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Stories » Detail

Roof Stories - Story 4 (Part 2)

von cappuccino007


Fortsetzung zu Part 1...

Charlys Euphorie war mittlerweile verschwunden und ein wenig erschöpft ließ sie sich bei den anderen Mädels in der Ecke nieder und lauschte deren neuesten Klatsch und Tratsch.
„Einen Touchdown?“, sagte die Bedienung hastig, als sie mit einem weiteren Tablett Cocktails in der Hand ankam.
„Ja, der ist für mich!“, meldete sich Charly beschwipst und nahm der Kellnerin begeistert das Glas ab. Nicki hob die Augenbrauen, „Charly, findest du nicht, dass du langsam genug getrunken hast?“
Charly wollte etwas sagen, doch Pia sprach dazwischen, „Lass mich anders fragen. Charly, tut es noch weh wenn du an den heutigen Nachmittag denkst?“
„Und wie!“, grummelte Charly sauer und Pia haute ihr auf die Schulter, „Dann hat sie noch genug nicht getrunken! Erst wenn der Schmerz aufhört ist es genug!“
Im selben Moment stellte die junge Kellnerin Becky einen roten Drink vor die Nase, den Charly sofort wieder erkannte, „Ist das ein Mai Tai?“
„Yes!“, grinste Becky nur begeistert und nahm genüsslich einen Schluck ihres Rum Cocktails.
„Oh Gott, das ist Verenas Lieblingscocktail…“, murmelte Charly beklemmt und blickte mit leerem Blick auf ihr Cocktailglas. Im nächsten Moment brach überraschend ein Schwall Tränen aus ihr heraus und sie hielt sich die Hände vors Gesicht, „Verdammt, ich will nicht dass das mit uns zu Ende ist bevor es überhaupt richtig angefangen hat!“
Die Anderen am Tisch versuchten Charly zu besänftigen, doch die legte nun ein Temperament an den Tag, wie es keiner von ihr kannte.
„Charly bleib ruhig! Die blöde Kuh hat dich nicht verdient!“, redete Pia gutmütig auf sie ein und packte sie von hinten an den Schultern. Charly wehrte sich gegen diese freundschaftliche Umarmung und stand so schnell auf, dass sie fast ihren Stuhl umkippte.
„Sie ist keine blöde Kuh! Und selbst wenn, dann will ich sie wieder haben! Ich ruf sie jetzt an!“, brüllte Charly und zückte ihr Handy. Pia und Vanny traten auf sie zu und versuchten ihr dieses zu entreißen, doch Charly wehrte sich mit Händen und Füßen, „Lasst mich, ich will sie anrufen! Ich gebe mich mit ihrer Begründung nicht zufrieden!“
„Nein Charly so verzweifelt bist du nicht!“, brüllte Pia, die ausversehen einen ordentlichen Kinnhacken von der wutendbrannten Charly abbekam. „Doch bin ich schon!“
„Du wirst es bereuen wenn du sie anrufst! Du bist total betrunken und weißt nicht was du tust!“, redete Vanny auf sie ein, die die Brillenträgerin mittlerweile in den Schwitzkasten bekommen hatte, aber große Mühe hatte sie dort festzuhalten. Auch Milli war mittlerweile zur Hilfe geeilt und endlich schafften sie es Charly das Handy aus der Hand zu reißen. Diese stand einen Moment lang tränenüberströmt schwankend auf ihren Füßen, ehe sie sich gegen Milli fallen ließ, „Ich will sie wieder haben…“
„Ich weiß…“, flüsterte Milli und strich ihr sanft über den Kopf. Charly blickte mit käsebleichem Gesicht auf und begann zu zittern, „Milli, ich glaub mir wird schlecht…“
„Okay, dann gehen wir mal lieber auf die Toilette!“, nickte Milli fürsorglich und die Zwei verschwanden nach unten. Becky blickte ihnen erstaunt nach, „Wow. Ich glaube das ist das erste Mal, dass nicht ich diejenige bin, die sich im hier im Kings and Queens so abgeschossen hat!“

