Und dann traf ich DICH (Teil 37)

von bloodynatou


„Stimmt es, dass du auf Frauen stehst? Und was läuft da zwischen dir und Kerstin?“
Emilie war zu geschockt, um auf diese Frage zu antworten. Obwohl sie mit so etwas gerechnet hatte, war sie doch nicht imstande, zu reagieren.
Sven wollte gerade eingreifen, als jemand aus dem Schatten eines Baumes trat.
„Erstens, Tina, sind das zwei Fragen und zweitens hieß es ausdrücklich, keine persönlichen Fragen. Aber um deine Frage zu beantworten…ich liebe Emilie und ob was zwischen uns läuft, wie du es so gepflegt ausdrückst, geht dich nichts an. Haben wir uns verstanden?“
Es war mucksmäuschenstill, nur die letzten Vögel zwitscherten vergnügt ihre Melodien.
Wie aus dem Nichts gekommen stand Kerstin plötzlich vor ihnen und hatte öffentlich ihre Liebe zu Emilie gestanden. Sie wusste nicht, ob sie tatsächlich wach waren oder nur in einem verwirrenden Traum. Es war einfach unfassbar.
Auch die Leiter waren sprachlos. Nicht einmal der sonst so redegewandte Olli bekam ein Wort über die Lippen. Sie alle starrten Kerstin an.
Emilies Herz hatte für einen Moment aufgehört zu schlagen. Als sie hinter sich Kerstins Stimme vernommen hatte, wurde ihr schwindlig und ihr wurde schwarz vor Augen. Das konnte nicht sein. Kerstin war im Krankenhaus. Sie musste sich verhört haben.
Doch dann drehte sie ganz langsam ihren Kopf rum und sah sie tatsächlich vor sich stehen. Kerstin. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, ohne dass sie sich dagegen hätte wehren können. Sie wollte es auch gar nicht. Es waren Tränen der Freude.
Nur ganz langsam schaffte sie es, aufzustehen. Ihre Beine fühlten sich an wie Pudding und hätte Mary sie nicht gestützt, wäre sie beim ersten Versuch direkt gescheitert. Mit ganz kleinen Schritten ging sie auf sie zu und ihre Blicke weichten nicht von Kerstins. Genau vor ihr blieb sie stehen und schaute sie ungläubig an.
Auch Kerstin lief eine kleine Träne über die Wange. Emilie hob ihre Hand und strich sie sanft fort. Diese kurze Berührung entfachte ein ganzes Feuerwerk in ihren Körpern.
Emilie hielt dem nicht mehr stand und schmiss sich förmlich in Kerstins Arme. Sie weinte unaufhörlich und auch Kerstin konnte ihre Tränen nicht zurück-halten. Das wäre der perfekte Stoff für einen Film gewesen. Dass dies die Realität war, konnte kaum jemand fassen. Niemand traute sich, etwas zu sagen. Dieser Moment war einfach übersinnlich, so komisch es auch klingen mochte. Die meistens hätten es wohl genau so beschrieben.
„Ich liebe dich auch.“
Emilie konnte es nur zu wispern, doch Kerstin hatte es verstanden und hielt sie noch fester. Sie würde sie nie wieder verlieren, das hatte sie sich geschworen. Es war viel vorgefallen, doch sie hatten noch eine Chance verdient und die nahm ihnen niemand. Egal, welche Komplikationen auf sie zukamen. Und diese Komplikationen hatten momentan einen Namen. Tina.
„Aber du bist Leiterin. Das ist doch nicht erlaubt so etwas. Ekelerregend.“
Kerstin schaute Emilie einmal tief in die Augen und drückte ihre Hand. Sie wollte ihr zeigen, dass sie keine Angst haben musste.
„Das einzig Ekelerregende hier bist du, Tina. Und ich muss dir leider wider-sprechen. Bevor ich hierher kam, habe ich Andy informiert und ihm gesagt, dass ich mit sofortiger Wirkung von diesem Lager als Leiterin zurücktrete. Er hat es akzeptiert und somit bin ich hier einzig und allein als Besucherin.“
Einigen fiel die Kinnlade nun vollends runter, besonders den Leitern. Sie alle wussten, wie wichtig Kerstin der Leiterposten war.
„Das hast du getan?“
Emilie schaute sie völlig ungläubig an.
„Ja, das habe ich. Für dich…für uns.“
Jetzt war Emilie alles egal. Für sie waren die anderen um sie herum nicht mehr da. Alles, was jetzt noch zählte, waren Kerstin und sie und unter den verdutzten Augen aller küsste sie sie.