Um LESARION optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern verwenden wir zur Auswertung Cookies. Mehr Informationen über Cookies findest du in unseren Datenschutzbestimmungen. Wenn du LESARION nutzst erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.




Stories » Detail

Triumph des Halbwissens

von marenzarah79


Rätselhafterweise denken alle ich wäre intelligent. Allein das Wort im Zusammenhang mit einer die in ihrem Leben nichts erreicht hat, müsste so manch einen erstaunt aufhorchen lassen.
Am liebsten bin ich zu Hause. Beschützt in den eigenen vier Wänden vor der bösen Außenwelt. Mein Spielradius ist durch mangelnde finanzielle Möglichkeiten und mangelnde Antriebskraft sehr beschränkt. Limitiert durch die Ahnungslosigkeit, wie aus dem Leben ein Gewinn zu pressen ist. Können oder möchten die Menschen ihr Leben wirklich ausschließlich gewinnbringend ausschlachten? Es war mir schon immer ein Rätsel. Wie wäre es wenn wir alle unser Leben nach Verlusten ausrichten? So würde man beim Kartenspielen nicht seine Einkommen, seine Häuschen, seine IKEA-Küchen vergleichen, sondern so was sagen wie: Boah, ich habe gestern meine Alte verloren, die is an Krepps verreckt. Jetzt steh ich wieder vor einer neuen Herausforderung. Gut das ist jetzt etwas überhöht – prahlt doch mal nur aus Spaß alle mit euren Verlusten; materielle sowei persönlich-emotionale, und sagt mir, wie euer Umfeld reagiert hat.
Warum tätowiert man sich mit über 40 den Namen seines Partners, in den Nacken? Die überbordene Liebe kann es doch nun wirklich nicht sein. 20 Jahre verheiratet und immer noch verliebt, oder schlimmer noch unsere Liebe ist noch genauso stark wie am ersten Tag. Liebe ist doch im Fluss, denke ich mir und halte einmal mehr meine Klappe, um Diskussionen zu vermeiden.
Mir ist es peinlich von Liebe zu reden, wenn eine Zuneigung, eine Wärme möglicherweise wenn man Glück hat auch eine sexuelle Anziehung gemeint ist. Liebe ist doch eine Momentaufnahme. Jetzt – genau in diesem Moment liebe ich dich – liebe ich das Leben. Morgen liebe ich dich nicht, morgen mag ich dich. Übermorgen gehst du mir auf die Nerven und den Tag drauf kann ich es kaum ertragen in deiner Nähe zu sein.
Ist denn deswegen die Bindung weniger stark?
Wie wäre es, wenn man Liebe als Überbegriff für sämtliche Gefühle, die einen umtreiben fassen würde?
Man mache also sechs Pfeile von dem fettgedruckten Wort Liebe zu Zuneigung, zu Wärme, zu Eifersucht, zu Hass, zu Gleichgültigkeit, zu Nähe, zu „ich kann deine Anwesenheit nicht aushalten“. Leider fällt mir zu Letzteren keine geeignete Kategorie an. Von jedem dieser Begriffe, kann der geneigte Leser weitere Eigenschaften, der Zuneigung, der Wärme, des Hasses usw. ableiten.
Dann wären auch die berühmten drei Worte nicht so tonnenschwer und zähklebrig süß verkitscht, man könnte fröhlich „ich liebe dich´s“ in der Welt verschießen, ohne dem Partner seiner Exklusivität zu berauben.
Es kann doch eigentlich gar nicht sein, dass man nicht heute sagen kann: Ich hasse dich! Aus vollster Seele! Warum soll das morgige ich habe dich wirklich gerne, ausgeschlossen sein.
Man sagt doch ohne Schatten kein Licht. Wir brauchen doch in unsrem Leben die Gegensätzlichkeit, oh ja, höre ich den ein oder anderen beistimmen. Doch denkt an eure Beziehungen, an vergangene, gegenwärtige, oder künftig ersehnte. Horcht in euch rein – und jetzt zeige der auf, der zu seinem Partner sagen kann, ich kann dich nicht ertragen. Bitte verlass mich, aber komm wieder.
Wer würde das schon mit sich machen lassen? Würde ich das mit mir machen lassen?
Könnte ich meiner Partnerin dieselben Ansprüche, dieselben Richtwerte einräumen, die ich für mich selber so gerne geltend machen würde, wohl wissend, dass ich diese niemals wahrnehmen würde; aus Feigheit, aus Angst die andere zu verletzten, sie zu vergrätzen; aus Angst vor Einsamkeit.
Kann denn die Einsamkeit an irgendeiner Stelle noch größer werden, als wenn ich aus Höflichkeit, aus Angst bei dir bleibe, obwohl mich Couch, Fernseher, ein Glas Wein und das Alleinsein lockt. Nein werdet ihr mir zurufen, das seien doch alles ganz vernünftige Wünsche. Wie also soll ich meinem Gegenüber, die ich ja liebe (in all des Begriffes Unterformen) deutlich machen, dass sich der Wunsch nach Alleinsein und der Wunsch nach Zweisamkeit nicht ausschließen, wenn ich mich auf der anderen Seite gut genug kenne zu wissen, dass wenn mir der Sinn nach Zweisamkeit steht, aber ihr nicht, ich höchstwahrscheinlich eingeschnappt bin. Das ist eine Bigotterie, die ich mir leisten möchte.
Ich möchte glauben, dass sich durch Liebe einige Vereinbarungen gewissermaßen von selbst ergeben. Wenn ich also wüsste, sie liebt mich, ich liebe sie, hätte ich in irgendeiner Form irgendeine Zweijahresgarantie (die es doch bei jedem blöden Fernseher dazugibt) könnte ich eventuell trauen. Könnte ich ihr trauen, könnte ich mir trauen, könnte ich trauen, dass kleine Risse heilen werden.
Ich weiß, dass man sich Liebesgarantien nicht geben kann. Man braucht Zeit. Ich weiß, dass ich manchmal diese Zeit nicht geben kann. Ich weiß, dass ich es manchmal kann. Ich weiß, dass ich zu oft alles in einem Zug möchte. Ich weiß, dass ich das zu oft nicht kriegen kann.

All das weiß ich, bin ich deswegen intelligent?
Ich weiß nicht.





copyright © by marenzarah79. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


sehr gut!
endlich mal interessante gedankengänge
Sasori - 19.07.2011 00:11

>>> Laufband-Message ab nur 5,95 € für 3 Tage! <<<