„Weißt du schon was du nach dem Abitur machen willst?“, quetschte Fiona Hanna währenddessen weiter aus.
„Auf jeden Fall studieren. Was genau weiß ich noch nicht, aber am liebsten irgendwas mit Literatur oder Theater.“
„Oh, interessant“, antwortete Fiona überrascht, „Mit Literatur könnte ich mir auch etwas vorstellen, aber das eher im Nebenfach. Im Hauptfach wird es bei mir vermutlich auf Kunstwissenschaft oder Kunstpädagogik hinaus laufen. Ich weiß nicht warum, aber Kunst fasziniert mich schon seit meiner Kindheit. Ganz besonders liebe ich Franz Marc und Andy Warhol. Die zwei waren wirklich Meister ihres Fachs. Was ich an Kunst einfach unglaublich spannend finde ist, dass sie sich nicht nur auf der klassischen Leinwand abspielen muss. Siehe Jeanne-Claude und Christo. Die haben für ihre Werke nichts Geringeres als die Natur zu ihrer Leinwand gemacht.“, schwärmte Fiona und ihre eisblauen Augen kamen aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus.
Während Hanna ihr so zuhörte, wie sie sprach und gestikulierte, da erkannte sie in Fiona selbst die Züge einer unverwechselbaren Künstlerin. Als diese geendet hatte blickte sie erwartungsvoll zu Hanna, die antwortete, „Ja, was die Zwei geschaffen haben ist wirklich beeindruckend. Mich persönlich beeindruckt es aber noch mehr welche Kunst man mit Hilfe von Worten ausdrücken kann. Egal ob in der Lyrik oder im Drama. An der Literatur habe ich mir schon früh einen Narren gefressen.“
Fiona nickte und nahm einen weiteren Zug, „Mhm. Versteh ich. Ich denke mal, dass man aus so ziemlich jeder Materie Kunst schaffen kann. Was Kunst ist, liegt immerhin im Auge des Betrachters!“
„Ah, wie hieß noch einmal der Künstler, der diesen Spruch zum Programm gemacht hat?“, „Marcel Duchamp. Mit seinem unvergessenes Pissoir, das als Readymade am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts Aufsehen erregte“, erläuterte Fiona strahlend und Hanna war beeindruckt über so viel Fachwissen. Einige Sekunden war es still zwischen den Beiden, dann zückte Fiona ihr Handy, „Hast du Facebook beziehungsweise WhatsApp?“
„Ja habe ich, warte ich geb dir meine Nummer“, antwortete Hanna und holte ihr Smartphone ebenfalls hervor, „Hast du zufällig Tumblr?“
Mit ungläubiger Miene blickte Fiona auf, „Nicht dein Ernst! Endlich treff ich mal jemanden, der auch Tumblr hat! Ja, ich geb dir sofort meinen Nutzernamen, aber erst speicher ich dich ein. Schreibt man dich mit oder ohne H am Ende?“
Bei dieser Frage konnte Hanna nicht anders als übers ganze Gesicht los zu strahlen. Fiona entging dies natürlich nicht und sie fragte verwundert, „Warum grinst du so?“
„Ach, nichts!“, machte Hanna nur und schüttelte lächelnd den Kopf, „Ohne H.“
„Cool. Ich mag diese Version von dem Namen lieber. Also, die Version mit H am Ende ist auch schön, aber ohne finde ich es noch schöner“, sprudelte es verlegen aus Fiona heraus, während sie Hannas Nummer eintippte. Als die beiden ihre Nutzernamen für diverse soziale Netzwerke ausgetauscht hatten, unterhielten sie sich paffend weiter über die Kunst und ihre Ausdrucksformen.
„Und schon wieder schädigst du deine Lungen…“, ertönte auf einmal eine wohl klingende Stimme an Hannas Ohr. Ein breites Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit, als sie sah, dass Jess sich leise an die zwei Mädchen heran gepirscht hatte.
„Ahh, Jess! Hi!“
Der Rockstar grüßte zurück und wandte sich dann neugierig an Fiona, „Hi, wir kennen uns noch nicht, ich bin Jess!“
„Fiona!“, antwortete diese und schüttelte dem Mädchen mit der Cap selbstzufrieden und erwartungsvoll die Hand.
„Freut mich!“, erwiderte Jess und wandte sich dann mit leicht besorgter Miene an Hanna, „Sag mal Hanna, ist irgendetwas mit Charly? Sie ist gerade weinend mit Milli auf der Toilette verschwunden.“
Hanna seufzte und erklärte dem Rockstar was vorgefallen war. Hinter Jess, die gebannt lauschte, begann Fiona auf einmal die Duttträgerin zu necken, in dem sie so tat, als wäre sie sie und schmachtete Jess voller Leidenschaft an. Hanna entgingen Fionas Improvisationseinlagen nicht und vor Verlegenheit und Empörung kam sie in ihrer Erzählung ziemlich ins Stolpern, doch dem Rockstar schien das zum Glück nicht aufzufallen.
„Oh, die arme Charly…“ antwortete Jess leise und kickte einen kleinen Kieselstein weg, der vor ihren Füßen lag. Fiona deutete mit dem Zeigefinger auf Hanna, dann auf Jess und formte mit ihren Händen ein Herz, das sie sich mit sehnsüchtigem Gesichtsausdruck vor die Brust hielt.
„Nun ja offensichtlich sollte Verena nicht diejenige sein, die Charly glücklich macht.“
„Du kennst ihren Namen?“, fragte Hanna erstaunt und blickte gleichzeitig mit leicht entrüsteter Miene zu Fiona hinter. Jess zwinkerte ihr überlegen zu, „Na hör mal, hier und da bekomme ich schon mit wer oder was gerade bei euch so aktuell ist. Irgendwann wird jeder von uns den passenden Deckel finden. Oder habt ihr das schon?“
Hanna schüttelte den Kopf und da Jess nun auch Fiona wieder mit ins Gespräch einbezog, hörte diese augenblicklich mit ihren neckischen Schauspielkünsten auf und seufzte enttäuscht, „Ich glaube zu meinem Topf gibt es keinen Deckel. Mein Topf ist viel zu grotesk und seltsam.“
„Sag sowas nicht. Du bist eben ein besonderer Topf und der wird auch einen genau so besonderen Deckel finden.“, munterte Jess sie mit herzenswarmer Miene auf. Fiona entglitt ein Lächeln und im nächsten Moment fragte sie neugierig „Wie sieht es denn bei dir aus? Ist die Blondine da drinnen dein Deckel?“
Jess lachte erstaunt über die Offensive von Fiona, „Isabell? Nein. Das ist meine Ex-Freundin.“
„Also bist du Single?“
Jess zuckte mit den Schultern, „Schuldig.“
Hannas Magen machte einen kleinen Hopser und sie fragte ein wenig neckisch, „Wird sie nicht sauer wenn du so lange hier draußen bei uns bleibst?“
„Nein. Mittlerweile sind auch noch ein paar Andere aus dem LLoft gekommen, also ist sie nicht allein. Und selbst wenn sie sauer wird ist das nicht mein Problem“, antwortete der Rockstar lächelnd und Hanna und Fiona mussten kichern. Jess schob die Hände in ihre Jackentaschen und blickte dann in den Nachthimmel, an dem ganz schwach die Sterne funkelten „Wow, ziemlich viele Sterne da oben heute Nacht.“
Fiona starrte konzentriert nach oben und murmelte verwirrt, „Wo siehst du da viele Sterne? Ich sehe da nur Zwei!“
„Es sind aber mehr. Die Zwei da strahlen nur am Hellsten.“
Auch Hanna kniff die Augen zusammen und im ersten Moment erkannte auch sie nur die zwei Sterne die Fiona sah. Dann aber machte sie noch viele weitere aus, die hier und da schwach aufblitzten. Die Drei blickten eine ganze Weile einfach nur gen Himmel, ehe Jess sich ihre Cap zu Recht rückte, „Naja ich werde dann doch mal wieder reingehen. Euch zwei Hübschen noch viel Spaß hier draußen.“ Sie verabschiedete sich und machte sich auf zum Eingang, dann drehte sie sich noch einmal um „Und denk nochmal über das Rauchen nach. Es ist echt nicht gesund!“
„Ja, ich weiß, dass es schädlich ist!“, sagte Hanna und verdrehte die Augen.
Jess zog die Augenbrauen nach oben, „Du weißt, dass es dir schadet, aber trotzdem tust du es. Das passt irgendwie nicht zusammen Hanna.“
„Es ist eben schwer mit etwas aufzuhören wovon man abhängig ist.“
„Schwer. Aber nicht unmöglich.“
„So? Spricht da etwa jemand aus Erfahrung?“, fragte Hanna herausfordernd, “Mit was hast du denn aufgehört?“
„Dem Rauchen“, zwinkerte Jess den Mädels zu und verschwand drinnen. Hanna machte eine fassungslose Miene und blickte ihr so lange nach, bis die Tür wieder geschlossen war. Dann fiel ihr Blick auf Fiona, die sie verschmitzt angrinste. „Was?“
„Du stehst auf sie!“, quietschte diese immer noch grinsend.
„Nein, tue ich nicht! Das habe ich dir vorhin schon gesagt!“, entgegnete Hanna.
„Ja und ich habe dir vorhin schon nicht geglaubt!“
„Glaub doch was du willst! Gehen wir wieder rein? Mir wird kalt!“, sagte Hanna leicht eingeschnappt und die Mädchen gingen wieder rein ins Warme.

