Hand, haben wir uns von uns erzählt. Wir haben Raucherpausen auf Barkbänken oder einem Bordstein eingelegt, wir haben viel gelacht.
Ich drehe mich auf den Rücken und schließe die Augen. Ich bin Hundemüde, aber rund um zufrieden.
Es ist Nacht, als ich meine Augen wieder öffne. Ich habe also den ganzen Samstag verschlafen. Ganz kurz kommt in mir ein Gefühl von Ärger auf. So ein Mist, mein liebster Tag in der Woche und ich habe ihn verpasst. Mit diesem Gedanken schlafe ich allerdings wieder ein und wache erst Sonntagfrüh wieder auf.
Ich bin zufrieden und dieses Gefühl ist wunderschön. Ich hatte fast vergessen wie es sich anfühlt wenn man zufrieden ist.
Geduscht mit einem Dampfenden Becher Kaffee ausgestattet und in eine Wolldecke gehüllt sitze ich auf dem Balkon. Ich sitze nur so da und wenn man wirklich Löcher in die Luft starren könnte, hätte ich jetzt vermutlich schon ein sehr großes vor mir.
Ab und zu nehme ich einen Schluck Kaffee und dann starre ich weiter. Ich weiss nicht wie lange ich so sitze aber irgendwann klingelt es an der Tür.
Es ist Bettina und als ich sie erkenne, wie sie mit großen Schritten die Treppe heraufkommt, laufe ich ihr entgegen. Wir fallen uns in die Arme. Es ist toll diese Frau zu umarmen. Ich fühle mich dann so wohl, so geborgen.
„Schön, dich zusehen, was machst du hier?“. Frage ich.
„Das Wetter ist herrlich, ich habe heut schon ne große Runde mit dem Motorrad gedreht und wollte mal hören ob du nicht Lust hast mit mir zufahren und dann vielleicht Spazieren zu gehen?“, ich schaue an Bettina herunter, in ihrer Lederhose und der Jacke sieht sie fantastisch aus und dann noch dieses strahlen im Gesicht. Es scheint ihr richtig gut zugehen.
Was für eine Frage „Klar gerne.“, antworte ich ihr.
Kurz darauf weht mir der Fahrtwind um die Nase. Das Wetter ist wirklich herrlich, es ist frisch, aber trotzdem scheint die Sonne und der Himmel ist hellblau.
Bettina und ich sind den restlichen Sonntag gemeinsam unterwegs. Ich genieße jede Minute mit ihr. Ich könnte Tage mit dieser Frau verbringen und ich glaube wir wüssten auch dann noch was zureden. Ich habe Bettina schon immer viel von meinen Sorgen und Nöten erzählt, aber an diesem Tag gab es da keine. Ich hatte immer und immer wieder ein Lächeln auf dem Gesicht.
Wir sitzen in einer Bar, nicht weit von Bettinas Zuhause entfernt. Es ist eine Schwulen- und Lesbenbar. Ich war noch nie hier und grade als ich fragen möchte warum Sie diese Kneipe so gern hat, sagt sie:
„So lächelt Jos nur, wenn irgendetwas ganz besonderes passiert ist, also raus mit der Sprache“. Ich lege los. Als hätte es nur diesen einen Satz gebraucht um alles aus mir herauszulocken.
Ich erzähle von Paulas strahlenden Augen, von ihrem Klamottenstil der mir sehr gut gefällt, von ihrem Lächeln, von ihrer wunderschönen Stimme, von diesen starken und doch zarten Händen. Davon, das sie mir eine Zigarette geschenkt hat und von dem brennen auf der Haut als wir uns berührt haben.
„Ich war völlig von den Socken als wir da oben so allein im Kunstraum gesessen haben, ich wusste überhaupt nicht was ich sagen sollte“. Beende ich meine Erzählung. Bettina nimmt einen Schluck von ihrem Alster, zieht lange an ihrer Zigarette und schaut mich Schweigend an.
Dann endlich, ich bin schon sehr gespannt auf ihre Antwort sagt sie:
„Jos, wir haben da etwas gemeinsam. Beide haben Wir uns in eine Frau verliebt“.
Ich kann nicht ganz glauben was ich da grade gehört habe. Verliebt, ich? Ich habe doch nur von einem sehr schönen Abend mit einer noch schöneren Frau erzählt.
