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Und dann traf ich DICH (Teil 29)

von bloodynatou


Mary war wütend. Obschon sie in Emilies Augen Anzeichen für eine Reaktion geglaubt hatte zu sehen, ging sie jetzt einfach ohne ein Wort an sie vorbei und beachtete sie nicht weiter. Dazu fiel ihr nichts mehr ein. Es war der letzte Ausweg gewesen, den sie gesehen hatte. Nie sollte jemand von damals erfahren, sie hatte damit abgeschlossen, dachte kaum mehr dran und dann brachte es letztendlich doch rein gar nichts. So dachte sie.
Doch in Emilie zerbröckelten immer mehr die starken Mauern, die sie in den letzten Tagen aufgebaut hatten. Die ihr Schutz gegeben hatten, die ihr geholfen hatten, ihre Schmerzen zu verstecken und zu ignorieren.
Sie lag so da, starrte an die Decke und wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Der gesamte Schmerz lag ihr wieder auf der Seele. Es fühlte sich an, als würde sie zerrissen. Und das alles nur wegen ihm. Was hatte sie gemacht, dass ihr das wiederfahren war? Wie konnte ein Mensch solche Dinge tun?
Sie fühlte sich leer. Als wäre sie nur ein Körper ohne irgendwelches Innenleben, ohne Gefühle und Gedanken. Diese Leere war einfach nicht zu ertragen. Emilie konnte sich nicht gegen sie wehren, sie war zu stark. Nicht einmal die Tränen, die ihr nun über die Wangen liefen, konnte sie aufhalten. Es brach alles auf sie ein. Die Nacht, in der Mike sie fast vergewaltigt hatte, was sie Kerstin angetan hatte, die gar nichts dafür konnte und wie sie alle anderen, besonders Mary, behandelt hatte. Sie verstand nicht, wie sie zu dieser Person geworden war. Sie war nicht mehr sie selbst gewesen. Als hätte jemand anderes all diese Dinge getan und gesagt. Was hatte sie nur getan? Konnte sie es jemals wieder gut machen?
Wollte sie es denn? Sie war völlig verwirrt. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie konnte es nicht ungeschehen machen. Dabei wollte sie es so gern. Und doch hatte sie im Hinterkopf immer noch die gleichen Gedanken. Wie man sie mit Mike hatte alleine lassen können. Dass sie nichts unternommen hatten. Und und und. Sie abstellen konnte sie nicht, dabei wusste sie ganz genau, wie irrsinnig diese Gedanken waren.
Konnte sie wirklich einfach so weiterleben? Mary hatte es geschafft. Also konnte sie es doch auch, oder? Mary fiel ihr wieder ein. Sie hatte sie ohne ein Wort einfach stehen lassen. Ohne irgendeine Reaktion zu zeigen, dabei hatte Mary ihr soeben das Schlimmste erzählt, das Emilie je von ihrer besten Freundin gehört hatte. Beste Freundin? Emilie konnte doch nicht mehr Marys beste Freundin sein, so wie sie sie behandelt hatte. Wie hatte Mary eigentlich so viel Geduld für sie aufbringen können?
In Emilies Kopf schwirrten dutzende Fragen herum, die sie nicht beantworten konnte. Konnte sie diese Fehler je wieder gut machen? Es blieb ihr nichts andres übrig, als es zu versuchen. Sie hatte den Menschen, die ihr so viel bedeuteten, nie weh tun wollen und doch war es soweit gekommen. Sie wollte alles versuchen, ihren Freunden zu zeigen, wie leid es ihr tat. Nur wie sollte sie beginnen? Dann wusste sie es.
Schnellen Schrittes ging sie zu Anne rüber, die den anderen sich etwas weiter auf einen Stuhl gesetzt hatte und den anderen dabei zusah, wie sie vom Drei-Meter-Brett sprangen. Diese war überrascht, Emilie zu sehen und als sie ihren Gesichtsausdruck sah, wusste sie sofort, dass dies für sie nichts Gutes verhieß.
Nach einigem Hin und Her gab Anne nach und folgte Emilie in die Kabinen, nachdem sie eine heiße Diskussion mit Olli geführt hatte, der ganz und gar nicht begeistert war. Aber er konnte Emilie nichts abschlagen nach diesem Vorfall.
„Du hast Glück, dass ich extra Zweitklamotten mitgenommen habe, falls die anderen mal auf die Idee gekommen wären, mich ins Wasser zu schmeißen. Sonst könntest du das Ganze hier vergessen.“
Sie reichte Emilie die Sachen und sah Emilie nach, die gerade in die Umkleide-kabine verschwinden wollte.
„Danke.“
Anne traute ihren Ohren nicht. Hatte Emilie sich etwa gerade bedankt? Wenn ja, dann war Anne jetzt vollends verunsichert. Doch sie sagte extra nichts, als Emilie fertig umgezogen vor ihr stand und sie bereits nach draußen lotste.
Sie mussten ein paar hundert Meter gehen, bevor sie die nächste Bushaltestelle erreichten. Sie hatten Glück, der nächste Bus kam in zwanzig Minuten. Die Stimmung zwischen den beiden war angespannt. Keiner vermochte etwas zu sagen. Emilie war gedanklich zu beschäftigt um sich für Annes Anwesenheit zu interessieren und Anne zog es vor, Emilie nicht in ihren Gedanken zu stören, bevor sie wieder zur Furie mutierte. Als der Bus mit einigen Minuten Verspätung endlich ankam, stieg Emilie ein, zahlte für Anne und sich das Ticket – wie gut, dass ihre Mutter ihr beigebracht hatte, immer ihre Brieftasche dabei zu haben – und nahm dann hinten neben Anne Platz. Diese war ein weiteres Mal einfach nur überrascht und fragte sich, was wohl passiert war.