Im Alter von dreizehn Jahren fiel Charly auf, dass sie auch ab und zu bei Mädchen diese Schmetterlinge im Bauch verspürte wie sie es bei Jungs tat. Am Anfang fand sie es ziemlich komisch, dass sie anscheinend beides, Jungs und Mädchen mochte. Doch da Charly ein kluger und wissensbegieriger Kopf war, versuchte sie im Netz Gleichgesinnte zu finden. So stieß sie schließlich auf die Seite „Girls 4 Girls“. Bald schon fand sie ihre Bisexualität nicht mehr seltsam und mit fünfzehn Jahren sagte sie dies auch ihren Eltern, die das ganze äußert gelassen aufnahmen. Nur ihren Geschwistern erzählte sie erst einmal nichts. Allerdings bekamen diese natürlich auch mit wenn ihre Schwester einen Freund und Monate später dann eine Freundin nach Hause brachte. Für ihre Stiefschwestern sowie Viktoria, ihre leibliche Schwester, war das kein Problem und sie verstanden auch recht schnell was Sache war. Nur für die Zwillinge Todd und Ben war das Ganze ein wenig verwirrend.
„Du bist doch ein Mädchen, warum magst du auch Mädchen?“, fragte Todd einmal als sie gemeinsam beim Abendessen saßen und Ben fügte hinzu, „Man kann doch nicht beides mögen!“
Da Charly auch ihren Vater und ihre Stiefmutter darüber aufgeklärt hatte, was genau es eigentlich heißt bisexuell zu sein, übernahm sie auch diesen Fall, „Ben, was möchtest du lieber zu deinen Pommes? Ketchup oder Mayo?“
„Ich mag Beides!“
„Aber man doch nur eines davon mögen!“, sagte Charly demonstrativ.
„Nein, man kann Beides mögen!“, gab Todd zurück und Charly grinste ihre Brüder an, „Seht ihr und genau so ist das auch bei mir mit den Jungs und den Mädchen!“
Ab diesem Moment war Charlys Neigung auch für die zwei Jungs nicht mehr der Rede wert.
Für niemanden dem sie bis jetzt davon erzählt hatte, war es ein Problem gewesen, dass sie bi war. Warum musste es das ausgerechnet für Verena sein? Diese Frage beschäftigte Charly, als sie gerade über die Kloschüssel gebeugt war und darauf wartete, dass der Alkohol seine Rückreise antrat. Das tat er allerdings nicht und wankend trat Charly nach einigen Minuten aus der Kabine.
„Und? Geht’s besser?“, fragte Milli, die neben dem Waschbecken gewartet hatte.
„Nicht wirklich…“, murmelte Charly gequält und blickte in den Spiegel, der an der oberen rechten Ecke einen großen Sprung hatte, „Oh Gott, Pia hatte Recht, ich sehe ja echt scheiße aus! Ich werde jetzt am besten nach Hause gehen.“
Milli blickte sie streng an, „So lass ich dich bestimmt nicht alleine von dannen ziehen! Du kommst mit zu mir. Dann hast du jemanden der auf dich aufpasst und jemandem zum reden. Wenn du möchtest die ganze Nacht.“
„Nein Milli, ich will nicht, dass du wegen mir schon gehst!“, sagte Charly.
„Ach, so toll finde ich es heute gar nicht. Außerdem sind Freunde doch für sowas da, oder?“
Mit einem vernebelten Blick voller Dankbarkeit blickte Charly die kleine Blondine an, „Mutter Theresa würde dir für deine Nächstenliebe bestimmt einen Orden verleihen!“
Milli musste lachen, „Quatsch! Sowas macht man eben als gute Freundin! Und jetzt hopp, sagen wir den Anderen, dass wir gehen!“

