von Miss-Cold-Ember
Sanft floss das schwarze Elixier herab, um alles zu verschlingen, es in seiner eisigen Finsternis zu ertränken.
Doch es war nicht grausam zu den Dingen, denen Lust und Leben am Tage galt. Ein Teil des Glanzes, den man am Tage erahnen konnte und doch nur manchmal erblickte, schwebte verheißungsvoll und in seiner vollen Pracht am Firmament. Zwischen Himmelslichter, die uns damals die Nacht der tausend Sünden und Scherze so sehr versüßten, hinterließ der Vollmond einen sanften Schein auf spitze Dächer, verrenkte Bäume, die versuchten der Kraft des Sturmes zu entkommen und fahlen Menschen, die der Erde Einrichtung waren.
Alleingelassen von alledem, stehe ich zwischen den Trümmern meines Atems, der zu Eis erstarrt und schließlich mit einer einzigen Bewegung in Millionen von schmerzenden, blutenden Scherben zerbrochen war.
Warum stehe ich hier? Du hast mich allein gelassen. Oder gilt mir allein der Ruhm der Einsamkeit? Bin ich schuld daran, dass mein Fleisch mit zarter Haut und zierlichem Schein, wie du mir einst sagtest, nun verkümmert und krank in heimtückischer Erde liegt?
Ich weiß es nicht.
Du hast mir immer gesagt, man solle die Vergangenheit nicht vergessen. Selbst nach dem erbarmungslosen Fehler, den die Menschheit am Ende für die ihren bestraft, nicht.
Doch dich und deine glühenden Augen voller Fröhlichkeit und Liebe für mich, für mich und unser geborenes Wunder flackern trotz allem noch immer in meinen blassen Erinnerungen.
Du bist gegangen und hast gestraft, wie Achilles, der den Tod seines Freundes, dem Mörder heimzahlte.
Spürte ich nicht nur die Schwärze an meinen Gliedern zähren, oder sind es doch die Würmer in meinen Sarg?, so hätte dir die Gewalt eines Schattenwesens meinen Zorn gezeigt.
Doch nun stehst du hier. Mein Blick senkt sich auf dich herab, obwohl ich nicht sehen kann. Auf dem Boden kauernd hauchen deine Worte auf die zwei Gräber, in denen wir liegen.
Sie ist jetzt auch hier. Zwei Phantome des Todes, einst Mutter und Tochter. Wir müssen mit ansehen, wie das Leid dir eine salzige Bürde aus dem Leib saugt.
Sie hält deine Hand, so wie du es immer getan hast, wenn die brodelnden Monster sie drohten zu fressen.
Dein Kommen ist selten. Doch deine Gedanken an uns hören nie auf. Sie blühen in dir, wie eine weiße Rose, an lebendigen Tagen entfalten sich all die Gerüche, wie der salzige Atem des Ozeans, der Duft des ungestümen Pferdes, all die Geräusche, wie das Toben des Universums des Meeres, dass Knistern der Flammen die einen wilden Kampf in Form eines bezaubernden Tanzes aufführten, doch am meisten keimen in dir unsere Gesichter, unser Lachen, unsere Liebe.
Jedoch an unheilvollen Tagen wirst du beherrscht von Sinnen die stärker, als der Tod sind. Die verzehrende Einsamkeit, das qualvolle Leid, die herabsenkende Trauer und die ertränkende Hilflosigkeit mit all seinen Prozenten.
Wir lauschen deinem dünnen Flüstern, bis du dich vom Boden löst, die zitternde Hand jeden von uns einen Kuss schenkt und unsere Gräber mit einer letzten Träne ehrst.
Du gehst durch uns hindurch. Spürst unsere Anwesendheit tief in deinem Herz vergraben. Und bevor wir wieder zurückgehen. An den an den Ort zwischen all dem hier, zwischen Erinnerungen, Liebe, Hoffnung und Leid, an dem Punkt den man Tod nennt, verwahren wir das was du sagst und warten bis das letzte Sandkorn durchgesickert ist und du wieder hier stehst.
„Ich vermisse euch Shannon und Kelly.“
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Miss-Cold-Ember. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.