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Sehnsucht

von Sei-chan


Ich hatte nicht wirklich daran geglaubt... hatte schon aufgegeben an diese wahre Liebe, von der alle reden, zu glauben. Und dann auch noch über das Internet.
Kopfschütteln...

Jedenfalls ist genau das eingetroffen. Ich habe meine Traumfrau über das Internet kennen und lieben gelernt. Am 31. Dezember letzten Jahres. Wir haben uns viele Emails geschrieben, lauter sympathische. Bis sie mir Mitte/Ende Januar per SMS sagte, dass sie sich wohl in mich verliebt hätte. Ich war baff. Ich hatte zurzeit eine Freundin. Aber das schien mir nicht das Wahre. Ich mochte sie zwar. Aber Liebe – so wirklich – war es einfach nicht. Da fehlte was. Kurzfristig habe ich mich dazu entschlossen, sie also Anfang Februar zu besuchen – für 4 Tage. Der Monat den ich noch zu warten hatte bis ich sie endlich sehen konnte erschien mir unendlich lang. Die Zeit zog sich so richtig dahin. Meiner Freundin ging ich ein wenig aus dem Weg, einfach wegen dem schlechten Gewissen. Meine Schulfreundinnen konnten den Namen dieses Mädchens, zu dem ich fahren wollte, schon kaum noch hören.

Nervös war ich als ich im Zug nach Hessen saß... Noch nervöser als ich ausstieg. Wollte ich doch endlich wissen was los ist. Wollte wissen ob ich mich über das Internet Hals über Kopf verliebt hatte... In ein Mädchen das ich gar nicht kenne. Bisher hatten wir nicht einmal telefoniert, vielleicht damit die Spannung blieb. Ich hatte nur ein Foto von dem Mädel das mir so den Kopf verdreht hatte. Meine Knie haben richtig gezittert. Dann kam sie mir mit ihrer Mom am Bahnhof entgegen. Ich hatte sie sofort erkannt.
Nüchtern war die Begrüßung, nur ein knappes Händeschütteln und das Überreichen der Blumen an ihre Mutter. Wenn sie mich schon so nett aufnimmt und selber noch gar nicht weiß dass ihre Tochter und ich lesbisch sind...

Im Auto auf dem Weg zu ihnen nach Hause haben wir kaum etwas geredet. Aber ich musste sie ständig anschauen. Sie selbst schien genauso nervös zu sein wie ich. Wir fuhren in ein kleines Dörfchen mitten in Hessen. Als ich ihr Zimmer betrat – wo ich auch in ihrem Bett schlafen sollte, wenn ich mir nicht den Rücken auf der Couch verrenken wollte – ließ ich mich erst einmal fallen. Ich hatte eiskalte Hände.
Sie lief nur ständig in ihrem Zimmer auf und ab. Mal saß sie auf ihrem Schreibtischstuhl dann wieder neben mir – mit einem Sicherheitsabstand – auf ihrem Bett. Lange konnte ich das nicht mehr mit ansehen. Irgendwie haben wir auch nur Unsinn geredet. Alles nur um die Stimmung ein wenig aufzulockern. Irgendwann habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten und habe sie zu mir heran gezogen. Ich habe mich hinter sie gesetzt und angefangen ihren Nacken zu küssen. Heißt das nicht „Ich will dich!“? Von einem Augenblick auf den Anderen wurde sie ganz ruhig.
Schließlich war ich bei ihrem Mund angekommen und der Kuss war schüchtern und nicht zu lang. Aber er wurde immer länger. Je länger der Tag dauerte. Am liebsten hätte ich die Zeit angehalten. Diesen warmen Blick aus den braunen Augen werde ich nie vergessen können. Noch nie hatte ich so eine Wärme gespürt. Überall... Der Einzigste der uns störte war ihr Hund der vor dem Bett saß und uns beobachte. Er knurrte wie als wäre er eingeschnappt und schmollte. Ich bekam ja auch die ganze Aufmerksamkeit.

Die 4 Tage genossen wir in vollen Zügen (mal davon abgesehen dass wir sofort im Bett gelandet sind...). Wir machten aus, dass wir uns in den Osterferien wieder sehen wollen. An dem Tag an dem ich wieder abfahren musste hab ich ständig weinen müssen. Auf dem Bahnhof drückte ich ihr als Erinnerung meine Silberkette mit der kleinen Doppelaxt in die Hand. So hatte sie wenigstens etwas von mir. Ihr Blick war unendlich traurig als ich wieder im Zug saß. Und am Abend in meinem eigenen Bett habe ich immer noch an die denken müssen und ich hatte ständig dieses tiefe Gefühl in meinem Herzen: Die oder Keine!