Die Anderen verstanden es natürlich, dass Milli und Charly vorzeitig aufbrechen wollten und mit ein paar guten Worten versuchten sie die traurige Brillenträgerin noch so gut es ging aufzubauen. Pia bot ihr an, als Stärkung noch einmal einen kräftigen Schluck von ihrem Bier zu nehmen, doch bei diesem Vorschlag wurde Charly nur noch grüner im Gesicht. Becky, Pia und Vanny folgten Charly und Milli nach unten, da diese draußen eine rauchen wollten.
Die fürsorgliche Blondine schritt voran und kämpfte sich durch das Gewusel in der Bar. Charly trottete schwankend hinter ihr her und stieß dabei ausversehen gegen eine junge Dame mit blauen Haaren. Diese hätte daraufhin fast ihren Drink verschüttet, konnte ihn aber gerade noch fest halten. Charly hingegen hatte weniger Glück: Durch den heftigen Aufprall wurde ihre Brille zu Boden geschleudert und das rechte Glas zersprang, „Na super! Das musste ja noch sein!“, schimpfte Charly genervt und hob die kaputte Brille vom Boden auf.
Mit zorniger Miene schnaubte die Blauhaarige sie an „Hey! Kannst du nicht aufpassen? Trägst eh schon eine Brille und bist immer noch blind wie ein Maulwurf!“
Charly setzte sich ihre Sehhilfe wieder auf die Nase und blickte sie mit düsterer Miene durch das zersprungene Glas an, „Was kann ich dafür, wenn du so einen fetten Arsch hast?“
Milli und die anderen Mädchen blickten sich fassungslos an und wussten, dass Charly das besser nicht hätte sagen sollen. Die blauhaarige Dame stellte ihren Drink auf den Tisch und baute sich einschüchternd vor der erschöpften Brillenträgerin auf, „Was hast du gerade gesagt?“
„Du hast mich schon verstanden! Du hast einen fetten Arsch!“, wiederholte Charly unbekümmert und Vanny schritt dazwischen, „Sie hat das nicht so gemeint! Du musst verstehen, sie hat einen schlechten Tag gehabt!“
„Ich hab auch ab und an einen schlechten Tag, aber trotzdem habe ich dann nie meine Manieren verlernt! Und wenn sie keinen Alkohol verträgt, soll sie keinen trinken! Seid ihr überhaupt schon alle über achtzehn? Kinder wie ihr sollten um die Zeit nämlich schon im Bett sein!“
Vannys Miene verfinsterte sich und sie trat wütend einen Schritt auf die Dame, „Du nennst uns Kinder? Du mit deinen blauen Haaren? Hast du zu lange mit den Schlümpfen abgehangen oder was?“
Die Andere wirkte einen Moment verunsichert, giftete dann aber zurück, „Wenigstens trage ich nicht tausend Piercings und Tattoos nur um gefährlich zu wirken, weil ich eigentlich eine Pussy bin!“
„Du glaubst ich bin eine Pussy? Komm her, dann zeig ich dir das Gegenteil!“, drohte Vanny und schob sich die Ärmel hoch. Sofort packten Becky und Pia sie am Arm und versuchten sie zurück zuhalten.
„Los zeig’s mir!“, erwiderte die blauhaarige Dame und trat buhlend auf Vanny zu. Doch ehe eine der Beiden zu einem Schlag ausholen konnte, trat auf einmal Jess dazwischen und versuchte zu schlichten, „Hey was ist denn hier los! Hört auf mit dem Unsinn!“
„Die haben angefangen!“, beschwerte sich die erwachsene Dame und deutete auf die LLoft-Clique.
„Und wenn schon? Du bist die ältere Luna, du solltest so eine Situation eigentlich anders regeln können!“, begann Jess streng und wandte sich dann an die andere Kriegsfront, „Und ihr solltet Anderen gegenüber ein wenig mehr Respekt zeigen! Vor allem du Vanny! Und jetzt Abmarsch nach draußen!“
Hastig eilte die Gruppe an Luna und ihren Freundinnen vorbei, die ihnen immer noch wütend hinterher blickte. Bevor Vanny aus der Tür trat, drehte sie sich aber noch einmal zu der Blauhaarigen um und grinste abfällig, „Und meine Freundin hat Recht. Du hast einen fetten Arsch!“
Sofort wollte Luna auf sie zustürmen, doch ihre Freundinnen konnten sie zurückhalten.

