von carbon
Danas Blick war starr. Ab und zu ein blinzeln, ansonsten regte sich kein Muskel ihres Körpers. Ihre Augen scheinen einen bestimmten Blick an der Wand zu fixieren, sahen aber so leer und gleichzeitig doch schmerzerfüllt an. Man konnte ihr ansehen wie verzweifelt sie war. Im Inneren sah es aber ganz anders aus. Sie hätte schreien und weinen können zu gleich. Sie war so aufgewühlt, immerwieder schossen ihr Bilder von Svenja in den Kopf und die fragen was die nächsten Stunden bringen würden. Was würde der Pfleger sagen, wenn er aus dem Operationssaal kommt? Würde er ihr sagen, dass die OP gut verlief? Würde er ihr sagen dass alles gut wird, Svenja überlebte? Oder würde er gar sagen, dass Svenja tot sei? Nein, darüber darf sie gar nicht nachdenken. Langsam kullerte eine Träne ihre Wange hinunter, als sich die Tür zum Flur öffnete. Aus dem Augenwinkel heraus konnte sie erkennen, dass Alex den Flur hin zu ihr lief. Ohne auch nur ansatzweise ihren Kopf oder ihr Gesicht zu bewegen starrte sie weiterhin auf die Wand. „Was ist passiert, Dana? Wo ist Svenja? Lebt sie?“ Alex kniete sich vor Dana nieder und suchte den Augenkontakt mit Danas leeren Augen. Endlich eine Regung, wenn auch eine negative: Danas Gesicht verzog sich, ihr Mund bebte, ihre Augen kniffen sich zusammen und sie brach in ihren Tänen zusammen. Sie schmiss sich regelrecht in Alex Arme und versuchte ihr zu erzählen, was passiert war, auch wenn Alex kein Wort von dem verstand. „Hey.. jetzt beruhige dich erst einmal und erklär mir ganz in Ruhe was passiert ist.“ Schluchzend fing Dana erneut an zu erklären. „Wir waren auf dem Weg zu Tao’s und kurz davor stand so ein betrunkener Mann, der Svenja abpöbelte. Ich ging dazwischen und versuchte dem Mann klar zu machen, dass er verschwinden solle, was er auch tat. Doch dann kam er wieder mit einem anderen Mann und dann entstand eine Rangelei. Als der Betrunkene mich schlagen wollte, wollte Svenja dazwischen gehen und dann auf einmal war dieser Knall da..“ „Was für ein Knall?“ Alex hörte sich panisch an „Ein Auto, der Fahrer hat noch versucht zu Bremsen, aber es war schon zu spät. Sie lag da, Blutüberströmt. Ich wusste einfach nicht was ich machen sollte“ Auch Alex flossen jetzt einige Tränen über die Wange. Sie setzte sich neben Dana und nahm ihre Hand. Keine sagte noch ein Wort, sie schauten beide ins Leere, waren mit sich und ihren Gedanken beschäftigt. Was sie verband war lediglich der schmerz und die Hand des anderen, die fest gehalten wurde. Nach ca. 4 Stunden kam ein Arzt aus dem Operationssaal. Sofort standen Dana und Alex auf, die Hände immer noch fest gehalten, und fragte fast synchron wie die OP verlaufen sei. „Sind sie Angehörige der jungen Frau?“ fragte der Arzt „Nein, ich bin ihre beste Freundin und sie ist die Partnerin“ beantwortete Alex die Gegenfrage. „Es tut mir leid“ ergriff der Arzt wieder das Wort „aber ich darf Ihnen leider keine Auskunft geben. Aber könnten sie mir evtl. Telefonnummern oder Adressen der Angehörigen geben?“ Alex senkte ihren Kopf „Das ist leider nicht möglich. Svenja ist Vollwaise und hat auch keinerlei Geschwister“ In dem Moment schaute Dana Alex fragend an. „Aber ich habe eine Patientenverfügung über Svenja, daher bin ich doch Auskunftsberechtigt, oder?“ fuhr Alex fort. In dem Moment war Alex glücklich darüber, dass Svenja sie damals zu dieser Patientenverfügung überredet hat. „Nunja, es ist so..“ fing der Arzt an zu erzählen „.. Die Patientin war in einem doch recht kritischen Zustand. Sie hatte extreme innere Blutungen und einen Bruch in der Schädeldecke.“ „Lebt sie noch?“ fragte Dana dazwischen „Ja“ antwortete der Arzt und Dana fiel sichtlich ein Stein vom Herzen. „Aber..