von N8falter
Meine Ex-Freundin hatte mich zu ihrem Geburtstag eingeladen. Voller Vorfreude auf den kommenden Abend style ich mich auf. Ob ich ihr gefalle? Die Party gefällt mir und ich tanze zu den Klängen von Nena. Schon leicht angeheitert schnappe ich mir meine beste Freundin und fordere sie zu einem Tango auf. Wir wirbeln nur so umher und lachen. Da passiert es. Mein Absatz gräbt sich in den Teppich und meine Tanzpartnerin wirft mich im selben Moment nach hinten. Knack! Nun sitze ich in der Notaufnahme des Krankenhauses und bin genervt von der Tatsache, dass man sich hier wie bestellt und nicht abgeholt fühlt. „Wie lange dauert das denn noch?“ Mein Vater mahnt mich zur Geduld: „Die kommen sicher gleich.“ Ich blättere also die Bunte durch und bin gelangweilt vom Anblick der europäischen Königsfamilien. Ah, jetzt geht es los. Eine Frau kommt auf uns zu und weist mir den Weg zum Behandlungsraum. „Na, endlich!“ denke ich, aber ich sage „Vielen Dank.“ Meine schlechte Laune ist schlagartig verflogen. Die Ärztin, die sich um mein verletztes Knie kümmert, ist atemberaubend. Sie ist wohl Anfang Dreißig mit süßen Lachfältchen um die wachen Augen. Ihre blonden Haare werden locker von einer Klammer gehalten und dieser Mund zieht mich in seinen Bann. Doch jetzt muss ich mich darauf konzentrieren, was diese sinnlichen Lippen für Worte formen. Ob sie wohl hetero ist? Ich bin verunsichert, merke, wie ich sie anschmachte. Ich genieße, wie ihre sanften Hände über mein Bein gleiten. So zärtlich und schön sind ihre Hände. „Ich schätze der Innenmeniskus- und das Innenband ist gerissen.“ Unter ihrem offenen Arztkittel trägt sie ein enganliegendes T-Shirt, das meine Fantasie anregt. Meine Blicke ziehen sie aus. Ich fühle mich ihr überlegen, weil ich denke, sie sei sowieso hetero, dementsprechend bekommt sie von meinen Gedanken sowieso nichts mit. „So, ich werde ihr Knie noch röntgen. Können sie aufstehen?“ Aber sicher kann ich aufstehen. Beim Röntgen wieder diese Hände. Ob sie wirklich hetero ist? „Nun, das wär’s. Kommen sie doch bitte morgen früh in die Sprechstunde.“ Am nächsten Tag ist klar: Ich muss im Krankenhaus bleiben, denn es ist doch etwas ernstes. Sie werden operieren. Jedesmal, wenn sie in mein Zimmer betritt, schlägt mir das Herz bis zum Hals. „Ich werde ihnen ein EKG anlegen. Das ist wichtig für die OP. Ich bekomme Herzrasen. „Oh mein Gott, am Herzschlag merkt sie doch, wie aufgeregt ich bin.“ Ich muss meinen ganzen Oberkörper entblößen, womit ich nicht gerechnet habe. Es amüsiert mich, denn meine Brüste muss ich nun wirklich nicht verstecken. Natürlich versuche ich, eine Reaktion an ihrem Gesicht abzulesen und bin fast ein bisschen enttäuscht, als ich nichts darin sehen kann. Mein Blick wandert – mal wieder – an ihrem Körper hinab und da sehe ich sie. Diese pulsierende Halsschlagader. Ein heftiger Rhythmus zeigt mir, das es sie scheinbar nicht kalt lässt. „Ist alles in Ordnung?“ – „Ja sicher, sie sind kerngesund!“ in einem späteren Gespräch, das sich um die Risiken der OP dreht, witzelt sie herum. Ich bin fasziniert von ihr und hoffe, sie merkt nicht zu sehr, wie ich sie anschmachte, denn ich kann meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ein paar Stunden nach der OP werde ich entlassen. Die folgenden acht Wochen muss ich alle paar Tage zur Kontrolle ins Krankenhaus. Jedesmal wenn wir uns sehen, lächeln wir uns zu, wechseln jedoch nur wenige Worte. Beim morgendlichen Zähneputzen muss ich wieder an sie denken und an ihr Lächeln, sodass ich das Gleichgewicht verliere und mich nicht mehr an den Krücken halten kann. Ich stürze unsanft auf die kalten Fliesen und meine Mutter fährt mich sofort ins Krankenhaus. Gleich im Eingang kommt mir „meine“ Ärztin entgegen und schiebt mich sogleich in einen Behandlungsraum. Sie untersucht sehr vorsichtig mein Knie, ertastet eine frische Schwellung und stutzt: „Wie ist denn das passiert?“ Meine Gedanken fahren Achterbahn und ich entscheide mich, aktiv zu werden. „Ich habe gerade an sie gedacht und da habe ich mich nicht mehr konzentrieren können und das Gleichgewicht verloren.“ Nachdem das nun raus ist, suche ich ihre Augen. Sie lächelt und schweigt betreten. Ihre Schüchternheit finde ich so süß, dass ich sie einfach weiter schweigend ansehe, bis ich bemerke, dass ihre Hand noch immer auf meinem Bein ruht. Im selben Moment bemerkt sie es auch und zieht ihre Hand weg, als wäre mein Bein eine heiße Herdplatte. Ich bin schnell genug, um ihre Hand festzuhalten, bevor sie sich umdrehen will. Ich spüre, wie sie mit sich ringt. „Hey...“ sage ich leise. Sie dreht sich langsam um. Ich merke, wie sie schwer schluckt und dann die Augen hebt, um mich anzusehen. Auf einmal wirkt diese mindestens 10 Jahre ältere Frau wie ein kleines Mädchen. Immer noch ihre Hand haltend, vermindere ich unseren Abstand. Dann passiert alles wie von selbst. Ich verliere mich in diesen Augen und ein heftiges Kribbeln durchströmt meinen ganzen Körper, als sich unsere Lippen treffen. Nach einer Weile löst sie den Kuss, sieht mich an und schüttelt den Kopf: „Sowas ist mir ja noch nie passiert!“ Ich lächle sie nur an und entgegne: Sowas bin ich also....“ Sie nimmt zärtlich meinen Kopf in ihre Hände und sagt mit leiser Stimme: “Ja genau so was bist du. Sowas tolles ist mir noch nie passiert. Nachher denkst du noch, ich mache sowas öfter....“ Nach einer kleinen Pause und einem weiteren Kuss flüstert sie: „Ich möchte dich gern wiedersehen....“ Ich befinde mich zu diesem Zeitpunkt schon im siebten Himmel und bekräftige mit einem Kuss meine Aussage: „Dich geb ich auch so schnell nicht wieder her.“
copyright © by
N8falter. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.