Draußen angekommen schnappte sich Jess Charly und warf Milli einen Blick zu, der ihr zu verstehen gab, dass sie noch kurz bei den Anderen warten sollte. Charly verstand nicht ganz warum Jess mit ihr einige Meter ins Abseits trat, „Hey was machst du? Milli und ich wollten gerade gehen!“
„Könnt ihr gleich, aber zuerst will ich dich noch kurz sprechen, „ sagte Jess ruhig, „Ich habe das da drinnen gesehen. Wie du Luna beleidigt hast. Was sollte das?“
Charly fühlte sich, als würde Jess ihr etwas unterstellen und empört antwortete sie, „Ich habe nur die Wahrheit gesagt!“
„Charly, ich weiß, dass du betrunken und ziemlich verletzt bist, wegen Verenas Begründung, aber sich so zu verhalten wie gerade eben da drin, das hast du nicht nötig.“
Charlys Augen füllten sich mit Tränen und mit wütender Stimme sagte sie, „Ach du weißt das mit Verena? Und was hälst du von ihrer Begründung?“
Die Brillenträgerin redete sich in Rage und Jess hatte einige Mühe sie wieder zu beruhigen, „Charly! Charly, hör mir zu!“, sagte Jess scharf und mit tränenüberströmten Gesicht blickte diese sie an, „Ich weiß, dass es bitter ist, wenn man von einem Mädchen verlassen wird in das man verliebt ist. Und mindestens genau so bitter ist es, wenn dir dieses Mädchen nicht einmal die Chance gibt, ihr zu beweisen wie toll du bist. Aber weißt du Charly, wenn dich jemand nicht so akzeptiert und liebt wie du bist, mit deiner ganzen Persönlichkeit, dann hat sie dich nicht verdient. Ich weiß, im Moment willst du nur sie, aber irgendwo da draußen läuft jemand anderer für dich herum. Jemand, der dich genau so liebt und will wie du bist! Charly, du bist hübsch, humorvoll und eins der klügsten Mädchen, die ich kenne. Verena wird sich noch ärgern, dass sie das Abenteuer mit dir nicht eingehen wollte. Und jetzt trockne deine Tränen und versprich mir, dass du dich nicht hängen lässt.“
Die Brillenträgerin atmete tief und gleichmäßig ein und aus und schaute dann zu dem Mädchen mit den Saphiraugen auf, „Ich werde es versuchen…“ Mit ermutigendem und verständnisvollem Blick nickte Jess ihr zu und nahm sie in den Arm. Dann machten sich Milli und Charly auf den Nachhauseweg.