“ fuhr der Arzt fort und sofort spannte sich Danas Körper wieder an „Ihre Überlebenschance ist nicht sehr groß, wir können nicht mehr tun als abzuwarten. Und wenn sie es überlegt, ist noch unklar ob evtl. bleibende Schäden die Konsequenz des Unfall sein werden. „Können wir zu ihr?“ Alex klang sichtlich geschockt und traurig. „Sie liegt momentan noch im Aufwachraum, dort ist der Zutritt verboten. Sie können allerdings in dem Zimmer auf sie warten, in das sie nachher gelagert wird. Die Stationsschwester wird Ihnen dafür Auskunft geben.“ Mit den Worten verschwand der Arzt den langen Flur entlang und Alex und Dana machten sich auf zu der Stationsschwester. „Guten Abend“ sagte Alex zu der Krankenschwester „Ich hätte gerne gewusst in welches Zimmer Svenja Ammermann gelagert wird. Der Arzt sagte mir sie könnten mir Auskunft darüber geben.“ „Natürlich, eine Sekunde..“ Die Frau wühlte in einem riesigen Papierberg herum, zog einen Zettel heraus und fuhr mit ihrem Finger eine Liste entlang „Zimmer 2 auf der Intensivstation, da müssen sie die Tür dort hinten durch, dann links und schon sind sie da“ „Alles klar, dankeschön“ Alex wollte sich gerade umdrehen und zu dem Zimmer gehen, als die Krankenschwester sie aufhielt „Kleinen Moment bitte. Der Arzt sagte sie seien die Verantwortliche für Frau Ammermann, hier wären noch einige Dinge auszufüllen“ Die Schwester hielt ein Schreibbrett hoch an dem einige Zettel geheftet waren. „Bitte was?“ Alex fiel aus allen Wolken „Ich weiß nicht einmal ob meine beste Freundin die nächsten Stunden oder gar Minuten überlebt und sie verlangen von mir dass ich hier irgendwelche Zettel ausfülle?“ „Es tut mir leid, Vorschrift ist Vorschrift“ die Krankenschwester zuckte mit dem Armen. Alex schaute Dana an „Geh du schon mal vor zum Zimmer, ich kümmere mich hier um die Hexe und deren Papiere“ Dana nickte und ging mit gesenktem Kopf in Richtung Svenjas Zimmer. Sie setzte sich vor dem Zimmer auf einen Stuhl, stütze die Ellenbogen auf ihre Knie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie konnte immer noch nicht glauben was passiert war. Wie konnte aus so einer Lapallie so ein Unglück werden? Warum ausgerechnet Svenja? Dann auf einmal kamen einige Menschen den Flur entlang, die ein Bett vor sich hin schoben. „Svenja!“ Dana rannte sofort zum dem Bett und versuchte an ihre Freundin heran zu kommen, allerdings wurde sie wieder einmal von einem Arzt aufgehalten. „Es tut mir leid, noch können sie nicht zu ihrer Freundin. Ich bitte sie erneut Platz zu nehmen, bis wir alle Geräte an die Patientin angeschlossen haben.“
Dana blieb nichts anderes übrig, musste zu schauen, wie die Pfleger das Bett mit ihrer Freundin in das Zimmer schoben. Durch ein großes Fenster konnte sie sehen wie die Pfleger sie an Geräte anschlossen, die Dana noch nie zuvor gesehen hatte. Einzig allein das Gerät das die Herztöne überträgt kannte sie aus dem Fernsehen. Im Fernsehen klingt der Ton schrill, doch jetzt in der Realität klang jeder einzelner Ton dumpf und löste einen Schauer in Dana aus. Endlich kamen die Pfleger und der Arzt aus dem Zimmer. „Sie können jetzt zu ihr“ sagte der Arzt. Dana nickte, schaute kurz dem Arzt hinterher und setzte sich dann zu Svenja ans Bett. Sie schaute ihre Freundin an, sie sah so anders aus. Sie war blass, ein Schlauch führte in ihre Nase, ihre Atmung war kaum hörbar. Dana streichelte zärtlich mit ihrer Hand über Svenjas Gesicht und flüsterte: „Du darfst nicht sterben, du darfst mich nicht alleine lassen. Was soll ich denn ohne dich machen? Ich will dich doch weiter kennen lernen, alles über dich erfahren. Ich will mit dir das Leben genießen und alles schöne dieser Welt mit dir teilen.“
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carbon. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.