Ich bin immer noch völlig perplex als Bettina anfängt zu erzählen: „ Ja auch ich bin verliebt, in eine Frau. Es gab in den letzten Wochen nie wirklich eine gute Gelegenheit dir davon zu erzählen. Vielleicht bin ich auch heute Morgen mit dem Gedanken zu Dir gefahren es heute zu tun. Jetzt wo du selbst so von deiner Paula schwärmst, habe ich das Gefühl, es ist der Moment gekommen wo ich dir gerne von mir erzählen würde.“ Sie hält inne und sieht mich an, mit diesem weichen Blick den ich so an ihr liebe. „Und das faszinierende ist, das sich unsere Geschichten sehr ähneln, ich habe Karin auch in der Schule kennen gelernt auch wir gehen in die selbe Klasse. Gut, ich muss gestehen wir sind schon ein Paar und wir haben diese anfängliche Unsicherheit schon hinter uns, aber genau das was du eben beschrieben hast, habe ich auch gefühlt und fühle ich manchmal jetzt noch“. Bettina ist Erziehrein, genau das was ich auch werden will, sie macht grade noch eine Zusatzausbildung zur Gesprächstherapeutin.
Ich muss schlucken und merke wie mir eine Träne die Wange herunterläuft. Ich denke grade an ein Gespräch von Bettina und mir, welches wir vor einigen Jahr hatten, als sie mir gesagt hat das sie und Ralf, ihr Ex, kein Liebespaar mehr sind. Damals musste ich auch weinen. Die beiden passten so gut zusammen und ich habe immer gedacht, wenn eine Beziehung, dann so eine wie sie Ralf und Bettina führen. Natürlich war mir auch damals schon klar das Bettina jetzt nicht den Rest ihres Lebens allein verbringen wird und das wäre bestimmt nicht das was ich ihr wünschen würde. Aber irgendwie, bin ich plötzlich total berührt weil das bedeutet, das sie auch nie wieder ein Paar sein werden. Hinzu kommt noch das Bettina das ausgesprochen hat, was ich vielleicht schon war bevor ich mit Paula allein im Kunstraum gesessen habe. Verliebt. Verliebt in Paula.
Meine Tränen sind jetzt nicht mehr zu stoppen. Bettina kommt um den Tisch herum und nimmt mich in ihren Arm. Sie hält mich, sie hält mich einfach fest. Sie hält mich so wie sie es immer tut wenn ich weinen muss. Ich bin einfach völlig überrumpelt von meinen Gefühlen.
Sie erzählt mir noch ein bisschen von ihrer neuen Freundin Karin. Und davon das auch sie ihre Gefühle zuerst nicht richtig einzuordnen wusste. Es gab schon einmal eine Frau in Bettinas Leben, aber das ist lange lange her. Und jetzt ist da eben Karin und mit Ralf verbindet sie eine sehr enge und liebevolle Freundschaft.
Ich schlafe sehr unruhig in dieser Nacht. Völlig durch den Wind und übermüdet starte ich in eine neue Woche.
In der Schule ist Kleingruppenphase als Vorbereitung für die Projektwoche. Ich sehe Paula nur selten, sie arbeitet nicht in meiner Gruppe. Manchmal warte ich noch Rauchenderweise vor der Schule in der Hoffnung sie nach einem anstrengenden Schultag auf einen Kaffe einladen zukönnen.
Aber nichts dergleichen passiert.
Stattdessen telefoniere ich jeden Abend mit Leila und fast jeden zweiten mit Bettina. Leila schwebt immer noch im rosaroten Himmel und ich höre ihr mit halbem Ohr zu wie sie begeistert von jenem und diesem Treffen mit Alex berichtet. Ich kann ihr nicht von Paula erzählen. Ich habe keine Angst vor Leilas Reaktion und ich glaube auch nicht das sie es befremdlich fände wenn ich erzählen würde, ich interessiere mich für eine Frau. Irgendetwas anderes hindert mich.
Bei Bettina ist das völlig anders, ihr kann ich erzählen das ich Paula in der Bibliothek getroffen habe, das ich wieder Angst hatte mein Herz würde sich überschlagen und das ich wieder nicht den Mund aufgemacht habe.
Sie hört mir zu, erzählt wie sie das mit Karin erlebt hat und ich sauge alles in mir auf, wie ein Schwamm.
Es ist Herbst. Die heißen Tage in diesem Jahr sind jetzt wohl entgültig vorbei. Es regnet in einer Tour.
Ich sitze Zuhause auf meinem Sofa. Ich bin allein und ich fühle mich auch so.