Jess nahm wieder drinnen an ihrem Tisch Platz und Isabell fragte besorgt, „Und geht’s dem Nerd besser?“
„Noch nicht. Aber die fängt sich schon wieder.“
„Die hat aber auch ein bisschen ein Theater gemacht oder? Sie und die Andere da waren ja noch nicht einmal zusammen!“, spottete Isabell und nippte an ihrem Longdrink. Jess schmunzelte kurz, sagte dann aber streng, „Mag sein, nur leider ist sie fürchterlich in dieses Mädchen verliebt. Aber du weißt ja nicht, wie es sich anfühlt wenn man von dem Mädchen verlassen wird in das man verliebt ist. Du bist die, die verlässt.“
Daraufhin erwiderte Isabell nichts mehr, sondern schaltete sich wieder in das Gespräch von Rosalie und den Übrigen am Tisch ein. Eine Etage über ihnen, hatten sich Emma, Nicki, Hanna und Fiona wieder an einen Pooltisch begeben. Bevor die eigentliche Partie beginnen konnte, sagte Fiona, „Einen Moment! Ich möchte noch einmal was versuchen!“
Sie schnappte sich den schwarzen Becher von vorhin und platzierte ihn auf dem Billardtisch. Alle Gläser oder sonstige zerbrechliche Gegenstände räumte sie sicherheitshalber weg und lehnte sich dann konzentriert mit ihrem Queue über den Tisch. Und diesmal klappte es! Sie schnitt die weiße Kugel so an, dass diese aufsprang und genau in dem Kniffelbecher landete. Freudig ballte Fiona eine Faust und die anderen klatschten. „Siehst du! Ich sagte doch, beim nächsten Mal klappt es wieder!“, freute sich Hanna und zwinkerte ihr zu.