Das hätte doch alles so schön werden können... Ich habe mich erst einmal gar nicht bei meiner Freundin gemeldet.
Wusste nicht wie ich es ihr hätte sagen sollen. Eine Woche später bekam ich eine Mail von meiner Freundin aus Hessen. Sie erzählte mir dass sie ihren Eltern gesagt hätte dass sie lesbisch wäre. Ihre Eltern hätten ihr angesehen dass etwas nicht stimmte seit ich abgefahren war. Erst hatten ihre Eltern auch ganz gelassen reagiert. Dann fing ihre Mutter an herumzukreischen. Fluchte dass es doch nur ein Traum wäre und dass sie, wenn sie die Augen öffnen würde, alles wieder ok wäre und sie eine „perfekte“ Familie hätte. Auch fragte sie ob ich auch lesbisch wäre. Nach länger Zeit „gestand“ sie es dann. Ihre Eltern gaben mir die Schuld und drohten mit einer Anzeige. Jetzt darf ich sie nie wieder sehen... Ich habe ganze zwei Tage nur weinen können. Na ja und dann auch noch Alkohol getrunken. Dass dann auch noch die Faschingsferien um waren war ein richtiger Segen. Die Schule konnte mich aber auch nicht richtig ablenken. Ich saß bloß unbeteiligt in der Gegend herum. Selbst mein Klassenlehrer merkte dass etwas nicht stimmen musste. Das Hauptnahrungsmittel meiner neuen Freundin waren Zigaretten und Kopfschmerztabletten. Merken ihre Eltern denn einfach nicht wie weh sie ihr (uns) damit tun?

Mittlerweile sind 4 Monate vergangen. In der Einstellung ihrer Eltern hat gar nichts geändert. Ich weiß nur dass ich eine unbeschreibliche Sehnsucht nach ihr habe. Ein Gefühl das sich schon gar nicht mehr beschreiben lässt. So ein Gefühl hatte ich bisher nur einmal davor. Aber da war es eine unerfüllte Liebe und eine bittere Enttäuschung dazu. Ich habe Angst dass mir wieder wehgetan wird. Mit meiner damaligen Freundin habe ich trotzdem Schluss gemacht.
Wollte ich doch nur dieses eine hessische Mädel.

Sagt man nicht öfters dass die Hessen ein stures Völkchen wären? In diesem Fall bin ich aber auch stur. Ich lasse nicht zu dass andere entscheiden wen ich zu lieben habe und wen nicht. Auch wenn ich nur mit ihr telefonieren kann wenn ihre Eltern mal nicht daheim sind. Vielleicht gibt es mal wieder eine Zeit in der ich einfach nur glücklich sein kann... Mehr will ich gar nicht. Ich möchte nur diese wunderbare Zeit noch einmal erleben! Alle sagen ich wäre in dieser Situation – in der ich nicht weiß wohin mit meinen Gefühlen – sehr stark. Bin ich stark wenn ich abends im Bett liege und weine bis ich nicht mehr kann? Ist es nicht einfach unfair das sich immer Andere in das Glück der Einen einmischen müssen?! Hätte ich sie doch nie zu einem Coming Out ermutigt...
Ich hoffe tief im Herzen dass uns das nicht auseinander bringt und wir das irgendwie auf die Reihe bekommen. Noch nie habe ich einen Menschen so sehr geliebt wie sie!



copyright © by Sei-chan. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Nicht aufgeben!!!
Laßt Euch nicht unterkriegen!! kämpft für Eure Liebe!!! keiner hat das Recht Euch vorzuschreiben, wen ihr zu lieben habt!!! Es ist schade, dass es doch noch so konservative Eltern gibt!! Wenn ich ein Kind hätte, würde ich es nehmen, wie es ist! Hauptsache es ist glücklich im Leben!!! Laßt Euch das nicht kaputtmachen!!! Wenn ihr Euch wirklich liebt, werdet Ihr das gemeinsam durchstehen!!!
ich drück Euch ganz feste die Daumen!!!!
L G
Diana
Didi - 25.09.2002 19:31
gebe nicht auf
jetteles - 23.09.2002 14:15
schön
janny2002 - 09.09.2002 19:11
Ziemlich traurig
Schneckchen_EF - 31.07.2002 00:03
Good Luck!!!
Schnecke1981 - 26.06.2002 14:11

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