Leila und ich haben solche Tage an denen man das Haus nicht mehr verlassen mag immer gemeinsam verbracht. Manchmal haben wir einfach stumm beieinander gesessen und jede für sich hat gelesen.
Diese Zeit ist nun vorbei und ich habe das Gefühl sie würde auch nie wiederkommen. Leila und Alex sind jetzt ein Paar, natürlich freue ich mich für die zwei, aber trotzdem bin ich allein.
Noch schlimmer ist das Wir Herbstferien haben und ich Paula jetzt ganze zwei Wochen nicht sehen werde.
Ich muss an meine Freundin Hannah denken, die alles immer sehr nüchtern betrachtet und jetzt sagen würde: „Schön und gut du wirst sie nicht sehen, aber was hättest du auch davon, du gehst ja doch nicht auf sie zu und fragst ob sie Lust hat auf nen Treffen. Nein stattdessen stehst du jeden Tag nach der Schule noch ne halbe Stunde darum in der Hoffnung sie würde auftauchen.“ Ja Hannah, denke ich wo du Recht hast, hast du Recht.
Ich nehme also am Nachmittag all meinem Mut zusammen und rufe Paula Zuhause an. So nervös wie ich bin, lege ich sofort wieder auf als am anderen Ende eine Männerstimme zu hören ist: “Ja Hallo Matze hier.“
Beim Wiederholten wählen ist es allerdings wieder dieser Matze, der den Hörer abnimmt. Mit etwas erstickter Stimme frage ich, ob ich unter dieser Nummer auch Paula erreichen könnte.
„Paula, ja klar die wohnt auch hier.“ Ich hoffe schon fast das er sagt, sie wäre nicht Zuhause, als ich höre wie er am anderen Ende durch die Wohnung brüllt: „Paula Telefon!“. Dann wieder etwas leiser an mich gewandt sagt er:“ Ich denke das wird sie gehört haben, ich muss jetzt wieder in die Küche zu meinem Spiegelei sonst ist das gleich ungenießbar. Also mach’s gut. Tschüss.“
Ich warte also. Ich stehe vor der offenen Balkontür und rauche.
Und dann ist sie da: „Hallo? Paula hier wer da?“
Ich zittere am ganzen Körper so sehr trifft mich ihre Stimme“ Äh ja, Hallo ich bin’s Jos“, antworte ich.
„Ach Ey, das ist ja ne Überraschung, wie geht’s Dir?“. Diese Stimme, so warm, so weich.
„Gut geht’s mir, ich wollte mal hören ob du nicht Lust hast einen unserer Ferientage mit mir zu verbringen?“. Jetzt ist es raus.
Ich merke das sie ins Telefon lächelt und das berührt mich.
„Oh Hey, einen ganzen Tag gleich. Aber klar warum nicht und was schlägst du vor?“.
Jetzt bin ich überfragt und das sage ich auch:
„Um ehrlich zusein hab ich da gar nicht drüber nachgedacht, so spontan würde mir jetzt nen Treffen in nem Cafe einfallen“.
„Ja Cafe ist immer gut, kennst du das La Strada, ist recht klein aber ganz gemütlich. Ich bin die nächsten Tage viel unterwegs, deshalb wäre mir das Wochenende lieb. Was hältst du von Samstag um Drei im La Strada?“, sagt Sie.
Ich sage zu und wir Verabschieden uns.
Ich hätte gern noch ein bisschen weiter geredet einfach nur um ihre Stimme zuhören, aber Paula wurde wohl von diesem Matze in die Küche zitiert.
Der Samstag kommt fast schneller als mir lieb ist. Auch ich bin viel unterwegs. Treffe mich mit Bettina, bin zum Essen bei meinen Eltern und einen Tag verbringe ich zusammen mit Leila bei Ikea, weil die ihre neue Wohnung einrichten möchte.
Ich nutze den gemeinsamen Tag mit ihr, um ihr dann doch von Paula zu erzählen. Leila sagt nur: „Mensch Jos, werde glücklich. Mit Ihr oder Ihm, das ist doch völlig egal. Hauptsache du bist glücklich“.
Mir fällt dann doch irgendwie ein Stein vom Herzen, auch wenn ich geahnt habe das Leila ganz locker reagieren würde. Noch einmal mehr wird mir deutlich wie wichtig sie mir als Freundin ist.
copyright © by
JoeleyJo. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.
So schön
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