Draußen vor der Bar hatten sich Pia, Becky und Vanny in einem Halbkreis formiert und drehten sich ihre Zigaretten. Als Pia die ihre angesteckt hatte, fragte sie verwirrt, „Warum hängt Isabell bitteschön bei Jess und den Anderen rum? Sind die beiden wieder zusammen?“
„Das kann ich mir nicht vorstellen!“, kommentierte Becky und paffte aus, „Also, bei aller Liebe, aber wenn das der Fall sein sollte, dann verstehe ich Jess nicht. So krass wie Isabell teilweise zu ihr war.“
„Vor allem waren das nur die Sachen, die wir mitbekommen haben. Ich will gar nicht wissen, was da sonst noch so passiert ist“, ergänzte Pia und blickte Vanny an.
„Ja, ihr habt schon recht. Aber selbst wenn Jess sicher Single ist, dann hättet ihr zwei trotzdem keine Chance bei ihr!“, grinste Vanny und zwinkerte.
„Hallo?! Was redest du da?“, protestierte Becky vorwurfsvoll und auch Pia zeigte ihr den Vogel. Vanny musste lachen, „Das war doch nur ein Scherz ihr Zwei!“
Plötzlich vibrierte ihr Handy in der Gesäßtasche und ein vielversprechendes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit.
„Warum grinst du denn so?“, fragte Pia platt.
„Nichts, nichts!“, antwortete Vanny nur zufrieden, „Aber ich denke ich werde nach der Zigarette hier auch gehen. Hab noch was vor.“
„So? Was denn?“, wollte Becky wissen und paffte aus.
„Nun ja, Chrissi hat mir gerade geschrieben, dass sie heute Nacht alleine ist und mich gefragt ob ich ihr vielleicht ein wenig Gesellschaft leisten will. Im Endeffekt heißt das, dass ich heute noch Sex haben werde“, erklärte Vanny stolz.
„Chrissi?“, fragte Pia nach und Vanny drückte mit dem Fuß ihren Klimmstängel aus, „Becky erklär du ihr die Sache, ich muss los! Grüßt die Anderen noch von mir! Adios!“ Und ohne ein weiteres Wort warf sich die Butch ihre Kapuze über den Kopf und stapfte von dannen.

Ein paar Stunden später in dieser Nacht, krallte sich Isabell fest in die Matratze und biss sich angestrengt auf die Lippen. Sie konnte nicht anders, als sich in ihrem Kissen hin und her zu wälzen, so unglaublich war das Gefühl, das Jess mit ihrer Zunge zwischen ihren Beinen auslöste. Sie drückte Jess‘ Kopf noch mehr zwischen ihre Schenkel, ehe sich ihr Oberkörper zur Zimmerdecke wölbte und es aus ihr herausbrach.
Während Isabell versuchte die Fassung wieder zu erlangen, legte sich Jess auf ihre Höhe und lächelte sie an. Die Blondine erwiderte das Lächeln und sagte mit erschöpfter Stimme, „Das war Wahnsinn.“
Jess erwiderte nichts, sondern drehte ihren Kopf gen Zimmerdecke. Jetzt lag sie schon wieder hier. Das dritte Mal seit letztem Samstag. In dieser Wohnung, die wie das perfekte Heim schien. Mit all ihren modernen Designermöbeln und abstrakten Bildern an der Wand, auf denen kein Krümel Staub lag. Doch das war nur der schöne Schein. Eigentlich beherbergte diese Wohnung eine kaputte Welt. Während Jess nachdachte, streichelte ihr Isabell sanft den rechten Oberarm entlang, „Weißt du noch, als wir im Mai in Venedig waren? Da gab es nur dich und mich. Und Pietro!“
Jess begann zu lachen, „Ach herrje! Pietro! So einem verrückten Kellner bin ich davor noch nie begegnet! Ich glaube wir haben ihm ziemlich das Herz gebrochen, als wir ihm gesagt haben, dass keine von uns beiden mehr zu haben ist, weil wir zwei nämlich zusammen sind.“
Auch Isabell musste bei den Erinnerungen an den Spaßvogel in Robe lachen, „Das stimmt. Aber dafür waren wir danach sein Lieblingspaar! Nicht wahr, Bella?“
Jess musste schmunzeln und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Isabells amüsierte Miene legte sich wieder und mit viel ernsterer und ruhigerer Stimme fragte sie nun, „Können wir das nicht vielleicht doch wieder sein? Ein Paar?“
Das Mädchen mit dem aschschwarzen Haar blickte sie kurz an, dann starrte sie aber ohne ein Wort wieder zur Decke rauf. Die Blondine stützte sich auf den Ellbogen und schaute Jess weiterhin an, „Du fehlst mir Jess.“
Endlich wandte sich der Rockstar an die Blondine, seine saphirblauen Augen fest auf diese fixiert, „Du mir doch auch Belle.“
„Aber warum können wir dann nicht wieder zusammen sein?“
Jess atmete schwer und seufzte, „Weil wir dann früher oder später wieder genau so enden würden wie jetzt.“
„Du meinst nackt im Bett?“, unterbrach Isabell sie provokativ, „Offiziell sind wir nicht mehr zusammen und trotzdem tun wir Dinge, die man als getrenntes Paar eigentlich nicht mehr tut, beziehungsweise tun sollte.“
Jess blickte Isabell konzentriert in die Augen. Sie war so schön. Nicht nur ihr Körper, sondern auch die Persönlichkeit darin. Zwar war sie manchmal schwierig, sehr schwierig, aber sie war Jess doch immer noch wichtig. Jess musste sie beschützen. Vor der Welt und vor sich selbst. Das Messer durfte nicht wieder zu Isabell Freund werden.
„Lass mich ein paar Tage darüber nachdenken, ja?“, sagte Jess schließlich leise und legte ihre Hand auf die von Isabell.