„Kannst du mir mal sagen, was in dich gefahren ist? Nicht, dass ich es nicht begrüßen würde, dass du wieder etwas netter bist, doch irgendwas kann daran nicht stimmen. Und bevor ich hier irgendwelche Probleme bekomme, möchte ich, dass wir das klären.“
Emilie schaute betreten zu Boden. Es war mehr als normal, dass Anne ihr nicht vertraute, doch es traf sie sehr.
„Es tut mir leid. Wirklich. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich wollte euch nicht solche Schwierigkeiten machen, aber irgendwie konnte ich mich nicht dagegen wehren. Ich war nicht ich selbst. Ich habe auf niemanden hören wollen und die andren nur verletzt. Ich hoffe, ihr könnt mir das verziehen.“
Emilie schaute Anne mit wässrigen Augen an. Diese lächelte nur und legte einen Arm um Emilies Schultern.
„Es freut mich, die alte Emilie wiederzuhaben. Es hat lange genug gedauert. Ich werde auf die Knie gehen vor der Person, die dich dazu gebracht hat, endlich wieder normal zu sein.“
„Da wird sich Mary aber freuen. Solange du sie nicht um ihre Hand bittest.“
Emilie musste lachen. Es klang komisch in ihren Ohren. Sie hatte sich seit Tagen nicht mehr lachen gehört. Wie schnell man solch absolut natürliche Dinge verlernen konnte.
Sie brauchten ungefähr dreißig Minuten um ihr Ziel zu erreichen. Der Bus hatte sich ziemlich gefüllt, was die beiden daran hinderte, über Emilie zu sprechen. Es musste ja nicht gleich jeder mithören.
In Eupen war viel Betrieb. Die Jugendlichen hingen vor der Eisdiele rum während die Erwachsenen auf der gegenüberliegenden Seite gemütlich eins tranken.
Emilie fühlte sich nicht sehr wohl. Sie hatte Angst. Angst davor, was jetzt passieren würde. Sie lief zielstrebig auf ihr Ziel zu, als sich plötzlich jemand in ihren Weg stellte.
„Emilie, was machst du denn hier, ich dachte, du wärst auf Lager?“
Es war Jessica, ihre Klassenkameradin und gute Freundin. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
„Hey Jess! Bin ich auch, aber eine Freundin liegt im Krankenhaus und ich muss dringend zu ihr.“
„Oh, das tut mir leid. Dann lass ich dich lieber, will dich nicht aufhalten. Ich wünsch dir aber noch viel Spaß da aufm Lager. Bestell Mary viele Grüße und lass mal was von dir hören, wenn du wieder zurück bist.“
„Danke, das werde ich tun, versprochen.“
Jessica hatte sich zu den anderen zurückgesetzt und Emilie wollte gerade weitergehen, als Anne sich ihr in den Weg stellte.
„Du willst doch nicht etwa zu Kerstin, oder? Du hast mir gesagt, du müsstest dringend nach Hause.“
„Kerstin IST mein zu Hause.“
Mit diesen Worten schlängelte sich Emilie an Anne vorbei und ging ihrem Ziel weiter entgegen.
„Deswegen hast du mich gefragt, richtig? Weil ich mich hier nicht auskenne. Jemand anderes hätte es gemerkt. Wenn Olli das erfährt, bin ich dran. Außerdem, wer weiß, ob Kerstin es jetzt erträgt, dich zu sehen. Am besten wir fahren zurück, bevor sie einen weiteren Zusammenbruch erlebt.“
Emilie stockte einen Moment, befürchtete, dass Anne Recht hatte, doch sie musste es einfach versuchen.
Sie fragte an der Rezeption nach Kerstins Zimmernummer und wartete bereits am Fahrstuhl, als eine brummende Anne hinter sie trat.
„Bitte tu nichts Unüberlegtes, ok? Ich weiß nicht, wie es ihr geht und wie du reagieren wirst. Versprich mir nur, dass du vorsichtig sein wirst. Bitte.“
Emilie drehte sich zu ihr um und nickte ihr zu .
„Das werde ich, versprochen.“
Anne gab sich geschlagen, sie hätte Emilie im Moment eh nicht von ihrer Idee abbringen können, also was blieb ihr anderes übrig?
Als der Fahrstuhl die zweite Etage erreicht hatte, raste Emilies Herz immer wilder. Einerseits wollte sie sofort zurück, solche Angst hatte sie. Andererseits wollte sie nichts mehr, als Kerstin zu sehen und alles wieder in Ordnung zu bringen.
Das Zimmer lag ganz am Ende des Flures, so dass Emilie nur noch aufgeregter wurde, je länger sie nach Kerstins Zimmer suchten. Als sie es fanden, zersprang Emilies Herz beinahe. Sie zitterte. Anne wollte sie in den Arm nehme, ihr sagen, sie könne noch zurück, doch Emilie hatte bereits den Türknopf gedreht und war eingetreten.



copyright © by bloodynatou. Die Autorin gab mit der Veröffentlichung auf lesarion kund, dass dieses Werk Ihre eigene Kreation ist.



Kommentare


Hey
KingsSis - 14.02.2006 18:37
Wann kommt den ein neuer Teil
Hey
Wann kommt den ein neuer Teil ? *g*
will doch endlich wissen wie es weiter geht
Grüßle
caro89 - 14.12.2005 14:38
unglaublich
Demio1 - 28.11.2005 10:36
einfach super
MaryMoon - 27.11.2005 17:29
genial
Gwendoline1712 - 13.11.2005 20:28

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