Milli kam mit einer Tasse Tee in ihr Zimmer zurück und reichte sie Charly, der sie eine Matratze auf dem Boden hergerichtet hatte, „Hier, das ist Kamillentee. Ist gut für den Magen.“
„Danke!“, sagte Charly und pustete an dem Heißgetränk, „Und danke nochmal, dass ich bei dir bleiben darf.“
„Gerne doch!“, antwortete Milli nur und machte es sich in ihrem eigenen Bett gemütlich. Charly nahm ein paar Schlucke und stellte dann die Tasse neben sich auf den Boden. „Oh man, ich habe heut wohl echt ein wenig über die Stränge geschlagen oder?“
Milli, die im Schneidersitz in ihrem Bett saß und sich noch einmal die blonde Mähne frisierte grinste nur „Etwas. Aber du bist betrunken und wir wissen, dass du manchmal ein sehr emotionaler Mensch bist.“
„Ich hab mich echt rein gesteigert. Aber Verena war die Erste seit langem, bei der ich gehofft hatte, dass es klappt“, grübelte Charly, nahm ihre Tasse in die Hand und ließ ihren Blick auf der goldfarbenen Oberfläche des Tees verweilen, „Weißt du was ich nicht verstehe Milli? Dass Verena sich nicht auf Bisexuelle einlassen will, das ist die eine Sache, aber sie wusste von Anfang an, dass ich bi bin. Und ich verstehe nicht, dass sie mir dann so lange Hoffnungen gemacht hat. Das ist nicht fair.“
Milli legte ihre Bürste weg und stützte sich auf ihren rechten Arm, „Ja, das ist wirklich nicht fair. Aber manche Menschen sind einfach Arschlöcher Charly.“
„So kann man es auch sagen“, schmunzelte Charly, „Ich würde jetzt gern schlafen.“
„Klar. Wenn noch irgendetwas ist, weck mich einfach!“, sagte Milli und knipste die Nachttischlampe aus. „Mach ich!“, flüsterte Charly und kuschelte sich in ihre Daunendecke,
„Ach und Milli noch eine Bitte… verhindert das nächste Mal, dass ich mich von einer fünfzehn Jährigen abfüllen lasse!“
Milli musste auflachen, „Das werden wir!“

Ende Story 4






copyright © by cappuccino007. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


fabelhaft
Mach bitte unbedingt so schnell we möglich weiter! Sehr schöner Stil, wenn es ein Buch gewesen wäre, hätte ich es an einem Tag durchgelesen
Fortsetzung erwünscht.
schnaibi - 29.10.2015 10:20
eeendlich
jenjen1527 - 28.10.2015 12:50
super
Julanda - 28.10.2015 09:26

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